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Toontrack EZkeys Grand Piano Test

Toontracks „EZDrummer“-Software ist seit vielen Jahren eine verlässliche Quelle für schnell zusammengepuzzelte Grooves. Als simples Tool für die Übungs-Begleitung gestartet, hat sich das Programm inzwischen zu einem ausgewachsenen Werkzeug gemausert, das eine gut klingende und wachsende Klangbibliothek mit authentischen, von Meistern ihres Fachs eingespielten MIDI-Grooves kombiniert. Mit EZkeys Grand Piano erweitert die schwedische Firma dieses Konzept nun auch auf ein Harmonie-Instrument.

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Loop- und Lick-Sammlungen von anderen Instrumenten als Schlagzeug krankten bisher zumeist an einem wesentlichen Problem: Während ein Drumloop in der Regel nur rhythmisch passen muss und dementsprechend schnell gefunden ist, lässt sich eine fertig aufgenommene Phrase eines harmonischen Instrumentes nicht so ohne Weiteres in ein bestehendes Arrangement integrieren. Zum Rhythmus kommt als zweite Dimension die Tonalität und Harmonik, wodurch der Zufall ungleich größer sein muss, damit ein Baustein aus einer Library in den eigenen Song passt. Bisherige Bemühungen, dieses Problem zu lösen – etwa Steinbergs Virtual Guitarist-Reihe oder die Liquid Instruments von Überschall – konnten nicht wirklich überzeugen.
EZkeys Grand Piano hingegen kombiniert einen gesampelten Steinway-Flügel mit zahlreichen MIDI-Loops aus unterschiedlichen Stilistiken, die laut Toontrack von einem erfahrenen Session-Pianisten eingespielt wurden. Hinzu kommt eine ausgefuchste Funktion, die Akkorde erkennen, austauschen und umbauen kann und damit nicht nur das oben beschriebene Handicap beheben soll, sondern auch ein Werkzeug für Songwriting und Übungszwecke sein möchte. Wir haben den Klavier-Roboter für euch ausprobiert.

DETAILS

EZkeys Grand Piano funktioniert im Stand-alone-Betrieb oder als Software-Instrument (VST, AU, RTAS) innerhalb einer DAW. Die Software läuft im 32-bit- oder 64-bit-Modus. Kernstück des Programms ist der besagte gesampelte Steinway-Flügel, der dank einer verlustfreien Datenkompression nur gut 500 MB auf der Festplatte belegt und damit im Dunstkreise der heutigen Piano-Librarys fast bescheiden wirkt. Die Ladezeit beim Programmstart hält sich deshalb auch erfreulich in Grenzen. 

Das Instrument verfügt über „Sympathetic Resonance“-Samples, was bei einer Piano-Library in dieser Preisklasse durchaus bemerkenswert ist. Diese sollen die klaviertypischen Saitenresonanzen abbilden, aber auch Release-Samples sowie Hammer- und Sustainpedal-Geräusche sind vorhanden.

Mit einigen Features der teuren Konkurrenz, wie etwa Repetitions-Samples, kann EZkeys nicht aufwarten – das kann man zu dem Preis aber auch nicht erwarten. Im Vordergrund steht hier nicht die absolut detailgetreue Abbildung eines Konzertflügels für klassische Musik, sondern ein unkompliziertes Begleitpiano für Pop und Rock – eben easy. Und dafür sollte das Gebotene in der Regel völlig ausreichen. 

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Interface
Die Benutzeroberfläche von EZkeys ist in drei Sektionen unterteilt. Ganz oben befinden sich zwei Listen, die der Auswahl von Librarys und Presets dienen, sowie ein Menü, in dem sich verschiedene globale Voreinstellungen ändern sowie z.B. die PDF-Bedienungsanleitung aufrufen lassen. Die Library-Auswahlliste deutet darauf hin, dass es in Zukunft neben dem Grand Piano noch weitere EZkeys-Librarys geben wird; tatsächlich verrät ein Screenshot in der Bedienungsanleitung schon die Existenz einer Upright-Piano-Library. Und es würde mich wundern, wenn Toontrack nicht auch schon an E-Piano-Librarys bastelte. Damit setzt die Firma das EZDrummer-Konzept fort, die Software Schritt für Schritt um zusätzliche Sounds zu erweitern.

Mittels der Preset-Liste lassen sich verschiedene Voreinstellungen aufrufen, die sowohl die Details des Klaviersounds selbst (Hammergeräusche, Release-Samples, etc.) als auch die Effekte betreffen. Das Speichern von User-Presets ist ebenfalls möglich. Ruft man ein Preset auf, kann man es über die vier Drehknöpfe links unten weiter einstellen. Die Knöpfe wechseln je nach Preset ihre Funktion und stellen die jeweils verfügbaren Regelmöglichkeiten dar. 

Etwas unübersichtlich ist, dass die Möglichkeiten zur Einstellung des Klaviersounds – etwa die Lautstärke der Hammer- oder Pedalgeräusche – in die Preset- bzw. Effekt-Sektion integriert wurden. Man hat nur Zugriff auf diese Parameter, wenn man zuvor ein Preset ausgewählt hat, das die entsprechenden Regler bereithält. Besser wäre es gewesen, die vier Drehknöpfe für die Effekte zu reservieren und für die Feineinstellung des
Klaviersounds eine eigene, permanent zugängliche Abteilung zu schaffen.
Auch die Effekte lassen vermuten, dass bereits an weiteren Librarys gewerkelt wird, denn viele von ihnen wirken bei einem Grand Piano etwas fehl am Platz. Für Rhodes- oder Wurlitzer-Klänge kämen sie jedoch wie gerufen. Die Einstellmöglichkeiten beschränken sich auf das Wesentliche – einen detaillierten Zugriff auf die Effekte bekommt man leider nicht. Auch das genaue Routing bleibt im Dunkeln. Klangbeispiele der Effekte gibt es dann im Praxis-Check.

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In der Mitte der Bedienoberfläche thront in der Standardansicht ein grafisch aufwändig gestalteter Flügel. Dieser sieht zwar ausnehmend gut aus und visualisiert die gespielten Noten und die gedrückten Pedale, aber ausschließlich zur Zierde ist er nicht gedacht. Unter zwei Abdeckungen links und rechts der „Notenablage“ verbergen sich Einstellmöglichkeiten für die Velocity-Kurve, die Transposition und Stimmung des Instruments. Letztere beschränken sich auf das globale Tuning; alternative Temperierungen sucht man vergeblich. Auf der Notenablage wird beim Spielen außerdem der gerade gespielte Akkord angezeigt, was ein schönes Feature für Übungszwecke ist.

Den unteren Bereich der Oberfläche nimmt die Song-Sektion ein. Darunter kann man sich eine Art Mini-Sequenzer mit einer Spur vorstellen. Ein Klick auf den Song-Browser-Button öffnet den MIDI-File-Browser, der Benutzern von EZDrummer bekannt vorkommen dürfte. Hier kann man MIDI-Files vorhören, auswählen und sie dann auf die Zeitleiste in der Song-Sektion ziehen. Außerdem ist es möglich, externe MIDI-Files per Drag and Drop einzubinden. Leider funktionierte es im Test noch nicht, MIDI-Regionen direkt von einer Logic-Spur in EZkeys hineinzuziehen. Vom System-Browser aus (Windows-Explorer bzw. Finder) klappte das Ganze allerdings ohne Probleme. Momentan muss man also erst MIDI-Files vom Sequenzer aus exportieren, um sie anschließend in EZkeys importieren zu können. Das ist zwar noch etwas umständlich, aber nur ein temporäres Problem, wie mir Toontrack versprach, da am direkten DAW-Support bereits gearbeitet wird.

Legt man ein MIDI-File auf der Zeitleiste der Song-Sektion ab, wird es im Hinblick auf die gespielten Akkorde analysiert. Diese werden daraufhin angezeigt und lassen sich mit der Akkord-Designer-Funktion bearbeiten. So kann die MIDI-Performance an die eigene Komposition angepasst werden. Auf dieses sehr interessante Feature werden wir im Praxisteil noch genauer eingehen.

Die MIDI-Regionen lassen sich in der Song-Sektion auch zerschneiden und neu zusammensetzen, sodass man hier einen kompletten Piano-Track zusammenbauen kann. Leider produziert die Schnittfunktion bei laufendem Sequenzer reichlich Noten- und Sustainpedal-Hänger. Falls gewünscht, kann das Ergebnis dann per Drag and Drop auf eine MIDI-Spur des Host-Sequenzers gezogen werden. Auch lässt sich der gesamte Track auf diese Art in den Finder (Mac) oder Explorer (Windows) als MIDI-File exportieren. Beim Einsatz innerhalb einer DAW ist EZkeys normalerweise so eingestellt, dass es dem Tempo und der Song-Position des Host-Sequenzers folgt. Bei Bedarf lässt sich aber auch dies deaktivieren. 

Ganz unten befindet sich ein kleiner Bereich zur Einstellung der Songtonart, der Taktart und des Tempos. Besonders der Tonart kommt hier eine Schlüsselrolle zu, denn MIDI-Files können beim Import automatisch transponiert und an die Songtonart angepasst werden. Deshalb sollte man diese gleich zu Beginn richtig einstellen. 

MIDI-Library
EZkeys Grand Piano beinhaltet eine umfangreiche MIDI-File-Bibliothek, die vom schwedischen Session-Pianisten Rickard Frohm eingespielt wurde. Neben Piano-Patterns aus Pop, Rock und Soul/R’n’B umfasst die Library auch die Stilrichtungen Jazz, Latin, Blues, Boogie und Funk, aber auch Country- und Gospel-Patterns sind enthalten. Hinzu kommen dankenswerterweise auch simple Akkord-Patterns (z.B. Viertelnoten oder gebrochene Akkorde), die einfach gehalten und nicht stilgebunden sind. 

Die MIDI-Files sind in jeder Stilkategorie zunächst nach Taktart und der Unterscheidung Straight/Swing sortiert. Das ist praktisch, denn so werden diejenigen Patterns, die aus Prinzip gar nicht passen können, gleich von vornherein herausgefiltert. 

Auch die weitere Sortierung ist sehr praxisnah und erlaubt das schnelle Auffinden von passenden Patterns. Ähnlich wie bei einem Arranger-Keyboard stehen in jeder Stilistik verschiedene „Styles“ zur Auswahl, die Namen tragen wie „Rock Ballad 74 BPM“ oder „Boogie 12 Bar Killer 156 BPM“. In jedem Style gibt es dann Unterkategorien wie Intro, Verse, Chorus und Bridge. Doch damit nicht genug, denn für jedes dieser Elemente sind vier verschiedene Variationen verfügbar, die sich in ihrer rhythmischen Intensität unterscheiden. Gepaart mit der Möglichkeit, die Akkorde an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, ergibt das eine wirklich umfangreiche Auswahl an Patterns und Grooves. Von einfachen Begleitfiguren, die sich fast überall gut einfügen, bis hin zu recht üppigen, rhythmisch dichten Spuren ist für jeden Geschmack etwas dabei. Probieren wir also einmal aus, wie das Ganze in der Praxis funktioniert!

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PRAXIS

Installation und Autorisierung
EZkeys Grand Piano ist auf DVD oder als Download erhältlich. Nach der Installation steht die Software als Stand-Alone-Version und als VST-, AU- oder RTAS-PlugIn in kompatiblen Host-Programmen zur Verfügung. Beim ersten Start muss EZkeys autorisiert werden. Dafür legt man auf der Toontrack-Website einen Account an und registriert die Seriennummer. Besitzt der Musikrechner einen Internetanschluss, muss man danach nur noch die Login-Daten des Toontrack-Accounts in EZkeys eingeben. Für den Fall, dass kein Internetanschluss zur Verfügung steht, besteht auch die Möglichkeit einer Registrierung über Challenge-/Response-Codes.
Der Piano-Sound
Mit gut 500MB ist der gesampelte Flügel im heutigen Umfeld vergleichsweise sparsam, zumindest in seinem Speicherbedarf. Das kommt den Ladezeiten und der Systemperformance zugute. Aber kann das Instrument auch klanglich überzeugen?

Audio Samples
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EZK GP 01 Piano Pop1a EZK GP 02 Piano Pop1b mehr Details EZK GP 03 Piano Pop2 EZK GP 04 Hoch Leise

Beim ersten Höreindruck wirkt der Klang durchaus angenehm. Der EZkeys-Flügel hat einen klaren, durchsetzungsfähigen Pop-Sound. Zwar habe ich in anderen, deutlich teureren Librarys schon lebendigere und authentischere Flügel gehört – dennoch, für ein Produkt, das gerade einmal knapp über 100 Euro kostet, ist der Klang unbedingt als gut zu bezeichnen! Als Begleitinstrument für Pop- und Rockmusik funktioniert er sehr gut, jedenfalls solange dem Piano keine allzu exponierte Rolle zukommt. Gerade die vermeintlich unspektakuläreren Klänge sind im Zusammenspiel mit anderen Elementen ja oft die Besseren. Nehmen wir uns den Sound einmal etwas genauer vor und versuchen, der Klangerzeugung auf die Schliche zu kommen.

Audio Samples
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EZK GP 05 Velocities

Der Test mit unterschiedlichen MIDI-Anschlagstärken offenbart etwa 6-7 Velocity-Layer, wobei die Sprünge dazwischen zwar hörbar sind, sich in der Praxis aber nicht störend bemerkbar machen. Nicht schlecht bei diesem Preis! Damit reicht die dynamische Ausdruckskraft im Pop- und Rock-Kontext absolut aus.

Audio Samples
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EZK GP 06 Dynamik

EZkeys Grand Piano bietet spezielle Samples, die das Mitschwingen inaktiver Saiten abbilden sollen – die sogenannte „Sympathetic Resonance“. Das wird bei der Benutzung des Sustain-Pedals besonders deutlich: Die Töne bleiben nicht einfach liegen, sondern der Klang wird insgesamt runder und voller, wie es bei einem akustischen Flügel auch der Fall wäre. Im nächsten Beispiel ist der Effekt bei einer einzelnen Note und einem Akkord zu hören, jeweils zuerst ohne, dann mit Sustainpedal:

Audio Samples
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EZK GP 07 Resonanzen

Spezielle Samples für das Soft-Pedal bietet EZkeys Grand Piano leider nicht. Da dieses Pedal in der Popmusik jedoch vergleichsweise selten verwendet wird, ist das zu verschmerzen. Stattdessen wird der Una-Corda-Effekt durch eine Lautstärkenabsenkung und Filterung simuliert. Merkwürdig ist dabei, dass sich das Soft-Pedal auch bei gehaltenen Noten an- und abschalten lässt. Es wäre wesentlich authentischer, wenn der Effekt erst beim Anschlagen des nächsten Tons zum Tragen käme.

Angesichts der Menge an Samples hat mich der geringe Speicherhunger der Library etwas stutzig gemacht. Hören wir uns deshalb das Ausklingverhalten einmal genauer an:

Audio Samples
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EZK GP 08 Ausklang

Hier wird deutlich, wie der geringe Platzbedarf zustande kommt: Die Samples klingen unnatürlich schnell aus. Es wird mit einem Fade-Out gearbeitet, das vor allem im tiefen Register viel zu früh kommt. Beim Spielen einer Klavierbegleitung in einem Popsong wird das nicht unbedingt stören, aber für ein etwas ausgefeilteres pianistisches Spiel ist das nicht ausreichend. 

Wie schon erwähnt ist der Klaviersound für Begleitarbeit im Pop-Bereich absolut akzeptabel, aber wer in Stilistiken unterwegs ist, in denen der Flügel die Hauptrolle spielt, wird schnell den Detailreichtum eines akustischen Instruments bzw. der noch aufwändiger gesampelten, teureren Konkurrenz vermissen. Aber im Pop/Rock-Kontext schlägt sich der EZkeys-Flügel sehr gut.

Effekte
Für einen Konzertflügel wirken die eingebauten Effekte etwas deplatziert, denn Verzerrer, Tremolo und Chorus gehören eher in die E-Piano-Fraktion. Andererseits lassen sich damit natürlich Sounds hervorbringen, die man von einem Flügel nicht unbedingt erwartet.

Schade ist, dass man nur sehr eingeschränkt Zugang zu den Einstellungen bekommt. Einzelne Effekte lassen sich nicht gezielt hinzufügen, sondern nur über eines der voreingestellten globalen Presets aktivieren. Auch die regelbaren Parameter halten sich sehr in Grenzen, und das Effekt-Routing bleibt unsichtbar und unveränderlich. Hier wäre in einer Version 2.0 noch viel Luft nach oben. 

Der Sound der Effekte ist dem Preis der Library angemessen. Einzig der Verzerrer enttäuscht wieder einmal – die wirklich gut klingenden PlugIn-Verzerrer kann man an einer Hand abzählen. Hall, Delay und Modulationseffekte gehen aber in Ordnung. 

Hier könnt ihr zwei Beispiele für Werks-Effektpresets hören:

Audio Samples
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EZK GP 09 Atmospheric EZK GP 10 Electric Dirt

MIDI-Library
Öffnet man den Song-Browser, hat man die Wahl zwischen zahlreichen MIDI-Files unterschiedlicher Stilistiken, die sich in der Song-Sektion zu einer individuellen Klavierbegleitung zusammensetzen lassen. Erfreulicherweise halten sich die extravaganten Patterns in Grenzen. Der Großteil der Files ist tatsächlich gut verwendbar, zumal sie sich an andere Akkordfolgen anpassen lassen. Hören wir uns einmal ein paar Beispiele an:

Audio Samples
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EZK GP 11 MIDIFiles Rock Ballad EZK GP 12 MIDIFiles Funk EZK GP 13 MIDIFiles Rn B EZK GP 14 MIDIFiles Jazz

Das ist alles recht gelungen und orientiert sich stark an der Praxis. Statt sich mit selbstverliebtem Geklimper in den Vordergrund zu drängen, funktionieren die meisten Files einfach angenehm unauffällig. 

Was jedoch etwas stört, ist der Umstand, dass der virtuelle Pianist grundsätzlich die Basstöne mitspielt. Als Keyboarder und Pianist in einer Band lernt man schnell, dass man sich im tiefen Register eher zurückhalten sollte, wenn ein Bassist dabei ist. Schön wäre daher die Möglichkeit gewesen, die Basstöne direkt in der Song-Sektion von EZkeys zu deaktivieren. So bleibt leider nur der Umweg über den Export auf eine Sequenzerspur, um die Noten dort zu löschen.

Mit einem Doppelklick auf einen Part in der Song-Spur öffnet sich ein kleines Fenster, in dem man diesen transponieren und auf eine einfache Weise in der Velocity anpassen kann. Da die automatische Anpassung an die Songtonart das Piano in vielen Fällen sehr tief werden lässt, ist vor allem das schnelle Transponieren sehr praktisch. Außerdem lässt sich der Part hier einer Song-Sektion (Intro, Verse, Chorus usw.) zuweisen und wird entsprechend farblich markiert, was für einen besseren Überblick über das Arrangement sorgt.

Akkord-Designer
Beim Import eines MIDI-Files wird dieses auf die gespielten Akkorde hin untersucht. Das klappt mit MIDI-Files von außerhalb genauso wie mit den Dateien aus der internen Bibliothek und funktioniert mit nicht allzu speziellen Voicings recht gut, wie das folgende Video zeigt.

EZkeys beherrscht alle gängigen Akkord-Typen und liefert bei einfachen Varianten akkurate Resultate. Wird die Harmonik komplexer, kommt die Software aber zu Ergebnissen, die man diplomatisch als „interessant“ bezeichnen könnte. Im nächsten Beispiel nennt es die Akkorde in den Takten 2 und 6 C#m7#5, was zwar die enthaltenen Töne berücksichtigt, aber doch etwas an der Realität vorbeigeht. Im Kontext der umliegenden Akkorde und nach Gehör würde ich das einen Aadd9/C# nennen. Außerdem wird der Akkord in Takt 5 schlicht mit „D“ betitelt, obwohl er ganz klar eine große Septime und sogar eine None enthält. Vor allem, wenn viele Optionen im Spiel sind, liegt EZkeys also schon recht häufig daneben. Aus diesem Grund gibt es die Funktion „Adjust Chord Analysis“, mit der man die Software zwingen kann, einen Akkord umzudeuten – allerdings muss man sich dafür dann auch in der Materie auskennen.

Da das ein nicht unerheblicher Kritikpunkt ist, folgt noch ein zweites Negativbeispiel. Im nächsten Video nennt EZkeys den Akkord in Takt 5 G/D, obwohl er genau so aufgebaut ist wie die Takte 1 und 3. Das D im Bass ist glatt gelogen. Logik und Klang sprechen eindeutig für einen Em7. Der Takt 7 wird mit G betitelt, obwohl es sich um einen Em7 mit G im Bass bzw. um einen G6 handelt. Völlig daneben liegt EZkeys im letzten Takt. Der dort angegebene Akkord (D#5/add9/F#) hat nichts mit der Realität zu tun – das Ohr und die Theorie fordern hier einen F#7#5/#9

Beim Klick auf einen Akkord öffnet sich der Akkord-Designer. Er orientiert sich am Quintenzirkel, wobei die eingestellte Song-Tonart stets oben im Zentrum steht. Dadurch liegen die direkt verwandten Akkorde immer nahe beieinander und die harmonischen Beziehungen werden deutlich. Nun kann man den Akkord durch einen anderen ersetzen oder ihn nach Wunsch umgestalten. Wenn die Akkorde zuvor korrekt erkannt wurden, funktioniert das erstaunlich gut. Moll statt Dur, b9 statt 9, Gb 7/9 statt C7, noch eine #11 obendrauf – mit dieser Funktion lassen sich die MIDI-Files sehr flexibel umgestalten. Bei komplizierten Akkorden kommen zum Teil etwas eigenartige Voicings und Stimmführungen heraus, die ein Pianist wahrscheinlich anders spielen würde. Insgesamt ist die Funktion aber gut gelungen und bietet neben dem reinen Praxis-Nutzen auch die Möglichkeit, nebenbei noch etwas zu lernen. Auch für das Songwriting ist EZkeys geeignet. Mit wenigen Klicks ist ein Piano-Loop an den eigenen Song angepasst, ohne dass dabei mit Pitch-Shifting gearbeitet werden müsste. 

Für Verwegene bietet sich der Akkord-Zufallsgenerator an. Die nächsten beiden Videos zeigen den Akkord-Designer in Aktion – einmal mit einer einfachen Aufgabe und einmal mit komplexen Voicings. Hier wird auch deutlich, wo die Grenzen der Funktion in etwa verlaufen. Im zweiten Beispiel hätte ein Pianist die Stimmen sicherlich anders geführt. Trotzdem ist das eine innovative Funktion, die erstaunlich gut funktioniert.

Hefte raus, Klassenarbeit!
Hauptsächlich dient EZkeys ja dazu, Piano-Begleitungen zu erzeugen. Ganz nebenbei entpuppt es sich aber auch als hochinteressantes Werkzeug für das Erlernen von musiktheoretischen Zusammenhängen. Man kann Akkorde verändern oder austauschen und hört sofort, wie sie klingen und sich im harmonischen Kontext verhalten. Durch die Visualisierung anhand des Quintenzirkels werden die unterschiedlichen Harmonien in Bezug zur Grundtonart gesetzt. Neulinge im Haifischbecken der Harmonielehre finden hier eine Experimentierumgebung vor, die sowohl visuelles als auch hörbares Feedback gibt und zum Ausprobieren einlädt.

Toontrack hat das erkannt und legt der Software einen 27-seitigen PDF-Theorie-Crashkurs bei. Die dazugehörigen Hörbeispiele findet man als MIDI-Files in der Bibliothek, an denen man nach Lust und Laune herumbasteln kann. Leider ist der Kurs bislang nur auf Englisch verfügbar. Es bleibt zu hoffen, dass Toontrack Übersetzungen in andere Sprachen nachliefert, denn das ist ein wirklich schönes Zusatzfeature, das EZkeys schon jetzt einen dicken Pluspunkt einbringt!

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FAZIT

Mit EZkeys Grand Piano ist Toontrack ein interessantes Produkt gelungen, das einen für den günstigen Preis sehr gut klingenden Flügel mit einer umfangreichen Sammlung von praxistauglichen MIDI-Files kombiniert. Das Highlight ist jedoch die Akkord-Designer-Funktion, mit der sich die Loops und Patterns sehr gut an eigene Kompositionen anpassen lassen. Dadurch erhöht sich der praktische Nutzen der Library um ein Vielfaches, und aus einem MIDI-Player wird ein Songwriting-Tool. Ganz nebenbei taugt das Programm auch zum Erlernen von harmonischen Zusammenhängen. Der beiliegende Theoriekurs macht von diesen Möglichkeiten Gebrauch und ist mehr als eine bloße Beigabe. Wer selbst nicht Klavier spielt, aber auf eine einfache Weise recht authentische Pianobegleitungen in seine Songs einbinden möchte, sollte das Programm definitiv ausprobieren. Pianisten sind mit einer anderen Library, die einen stärkeren Fokus auf einen noch authentischeren Klang legt, besser bedient, denn natürlich bleibt am Ende klar: Einen live eingespielten Klavierpart können auch die MIDI-Files aus EZkeys nicht ganz ersetzen.

Pro:
  • Gut klingender Pop-Flügel
  • Umfangreiche und praxistaugliche MIDI-Library
  • Hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Innovative Akkord-Designer-Funktion
  • Sympathetic Resonance-Samples
  • Release-Samples und Hammergeräusche
  • Theorie-Kurs
Contra:
  • Ausklingverhalten der Piano-Samples zu kurz
  • Detail-Parameter des Klavierklangs nicht in allen Presets verfügbar
  • Wenig Einstellmöglichkeiten in der Effektsektion
  • Schlechte Trefferquote der Akkorderkennung bei komplexen Voicings
EZkeys20Boxshot1-1015783 Bild
Features:
  • Windows: Windows XP SP3 oder neuer, Pentium 4 oder Athlon Prozessor
  • Mac: Mac OS X 10.5 oder höher, G5 (Intel-Prozessor empfohlen)
  • 1 GB RAM
  • 700 MB Festplatten-Speicherplatz
  • Audio Unit-, VST- oder RTAS-kompatible Host-Software empfohlen
  • Professionelle Soundkarte empfohlen
  • Stand-Alone-Version enthalten
Preis:
  • 139,00 Euro UVP
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