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SND ACME-4 Test

Es gibt Probleme, von denen weiß man lange Zeit gar nicht, dass man sie hat. MIDI Timing- Schwankungen beispielsweise sorgen besonders zwischen modernen Computern und Drummachines für unangenehmes Eiern, Driften und Stolpern. Das allein bereitet bei der Aufnahme Kummer und Sorge. Mal kommt die Kick zu früh, mal zu spät, und bei Takt 33 ist spätesten alles seltsam außer Sync. Und überhaupt – gestern groovten meine Machines ohnehin viel zusammen besser! Alles Einbildung?

SND_ACME-4_01_Test


Keineswegs, die Probleme sind technischer Natur. MIDI war als kontinuierlicher serieller Datenstrom angedacht und stößt als solcher bei USB mit variablen Puffern an sein Limit. Dann ‚No-Name‘ USB-Hubs oben drauf und gute Nacht. Keine guten Voraussetzungen jedenfalls um musikalisch-tighte 16tel oder gar externe MIDI-Clocks zu generieren. 
Aber Hilfe naht! Der aktuelle „Trick 17“ ist es jedenfalls Audio anstatt USB für Timing-kritisches zu nutzen. Audioströme werden – ganz vereinfacht gesagt – mit deutlich höherer Priorität in den verschiedenen Datenbussen des Computers behandelt und driften damit deutlich weniger.

Details

Viermal MIDI-Clock zum Grooven

ACME-4 steht für Advanced Clock Management Engine und die Zahl ‚Vier‘ für die Anzahl der unabhängigen Ausgangschannels. Jeder Channel bietet je zwei Ausgänge, wovon einer immer als DIN-MIDI-Out-Buchse ausgelegt ist. Ausgang 1/2 bieten zusätzlich DIN-Sync-24-Buchsen und die Ausgänge 3/4 dann entsprechend Trigger-Outs (Clock/Reset).

Die vier unabhängigen Kanäle sprechen bis zu acht Ausgänge an! Das ist ne ganze Menge Rhythmus-Kontrolle – ohne das man auch nur einmal chainen musste!
Die vier unabhängigen Kanäle sprechen bis zu acht Ausgänge an! Das ist ne ganze Menge Rhythmus-Kontrolle – ohne das man auch nur einmal chainen musste!

Alle erhalten die gleiche gobale MIDI-Clock, die man zwischen den vier Ausgängen aber noch grob und fein mit individuellen Potis verschieben kann. Beispielsweise kann man angeschlossene Drummachines auf diese Weise im Groove gegeneinander verschieben. Zum einen aus rein technischen Gründen – falls unterschiedliche Maschinen unterschiedliche Latenzen haben – zum anderen aus kreativen Gründen, um unterschiedliche Sequenzer miteinander „grooven“ zu lassen. 
Eine Verschiebung von von bis zu +/-30 ms und in 16tel Schritten ist dabei gleichzeitig möglich. Ferner kann man den Speed eines Kanals halbieren oder verdoppeln. Darüber hinaus lässt sich für jeden Out außerdem ein anderer Swing einstellen und jeder Kanal auch individuell starten und stoppen – alles tight zu einem Master! Mit der neuen Editor-Software lassen sich sogar unterschiedliche Swing-Groove-Pattern laden. Ziemlich viel musikalischer Spielraum für ein derart nüchternes Gerät.

MIDI-Master

Die Master-Clock kann die ACME-4 selbst erzeugen oder aus einem analogen Trigger bzw. externen MIDI ableiten. Letzteres ist aus der Eingangs beschriebenem Problematik jedoch nicht unbedingt zu empfehlen. Es braucht also einen analogen Trigger – und denn kann man relativ simpel erzeugen.
Zum einen gibt es ein dediziertes Plug-In zum anderen ein Sample, was man in den Sampler einer DAWladen kann und mit 16tel spielt. In Ableton Liveund auch in meiner Maschine+ hat das alles wunderbar geklappt – hat mich allerdings auch einen Audioausgang des Interfaces gekostet. Via Mono-Klinke habe ich die AMCE-4 dann verbunden – und schon klappte es mit dem Sync sowie Start/Stop ohne Probleme.

Die ACME startet erst nach einem Takt Vorlauf, wenn sie das Tempo vernünftig erkannt hat und stabil starten kann. So ein Vorlauf war übrigens auch bei Bandmaschinen üblich, aber das nur am Rande.
Die ACME startet erst nach einem Takt Vorlauf, wenn sie das Tempo vernünftig erkannt hat und stabil starten kann. So ein Vorlauf war übrigens auch bei Bandmaschinen üblich, aber das nur am Rande.

Clock only?!

Die ACME-4 nutzt den analogen Audio-Eingang nur zur Zuführung der Clock via Trigger. MIDI-Daten werden über Audio hier nicht mit übertragen, was man beispielsweise mit Expert Sleepers USAMO machen kann.
Möchte man weitere MIDI-Daten, wie Noten und Control-Changes senden bietet die ACME noch ein USB-Interface, was quasi ganz konventionell verwendet werden kann. Die Daten werden dabei in den MIDI-Clock-Stream getunnelt, wenn man so will. Jeder der vier Ausgänge kann mit einem eigenen Port angesprochen werden, die ACME selbst wird über einen fünften Port angesprochen. Natürlich kann die ACME auch MIDI Clock über USB senden, allerdings ist das aus denselben Jitter-Gründen wie andersherum nicht zu empfehlen.

Das USB-Kabel verwendet man auch für die Stromversorgung.
Das USB-Kabel verwendet man auch für die Stromversorgung.
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Praxis

Wer einmal versucht hat, seine Groove Box oder Drummachine mit dem Computer via MIDI zu verbinden und diese in das DAW-Grid aufzunehmen, kennt folgendes Problem bestimmt. Es gibt einen Versatz zwischen der DAW-Aufnahme und wann die Drummachine tatsächlich abspielt. Dieses Offset ist per se kein Problem, da alle guten DAWs Latenzausgleich via Treiberfehlerkompensation und MIDI-Delay mitbringen. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit der Acme …

Der Startpunkt eiert bei jedem Anlauf immer wieder ein bisschen hin und her – und spätestens nach einigen Takten Durchlauf sitzt auch die Kick bestimmt nicht mehr zu 100% im Grid. Bei einer Aufnahme mag das egal sein, bei einer Produktion mit vielen Takes ein echter Time-Killer! Wenn man dann in der Session weitere Plug-Ins aufmacht, ein kompliziertes Monitoring aktiviert, oder stumpf den Sampel-Buffer der DAW-Session ändert – dann wird es meist nur schlimmer. Es sind die Jitter die nerven, denn diese korrelieren mit der Computer-Auslastung, sie sind damit nicht statisch und somit auch nicht ausgleichbar! 
Beispielhaft solltet ihr folgende 16tel HiHat meiner TR-8 genauer inspizieren – der einzige Unterschied ist hier die Clock, wobei ich meine TR-8 in eine ansonsten absolut leere Ableton-Live 11 Session aufnehme. Das Pattern stammt aus der TR-8 selbst. 

Audio Samples
0:00
MIDI-Clock Source: TR-8 intern MIDI-Clock Source: ACME-4 MIDI-Clock Source: Ableton Live

Die Differenz mag beim ersten Hinhören marginal sein, aber es ist logisch wie sich das bei größeren Systemen und Drum-Machines/Sequenzern schnell multipliziert! Sicherlich, bei langen Noten wie String-Pads ist das Problem der untighten MIDI-Verbindung zu vernachlässigen, bei Stakkato-Bässen und flinken Drums ist die Dringlichkeit indes deutlicher. 

Jitter sind dabei nichts anderes als das Fachwort für diese Schwankungen im Datenstrom, der durch das zeitliche Taktzittern bei der Übertragung von Digitalsignalen entsteht. Damit bezeichnet man eine leichte Genauigkeitsschwankung im Übertragungstakt – sprich der Clock. Wobei sie im Falle unseres USB-Problems nicht unbedingt auf der tiefsten technischen Ebene zu suchen sind, sondern viel mehr in dem komplexen Überbau, bestehend aus Betriebssystem, Treibern und DAW.
Es gibt noch einen weiteren Vorteil der ACME und ihrer Audio-Verbindung zur DAW für Clocking-Angelegenheiten. Buffer-Änderungen haben keinen Einfluss mehr auf das Delay. Auch bei höheren CPU-Loads beispielsweise in Ableton gibt es deutlich weniger Probleme. Und wenn man mal was ändern muss, kann man das jetzt mit einem eigenen Poti pro Maschine nach Gehör tun – und nicht abstrakt via ms-Eingabe. 

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Mehr Informationen

In dem Zusammenhang ebenfalls relevant: Es gibt an der ACME kein Display. Damit weiß man leider nicht zu hundert Prozent, was man da gerade Tempo-mäßig einstellt, wenn sie mal der Clock-Boss ist – das kann man aber auch als kreativen Boost verstehen. Ebenfalls schön sind die Artefakte der Maschine, wenn man ein Poti mal drastisch rauf oder runter kurbelt – dann stolpert das System meist recht musikalisch interessant. Und wenn es stolpert, dann tight im Takt – toll!

Editor

Der Java-basierte Editor funktionierte im Test tadellos und eröffnete noch mehr Möglichkeiten. Zum einen sieht man mal die unterschiedlichen Swing-Pattern, zum andern lassen sie sich organisieren, auch kann man eigene erstellen. Eine Setup-Page bietet weitere Feineinstellungen, die das Tool absolut professionell abrunden. Unter anderem schön: Der Clock-Divider für die analogen Triggerausgänge – damit konnte ich den Arpeggiator meines Juno-6 und Polysix unkompliziert syncen und mit den Kippschaltern die Geschwindigkeit auch noch halbieren und verdoppeln. Sehr praktisch.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Swing-Pattern Editor …
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Fazit

Die SND ACME-4 ist ein Spezialist mit vielen Features, die man, sobald man sie verstanden hat – nicht mehr missen möchte. Ganz persönlich löste sie bei mir allerhand kleinere Probleme hinsichtlich des Routings in meinem Studio-Setup elegant in einer soliden Box. Darüber hinaus kann man sie wunderbar kreativ benutzen, was das Handling meines Test-Setups nicht nur lebendiger und intuitiver machte, sondern alle meine Drummachines knackiger und stabiler spielen lässt. Der Preis ist wirklich stolz, geht für eine Kleinserie Made-In-Germany aber klar. 4,5 Sterne.

Pro
  • Individuell shiffbare MIDI-Clock auf vier Ausgängen

  • Umschalter für doppeltes oder halbes Tempo

  • Ultra-präzise MIDI-Clock aus Audio-Trigger

  • Solides Metallgehäuse

  • Duale Ausgänge
Contra
  • Hoher Preis
Kommentieren
Profilbild von Ghyslain Thomas Troescher

Ghyslain Thomas Troescher sagt:

#1 - 12.01.2021 um 14:10 Uhr

0

Als hervorragende Alternative wäre noch die deutlich günstigere E-RM Multiclock zu nennen. Auch wenn diese günstiger ist, schreckt man erst einmal davor zurück relativ viel Geld für ein Gerät auszugeben, das keine Töne produziert. Dafür spart man enorm viel Zeit und der kreative Prozess (gerade beim Jammen) wird nicht gestört - was letztlich unbezahlbar ist.

    Profilbild von Felix Klostermann

    Felix Klostermann sagt:

    #1.1 - 12.01.2021 um 15:02 Uhr

    0

    Grüß dich, die E-RM testen wir auch bald. Bin selber sehr gespannt. LG; Felix

    Antwort auf #1 von Ghyslain Thomas Troescher

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    Profilbild von Marcel Halbeisen

    Marcel Halbeisen sagt:

    #1.2 - 13.01.2021 um 06:37 Uhr

    0

    Die E-RM Multiclock ist wirklich rattenscharf. Ich benutze zwei davon, die den Takt von einer E-RM Midiclock bekommen. Damit kann ich mehrere Synths und Drums präzise starten und stoppen, auch Effektgeräte bekommen so den genauen Beat. Egal ob über DIN-Midi oder CV, das funktioniert enorm gut.
    Das einzige was ich vermisse, sind erweitere Clock-Divider, denn da geht nur 1/1, 1/2, 1/3 und 1/4. Und auch nur wenn man dafür den Shuffle opfert was natürlich sehr schade ist. Aber sonst: Rattenscharf ;-)

    Antwort auf #1 von Ghyslain Thomas Troescher

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