Royer SF-2 Mono Ribbon Microphone Test

Eines der ersten Royer SF-2 Bändchen-Mikrofone aus der Serienfertigung hat seinen Weg in die bonedo-Redaktion gefunden. Um genau zu sein sind es sogar zwei Stück der aktiven Ribbon-Mics, was sich angesichts der Richtcharakteristik Acht und der damit verbundenen Stereofoniemöglichkeiten auch anbietet. Royer gehört mit AEA, Beyerdynamic und natürlich Coles zu den ganz großen Namen unter den Bändchenmikrofonen. Ribbons sind in Deutschland keine Nischenprodukte mehr wie noch vor zehn Jahren, sondern haben sich mit ihrem wohlwollenden Klang die Herzen der Tontechniker erarbeitet – sofern diese eines haben.

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Einer der ersten Parameter, der für gewöhnlich bei Produktneuheiten inspiziert wird, ist der Preis. Hinter dem Eurozeichen steht bei einem (einzelnen!) SF-2 leider eine verblüffende Zahlenkombination: 3087. Das ist auch für ein edles Bändchenmikrofon eine Stange Geld. Dafür erhält man hochwertige Großmembran-Röhrenmikrofone oder umschaltbare Doppelmembraner aus deutscher Produktion, doch auch die Preise der im RCA-Stil gehaltenen AEA-Oberklasse-Bändchenmikrofone wie das R44C liegen in diesen Sphären. Es gibt also alleine diesbezüglich einen hohen Berg an Rechtfertigungen, den das amerikanische Mikrofon zu erklimmen hat – dann wollen wir uns die Kraxelei mal anschauen.

Details

Das SF-2 ist ein aktives Bändchenmikrofon. Das bedeutet natürlich nicht, dass es sich von selbst verkabelt und an eine passende Mikrofonposition rückt, sondern dass es mit der von Kondensatormikrofonen bekannten Phantomspeisung betrieben werden muss. Es gehört damit zu den wenigen nach dem dynamischen Prinzip arbeitenden Schallwandler, bei denen eine Versorgung mit 48 Volt notwendig ist. Anders als die meisten anderen Ribbon-Mikrofone müssen bei aktiven Bändchen an den verwendeten Preamp nicht mehr so hohe Ansprüche an den Verstärkungsfaktor und die Rauscharmut gestellt werden, weil der verschwindend geringe Output des kleinen Metallstreifens im Magnetspalt schon im Mikrofon auf einen höheren Pegel verstärkt und die Ausgangsimpedanz auf ein üblicheres Maß erhöht wird. Außerdem kann durch die Verwendung der aktiven FET-Elektronik im SF-2 keine Zerstörung des Bändchens durch kaputte Kabel, durch Patchbays leakende Phantomspeisung und dergleichen mehr erfolgen (wenngleich die verbreitete Angst davor weitaus höher ist als die Gefahr). Die Werte, die das Royer aufruft, erinnern also trotz der Tatsache, dass es sich bei Ribbons um das elektrodynamische Wandlerprinzip handelt, eher an Kondensatormikrofone denn an dynamische. So liegt die Empfindlichkeit immerhin bei 12,5 mV/Pa und der maximale Schalldruckpegel bei über 130 dB(SPL). Einiges ist dennoch typisch für Bändchen, darunter die Richtcharakteristik Acht mit ihrer hohen Frequenzkonstanz, aber auch der Frequenzgang (30 Hz bis 15 kHz reicht bei +/- 2 dB) mit dem leichten Höhenabfall. Üblicherweise sind Ribbon-Mikrofone in der Richtcharakteristik Acht gefertigt und somit mit einem üppigen Nahbesprechungseffekt ausgestattet. Beim SF-2 ist dieser recht schwach ausgeprägt, allerdings ist der zugrundeliegende Kniff nicht direkt in Erfahrung zu bringen (schließlich ist noch keine erschöpfende und eindeutige Erklärung für dieses Phänomen verfügbar, sondern nur Erklärungsansätze, die teilweise widersprüchlich sind). Das Royer – soviel konnte ich herausfinden – umgeht aber die starke Bassanhebung mit der speziellen Form des das Bändchen umgebenden Magneten. 

Fotostrecke: 6 Bilder Hinter diesem Grill verrichtet das dünne Bändchen seine Dienste.

Im äußerst stabil wirkenden Metallgehäuse arbeitet ein nur 1,8 µ dünnes Aluminiumbändchen, bei dessen Entwicklung die Amerikaner nach eigener Aussage besonders die Instrumentenabnahme im Sinn hatten. Bis zur Fertigstellung des neuen Mikrofons sind einige Jahre und 20 Prototypen ins Land gegangen. Ins Land gegangene Jahre kann kein Mensch der Welt mehr zurückholen, aber mit den Vorserienmodellen hatten Royer offenbar das gleiche Problem: Die meisten Studios und Engineers wollten die Mikrofone wohl nicht mehr herausrücken – was ganz klar für deren Klangqualität spricht.

Zum Lieferumfang des SF-2 gehört die Shock-Mount SFS-2, welche jedoch aus Platzmangel nicht mit dem Ribbon-Mikrofon in seiner Metallkiste nächtigen und sich mit der feinen Decke zudecken darf. Wer noch mehr Geld ausgeben will, kann das gerne tun und das “Deluxe-Package” erwerben. Hier ist die weitaus aufwändigere Spinne RSM-24 mit an Bord, zudem ein 6m-Kabel und eine schnieke Padauk-Holzbox sowie ein großer Transportkoffer. Damit kostet ein einzelnes Mikrofon dann über 4000 €.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Royer SF-2 wird im Köfferchen aufbewahrt.

Praxis

Meine Befürchtung, bei aller Modernisierung könnte es sich auch mit dem typischen, sympathischen Bändchensound erledigt haben, haben sich sofort erübrigt, nachdem ich eines der beiden SF-2 an den Mikroständer gefesselt habe und den Sänger eine kleine Linie habe singen lassen. Ganz klar: Das Royer kann mit den Eigenschaften kokettieren, die Bändchen so beliebt machen: Es klingt sanft und leicht sahnig, ohne aber zu stark zu verschmieren. Gleichzeitig klingt es schön breitbandig und nicht beengt – eben ein wenig moderner.

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Royer SF-1 Vocals 0° Royer SF-1 Vocals 45° Mojave MA-201FET

Die Feldeffekttransistor-Schaltung arbeitet angenehm rauscharm, der Dynamikumfang und die Geschwindigkeit des Mikrofons sind absolut hervorragend – das SF-2 macht ordentlich Lust auf laute Quellen! So hat es beispielsweise am Altsaxophon selbst bei geringerem Mikrofonierungsabstand hervorragende Dienste erwiesen – am Preamp sind es gefühlte 20 dB, die man das Gain im Vergleich zu anderen Bändchen weniger aufreißen muss. Der Frequenzgang des Royer hat die Reibungs- und Strömungsgeräusche des Holzblasinstruments ein klein wenig zurückgenommen, ohne das Instrument plump wirken zu lassen. Und: Unter “Höhenarmut” leiden die Ribbons deswegen noch lange nicht!

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Die meisten Bändchen nutzen die Möglichkeit einer sehr offenen Konstruktion aus und sind daher echte Druckdifferenzempfänger. Ohne weitere Maßnahmen hat ein solcher Gradientenempfänger die Richtcharakteristik Acht. Bei diesem Konstruktionsprinzip ist das Polar Pattern sehr frequenzkonstant, was ich auch beim Royer SF-2 bestätigen kann. Es ist daher naheliegend, zwei der Mikrofone zu verwenden und eines der Stereoverfahren zu nutzen, welche mit dieser bipolaren Richtcharakteristik erzeugt werden können. Dies ist einmal die MS-Technik, bei der ein Achtermikrofon quer zur Mittenachse liegt und das Mittenmikrofon jede erdenkliche Charakteristik haben kann (also auch Acht). Beliebt (und meist verdammt gut klingend!) ist neben verschiedenen Äquivalenzverfahren vor allem das Blumlein-Stereo (“Stereosonic”), also zwei zu 45° aus der Mitte verdrehte Achter, die idealerweise in einem Punkt liegen. In der Praxis setzt man zwei Mikrofone also übereinander, was im Falle der SF-2 sehr gut funktioniert: Die Gehäuse sind oben abgeflacht, es ist also ein leichtes, das obere Mikrofon kopfüber auf das untere aufzusetzen und nach der gelungenen Ausrichtung ein wenig in der (leider eher “preiswert” wirkenden) Spinne nach oben zu bewegen – schließlich sollen sie sich nicht berühren. Ich hätte mich allerdings über optische Hilfen in Form von Strichen oder Punkten sehr gefreut – je nachdem, wie die Royer in ihrer Spinne hängen, ist es teilweise sogar umständlich, die Seite auszumachen, deren Besprechung zuerst einen positiven Ausschlag im Signal erzeugt – also “vorne”.

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Die Mühe lohnt sich aber in jedem Fall: Belohnt wird man im Stereobetrieb zusätzlich zum sowieso schon ausgewogenen und schmeichelnden Klangbild mit einer hohen Präzision bei der Ortung. Einen Unterschied zwischen den beiden Testmikros konnte ich nicht ausmachen, was ebenfalls zur messerscharfen unkonturierten Darstellung beiträgt. Die Akustikgitarre meines bonedo-Kollegen Robby Mildenberger wird von den beiden SF-2 hervorragend dargestellt, und zwar im Blumlein- und MS-Verfahren und sogar im Faulkner-Array. Die feinen Texturen des Instruments werden nicht glattgebügelt, aber dennoch hat das resultierende Signal diese angenehme Weichheit, für die Bändchen so geliebt werden. Anders als viele andere Ribbons, besonders diese der Vintage-Firmen AEA und Coles, klingen die SF-2 jedoch etwas weniger wohlig-warm. Im Bassbereich könnte es mir in manchen Situationen etwas zu verhalten sein. Wäre es eine Produktion und kein Test gewesen, hätte ich letztlich wahrscheinlich ein MS mit einem anderen Mittenmikrofon verwendet. Im Test war die Kombination aus einem Royer (S) und einem Druckempfänger (DPA 4009) als M einfach nur umwerfend – aber auch nicht gerade preiswert.

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Blumlein nah Blumlein fern Faulkner nah Kopfplatte/Korpus MS nah, S automatisiert MS fern, S automatisiert MS fern MS mit DPA 4009 als M AB mit DPA 4009

Auch am Drumkit konnten die Royer überzeugen, ich hatte ein Blumlein-Overhead, welches wie gewünscht den (in diesem Fall recht preiswerten) Becken und der Snare ihre Spitzigkeit genommen hat. Ein Shoulderhead mit etwa einem Meter Breite klang jedoch noch einmal angenehmer, ließ bei mir aber den Wunsch nach dem “Big Sound” mit Coles 4038 aufkommen – aber das ist Geschmackssache.

Fazit

Ja, das Royer SF-2 ist ein hervorragendes Bändchenmikrofon. Aber: Es ist auch wirklich verdammt kostspielig. Individualismus kostet schnell viel Geld, aber das SF-2 Ribbon ist ja beileibe kein spezialisierter Problemlöser. Ist man bereit, mehrere Tausender zu investieren, erhält man ein hervorragend gefertigtes Mikrofon mit einem sanftmütigen und unaufdringlichen Charakter, das an verschiedensten Stellen im Produktionsprozess sein Aufgabengebiet findet – und vielleicht ein klein wenig zum “Signature Sound” eines Studios oder eines Albums beitragen kann. Die technischen Werte und der Klang lassen das SF-2 ein gutes Stück Richtung Kondensator rücken. Wer den ganz klassischen Vintage-Bändchen-Sound sucht, der ist mit einigen AEA- oder Coles-Mikrofonen besser bedient.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Frequenzgang
  • Auflösung
  • Dynamik
  • Verarbeitung, Bauart
Contra
  • hoher Preis
Artikelbild
Royer SF-2 Mono Ribbon Microphone Test
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Technische Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Acht
  • Wandlerprinzip: dynamisch (Bändchen)
  • Frequenzgang: 30 Hz – 15 kHz (+/-2 dB)
  • Übertragungsfaktor: 12,5 mV/Pa
  • Preis: Euro 3087,- (UVP)
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