Izotope Neutron Test

Songs von einem Plug-in mischen lassen? Izotopes Neutron verspricht genau dieses kleine Wunder. Das Plug-in analysiert Audiosignale und bearbeitet sie automatisch mit Equalizer, Kompressor, Transient Shaper und Exciter. Dabei erkennt die Software selbstständig Instrumententypen. Wird der Job des Mix-Engineers tatsächlich durch Software abgelöst? Wir haben es ausprobiert und sind über das Ergebnis sehr erstaunt.

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Details

Konzept

Spectral Shaping heißt die Technologie, mit der uns Izotope das Leben wesentlich erleichtern möchte. Sie analysiert das Signal und bearbeitet es automatisch in Frequenz und Dynamik. Die Funktionsweise könnt ihr euch wie einen Multiband-Kompressor mit 32 Bändern vorstellen. Dabei wird jedes Band ohne Crossover-Frequenzen bearbeitet. Das ermöglicht es Neutron, sehr detailliert zuzuhören und maßgeschneiderte Einstellungen durchzuführen. Wenn alles funktioniert, wie versprochen, kann uns Neutron also jede Menge Arbeit abnehmen. 
In der Advanced Edition sind die Effekte als einzelne Plug-ins verfügbar und zudem 7.1-Surround-fähig. Einen kostenlosen Vorgeschmack erhaltet ihr mit der Freeware-Variante Neutrino, die wir bereits im Test hatten.
 

Izotope Neutron analysiert das Material und hilft beim Mixdown.
Izotope Neutron analysiert das Material und hilft beim Mixdown.

Track Assistant

Verantwortlich für Analyse und Voreinstellung ist der Track Assistant. Er erkennt, um was für Audiomaterial es sich handelt und nimmt entsprechende Settings vor. Wie stark der Track Assistant zupackt und in welche Richtung der Sound gehen soll, lässt sich mit den Modi Subtil, Medium und Agressive sowie den Presets Broadband Clarity, Warm and Open sowie Upfront Midrange festlegen. Diese Settings sind auch ideale Startpunkte für eigene Experimente.
 

Neutrons Track Assistant bietet drei Mixdown-Modi und Voreinstellungen von Subtil bis Aggressive.
Neutrons Track Assistant bietet drei Mixdown-Modi und Voreinstellungen von Subtil bis Aggressive.

Effekte

Neutron stellt fünf Module bereit: einen dynamischer Equalizer, zwei Multiband-Kompressoren, einen Exciter sowie einen Transient Shaper. Die Module lassen sich frei im Signalfluss platzieren, das sorgt für Flexibilität. Bereits so ist Neutron ein üppig ausgestatteter Channelstrip, um Frequenz und Dynamik in den Griff zu bekommen.
 

Fotostrecke: 5 Bilder Der Equalizer bietet zwölf Bänder und arbeitet dynamisch.

Masking Meter 

In einem Mix überschneiden sich Instrumente oft in ihren Frequenzbereichen. So kommen sich beispielsweise Bass und Bassdrum gerne in die Quere. Dieser Maskierung genannte Effekt führt dazu, dass manche Instrumente weniger gut zu hören sind. Sie werden von der Konkurrenz sozusagen akustisch erschlagen. 

Mittels Masking Meter zeigt Neutron die Maskierung von Frequenzbereichen.
Mittels Masking Meter zeigt Neutron die Maskierung von Frequenzbereichen.

Um das zu verhindern, trennt man Spuren mit kollidierenden Frequenzen per EQ. Das erfordert allerdings einige Übung. Neutron bietet daher ein interessantes Feature, mit dem sich Spuren koppeln lassen. Das Masking Meter stellt dann die betroffenen Frequenzbereiche grafisch dar. So sieht man schnell, welche Frequenzen Probleme bereiten. Ein Equalizer ermöglicht die parallele Bearbeitung der gekoppelten Spuren. 

Praxis

Der Track Assistant mixt 

Habt ihr Neutron in alle gewünschten Spuren geladen, aktiviert ihr den Track Assistant und spielt den Song ab. Jetzt seht und hört ihr, wie Neutron arbeitet. Je nach Ausgangsmaterial dauert es bis zu zehn Sekunden, bis Neutron passende Einstellungen gefunden hat. Wie stark die Effekte eingestellt werden und in welche Richtung der Mix gehen soll, hängt vom zuvor festgelegten Verfahren ab. 
In den folgenden Klangbeispielen habe ich Neutron die ganze Arbeit machen lassen, ohne selbst einzugreifen. Dabei läuft der Track Assistant in allen drei Modi. Zunächst ein Hip-Hop-Beat, bestehend aus Verse mit Drums, Bassline, Cello, Rhodes und einem Vocal-Sample. Im Refrain kommen Piano, Brass und Lead hinzu. 17 Spuren sind es ingesamt, in jeder ist Neutron aktiv. Ein Teil des Refrains wird als Loop in wiedergegeben, nach etwa zehn Sekunden liefert Neutron ein fertiges Setting ab. Hören wir uns das Ergebnis an.

Audio Samples
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Hip-Hop – Ohne Neutron Hip-Hop – Neutron „Broadband and Clarity“ Hip-Hop – Neutron „Warm and Open“ Hip-Hop – Neutron „Upfront Midrange“

Im Modus Broadband and Clarity wird die Komprimierung etwas stärker angezogen, das Ergebnis klingt aber ausgewogen. Ich bin positiv überrascht. Auch die Resonanzfrequenzen hat Neutron gut im Griff. Für meinen Geschmack wird allerdings zu viel Clarity hinzugefügt.
Nun die gleiche Vorgehensweise mit einem Blues, ein reines Band-Recording. Abgesehen von Lautstärkeverhältnissen und dem typischen 1/16-Vocal-Delay wurde vorher nichts bearbeitet.

Audio Samples
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Blues – Ohne Neutron Blues – Neutron Mix Broadband and Clarity Blues – Neutron Mix Warm and Open Blues – Neutron Mix Upfront Midrange

Zuverlässiger Track Assistant?

In der Regel erkennt Neutron das Ausgangsmaterial richtig. Falls nicht, lässt sich der Irrtum rasch korrigieren. Es ist deutlich zu hören, wie Neutron im Mix für Ordnung sorgt, bisher undurchsichtigen Songs werden transparenter, frischer und dynamischer. Mit einem Equalizer werden Frequenzbereiche generell nicht nur betont, es werden auch resonante Frequenzen abgesenkt. Diese werden vom Track Assistant bemerkenswert gut identifiziert und mit dem dynamischen Equalizer kompensiert. Das hat den Vorteil, dass diese Frequenzbereiche nicht dauerhaft abgesenkt werden.

Izotope Neutron filtert die Resonanzfrequenzen des Materials heraus und räumt den Mix somit auf.
Izotope Neutron filtert die Resonanzfrequenzen des Materials heraus und räumt den Mix somit auf.

Neutron als Mastering-Plug-in

Auch in der Summe räumt Neutron auf. Es kann den Mix auffrischen, ersetzt aber kein Mastering. Dabei nimmt das Plug-in oft recht ähnliche Einstellungen vor. So werden Höhen betont, obwohl der Mix bereits höhenreich genug ist. Die Track-Assistant-Einstellungen Subtile sowie Warm and Open sind daher ein gute Ausgangspunkte, damit das Ergebnis nicht zu harsch klingt. Zunächst die bereits bekannte Neutron-Mixdown-Version, daraufhin eine zusätzliche Neutron-Instanz auf Masterspur mit verschiedenen Track-Assistant-Einstellungen im Modus Subtile.

Audio Samples
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Hip-Hop – Neutron Mix Broadband and Clarity Hip-Hop – Neutron Master Broadband and Clarity Hip-Hop – Neutron Master Warm and Open Hip-Hop – Neutron Master Upfront Midrange

Wie gut funktioniert das Masking?

Wählt man beispielsweise in der Neutron-Instanz auf der Bass-Spur unter Masking die Bassdrum, werden die Equalizer beider Spuren verlinkt. Das Masking Meter zeigt in Weiß die kollidierenden Frequenzen. Entzieht man der Bassdrum nun untere Mitten, werden diese zum Bass addiert. Das macht das Verschmelzen von Spuren erheblich einfacher, zumal beide Equalizer in einer Plug-in-Instanz dargestellt werden.

Neutron visualisiert die Maskierung gekoppelter Spuren. Die gekoppelte Spur kann invertiert bearbeitet werden.
Neutron visualisiert die Maskierung gekoppelter Spuren. Die gekoppelte Spur kann invertiert bearbeitet werden.

Benennung der Spuren

Nach der Analyse benennt Neutron die Spuren, hält sich dabei aber nicht an die Vorgaben der DAW. Statt Bassdrum heißt die Spur in Neutron dann beispielsweise Percussive 1. Je mehr Drums hinzukommen, desto unübersichtlicher wird das Ganze. Die Spuren sollten deshalb direkt nach der Analyse umbenannt werden. 

Für wen lohnt sich Neutron?

Der Track Assistant hilft jedem zuverlässig, der beim Mix Schwierigkeiten hat, störende Resonanzfrequenzen zu finden – sei es mangels Erfahrung oder probater Abhörsituation. Neutron bietet gute Unterstützung, um, ohne selbst einzugreifen, brauchbare Demos zu produzieren. Das Plug-in hat alle Spuren rasch im Griff und setzt solide Startpunkte, um den Sound zu individualisieren.
Neutron hält Frequenzen und Dynamiken ausreichend sauber unter Kontrolle, die Mixe klingen aufgeräumter. Lautstärkeverhältnisse und Tiefenstaffelung mit Hall und Delay sind dem Plug-in jedoch fremd. Ganz ohne Mixdown-Kenntnisse kommt man also nicht ans Ziel. Zudem klingen die Ergebnisse etwas steril, einen automatischen Sounddesigner erhält man mit Neutron nicht. 

Fazit

Neutron ist ein intelligenter Channel-Strip, der mit Equalizer, Transient Shaper, Exciter, zwei Multiband-Kompressoren und einem Limiter umfangreich ausgestattet ist. Der Track Assistant analysiert das Material, eliminiert störende Frequenzen und räumt so den Mix auf. Zwar ist das Tool kein automatischer Soundmacher, doch hilft das Plug-in allen Musikschaffenden, die beim Mischen ihrer Songs Hilfe benötigen. Neutron stellt alle Parameter selbst ein und ist dabei verdammt schnell. Das funktioniert nicht nur bei Einzelspuren im Mix, sondern, vorsichtig dosiert, auch im Masterkanal. Liefert eine Einstellung von Neutron nicht den gewünschten Sound, hat man immerhin einen soliden Startpunkt, von dem das Ziel nicht weit entfernt ist. Der Preis hält sich für so ein innovatives Plug-in absolut im Rahmen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Audioanalyse
  • Abmischen ohne Vorkenntnisse
  • identifizieren von Resonanzfrequenzen
  • dynamischer 12-Band-Equalizer mit Kompressor und Expander
  • Multiband Exciter und Transient Shaper
  • Masking Meter stellt Überlagerungen von Frequenzen dar
Contra
  • kein automatischer Soundmacher
Artikelbild
Izotope Neutron Test
Für 99,00€ bei
Izotope_Neutron_Bild_01_Aufmacher
Features
  • Channel-Strip-Plug-in mit Spectral-Shaping-Technologie
  • Track Assistant
  • Equalizer mit Dynamic Mode und Masking Meter
  • 2 Multiband-Kompressoren
  • Transient Shaper (Multiband)
  • Exciter (Multiband)
  • True Peak Limiter
  • Undo-History
  • über 500 Presets
  • 7.1-Surround-Support (Neutron Advanced)
  • Systemvoraussetzungen: AU/VST/VST3/RTAS/AAX-fähige DAWs, Windows 7 oder neuer, Mac OS 10.9 oder neuer
Preise
  • Neutron: 179,- EUR
  • Neutron Advanced: 349 Dollar
  • Neutrino: kostenlos
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Mittels Masking Meter zeigt Neutron die Maskierung von Frequenzbereichen.

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