IK Multimedia iRing Test

Die Firma IK Multimedia verfügt fraglos über ein ziemlich gutes Portfolio an trickreichen Lösungen rund ums Musikmachen – auch und im Speziellen in Verbindung mit Mobilgeräten. In den Zeugenstand darf man zur Belegung dieser Aussage sicherlich das iOS-Audiointerface „iRig“, den utraportablen Mixer „iRig Mix“ oder das MIDI-Pedalboard „iRig BlueBoard“ zitieren. Nun will uns die clevere Firma aus Modena in Norditalien eine berührungslose Steuermöglichkeit für iOS-Geräte namens „iRing“ offerieren, die auf der Bewegungserkennung über die integrierte Kamera von iPad und Konsorten basiert. So eine vielversprechende Spielerei muss natürlich nicht zweimal klopfen, um zum Bonedo-Test eingeladen zu werden. 

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IK Multimedia iRing, Bewegungs-Controller für iOS

Details

Auspacken

Der schicken, kleinen Box entnehme ich eine Registrierungskarte und zwei weiße Plastikringe, wobei Ring hier eigentlich das falsche Wort ist, denn es handelt sich eher um „Zwischen-die-Finger-Schiebobjekte“, die man wahlweise zwischen Mittel- und Zeigefinger oder Mittel- und Ringfinger einklemmt. Ober- und Unterseite sind jeweils mit einem Symbol aus drei Punkten bedruckt. In der einen Variante sind diese nebeneinander angeordnet, in der anderen sind sie in einer Dreiecksform positioniert. Ein recht modern illustriertes Kurzhandbuch klärt über die grundsätzliche Bedienung auf und gibt einige Tipps. Zum Beispiel, dass der Anwender auf ausreichendes Umgebungslicht achten und keine karierten Hemden tragen sollte, um die Bilderkennung nicht zu verwirren. Als Aktionsdistanz vor der Kamera empfiehlt das Handbuch einen Bereich von 70 bis 150 Zentimetern.

Fotostrecke: 4 Bilder Hübsch verpackt: Die iRinge samt Anleitung.

Software

Mit der beigefügten Seriennummer kann ich mich auf der Website von IK Multimedia als ordnungsgemäßer Eigentümer eines originalen iRing identifizieren (denn sonst könnte ja jeder kommen, sich einfach die App herunterladen und drei Punkte auf die Finger malen) und die beiden Apps downloaden. Wie eingangs bereits erwähnt, haben die beiden Programme „iRing Music“ und „iRing FX“ recht unterschiedliche Einsatzbereiche. Beiden Apps gemeinsam ist der Umstand, dass sie Audiobus-fähig sind und somit mit anderen Audio-Programmen interagieren können. Im Test funktionierte das leider (noch) nicht. Beide Apps verlangen danach, im Hochformat betrieben zu werden, damit die Kamera am oberen Rand nicht verdeckt wird.

Ohne Registrierung läuft nichts bei IK Multimedia.
Ohne Registrierung läuft nichts bei IK Multimedia.

iRing Music

Hierbei handelt es sich um einen Mehrspur-Loop-Player, der grundsätzlich in die vier Sektionen Groove, Bass, Lead und Effekt unterteilt ist. Mit Ring A (dreieckiges Symbol) bestimmt man durch Annäherung und Entfernung von der Kamera die Dichte des Beats und die Komplexität des Basses in acht Stufen (Parts). Ring B (horizontale Punkte) steuert den Lead-Sound und den zuschaltbaren Effekt. In der Basisversion stehen Filter, Crush, Reverb und Flanger zur Verfügung, weitere Effekte lassen sich via In-App-Purchase zusätzlich erwerben. Die musikalischen Ergebnisse dürfen aufgenommen und auf verschiedene Weise exportiert werden.

"iRing Music" bei der Arbeit.
“iRing Music” bei der Arbeit.

iRing FX

Unter diesem Namen firmiert ein duales Effektgerät, das wahlweise via Audiobus auf andere installierte Apps einwirkt oder MIDI-Daten an externe Audiogeräte sendet. Im MIDI-Modus stehen pro virtuellem Anfasser sowohl die X/Y-Achse wie auch der Abstand (Z) als Controller-Datenquelle bereit und lassen sich auf eine beliebige Anzahl von MIDI-Befehlen adressieren (Control Change, Notes, Programm Change, Pitchwheel, Aftertouch). 

"iRing FX" bietet wahlweise zwei Audioeffekte oder agiert als MIDI-Controller.
“iRing FX” bietet wahlweise zwei Audioeffekte oder agiert als MIDI-Controller.

Praxis

Von der ersten Registrierung an schaffen es IK Multimedia, mir bezüglich Werbedichte gehörig auf die Nerven zu gehen. Nicht nur, dass ich mir ohne aktives Zutun in der „User Area“ bereits sieben Euro an sogenannten „Jam Points“ verdient habe, nein, ich bekomme auch einen bunten Strauß Demo-Versionen zugeschrieben, die ich alle nicht will. Nach meinem Mobilgerät und einer Bewertung der App werde ich ebenso gefragt. Und als ob das alles nicht schon reichen würde, informieren mich die Apps in sporadischen Abständen über neue Produkte des Herstellers. Hinzu kommt das ausgeklügelte In-App-Kaufsystem, das, sobald man irgendwo auf Groove-Sets oder Effekte tippt, die Anmeldung des iTunes-Stores auf den Plan ruft. Breche ich diese ab, verfängt sich die App in einer Programmschleife, aus der es nur durch vollständigen Abbruch und Neustart ein Entrinnen gibt. Elegant ist das nicht.

Fotostrecke: 3 Bilder IK Multimedia scheut sich nicht, regelmäßig die Werbetrommel zu rühren.

Zu In-App-Käufen dürfte es dann wohl sehr schnell kommen, denn nach dem ersten Rundgang durch iRing Music stelle ich fest, dass gerade einmal vier Groove-Pattern im Basis-Pack enthalten sind. Weitere Groove-Bundles, die auf die Namen „EDM, Dubstep, House und Hip-Hop“ hören und jeweils fünf Grooves enthalten, kosten 4,49 Euro. Zugegeben: Auch die bereits enthaltenen Klangpakete bietet mit ihrer Matrix aus acht Sounds in acht verschiedenen Spielweisen ein bisschen Variationsmöglichkeit, dennoch hätte es hier für mich etwas mehr sein dürfen.

Audio Samples
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Factory Groove mit Gesten modifiziert Effekte: Filter, Reverb, Flanger und Crush

Aber lohnt sich der Zukauf? Nun, das magische Beschwören des iPads allein mit den beiden Ringen an den Fingern hat schon eine gewisse Faszination. Allerdings auch nur im gut ausgeleuchteten Teststudio. Denn die Gestenerkennung ist immer nur so gut wie das eingehende Videobild. In Szenarien, wo man mit erschwerten oder gar wechselnden Beleuchtungssituationen zu kämpfen hat, tappt die Bewegungserkennung nicht selten im Dunkeln und reagiert verzögert bis gar nicht. Die eigentliche Interaktionsmöglichkeit, nämlich über den Fingerabstand zwischen den acht möglichen Variationen der drei Parts (Groove, Bass, Lead) umschalten zu können, erweist sich als nicht sonderlich praxistauglich. Denn der Wechsel zwischen den verschiedenen Sound-Phrasen klingt irgendwie sehr willkürlich und ungeplant, zumal es auch musikalisch wenig sinnvoll ist, ständig das Motiv zu ändern. Überhaupt ist das Hantieren mit den drei Parts plus Effekt eher unelegant, da man ja nur zwei Hände hat und zum Wechsel zwischen den Parts dann doch immer wieder auf das iPad patschen muss. Aber egal was man macht: Die Option zum Einblenden des Live-Kamerabildes sollte aktiviert sein, denn sie hilft sehr dabei, den Bereich, wo man noch erfasst wird, einzuschätzen.

Fotostrecke: 2 Bilder Neue Groove-Sets sind schnell zur Hand – kosten aber auch.

Die nächste Ernüchterung erwartet mich bei der Integration der iRing-FX-App. Denn auf allen im Test benutzten iPads (V2, V3, Air) erhielt ich die Fehlermeldung, dass sich Audiobus nicht starten lässt. Bleibt also nur noch die Nutzung als MIDI-Controller. Die Adressierung der zu sendenden Controller ist dabei erstaunlich gut gelungen. Für jede der Achsen im Raum (X/Y/Z) kann ich einfach den zu steuernden Parameter eingeben und das sogar mehrfach – sehr schön. Nicht so schön dagegen: Irgendwie scheint sich der Programmcode in der aktuellen Versionsnummer beim Senden der Daten „zu verschlucken“ und es „gewinnt“ allein der Z-Parameter (Abstand). Die anderen MIDI-Werte erscheinen nur sporadisch im angeschlossenen MIDI-Monitor. Und dennoch: Es macht schon etwas her, wenn man einen alten Synthesizer hervorholt (im Test den Yamaha DX-200) und diesen dann plötzlich via Handbewegung dirigiert. An dieser Stelle sicherlich ein Punkt für den iRing.

Fotostrecke: 3 Bilder Audiobus weigerte sich im Test, mit iRing FX kooperieren.

Fazit

Es fällt nicht leicht, dem iRing einen wesentlich höheren Stellenwert einzuräumen als den, ein kurzer interaktiver Zeitvertreib in Verbindung mit einem iOS-Gerät zu sein. Dieser Eindruck wird besonders durch die App „iRing Music“ unterstrichen, die im Wesentlichen nur ein Multitrack-Loop-Player mit gestischer Intensitätsregelung ist. Zudem ist das „After-Sales-Concept“ von IK Multimedia, das einen ständig dazu ermuntern möchte, weitere Einkäufe zu tätigen, etwas nervig. Das ist ein bisschen schade, denn für sich genommen macht die Bewegungserkennung einen durchaus guten Job. Das Potenzial zeigt sich besonders dann, wenn man „iRing FX“ dazu verbiegt, als Controller für eine angeschlossene DAW zu agieren. Ob man sich allerdings wirklich oft die Mühe machen wird, nur für das gestische Abfeuern von Events ein Extra-iPad mit auf die Bühne oder in die Kanzel zu nehmen, wage ich zu bezweifeln. Kurz: Eine nette und günstige Möglichkeit für Besitzer von iOS-Geräten, mit ihrem Apple-Produkt auf ungewöhnliche Weise zu interagieren, deren praktischer Nutzwert derzeit allerdings noch nicht besonders groß ist.

PRO
  • Günstiger Preis
  • Interessantes Konzept
Contra
  • Geringe Genauigkeit
  • Lichtabhängig
  • Werbeintensiv
  • Audiobus funktioniert (noch) nicht
  • MIDI-Ausgabe liefert nur einen Parameter
IK Multimedia iRing, Bewegungs-Controller für iOS
IK Multimedia iRing, Bewegungs-Controller für iOS
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