Der E-Piano-Markt ist dicht bevölkert und heiß umkämpft – schließlich ist Klavierspielen en vogue und allein in China versuchen sich unglaubliche 35 Millionen Menschen an den Tasten. So viele Hände wollen natürlich mit Instrumenten versorgt werden, und oft fällt die Wahl auf die elektrische Variante. Schließlich ist sie leise(r), transportabel und nimmt auch nicht so viel Raum ein. Außerdem gibt es vielleicht auch noch mehr als eine Klangfarbe, und ein Metronom ist häufig auch schon mit an Bord.
Es gibt also viele gute Gründe in diesen Markt einzusteigen. Auch Casio mischt hier seit vielen Jahren mit und bietet vor allem im unteren Preissegment so genannte „Einsteiger Instrumente“ an . Wer sich für ein Gerät aus der Casio Privia Reihe entscheidet, muss die 1000-Euro-Grenze nicht überschreiten. Eine Grenze, ab der die meisten Hersteller überhaupt erst anfangen Digitalpianos anzubieten. Umso gespannter darf man also sein ob Casio, trotz extrem moderater Preise, eine ansprechende Qualität abliefern kann. Im Test: das Privia PX-330.
Das Datenblatt des PX-330 lässt staunen: 250 (!) Klangfarben, Begleitautomatik, Pitch Bend Wheel, USB-Anschluss, Audio-In, Midi-Duo, 2 Kopfhöreranschlüsse, Styles, SD-Karten-Slot… das ist erheblich mehr als das, was man sonst in einem Digitalpiano findet.
Das Casio Privia legt mit Anschlüssen und Funktionen schon mal ganz gut vor. Aber der Reihe nach: Anschlüsse gibt es hinten, links und vorne. Jeweils zwei Stereo Ein-und Ausgänge in Großklinke (die natürlich auch Mono gefahren werden können) hat Casio dem Privia spendiert. Das MIDI-Duo ist ausreichend, und wer den Privia in sein Computer-Setup einbinden möchte, kann das über USB machen. Pedal-Anschlüsse gibt es von Haus aus zwei, nämlich den unverzichtbaren Dämpfer-Pedalanschluss, sowie einen weiteren Pedalanschluss der wahlweise Sostenuto- oder Soft-Pedal-Funktion besetzt. Als optionales Zubehör kann auch ein vollständiges Pedal-Set mit Sustain, Sostenuto und Verschschiebung angeschlossen werden. Dazu ist dann aber auch gleich ein besonderer Ständer erforderlich.
An der linken Seite befinden sich der Ein-/Ausschalter sowie zwei Kopfhöreranschlüsse, die im Mini-Klinken-Format gehalten sind. Das ist für das Spiel zu zweit vielleicht nicht ganz prima, denn der rechte Spieler würde mit seinem Kopfhörerkabel wahrscheinlich den linken Spieler stören. Auf der linken Oberseite befindet sich das Pitch-Bend-Wheel. Ein Pitch-Bend-Wheel an einem E-Piano!? – Dazu später mehr.
Die Oberseite bietet eine sehr klar strukturierte Oberfläche mit LED-beleuchteten Drucktastern. Eine Besonderheit ist dabei, dass die LEDs jeweils nur die linke Ecke der Taster einnehmen, was einen sehr eleganten Eindruck macht. In der Mitte befindet sich ein hintergrundbeleuchtetes 3-Zeilen-Display, rechts davon parken die Klangfarben und die Effekte, links die Begleitautomatik und die Styles. Außerdem wartet hier ein SD-Karten-Slot für eigene Klänge und Styles.
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Wie die Bedienoberfläche so ist auch das ganze Gerät ausnehmend elegant – das Casio Privia PX-330 BK sieht bedeutend wertiger aus als es sein Preis vermuten lässt. Es ist ganz in schwarz gehalten und mit geraden oder nur sanft geschwungenen Linien sehr klar strukturiert. Die schon angesprochenen LED-Taster sind das Tüpfelchen auf dem i. Dazu passt die flache Bauform, was dem Ganzen einen leichten, geradezu italienischen Touch verleiht.
Doch bevor ich hier zu lyrisch werde, zurück zu den harten Fakten: Das Gewicht ist mit knapp 12 Kilogramm sehr angenehm und transportabel. Die Rückseite mit den Anschlüssen hätte ein wenig stabiler sein können, beim Ausstecken der Anschlüsse sollte man besser zwei Hände nehmen, bevor die Plastikverschalung schaden nimmt. Angesichts des Preises aber eine sehr gute Leistung. Applaus auch für die 2-Wege-Lautsprecher, die sich gediegen links und rechts in die Oberfläche einfügen und sowohl nach oben als auch nach hinten abstrahlen. Der Klang der Lautsprecher kann es mit allen auf dem Markt befindlichen E-Pianos aufnehmen, sowohl im Bass-Bereich als auch was die Brillanz betrifft. Audio-Signale, die ich mittels Audio-Eingang darüber abspielte (darunter auch brachiale Klänge), wurden durchweg klar wiedergegeben.
Die Tastatur hat mich beim ersten Anspielen zunächst einmal verblüfft. Irgendwas war komisch und ich dachte zunächst ich hätte es mit einer schwergängigen Keyboard-Tastatur zu tun. Aber weit gefehlt. Trotz des leichten Gewichts besitzt das PX-330 eine Hammermechanik und keine Tasten, die mit Stahlfedern nach oben gedrückt werden. Sie ist sehr angenehm zu spielen und bietet einen guten Widerstand. Irritierend ist aber, dass die Tasten nach dem Anspielen recht langsam wieder nach oben kommen, was auch der Grund für die anfängliche Verblüffung war. Eine Hammermechanik zeichnet sich dadurch aus, dass, bevor die Energie auf den Hammer geleitet wird, zunächst ein gewisser Widerstand durch die Fingerkraft gebrochen werden muss. Die Schwerkraft sorgt dann dafür, dass der Hammer wieder zurückfällt und die Taste nach oben bringt. Je mehr Energie am Anfang aufgebracht wird, desto schneller fällt der Hammer wieder zurück. Dieses Gefühl einer „Wippe“ hat man beim Casio PX-330 nicht so sehr wie bei anderen Hammermechaniktastaturen. Insgesamt ist es aber eine sehr angenehme und gut spielbare Tastatur, welche die Bewegungen des Spielers gut umsetzt und ein gutes Spielgefühl besitzt.
Das mitgelieferte Fußpedal ist ein einfaches Keyboard-On/Off-Pedal, also weder vom Aussehen einem Klavierpedal ähnlich noch mit Halb-Pedalfunktion ausgestattet. Letzteres gibt es erst mit dem separat erhältlichen Pedal. Dazu kommt ein recht großes Netzteil, das bei Mehrfachsteckdosen in die danebenliegenden Steckdosen hineinragt sowie ein tauglicher Notenständer, der einfach oben in das Gerät eingesteckt werden kann.
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Praxis
Wo andere E-Klaviere vielleicht drei klassische und drei E-Piano Sounds anbieten, hat das Casio PX-330 gleich 21 zur Auswahl: sechs in der Sparte „Grand Piano Modern“, weitere sechs als „Grand Piano Classic“ und neun elektrische Vertreter. Darunter fallen dann aber auch Klassiker wie das „Strings Piano“, welches dem Klaviersound zusätzlich einen Streichsound unterlegt.
Hier die ersten Beispiele der verschiedenen Piano-Klangfarben:
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Klaviere 1Klaviere 2
Wie man hören kann, sind die Klänge sehr brillant gehalten. Diese Brillanz wird übrigens auch über die eingebauten Lautsprecher wiedergegeben.
Als Nächstes folgen Beispiele aus der E-Piano-Sektion:
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Pianos
Auch hier machen die Sounds einen sehr modernen Eindruck, auch wenn ihnen vielleicht das letzte bisschen „Leben“ fehlt.
Als nächstes hören wir uns das Vibraphon und verschiedene Orgeln an:
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Mallet und Organ
Casio hat sich alle Mühe gegeben, die altbekannten Klänge auf den neuesten Stand zu bringen: Die verzerrte Orgel ist auch richtig dreckig und nichts, was man in einem E-Piano vermutet hätte.
Gehen wir weiter zu den Streichern und dem akustischen Bass:
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Streicher und Akustik Bass
Achtung: nur der zweite Sound heißt Synth-String… und natürlich darf der Ride Bass nicht fehlen.
Weiter geht es mit den Solo-Bläsern und den Brass-Ensembles:
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BläserBläser Ensemble
Die Sounds brechen übrigens nicht ab, wenn man von einem Sound zum nächsten wechselt. Außerdem kann man sie natürlich übereinanderlegen, die Tastatur splitten und um eine Oktave transponieren. Schließlich gibt es noch 178 weitere Sounds, darunter das gesamte GM-Soundset samt Telefon, Helikopter und Applaus. Hier ein paar exotischere Beispiele:
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Exotik
Spätestens jetzt weiß man auch, wieso das Casio Privia ein Pitch-Wheel hat: Das PX-330 ist beileibe nicht nur ein E-Piano, sondern ein ausgewachsenes Keyboard, wie auch der Blick auf die linke Seite des Bedienfeldes zeigt. Hier ist nämlich eine ausgewachsene Begleitsektion mit editierbarem Sequenzer und Styles (hier Musik-Presets genannt) wie Rock/Jazz, Latin/World, Ballad/Piano Rhythms und User Rhythms am Start.
Insgesamt sind 180 vorinstallierte automatische Begleitmuster im Gerät, welche bearbeitet werden können und sich durch eigene Rhythmen und Begleitungen ergänzen lassen.
Jedem der 180 Rhythmen ist jeweils eine passende Begleitung mit den entsprechenden Instrumenten und Spielweisen zugeordnet. So haben die Samba-Rhythmen eine Bläser- und Percussion-Sektion, während die R&B Ballad mit Klavier und Rhythmusgitarre aufwartet. Wird mit Begleitautomatik gespielt, teilt sich die Tastatur in zwei Bereiche auf, wobei der obere Teil für die selbst gespielte Melodiestimme und der untere Teil für die Begleitung vorgesehen ist. Die Akkorde können dabei entweder selbst gegriffen oder per CASIO Chord eingespielt werden. CASIO Chord ist eine vereinfachte Akkordeingabe, mit der man mit einem bis vier Fingern Dur-, Moll- und ihre Septakkorde spielen kann – man muss nur den Grundton wissen.
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Begleitung 1
Aber auch die Melodienoten können automatisch ergänzt werden. So wird aus der einstimmigen Melodie ganz schnell mal ein Duett, ein BigBand-Bläsersatz oder es werden gar Country-Harmonien dazu gespielt.
Die Rhythmus-Sektion überzeugt durch sehr klare Sounds, welche durch Intros, Fills und Endings abgerundet werden. Dabei sind gerade die Fills sehr kreativ und überraschen durch Einfallsreichtum.
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Begleitung 2
Die Musik-Presets bieten 300 vorinstallierte Styles, mit denen auf bestimmte Genres abgestimmte Einstellungen für Klangfarbe, Rhythmus, Akkordfortschreitung, Schlagzeug etc. durch einen einzelnen Knopfdruck abrufbar sind. Diese Styles können verändert und in 50 eigenen Speicherplätzen abgelegt werden. So kann man z.b. die Akkordfolge eines bestimmten Styles verändern und als komplett neuen Song abspielen – hier befinden wir uns also schon auf dem Weg zum professionellen Alleinunterhalter, welcher seine Begleitung im Vorhinein programmiert und beim Gig dann nur noch die rechte Hand dazu spielt – harmonisiert, versteht sich! Durch die Ein- und Ausgänge steht diesem Szenario auch nichts im Wege, auch wenn das kleine Display und die auf E-Piano getrimmte Optik das Eingeben sicher mühevoller werden lassen als auf einem ausgewiesenen Profi-Keyboard. Nichtsdestotrotz: das PX-330 bietet alle Funktionen eines voll ausgewachsenen Keyboards und würde in dieser Disziplin ordentlich punkten.
Aber das PX-330 ist ja als Digital Piano klassifiziert und daher müssen wir uns natürlich den Klaviersound noch einmal etwas genauer ansehen. Hier ein paar Beispiele eines Akkords mit und ohne Sustainpedal gespielt:
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Ausklang
So genau bekommt man gar nicht mit, wann das Pedal gedrückt wird und wann nicht. Auffällig ist, dass nach dem Anschlag der Sound rapide leiser wird. Bei einem echten Klavier würde sich die Lautstärke, vor allem bei gedrücktem Pedal, doch noch um einiges länger auf einem höheren Niveau halten. Der einzelne Ton im Bass hält seine Lautstärke und wirkt dadurch viel realistischer.
Dass der Ton so schnell verschwindet, hat zur Folge, dass man mit dem Privia nicht „im Klang schwimmen kann“. In dem folgenden Beispiel eines Klavierstücks von Mussorgsky müsste das Klavier auf allen Frequenzen nur so dahindröhnen und wie Kirchenglocken donnern.
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Mussorgsky
Durch den rapiden Lautstärkenabfall wird das aber leider nicht so richtig was und man hat eher das Gefühl, man spielt auf einem Keyboard als auf einem E-Piano.
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Das Casio Privia PX-330 BK sieht super aus und bietet so viele Möglichkeiten, dass die Bezeichnung Digital Piano eigentlich irreführend ist: das Ding ist ein ausgewachsenes Entertainer-Keyboard. Die Sounds klingen alle sehr frisch und brillant und das Vier-Wege-Lautsprechersystem ist dem sehr gut gewachsen. Wer auf vielfältige Klangfarben und eine ausgefuchste und aktuelle Begleitautomatik wert legt, ist mit dem Privia-330 bestens bedient – und das bei einem sehr moderaten Preis.
Abzüge gibt es allerdings beim Klaviersound. Wer den mitgelieferten Keyboard-Fußschalter gegen ein „echtes“ Klavierpedal mit Halbpedalfunktion ersetzen will, muss für Ständer und Pedaleinheit noch mal in die Tasche greifen – und schränkt damit natürlich auch die Mobilität des Instruments ein. Der brillante Anschlagsklang überzeugt, aber der Klang fällt dann zu schnell ab und kann „nach hinten raus“ nicht mehr so recht überzeugen. Als klassischer Pianist bin ich hier allerdings auch sehr anspruchsvoll.
Alles in allem aber eine sehr faire Kombi aus Keyboard und E-Piano mit vielen durchdachten Möglichkeiten (Duo-Spiel mit zwei Kopfhörern), vielen Anschlussmöglichkeiten und einem modernen Sound.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Ausgesprochen chic
Gutes Soundsystem
Brillianter Klang
Leicht
Ausgefuchste Begleitautomatik auf professionellem Niveau
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