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Blackstar Artisan 15H Test

Der Blackstar Artisan 15H im bonedo-Test – Blackstar ist eine noch junge britische Ampschmiede, die größtenteils aus Ex-Marshall Mitarbeitern besteht. 2007 wurden die ersten Produkte aus eigener Produktion auf der Musikmesse in Frankfurt vorgestellt. Mittlerweile umfasst die Serie eine ganze Reihe von Röhren- und Transistorverstärker sowie diverse Verzerrer und Effektpedale.

Blackstar_Artisan_15H10


Mit dem Artisan 15H präsentiert Blackstar ein zweikanaliges Vollröhren-Topteil, das sehr puristisch aufgebaut ist, mit einigen Besonderheiten aufwarten kann und deshalb auf jeden Fall neugierig macht.

Details

Optik / Verarbeitung:

Das 609 x 252 x 208 mm (BxHxT) messende und 12,5 Kilo schwere Topteil fällt etwas kleiner aus als ein Standard-Head von Marshall, was dem Transport auf jeden Fall zugutekommt. Schon äußerlich setzt sich der schmucke Verstärker von seinen Konkurrenten ab. Ein sauber verklebtes, vintage-braunes Tolex auf einem keilgezinkten Birkensperrholz-Gehäuse und das dazu passende goldenes Piping entlang der Vorderseite verleihen dem Verstärker ein edles Äußeres. Vier dicke Gummifüße sorgen für einen sicheren Stand und ein Kunstledergriff auf der Gehäuseoberseite darf natürlich auch nicht fehlen.

Fotostrecke: 2 Bilder Brown-Sound: Der Artisan kommt im braunen Vintage-Kleid

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der Artisan-Serie um puristisch aufgebaute Verstärker, die es auch mit anderen Leistungsdaten gibt. Die 15 im Namen entspricht nämlich, wie unschwer zu erraten ist, der maximalen Leistung. Lauter geht’s mit den 30 oder 100 Watt Varianten, wobei es die Comboversion “nur” mit 15 und 30 Watt gibt. Wer jedoch schon einmal vor einem aufgerissenen Vox AC30 stand, der weiß, dass das mehr als ausreichend ist …
Zurück zum Artisan. Der lässt sich zwischen 5 und 15 Watt umschalten, der entsprechende Schalter dafür befindet sich auf der Aluminium-Bedienplatte an der Vorderseite, neben ihm die obligatorischen On/Off- und Standby-Schalter. Eine rote Lampe signalisiert den Betriebsstatus.

Fotostrecke: 4 Bilder Die beiden Kanäle des Amps sind zwar identisch aufgebaut – klingen aber sehr unterschiedlich

Rückseite

Auch die Rückseite zeigt sich sehr bescheiden: Zwei Boxenanschlüsse, ein Impedanz-Wahlschalter und zwei Sicherungshalter müssen reichen. Natürlich darf auch der Anschluss des Saftspenders nicht fehlen.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Heck des Amps

Folgende Boxenkombinationen lassen sich anschließen:

Angeschlossene BoxenImpedanzwahl
1×16 Ω16 Ω
2×16 Ω8 Ω
1×8 Ω8 Ω
2×8 Ω4 Ω
1×4 Ω4 Ω

Boxen mit weniger als 4 Ω oder 2 x 4 Ω sollten besser nicht mit dem Amp verwendet werden.
Eine Kanalumschaltung sucht man vergeblich – schade eigentlich, denn ich finde, wenn man schon mehrere Kanäle hat, sollte man diese auch fernsteuern können. Das ginge hier mit einem A/B-Schalter, der die Gitarre auf zwei Eingänge legt. Aber den muss man gesondert erwerben. Mischen lassen sich die beiden Kanäle, indem man mit einem Patchkabel aus dem jeweils nicht benutzen Eingang eines Kanals das Gitarrensignal an eine Eingangsbuchse des anderen Kanals weiterleitet. Diese Möglichkeit, die Gitarre parallel an beide Kanäle zu verteilen, eröffnet natürlich unzählige weitere Soundvarianten. In diesem Test soll es aber zuerst einmal um die beiden Kanäle an sich gehen.
Ist das Äußere des 15H ansonsten ohne Fehl und Tadel, weiß erst recht das Innere zu überzeugen: Hier finden sich von Hand gelötete Punkt-zu-Punkt-Verbindungen in einem geschweißten Stahlgehäuse. Das Ganze wird in Korea produziert und lässt keinen Raum für irgendeine Kritik – der Amp ist absolut tadellos verarbeitet. Kommen wir zu den wesentlichen Unterschieden der beiden Kanäle: Kanal eins besitzt zwei ECC83 Doppeltriodenröhren, die man getrost als DIE Vorstufenröhren bezeichnen kann. Echte Klassiker also, die für den typisch britischen Sound sorgen sollen. Kanal Nummer zwei wird von einer EF86 angetrieben. Dieser Kolben findet sich ursprünglich eher in High-End Audiogeräten. Er erzeugt mehr Gain und rauscht weniger als seine Mitbewerber. Schon in früheren Tagen des amerikanischen Verstärkerbaus wurde dieser Kolben übrigens sehr gern verwendet. Es handelt sich um eine Pentode, die spezielle Gain- und Kompressionseigenschaften besitzt, die vor allem in Studios sehr geschätzt werden und Amps dieser Art daher gern gesehen sind. Durch den zusätzlichen Gain werden die beiden EL84 Endstufenröhren stärker angesteuert und addieren dem Sound die typischen, von Gitarristen heiß geliebten Klangmerkmale. Zusätzlich sorgt ein Röhrengleichrichter mit einer EZ81 für mehr Kompression und eine sensiblere Ansprache. So, genug der Theorie, die Kolben glühen bereits.

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Praxis

Wie immer verwende ich eine schwere 2 x 12″ Box mit Vintage 30 Pappen und ein SM57, das direkt in einen Universal Audio LA610 Mic Pre geht und ohne Umwege, sprich EQ, Kompressor, Hall u. Ä. aufgenommen wird.
Eines vorweg: Die 15 Watt machen ziemlich Dampf und reichen definitiv für den Clubgig oder die “normale” Probe. Wie immer mischt sich bei solchen Amps bei mehr Lautstärke auch mehr Gain ein, was sich aber feinfühlig mit dem Lautstärkepoti der Gitarre regeln lässt.
Der Hersteller hat in der Bedienungsanleitung eine kleine Tabelle aufgeführt, die zeigt, wie lange das Ohr welchen Pegel verträgt – und das möchte ich Euch nicht vorenthalten!

Dauer pro Tag in StundenLärmpegel in dBA
890
692
495
397
2100
1 1/2102
1105
1/2110
1/4 oder weniger115

Also, immer schön die Ohrstöpsel mitnehmen, denn ist das Ohr einmal kaputt, lässt sich das im Normalfall nicht mehr reparieren!!!
Los geht’s mit einer lockeren Pickingfigur, für die ich den Halspickup einer Strat verwendet habe. Es gibt immer zwei Beispiele, einmal mit dem ersten, dann mit dem zweiten Kanal, um die Unterschiede klar herauszustellen. Die Gitarre steckt immer im HI-Eingang, der Volumenregler steht auf 9 Uhr, betrieben wird der Amp im 15 Watt Modus.

Audio Samples
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Hi-Input, Ch1, Vol. 9, Strat Neck Hi-Input, Ch2, Vol. 9, Strat Neck

Es ist wirklich erstaunlich, welchen Unterschied verschiedene Röhren machen können. Klingen die ECC 83 im ersten Kanal frisch, aufgeräumt und punchy, produziert der EF 86 Kolben im zweiten Kanal viel mehr Mitten und klingt komprimierter.
Jetzt schalte ich lediglich den Amp auf 5 Watt und verwende den Steg-Pickup der Strat.

Audio Samples
0:00
5-Watt, Hi-Input, Ch1, Vol. 9, Strat Steg 5-Watt, Hi-Input, Ch2, Vol. 9, Strat Steg

Und schon mischt sich die Endstufe ins Spiel. Der Sound wird in beiden Kanälen noch kompakter, manche würden es auch schmutziger nennen, und das natürlich besonders im zweiten Kanal. Im Amp schlagen in der Tat zwei Herzen.
Ich ändere in den folgenden Beispielen bis auf die Lautstärke nichts am Setup. Volume steht jetzt auf 3 Uhr, somit wird es wesentlich lauter und die Endstufe muss jetzt richtig ran.

Audio Samples
0:00
5-Watt, Hi-Input, Ch1, Vol. 3, Strat Steg 5-Watt, Hi-Input, Ch2, Vol. 3, Strat Steg

Channel 1 liefert schön schmutzige Sounds à la Stones, bei denen sich der Single Coil der Strat sehr schön in Szene setzt. Alle Attacks sind klar definiert, insgesamt ist das Klangbild frisch und direkt. Im zweiten Kanal sieht es da etwas anders aus. Er ist zwar auch mit Obertönen gesegnet, vordergründig sind jedoch die Mitten. Auch das Bassfundament ist etwas undefiniert, was an der härter angefahrenen Endstufe liegt und mir ausgesprochen gut gefällt. Je nach verwendetem Instrument kommen so recht dreckige Rockriffs zustande.
Es wird Zeit für eine andere Gitarre, jetzt muss Paula ran. Der Amp steht nach wie vor auf 5 Watt, allerdings habe ich die Lautstärkeregler beider Kanäle voll aufgerissen.

Audio Samples
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5-Watt, Hi-Input, Ch1, Vol. max., Les Paul Steg 5-Watt, Hi-Input, Ch2, Vol. max., Les Paul Steg

Die Unterschiede beider Kanäle waren ja im cleanen Betrieb schon deutlich zu hören. Spätestens jetzt wird aber klar, dass es sich in der Tat um zwei verschiedene Amps handelt.
Die Gainstruktur des zweiten Kanals ist sehr dicht und ausgeprägt. Kanal eins neigt immer noch zu klaren, definierten Sounds, Channel zwo will von der Leine gelassen werden und schreit nach Riffs.
Um das Obengenannte zu unterstreichen hier noch einmal zwei Beispiele, jetzt aber im 15 Watt Modus.

Audio Samples
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15-Watt, Hi-Input, Ch1, Vol. max., Les Paul Steg 15-Watt, Hi-Input, Ch2, Vol. max., Les Paul Steg

Abschließend ein kleines Solo, für das ich eine Music Man Luke 3 verwendet habe und mich natürlich in den zweiten Kanal begebe. Wir bleiben im 5 Watt Modus mit voll aufgedrehtem Volumenregler.

Audio Samples
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15-Watt, Hi-Input, Ch2, Vol. max.,Luke

Auch diese Prüfung besteht das Artisan 15 Topteil mit Bestnoten. Es geht feinfühlig auf das jeweils angeschlossene Instrument ein und erzeugt in diesem Fall durch den hohen Output der Gitarre einen cremigen Leadsound. Wem das nicht reicht, der kann natürlich auch seinen Lieblingszerrer einstöpseln, der Amp harmoniert sehr gut mit den bunten Treterchen.

Der Artisan weiß zu gefallen
Der Artisan weiß zu gefallen
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Fazit

Der Artisan 15 ist ein bestens verarbeitetes, puristisch aufgebautes Topteil mit zwei Kanälen, die sich allerdings nicht umschalten lassen. Beide Kanäle bieten dank unterschiedlicher Vorstufenröhren zwar verschiedene Klangcharakteristika, klingen aber in ihrer Art jeweils ohne Einschränkungen sehr gut. Im Grunde handelt es sich hier um einen in Korea handverdrahteten Boutique Amp zum Discount-Preis. Freunde des direkten, unverblümten Gitarrentons werden ihre helle Freude haben. Antesten!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sound
  • zwei unterschiedliche Klangcharakteristika
  • Punkt-zu-Punkt-Verlötung
  • Umschaltbar zwischen 5 und 15 Watt
  • Preis
Contra
  • Kanäle nicht umschaltbar
Artikelbild
Blackstar Artisan 15H Test
Blackstar_Artisan_15H13
Brown-Sound: Der Artisan kommt im braunen Vintage-Kleid
Technische Daten
  • Hersteller: Blackstar
  • Bezeichnung: Artisan 15 H
  • Herstellungsland: Korea
  • Farbe: Vintage Rot
  • Röhrenbestückung: 2 x ECC83, 1x EF86, 2x EL84, 1x EZ81
  • Besonderheiten: Endstufenleistung umschaltbar, handverlötet, unterschiedliche Charakteristika der beiden Kanäle.
  • Gewicht: 12,5 kg
  • Größe: 609 x 252 x 208 mm (BxHxT)
  • Preis: 1.069,00 Euro UVP
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Profilbild von Palooka

Palooka sagt:

#1 - 21.04.2014 um 11:36 Uhr

2

Hallo, ich besitze diesen Amp seit längerem. Ich verstehe den Aufbau etwas anders. Der erste Kanal mit den 12AX7 hat wohl den Marshall-Sound als Vorbild und lässt sich gut mit einem Plexi vergleichen, während der 2.Kanal mit EF86 dem alten Vox AC15 nachempfunden ist, der eben auch die EF86/EL84 Kombination verwendet. Mit amerikanischem Verstärkerbau hat das recht wenig zu tun, der Amp ist meines Erachtens eine urbritische Mischung Marshall/Vox.

Profilbild von Wolfgang von Bockenheim

Wolfgang von Bockenheim sagt:

#2 - 23.01.2015 um 22:49 Uhr

0

Ich besitze einen der ganz frühen Artisan 15 (Combo), bei dem die Umschaltung auf 5 W nicht durch Trioden-, sondern durch single-ended Schaltung realisiert wurde. Die Bezugnahme auf alte amerikanische Amps stammt von Blackstar selbst und bezieht sich auf die Kombination einer Pentode (nicht ausdrücklich einer EF86) in der Vorstufe und einer single-ended 5W (nicht ausdrücklich einer EL84) Endstufe. Hier handelt es sich natürlich nur um eine konzeptionelle Annäherung, nicht um eine 100% Kopie. Mit der Endstufe im push/pull Betrieb ist die Nähe zum AC15 natürlich nicht abzustreiten.

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