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Plugin Alliance bx_oberhausen Test

Plugins von Brainworx sind bekannt für ihre exzellente Qualität. Ob SSL-Emulation, Buss-Kompressor oder M-/S-Matrix, viele Mix- und Mastering-Engineers schwören auf die Leverkusener. Deswegen hat man sich beim ersten eigenen Software-Synthesizer auch nicht lumpen lassen: So wurde mit dem Oberheim-SEM nicht nur einer DER Synthesizer schlechthin emuliert, sondern man packte oberdrauf auch noch eine ganze Reihe hauseigener, hervorragender Effekte und Features, die dem Synth noch mehr Soundmöglichkeiten mitgeben. 

Brainworx_bx_oberhausen_01_Test

Man kann die Bedeutsamkeit eines Synthesizers, die er für die Musikgeschichte hatte, an verschiedenen Punkten festmachen: Welche Künstler nutzten ihn, auf welchen Alben tauchte er auf, was ist er heute wert, gibt es viele Nachahmer?

Oder man schaut einfach mal „in the Box“ nach, wie viele Emulationen es vom Instrument gibt. Neben dem Minimoog und dem Prophet V ist der Oberheim SEM einer der Klassiker, von denen es bereits einige Emulationen gibt: den SEM V (aus Arturias V Collection), der UV-1 (aus der OB-Legacy-Reihe von UVI), den OP-X PRO-II (Sonic Projects) und das Freeware-Plugin OBXD. 

Als PA den Bx_oberhausen ankündigte, waren Staunen und die Erwartungshaltung der Fans des Unternehmens groß. Ein Softsynth von denen? Das MUSS gut klingen! Nicht nur wollte man mit eigener Emulationstechnologie den besonderen Charakter von Filter und Oszillatoren noch originalgetreuer gestalten, man packte außerdem eine M/S-Matrix in den Filter und eine FM-Synthese als Schmankerl hinzu. Daneben setzte man mit einigen Miniversionen  von beliebten Effekte noch eins oben drauf – und das alles zu einem Preis, der in vielen Foren für Irritation sorgte: 249 Euro.

Details

Allgemeines

Bx_oberhausen gibt es als Audio-Unit (AU) sowie als VST2-, VST3- und im AAX-Native-Format. Auch ist man auf den NKS-Zug von Native Instruments (NI) aufgesprungen. Das bedeutet, dass ihr das Plugin über Komplete Kontrol ansteuern könnt, falls ihr einen der Controller von NI besitzt. Auf Macs wurde das Plugin mit den OS-Versionen 10.9 bis 10.14 als kompatibel getestet, bei Windows-Rechnern sollte es ab Windows 7 in jeder Betriebssystemversion laufen. Hardware-seitig werden zwei Gigabyte RAM und eine mindestens 2 Gigahertz große CPU empfohlen.

Presets
Im Sortierfeld in der Mitte könnt ihr die Presets auch nach Autor sortieren.

Do it again! SEM – Bx_oberhausen, die nächste Emulation

Zugegeben, der Name des Plugins ist etwas sperrig, aber in einer Branche, in der einer der bekanntesten Effekte Sausage Fattener heißt, muss man sich über nichts mehr wundern – und klar, Leverkusen liegt um die Ecke der namensgebenden Stadt. Brainworx geht mit seiner Emulation des Oberheim SEM einen ähnlichen Weg, wie viele andere Softwarefirmen.

Das Ziel ist nicht nur eine besonders originalgetreue Emulation des analogen Instruments, sondern möchte man sich damit auch die Möglichkeiten, die eine Softwareversion eröffnet, zu Nutze machen. Diese gilt es so einzubauen, dass sie den bestehenden Synthesizer sinnvoll ergänzen und nicht etwa in eine vollkommen neue Richtung verändern. Das würde nicht nur den Charakter zerstören, sondern ist die Synth-Community bei allzu krassen Veränderungen hier auch eher empfindlich. 

Audio Samples
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01. Gentle Moments Preset 02. Dusty Cabin Preset
 03. Big Brass Preset
 04. Buck Rogers Preset 05. Garcon Sexy Preset

Und das ist das Ziel: einerseits diejenigen zu begeistern, die bisher noch keinen Hardware-Synthesizer ihr Eigen nennen, aber in die Soundwelt der Analog-Synthesizer einsteigen möchten, und andererseits diejenigen abzuholen, die ewig viele Kisten im Heimstudio stehen haben und jede Software-Version ihrer Lieblinge argwöhnisch begutachten. Also hat Brainworx sich, was Layout und Bestandteile betrifft, genauestens an das Original gehalten: zwei Oszillatoren, die nur entweder Saw- oder Square-Waves erzeugen können, ein 12-Pole-Filter, zwei Hüllkurven und ein freischwingender LFO.

SEM Filter
Die zwei wichtigsten Zusatzfunktionen auf einem Bild. Links der FM-Regler, rechts unten der für M/S.

Analog first, digital second

Wäre das alles, hätte man schon einen ganz passablen Synthesizer, aber Brainworx macht sich die Softwareumgebung zu Nutze und fügt einige Elemente hinzu, die man in eine Hardwareversion nicht so einfach einbauen könnte: Ein FM-Modul ist dabei. Aktiviert man es, moduliert Oszillator 1 den zweiten Oszillator. Getreu der FM-Synthese spielt neben der FM-Stärke, die mit dem „Amount“-Regler bestimmt wird, auch die Tonhöhe vom modulierenden Oszillator eine entscheidende Rolle. Die zweite Besonderheit: Das Signal kann über einen M-/S-Reger nur an den Seiten oder in der Mitte gefiltert werden. In Verbindung mit den „Spread“-Reglern an den Oszillatoren und einigen gezielten Modulationen könnt ihr Sounds erstellen, die extrem breit und flächig klingen. 

Enter the matrix – Modulationen

Stichwort Modulation: Hier hat Brainworx viel drauf gepackt. Neben dem freischwingenden LFO1 gibt es einen zweiten, der sich nicht nur zum Track-Tempo synchronisieren lässt, sondern der auch eine Retrigger-Option hat. So fängt die LFO-Modulation bei jeder Note neu an, und stolpert nicht mitten in die laufende Welle hinein. In der Modulationsmatrix gibt es neun Slots, in denen acht verschiedene Quellen 21 verschiedene Modulationsziele ansteuern können.

Eine echte Besonderheit dabei sind die Modulationskurven. Der Verlauf einer Modulation kann auf fünf verschiedene Arten beeinflusst werden (Linear, parabolic, squareroot, sigmoit, cubic). Wer sich unter den Begriffen nichts vorstellen kann, dem liefert Bx_oberhausen kleine Visualisierungen der unterschiedlichen Kurven. Ein Arpeggiator ist auch dabei. Acht verschiedene Spielweisen könnt ihr unterdessen einstellen, bei den Geschwindigkeiten gibt es normale, triolische und punktierte Varianten. Eine Besonderheit auch hier: ein Swing-Regler. 

Modulations
Die fünf verschiedenen Modulationskurven. Graphisch ist sehr gut nachvollziehbar, wie die Modulation verlaufen wird.

Bei den sechs Effekten hat Brainworx laut eigener Aussage auf bestehende Effekte aus dem Katalog bei Plug Alliance zurückgegriffen und Miniversionen in den Synth gesteckt. Der „Air Band“ beispielsweise ist auch optisch gesehen angelehnt an den EQ4 von Mäag, der vor allem für sein besonderes Shelve-Band geschätzt wird. Dieses fügt die Höhen zwischen 5 kHz und 40 kHz besonders sanft und musikalisch hinzu. Der „Blue Chorus“ stammt vom gleichnamigen Plugin, der „Digital Delay“ hat Elemente aus dem Bx_delay 2500. Die Reihenfolge der sechs Effekte lässt sich per Drag-and-Drop verändern, jeder Effekt ist separat zuschaltbar und die Effektkette ist auch global an- und auszuschalten.

Effekte
Die sechs Effekte im Bx_oberhausen.
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Praxis

Der Softsynth klingt fantastisch. Egal, ob man Presets nimmt oder selbst einen Sound baut, alles schwebt und wabert. Dieses Instrument klingt teuer. Über den Preset-Browser wählt man, wie man es aus anderen Plugins kennt, aus verschiedenen Kategorien wie Typ, Autor oder Bank einen der 354 Sounds aus. Einen kleines Manko, wie ich es bereits beim Test von Parallels von Softube erlebt habe, ist, dass einige der Presets extrem laut sind und beim schlichten Anwählen übersteuern.

Audio Samples
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Brainworx_bx_oberhausen_06_GenerateArpSwing.wav Brainworx_bx_oberhausen_07_BypassBass.wav Brainworx_bx_oberhausen_08_Unisonbass.wav

Selbst ist der Synth

Will man selbst Hand anlegen, ist der Bx_oberhausen ein Synth, der an der Oberfläche recht einfach gestrickt wirkt, es unter der Haube aber in sich hat. Für kurze Irritation sorgt der Mixer, was aber nicht an Brainworx, sondern am alten Design des SEM liegt. Auf der rechten Seite lassen sich für VCO1 und VCO2 jeweils die Lautstärken einstellen, entweder links als Saw-Wave oder rechts als Square-Wave.

Die Kalibrierung beider Potis führt dazu, dass bis ca. 60% Lautstärke fast nichts zu hören ist und der Pegel dann plötzlich sprunghaft ansteigt. Das kann aber auch an der Bauart des Originals liegen. Welle gewählt, Tonhöhe eingestellt, leichte Schwebung dazu, etwas Pulsewidth-Modulation und schon klingt es wie eine der größten 80er-Synth-Flächen. Über die „Spread“-Regler geht gerade auf Kopfhörern noch mehr die Sonne auf. Wenn ihr dann den Filter leicht zu macht (vorbildlich: die Cut-off-Frequenz wird angezeigt), wird es cremig weich und die Reise ins Synthwave-Universum kann beginnen. Brainworx_bx_oberhausen_05_Arp.jpg
Die Arpeggiator-Geschwindigkeit hat drei Bereiche. Normale Notenwerte, Triolen und punktierte. Dazu gibt es den Swing-Regler.

Bisher unerwähnt ist die Unison-Engine geblieben. Bx_oberhausen kann bis zu 32 Stimmen gleichzeitig erzeugen. Aktiviert ihr die Unison-Engine unten links und reißt den Voices-Parameter voll auf, wird es gigantisch – allerdings auch für eure CPU. Auf dem Testrechner (MacbookPro 2016, Intel Core i7 2,5Ghz (quad-core), 16 GB Ram, 512 GB SSD) sprang die CPU-Auslastung in Ableton Live 10 auf knapp 80 Prozent und blieb dort auch. Bei 32 Stimmen auch verständlich.

Aktiviert man dazu noch den TMT-Parameter, der basierend auf Brainworx‘ Tolerance-Modeling-Technology die Stimmen und Modulationen pro Stimme leicht variiert, wird es entweder schön schwammig oder schrecklich chaotisch. Hat man sehr tiefe Modulation laufen, beispielsweise eine sehr starke Cut-off-Modulation durch LFO2, startet dieser bei allen 32 Stimmen leicht verschieden. Das klingt schnell chaotisch. 

Audio Samples
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09. Bass-Sound im Bx_oberhausen 10. Bass-Sound im SEM V2
 11. Pad-Sound im Bx_oberhausen 12. Pad-Sound im SEM V2

Battle of the SEMs

Zwar gibt es sehr viele solcher SEM-Plugin-Ausführungen, als ernstzunehmender Konkurrent kommt aber am ehesten der SEM V II von Arturia in Frage. Soundtechnisch gibt es hier mit dem Bx_oberhausen einen ganz klaren Gewinner. Arturias Version klingt dünner, spitzer und digitaler als das Plugin von Brainworx. Was die Zusatzfunktionen betrifft, bringen beide sehr verschiedene Ideen mit. 
Fotostrecke: 4 Bilder Ein Basssound im Bx_oberhausen, mit relativ deutlicher Filterhüllkurve, damit der Charakter des Filters gut hörbar ist.

Die von Brainworx habe ich bereits ausführlich dargestellt, deshalb hier die von Arturia: Am Master-Output gibt es einen Softclipper, Effekte gibt es drei und man hat eine Funktion hinzugefügt, die man vom u-he Diva in ähnlicher Form kennt: einen 8-Voice-Programmer. Hier kann man für verschiedene Parameter Varianzen bestimmen, sodass die gleiche Note bei jedem Anschlag im Klang immer etwas variiert.

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Fazit

Bx_oberhausen ist DIE Oberheim SEM-Emulation. Was analogen Klangcharakter, Zusatzfunktionen und Soundqualität betrifft, ist das Plugin auch im Vergleich zu anderen Plugin-Emulationen von anderen Synthesizerklassikern eine echte Referenz. Man merkt dem Plugin an, dass hier Detailfanatiker am Werk waren. Und gute Arbeit soll honoriert werden. Bleibt allerdings abzuwarten, ob sich Brainworx mit der Preispolitik nicht ein Bein gestellt hat. Es gibt kaum einen Software-Synthesizer, der preislich in einer ähnlichen Liga spielt. Wenn, dann sind es Feature-Monster wie Omnisphere oder Synthmaster, die sehr viele Presets und Funktionen mitbringen. Andererseits gibt es mit dem Loyalty-Programm auf Plugin Alliance und entsprechenden monatlichen Gutscheinen viele Möglichkeiten, den Synthesizer auch günstiger zu erwerben. Brainworx springt mit dem Bx_oberhausen nicht einfach auf den Softsynth-Zug auf. Sie haben, was die Emulation analoger Synthesizer betrifft, mit ihrem Plugin ein gebührendes Ebenbild geschaffen.
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Analoger Klangcharakter
  • Erweitert Synth-Klassiker mit tollen Neuerungen: FM, Unison, M/S.
  • Verschiedene Modulationskurven
  • Sehr weich klingender Filter
  • Hervorragend klingende Effekte
  • Viele gute Presets
Contra
  • CPU-Hunger
Artikelbild
Plugin Alliance bx_oberhausen Test

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