Booking 1×1: Wie komme ich an Gigs?

Gigs, Gigs, Gigs. Eigentlich wollen wir doch alle dasselbe: Gute Gigs spielen! Leider ist es nicht gerade die leichteste Aufgabe, das auch in die Wege zu leiten. Manchmal hat man Glück und es fliegen einem ein paar gute Slots zu, aber selbst wenn das mal der Fall ist – in der Regel bleibt das kein Dauerzustand und man muss selbst ran. Zurzeit ist der Live-Markt in Deutschland gedrängelter denn je, weil es immer weniger Clubs und immer mehr ambitionierte Musikerinnen und Musiker gibt. Es wird laufend schwieriger, zu Clubs & Veranstaltern durchzudringen – egal ob als professioneller Act oder absoluter Anfänger. Deshalb möchten wir euch einen Überblick über das Thema und die Möglichkeiten zu machen, damit ihr einen guten Einstieg findet oder euer Booking-Game auf das nächste Level bringen könnt – von DIY bis Pro-Level!

(Bild: © Shutterstock, Foto von kondr.konst)
(Bild: © Shutterstock, Foto von kondr.konst)
Inhalte
  1. Die ersten Gigs – Wie fängt man am besten an?
  2. Aktives Club-Booking & Tourplanung – Work, Work, Work!
  3. Workflow und Effektivität
  4. Booking leicht gemacht über Online-Plattformen
  5. sofar-Sounds & sofaconcerts: Wohnzimmerkonzerte & Co.
  6. Supportslots als Sprungbrett
  7. Ein Fass ohne Boden

Die ersten Gigs – Wie fängt man am besten an?

Um erste Bühnenerfahrungen zu sammeln, fangt erstmal klein an. Vielleicht habt ihr Freunde oder Bekannte, die einen Auftritt spielen und eine Supportband suchen. Oder ihr habt eine große Garage, einen großen Keller, eine Kneipe um die Ecke oder ein Jugendzentrum in der Nähe, in der ihr euren ersten Gig spielen könnt. Außerdem gibt es in einigen Clubs Open-Stage-Sessions oder Newcomer-Abende, die genau dazu gedacht sind, Bands in ihren ersten Zügen eine Auftrittsmöglichkeit zu geben.
Vor allem kommt es am Anfang darauf an, so viele Erfahrungen wie möglich zu sammeln. Bühnenerfahrung ist eines der wertvollsten Attribute, die eine Band haben kann, nicht nur während des Auftritts, sondern auch bei allem, was mit so einem Auftritt zusammenhängt. Der freundliche Kontakt mit dem Veranstalter, zügiger Auf- und Abbau, Bühnensound, Soundcheck und der gelassene Umgang mit eventuell auftretenden Problemen an all diesen Fronten sind wichtige Kompetenzen, die man sich vor allem durch regelmäßige Auftritte aneignet. Und wenn man sich in all diesen Bereichen von einer guten Seite zeigt, hat man auch gute Chancen, wieder eingeladen zu werden!
Eine weitere gute Gelegenheit, Gigs zu spielen, sind Bandwettbewerbe. Diese solltet ihr jedoch mit Vorsicht genießen und auch genau überlegen, ob ihr das wollt. Teilnahmekosten, Ticketabnahmepflicht und die leider oft spürbare Konkurrenzatmosphäre sind nichts für allzu zart Besaitete. Wenn ihr so etwas mitmacht, macht’s für den Gig, den Spaß und die Kontakte, die ihr dort knüpft. Alles andere ist meistens unsymphatisch oder zumindest anstrengend für einen selber!

Aktives Club-Booking & Tourplanung – Work, Work, Work!

Wenn die ersten Gigs überstanden sind, die erste EP aufgenommen ist und man den Heimatort mittlerweile kompromisslos mit seiner Präsenz genervt hat, dann wird es Zeit, mal über den Tellerrand in Gestalt des Orts- oder Autobahnschildes hinauszublicken. Egal ob man nun einzelne Gigs oder eine ganze Tour spielt, die aktive Kaltaquise von kleinen bis mittelgroßen Live-Clubs und Festivals ist eine Kunst für sich. Aber – und deshalb jetzt mal ein kurzer Reality-Check – auch ein RIESIGER HAUFEN ARBEIT! Gerade die kleineren, einigermaßen professionellen Clubs kriegen nicht selten über 100 Mails pro TAG! Das heißt, wenn eure Mail überhaupt wahrgenommen wird, ist die Chance groß, das sie schnell zur Seite gefegt wird, wenn das Ganze nicht zumindest professionell und am besten auch noch originell wirkt, und selbst dann sind fünf positive Rückmeldungen auf 100 Mails schon ein echter Erfolg!
Auch – oder gerade – in diesem Stadium einer Band, zählt aber neben der Erweiterung eurer Fanbase nach wie vor die Erfahrung, die ihr sammelt! Deshalb, seid nicht all zu picky und nehmt erstmal mit, was ihr kriegen könnt. So könnt ihr eben auch am besten herausfinden, in welchen Städten und Locations eure Live-Performance am besten funktioniert! Was allerdings fast immer funktioniert, sind Konzertreihen von angesagten Clubs für junge und weniger bekannte Bands. Da ist meistens was los, einfach weil die Gäste gerne in solchen Läden abhängen und auf das ästhetische Gespür des Clubs vertrauen können.
Leider ist es trotzdem so, dass man selbst bei allerbester Vorbereitung und perfekt durchdachtem Booking nicht erwarten sollte, dass besonders viele Leute auf ein Konzert von einer Band gehen, die sie noch nicht kennen. Als Newcomer bewegt man sich zurzeit leider auf unwegsamem Terrain, nämlich auf einem stark gesättigten Musikmarkt, wo nicht jeder darauf wartet, dass er seinen Freitagabend mit einer Newcomerband im Club um die Ecke verbringen kann. Deshalb ist es – so hart das auch klingen mag – gesund, nicht besonders viel von jedem einzelnen Gig zu erwarten und trotzdem beim Booken wie auf der Bühne sein Bestes zu geben. Dann stehen die Chancen immerhin bestmöglich, dass aus der ganzen Arbeit etwas wächst. Gute Kontakte zu Clubbetreibern und lokalen Bands sind zum Beispiel eine erhebliche Erleichterung für die Planung der nächsten Touren. Denn wenn man weiß, in welchem Club man sicher unterkommt, weil man sich mit dem Besitzer noch drei Stunden nach Ladenschluss angeregt über die Beatles unterhalten hat, dann braucht man nicht mehr zehn Mails pro Stadt schreiben! Und vielleicht wird man von der lokalen Band ja auch mal als Supportband angefragt.

Workflow und Effektivität

Diese Form des Bookings zieht einen Rattenschwanz an Arbeit nach sich: Website, Facebook und Instagram fit machen, am besten ein professionelles EPK (Electronic Press Kit) anfertigen, gründlich nach den passenden Clubs für eure Musik suchen und dann Mails schreiben, bis die dritte Tastatur durch ist! Und weil das so viel Arbeit ist, empfiehlt es sich dringend, diese Arbeit
1. gut zu strukturieren
2. gewissenhaft zu erledigen
3. früh genug damit anzufangen!
Denn Clubs haben in der Regel einen Planungsvorlauf von mindestens drei Monaten und bis zu mehr als einem Jahr.
Um das auch zu schaffen, helfen regelmäßige, fest im Wochenplan verankerte Blöcke, die für Booking-Arbeit freigehalten und konsequent genutzt werden. Am besten sogar jeden Tag, denn sobald ein Veranstalter angebissen hat, sollte man schnellstmöglich darauf reagieren. Das vermittelt nicht nur einen professionellen Eindruck, es kann sonst sogar sein, dass einem der angebotene Termin von jemand anderem weggeschnappt wird, der schneller geantwortet hat.
Eure Mail haltet ihr dabei am besten kurz und knackig. Bei der Menge an Anfragen, die Veranstalter bekommen, werden Mails schnell gescannt und je einfacher die wichtigen Informationen ersichtlich und verfügbar sind, desto besser. Schickt keine Dateien als Anhang mit, die Mail-Postfächer sind wie gesagt eh schon voll genug. Im Optimalfall habt ihr alles relevante in einem digitalen EPK zusammengefasst, die ihr als zip-Datei zusammenfasst und dann als Downloadlink anhängt. Bio, Kontaktdaten, Fotos, aktuelle Live-Dates und Hörproben sollten unbedingt dabei sein, Links zu Social-Media-Plattformen und Website können aber in der Mail stehen.
Tipp für die Praxis: Das Webtool Trello bietet eine super Infrastruktur, um den Überblick über mehrere Baustellen zu behalten und immer zu wissen, welches Booking sich gerade in welchem Stadium befindet!

Booking leicht gemacht über Online-Plattformen

Seit einiger Zeit gibt es im Internet ein paar Booking-Plattformen, die einem über eine vorgefertigte Infrastruktur ermöglichen, sich mit wenigen Clicks auf Gigs zu bewerben oder selbst Slots auszuschreiben.

BackstagePRO: DIY-Booking zu Ende gedacht

So gibt es zum Beispiel BackstagePRO. Auf BackstagePRO können sich sowohl Musiker/innen als auch Veranstalter/innen registrieren und selbstständig Ausschreibungen veröffentlichen, beziehungsweise sich auf solche bewerben. Das äußert sich in Ausschreibungen von “Slot auf dem Stadtfest Schneverdingen” bis “Local Tour-Support Berlin” oder “Rockabilly Coverband für Hochzeit gesucht”, und ist bisher auch vollständig kostenlos.
Als Act erstellt man sich zunächst ein Profil, in dass man alle Booking-relevanten Information eintragen kann. Abgesehen von den Basics wie Name, Genre, Bio und Website, kann man außerdem konkrete Referenzen (“Klingt wie”) eintragen, GEMA-Mitgliedschaft angeben und sogar Medien (Videos & Audio-Files) und Social-Media-Kanäle direkt in das Profil einbetten.
Je nachdem, welchen der vorgefertigten groben Genre-Eingrenzungen man sich als Künstler zuordnet und welche geographischen Einschränkungen man angibt, wird man dann per Mail benachrichtigt, sobald es passende Ausschreibungen gibt, auf die man sich dann mit einem Klick bewerben kann, nachdem man sich über die Rahmenbedingungen (Backline, Gage, Slotzeit, etc.) informiert hat. Der Ausschreibende hat dann sofort ein fertiges, übersichtliches EPK vor der Nase, mit dem er/sie auf einen Blick alles Relevante sieht, um sich für einen Bewerber zu entscheiden.
Auch nützlich: BackstagePRO hat eine eigene Location-Datenbank, wo die meisten Locations ein ähnlich ausführliches Profil wie Künstler anlegen können. Darin stehen dann Informationen wie Personenkapazität, Akustik, Rauchfreiheit, vorhandene Technik et cetera. Warum das nun für jeden DIY-Booker eine ziemlich nützliche Angelegenheit ist, muss man nicht weiter ausführen! Die große Frage lautet:
Funktioniert’s denn auch?
Meine eigenen Erfahrungen sagen: JA, grundsätzlich schon. Ich habe bisher sowohl einen Support-Slot bekommen als auch zweimal vergeben und einen Dienstleister-Gig an Land ziehen können. Es hätten vielleicht mehr Shows sein können, aber das ist natürlich auch von Einsatz und Online-Präsenz abhängig. Wie waren die Shows? Durchwachsen. Warum? Weil die tolle Infrastruktur so einer Plattform einen nicht davor bewahrt, sinnvoll zu booken! Nicht jeder Local Support zieht Leute, nicht in jedem Club hängen die Leute ab, die deiner Zielgruppe entsprechen. Man kann mit Backstage PRO genauso auf die Schnauze fallen wie beim Mails schreiben und Rumtelefonieren, aber es kann einem nicht zuletzt auch dabei mit seinem Live-Club-Verzeichnis helfen.

gigmit: High-Class, professionell & international

Die Plattform gigmit hat sich in den letzten Jahren ebenfalls einen Namen im Live-Geschäft gemacht. Mit einem ähnlichen Konzept wie BackstagePRO – fertige Künstler-Profile, Mail-Benachrichtigung bei “Matches” (Tinder oder was?!) und Veranstalter-Verzeichnis – ist gigmit jedoch grundsätzlich größer und internationaler angelegt. Man kann sich zunächst kostenlos registrieren, hat jedoch die Möglichkeit, auf einen Premium-Account upzugraden, bei dem man ein einjähriges Abo für 19 Euro pro Monat abschließt, also insgesamt 228 Euro pro Jahr bezahlt. Als Premium-User bekommt man exklusive Slots angeboten, die den Basic-Usern vorbehalten werden und wird außerdem bei allen Bewerbungen “ganz oben platziert” auf der Bewerberliste. Man hat also mehr Auswahl und bessere Chancen, wenn man ein bisschen Geld in die Hand nimmt. Gigmit ist generell etwas mehr auf Club- und Festivalbooking ausgelegt und weniger wie BackstagePRO auf die Interaktion von Bands und kleineren Veranstaltern untereinander.
Außerdem werden Clubs wie Künstlern engere Kooperationen angeboten, bei denen man sich als Künstler beispielsweise zu einem Festpreis eine ganze Tour von gigmit booken lassen kann. Man kann je nach Genre ein Tourpaket buchen, das einen dann in die Clubs bucht, die zu deiner Musik passen. Wie, echt jetzt, sowas gibt’s? Ja, das gibt’s! Und es heißt DYKNOW.
Ein Beispiel: Das Hard’n’Heavy-Germany-Paket kostet 990 Euro plus “ggf. zzgl. USt.”, sämtliche Konzerteinnahmen gehen in die Tasche des Künstlers. Dafür bekommt man “bis zu 9 Gigs” in Deutschland mit lokalem Support, die vertraglich vereinbart und versichert sind. Darin ist keine Promo und kein zusätzlicher Service inbegriffen, Es ist ein reines Booking-Angebot. Das bedeutet, und das sagen gigmit auch selbst: “Nimm Tour-Planung und -Leben nicht auf die leichte Schulter, agiere verantwortungsvoll und mach im eigenen Interesse ausreichend Promo!”
Also, ähnlich wie bei BackstagePRO gilt also: gigmit löst nicht automatisch alle deine Booking-Probleme, aber es bietet – wenn einem das nötige Kleingeld zur Verfügung steht – einen Service an, der einem zumindest eine Menge Arbeit erspart. Bleibt natürlich die Frage: Und, wie klappt das so? Ich selber hatte ein Jahr lang einen Premium-Account. Gigs: Fehlanzeige. Also Gigmit doof? Naja, 300 Facebook-Likes, mittelmäßige Website und nur eine Demo-Aufnahme im EPK der Band könnten auch der Grund dafür sein. Da war ich in der DIY-Wolke von BackstagePRO eben einfach “passender untergebracht”, so als sehr neuer Newcomer ohne ausgefeiltes Packaging.
So die Sicht von außen. Wir haben gigmit gefragt, und sie haben uns über ein paar Dinge freundlicherweise ausführliche Auskunft gegeben!

Auf wie viele Gigs hat man eine realistische Chance, wenn man über gigmit bookt?

Unsere erfolgreichsten Bands buchen über zehn Gigs über gigmit im Jahr, kann man sagen.
Gigmit bietet für seine User einige Slots bei großen, internationalen Festivals an, um die sie sich bewerben können. Liegt die Auslese bei solchen Bookings zu 100 % beim jeweiligen Veranstalter oder werden die Bewerbungen schon intern selektiert? Hat also rein rechnerisch wirklich jeder, der sich dort bewirbt, dieselbe Chance auf solche Slots?
Die Bewerbungen für die Festivalslots – und eigentlich alle anderen Gigs – werden nicht intern selektiert. gigmit ist eine neutrale Bookingplattform, die nur die Vermittlerrolle übernimmt, quasi #Tinderforgigs. Der Veranstalter wählt aus und da hat natürlich jeder seine eigenen Kriterien. Bei den größeren Festivals steht aber schon in der Gig-Beschreibung, was gesucht wird, vor allem welches Genre und welches Land. Ein vollständiges Artist-Profil, dass sich per Facebook-Connect automatisch erstellen lässt, ist ausschlaggebend. Wenn man seine Online-Dienste verbindet, zeigt es Fan- und Streamingdaten an, anhand derer Veranstalter auch auswählen können, ob der Act zur Veranstaltung passt.
Tritt gigmit als Exklusiv-Booker für Clubs, Festivals und/oder Veranstalter auf?
gigmit ist kein Booker, sondern die Booking-Plattform, die den Künstlern den Zugang zu solchen Clubs und Festivals eröffnet, so wie es auch den Veranstaltern einen Pool an neuen Talenten zur Verfügung stellt. Wir haben vereinzelt auch exklusive Partnerschaften mit Festivals, die Gigs nur über gigmit ausschreiben.
Wie groß sind die Marktanteile von gigmit, was Club-Booking angeht?
Gerade ist nicht unbedingt Club-Booking unser Fokus, sondern Festivals. Wir haben aber im Jahr 2019 bisher einige hundert Gigs durch DYKNOW mit-initiiert.
Welche Vorteile im Konkreten hat ein User durch einen Premium-Account? Was für Slots werden einem als Basic-User vorenthalten und aus welchen Gründen genau?
Es gibt einige Vorteile des Prmium-Accounts: Höhere Sichtbarkeit in der Suche von Music Professionals (Suche für Veranstalter) und in den Bewerberlisten, Gig-Ausfallversicherung, Zugang Venue Datenbank mit direkter Kontaktmöglichkeit durch strukturierte Anfrage Email…). Außerdem wird das Künstlerprofil mit einer Badge ausgezeichnet und in Suchergebnissen hervorgehoben. Das schafft Vertrauen und zeugt von Professionalität und Qualität. PRO Artists können außerdem ihren Bewerbungsverlauf und Statistiken zu Gigs einsehen. Dadurch entsteht weniger lästiges Abwarten, weil man sehen kann, ob Bewerbungen gelesen wurden und wie viele Bewerber es auf den Gig gibt. So kann man seine Chancen besser einschätzen. Aktuell gibt es allerdings kaum bis gar keine PRO-exclusive Gigs, also auch keine Vorenthaltung den “non-pro”-Mitgliedern gegenüber.

gigmit aus der Sicht eines Clubbesitzers

Um auch mal zu hören, wie das aus Sicht der Live-Clubs aussieht, in denen die ganze Angelegenheit ja am Ende ausgetragen wird, habe ich mich mit einem Clubbesitzer unterhalten, der sich als Veranstalter für eine Weile in der Kartei für die DYKNOW-Touren befand, um ihn nach seinen Erfahrungen gefragt.
Er beschreibt gigmit als zunächst sehr ambitionierten und bemühten Kooperationspartner, gab jedoch zu Bedenken, dass leider, trotz aller Bemühungen, viele dieser Shows nicht besonders gut liefen und die betroffenen Bands oft genau dasselbe über andere Städte erzählten. Zum Teil gab es keine, sehr kurzfristig gebuchte oder unpassende Support Acts und nicht besonders viel Publikum. Also gigmit doof? Oder Club doof? Oder Band doof? Naja, da haben wir es wieder: Ein gelungenes Booking ist von vielen Faktoren abhängig! Die Wahl des Clubs, sorgfältige Promo, die richtige Supportband, ein guter Termin … the list goes on and on and on! Wenn man allerdings eine gewisse Menge Geld in die Hand nimmt, dann hat man natürlich auch gewisse Erwartungen, die schnell enttäuscht werden können, als wenn die reine Existenz einer selbstgebuchten Tour schon Erfolgserlebnis genug ist, sodass man ein paar unschöne Shows besser verkraftet.

sofar-Sounds & sofaconcerts: Wohnzimmerkonzerte & Co.

Wohnzimmerkonzerte sind gerade nicht nur im Trend, sondern grundsätzlich ein relativ zuverlässiger Garant für Abende, die Künstler und Publikum gleichermaßen genießen. Wenn die Lautstärke der Musik es zulässt oder ihr euch vorstellen könnt, unplugged-Arrangements eurer Songs zu spielen, dann ist ein Wohnzimmer ein Ort, an dem man in ungezwungener Atmosphäre einen sehr netten Gig vor meist sehr aufmerksamem Publikum haben kann.
Auf sofar Sounds können sich Hosts & Künstler registrieren und sofar übernimmt die Vermittlung. Es wird einem dann eine beziehungsweise mehrere Shows vermittelt, zum Teil kommen dabei sogar ganze Touren zustande. Macht Spaß, man lernt nette Leute kennen und hat mit etwas Glück direkt einen Schlafplatz beim Host – was auf Tour logischerweise sehr nützlich sein kann.
Bei Sofaconcerts (ohne r) läuft es ähnlich ab, nur ohne übergeordneten Vermittler – ähnlich wie BackstagePRO. Künstler von Profi-Act über Coverband bis Hobbybarde und Veranstalter von WG-Wohnzimmer über Kulturverein bis Firmenfeier können hier sowohl inserieren als auch nach dem jeweils anderen suchen. Und Zuschauer können sich sogar über die Website zu Konzerten anmelden, wenn die Veranstalter externe Gäste erlauben.

Supportslots als Sprungbrett

Eine weitere sehr effektive Möglichkeit, seine Reichweite enorm zu steigern, ist natürlich, als Vorband für bekanntere Acts zu spielen. Wenn man es schafft, bei jemandem unterzukommen, der das gleiche oder ein ähnliches Publikum anspricht, erreicht man viele Menschen, die für die eigene Musik empfänglich sind. Und gleichzeitig kann man Erfahrungen auf großen Bühnen sammeln, die man als Headliner eher noch nicht betritt – und sich im besten Fall sogar noch etwas von etablierteren Live-Bands abschauen! Aber wie kommt man an so etwas ran? Entweder man hat gute Kontakte, ist auf einem Label oder in einem Management mit größeren Bands, oder man kommt in derselben Booking-Agentur unter.
Womit wir bei der nächsten interessanten Frage wären:

Booking-Agentur: ja oder nein?

Die meisten fleißigen DIY-Booker sehnen sich relativ bald nach Erlösung und schielen zumindest hin und wieder mal in die Richtung einer Booking-Agentur. Der Gedanke, diese ganze Arbeit abgeben zu können und endlich wieder den Kopf so richtig fürs Spielen frei zu haben, ist nach ein paar selbstorganisierten Touren natürlich verlockend. Aber entspricht das überhaupt der Realität? Ab wann lohnt sich das überhaupt für eine Agentur, das Booking einer Band zu übernehmen? Damit ich nicht mutmaßen muss, habe ich einen Booker zu diesem Thema befragt.

(Bild: © Johannes Frenzel, Foto von Niko Gindler)
(Bild: © Johannes Frenzel, Foto von Niko Gindler)

Johannes Frenzel hat nach sich nach seinem Bachelor in Medienmanagement als Werkstudent bei Universal vom Praktikant bei Landstreicher Booking bis zum Promoter bei der Agentur Gastspielreisen/FKP Scorpio hochgearbeitet.
Was genau macht denn eine Booking-Agentur? Und gibt es Dinge, von denen Leute denken, es gehöre zu eurer Arbeit dazu, obwohl es das nicht tut?
Wir bewegen uns als Booking Agentur in der Live-Branche und grob gesagt gehört zu den Aufgaben natürlich das Entdecken von neuen, spannenden Künstler/innen und das Akquirieren von Konzerten bzw. Festivals, was im Idealfall eine Steigerung der Bekanntheit der Acts bedeutet. Das umfasst dann ganz verschiedene Aufgaben und Prozesse, wie u. a. natürlich das Verhandeln der Deals mit den örtlichen Partnern, Routing einer Tour, VVK-Einrichtung, Vertragsgestaltung, Promo, Vorproduktion oder auch Abrechnung.
Was wir nicht machen oder können, ist wie von Zauberhand eine unbekannte Band zu Megastars mit entsprechender Gage zu machen. Meine Oma denkt beispielsweise auch, dass ich einfach in Stadthalle XY anrufe, ein Datum nenne, an dem Band XY vorbeikommt und die Band dann an besagtem Tag da einfach hinfährt. Etwas komplexer ist es dann schon.
Was und wen genau “macht” denn Gastspielreisen im Moment?
Bei Gastspielreisen betreuen wir als Teil von FKP Scorpio vornehmlich Bands und Künstler/innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Derzeit sind das u. a. Acts wie Enno Bunger, Steiner & Madlaina, Kat Frankie, Die Höchste Eisenbahn oder The Gardener & The Tree.
Grundsätzlich denken wahrscheinlich viele Bands, dass eine Booking-Agentur für sie in jedem Fall das Richtige wäre. Aber ist das wirklich immer der Fall? Ab wann und aus welchen Gründen ist eine Agentur sinnvoll für eine Band und gibt es auch Szenarien, in denen eine Band lieber weiter DIY-booken sollte?
Der Irrglaube ist oft, dass Booking-Agenturen jede Band, egal welcher Größe, in den Tourbus setzen können und dann 365 Tage im Jahr Shows anstehen. Wir machen das alle aus Überzeugung und der Kultur wegen, aber es ist und bleibt ein Business. Das sollten Bands im Hinterkopf behalten, wenn sie überlegen, Agenturen anzusprechen. Wenn sie denken, dass sie an einem Punkt sind, dass es zu viele Anfragen werden oder auch einfach das Know-How fehlt, um die Konzerte abzuwickeln, sollte man spätestens an eine Agentur herantreten. Bis dahin haben wir euch aber hoffentlich sowieso schon von alleine gefunden.
DIY-Booking kann in einigen Szenen sogar sinnvoller sein, nicht immer haben Clubs oder örtliche Veranstalter Lust auf größere Agenturen.
Ab welcher Größe bzw. aufgrund welcher Eigenschaften werden Bands interessant für Agenturen?
Das ist schwer zu verallgemeinern und hängt auch oft vom Genre ab. Es muss für uns einfach eine gemeinsame Vision da sein, dass die Band/Künstler_in in Zukunft eine Größe erreicht, in der das für alle Seiten, auch finanziell, Sinn ergibt. Generell hilft es natürlich, wenn wir merken, dass die Musiker/innen dafür brennen, das nicht nebenbei als nettes Hobby betreiben und auch schon selber umtriebig waren. Und klar: Persönlicher Geschmack spielt auch immer eine Rolle.
Wie läuft das Prozedere in der Regel ab – von beidseitigem Interesse bis zum Signing? Was sollte man als Act beachten bei Kontakt und Gesprächen?
Das ist ganz unterschiedlich. Meist Umreißen wir vor dem ersten Treffen per Mail oder am Telefon schon mal grob die angesprochene Vision, die wir für die Live-Karriere des Acts für die nächsten ein bis zwei Jahre haben. Oft merken beide Seiten dann schon, ob es sinnvoll ist, sich zu treffen oder eben nicht. Bei einem Treffen kommt es dann auch viel auf das Zwischenmenschliche an. Wenn das alles passt, wird über die Konditionen verhandelt. Im Domestic-Business läuft größtenteils alles auf Provisionsbasis. Sprich, wir verdienen nur Geld, wenn die Band auch etwas verdient und ziehen unsere Prozente von der Gage am Abend. Wenn dann hier ebenfalls Einigkeit herrscht, wird eigentlich auch direkt losgegelegt und oft auch mal bei einer Schorle darauf angestoßen.
Welche zusätzliche Arbeit kommt auf Acts bei der Zusammenarbeit mit einer Agentur zu?
Wir können unsere Arbeit immer nur optimal erledigen, wenn alles ineinander greift. Ohne gute Musik und Veröffentlichungen, die entsprechend von Gewerken wie z. B. Label, Promo, Vertrieb gearbeitet werden, können auch wir nicht zaubern. Außerdem sollte natürlich die Bereitschaft vorhanden sein, viel Zeit in Vans und auf Raststätten zu verbringen.
Kann man sich ins Aus schießen, wenn man zu früh bei einer Agentur anklopft?
Das nicht, wenn eine Band aber penetrant und permanent in sehr frühem Stadium anklopft und keinerlei Prozess zu beobachten ist, dann sortiert man die E-Mail dann doch schon mal schneller beiseite. Allgemein merken wir schon, dass wir zu immer früherem Zeitpunkt mit den Künstler/innen in Kontakt kommen, teilweise sogar bevor überhaupt Managements oder Label an Bord kommen. Das zeigt natürlich wie enorm wichtig der Live-Bereich im Aufbau einer Karriere ist.
Wie sieht denn der Arbeitsprozess und -umfang für Künstler und Booker zum Beispiel vor, nach und während einer Tour aus?
Das ist von Act zu Act komplett unterschiedlich. Grob umrissen: Nachdem wir eine Tour im VVK haben und die Promo angelaufen ist, kommt irgendwann der Punkt, wo wir beim Künstler/in Material abfragen, um die Tour entsprechend vorbereiten zu können. Das sind vor allem Reiseinfos (Nightliner oder Van), Travelparty (Begleitung), sowie Technik- & Cateringrider. Damit wird dann mit unseren örtlichen Partnern der Zeitplan gestrickt und z. B. Technikanforderungen vor Ort geplant. Das bekommt die Band dann alles schön aufbereitet, zusammen mit allen Verträgen. Für Probleme vor Ort sind oftmals die Tourmanager/innen zuständig, mit denen wir natürlich laufend in Kontakt stehen. Nach den – hoffentlich schönen – Konzerten rechnen wir dann je nach Vertragsmodell mit örtlichem Partner oder der Band ab. Oft geht’s dann auch direkt weiter und in die Planung für die nächste Rutsche.
Hast du ein paar Tipps für DIY-Booker? Wie lang sind die Vorläufe? Wie tritt man für Clubs besonders attraktiv auf? Gibt es grundsätzliche Dinge, die man immer beachten sollte?
Die Vorläufe werden mitunter immer länger. Wir stecken schon mitten in den Planungen für 2020. Hier und da gibt es natürlich auch noch Baustellen für 2019, größtenteils ist dieses Jahr aber durch.
Das Wichtigste ist wohl ein gutes Verhältnis zu den Clubs oder den örtlichen Veranstaltern, dann ist die Bereitschaft, sich in ein Thema einzuarbeiten und alles zu geben von deren Seite oft wesentlich höher. Im Anschreiben sollten Bands am besten drauf achten, alle relevanten Infos übersichtlich beisammen zu haben, Anhänge besser erst auf Nachfrage zu schicken und im Betreff am besten die richtige Stadt zu nennen. Eigentlich logisch, kommt aber leider auch bei uns als Agentur immer wieder vor: Natürlich bringt es auch nichts als Jazz-Act in einem Metal-Schuppen anzuklopfen. Etwas Recherche vorab spart also allen Seiten Zeit und Nerven.
Was sagst du zu Plattformen wie gigmit, BackstagePRO etc.?
Solange es frische Bands am Anfang auf die Straße bringt, find ich das unterstützenswert. Gerade BackstagePRO bietet ja auch eine super Datenbank zur Recherche, um selber loszulegen. Das persönliche Netzwerk von Booking-Agenturen werden die Plattformen aber meiner Meinung nach nicht ersetzen können.
Dein Act des Jahres bisher?
Haha, um keinen meiner Acts zu verärgern, sag ich mal Phil Collins. War ein schönes Konzert in Berlin. Oder vielleicht auch Parkway Drive? Live eine Wucht.

Ein Fass ohne Boden

Unterm Strich stehen am Ende wenige simple Weisheiten, die man festhalten kann. Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen, seine eigenen Kontakte knüpfen und sich sein eigenes Netzwerk aufbauen. Wer sich Mühe gibt, wird dafür belohnt werden und die Tools, die einem das Internet zur Verfügung stellt, können einem, wenn sie richtig eingesetzt werden, eine große Hilfe bei all dem sein. Die Zusammenarbeit mit Partnern, egal ob Veranstalter oder Agentur, erfordert Fingerspitzengefühl und auch ein wenig Strategie. Aber auf welchem Weg auch immer, bleibt am Ende nur noch zu sagen: Ärmel hoch und GO!

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