Blocs Wave iOS Test

Die „smart and friendly“ Nerds von Novations Tochterfirma „Blocs“ haben mit der Launchpad App bereits einen digitalen iOS-Ableger ihrer erfolgreichen Hardware entwickelt: eine Sample-Batterie, die ihren Fokus auf Remixen und Abspielen von geloopten Clips setzt. Ein Manko der App war unter anderem das nicht vorhandene Sample-Editing. Audio kann damit nur über Umwege bearbeitet werden, der ansonsten gute Workflow der Anwendung ist dadurch stark holprig. Abhilfe verspricht die Schwester-App „Wave“, die mit dem letzten großen Update quasi mit Launchpad verschmolzen wurde. Das perfekte Team?

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Blocs Wave für iOS

Details

Wave ist hauptsächlich für ein schnelles Experimentieren und Arrangieren von Sounds gedacht, quasi eine Art virtuelles Notizbuch zum Festhalten für zuhause oder unterwegs entstandene Ideen. Um schnell einsteigen zu können, ist Wave mit diversen Sounds ausgerüstet, verschiedene Bässe, Drums, FX-Sounds, Melodien, Percussions und Vocals stehen nach Erwerb der App für 2,99 Euro zur Verfügung. Zusätzliche Sample-Packs bekommt man im Content-Store.
Ganze 48 Pakete sind hier im Angebot und bieten eine feinfühlige Auswahl von „India Chime“ (einer Kombination aus klassisch-indischen Instrumenten wie der Sitar und modernen elektronischen Sounds) bis „Urban Harmonics“ (Big Drums mit softeren Pads).
Für den Preis von 1,99 € sind 48 Loops enthalten, 24 gibt es für 0,99 €, auch kostenfreie Zusammenstellungen wie beispielsweise „Chiptune“ werden hin und wieder eingestreut. Die sehr modern wirkenden und schön aufgemachten Inhalte werden laufend aufgefrischt und ergänzt und bieten damit genügend Abwechslung für Liebhaber verschiedener Genres.

Fotostrecke: 2 Bilder Der stylische Content Store auf dem iPhone …

Das Prinzip der App: Im Grunde gibt es nur einen Hauptbereich, in dem alle Funktionen untergebracht sind. In der Mitte des Geschehens steht der Looper, hier geben Clips hineingeladene Audiospuren wieder, acht dieser bestückbaren Module warten auf ihre Wiedergabe.
Direkt darüber liegen sechs weitere dieser Looping-Sektionen, jeweils eine kann davon aktiv ausgewählt werden. Die restlichen füllt man mit alternativem Material wie Intro, Hauptteil oder Outro, um in der Wiedergabe variieren zu können. Insgesamt sind also 48 Clips belegbar – genug, um auch komplexere Track-Ideen aufzufangen und zu arrangieren.

Die Hauptansicht von Waves.
Die Hauptansicht von Waves.

Unter den einzelnen Clips werden die drei Untermenüs „Inhalte“, „Editing“ und „Aufnahme“ mit jeweils weiteren Unterpunkten hinzugeschaltet. Im Inhalt-Manager sucht man die Inhalte der Clips aus, die nach Sample-Packs, Instrumenten, Stilrichtungen und eigenen Aufnahmen sortiert sind, auch der Content Store wartet hier auf. Besonders auffällig ist die Discover-Ansicht. Hier liegt eine Art Wabe, mit der die Clips bestückt werden. Zwischen den Bass-, Drums- und Percussions-Slots liegt der Auto-Slot, der die Loops praktischerweise zufällig aussucht und in den ausgewählten Clip lädt.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Library sortiert nach Packs …

Im Editing-Bereich packt man die Audiodateien in einen Loop oder zerstückelt und fügt sie im Slice-Mode in ihren Einzelteilen und neu zusammen. Wiederholungen sind von ¼ bis 8 Takte möglich, mit der Slip-Funktion können die Sounds noch zusätzlich in den Offbeat verschoben werden. „Slice“ erweitert das Layout der App um vier Pads, die die entsprechenden Slice-Sektionen triggern. Der aktivierte Loop wird dabei automatisch in diese vier Slices (auf dem iPad auch acht) zerlegt und dann in der darüberliegenden Timeline neu kombiniert. Eine Random-Funktion, die willkürlich einzelne Parts verknüpft, bringt unerwartete Kreationen hervor. Gut gelöst: Trotz Glas-Display kann mit Velocity gespielt werden, je weiter oben das Pad getroffen wird, desto lauter ist der getriggerte Sound – das gibt den erstellten Tracks zusätzliche Komplexität.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Loop-Rahmen kann frei gewählt …

Für die weitere Bearbeitung der Samples stehen ein Volume-Fader und Panorama-Panning zur Verfügung. Exportiert wird eine einzelne Audiodatei in AAC oder WAV. Praktischerweise können die Audiodateien per Apple-Message, E-Mail, Whatsapp oder iCloud Drive versendet werden, der Import einzelner Sounds erfolgt über Retronyms AudioCopy oder auch wieder iCloud Drive.

Fotostrecke: 3 Bilder Volume …

In der Aufnahme-Sektion wählt man neben der Lautstärke des Eingangssignals zwischen automatischen 1-, 4- oder 8-taktigem Loop-Rahmen oder endloser Aufnahme, die einmalig getriggert wird. In den Einstellungen legt man die Count-In-Zeit zwischen einem und vier Bars, den Input (beispielsweise das Mikrofon des iPhones oder einen Adapter) und Mono-/Stereo-Aufnahme fest. In der Projektleiste verwaltet, speichert und lädt man die mit Waves erstellten Projekte. In den generellen Einstellungsmöglichkeiten befinden sich neben einigen kleineren Layout-Einstellungen auch die Aktivierung von Ableton Link und ein Maximizer, der die App lauter werden lässt.
Um immer auf dem neuesten Stand in Sachen Sample-Packs und Updates zu sein, bietet Waves auch eine News-Rubrik. Da laut Hersteller wöchentlich neue Inhalte eingepflegt werden, ist das auch wirklich mal sinnvoll. Hier sind neben einigen Social-Media-Kanälen und Rabattaktionen auch hochwertige YouTube-Tutorials verlinkt.
Jedem Projekt wird eine festgelegte Tonart zugewiesen. Die Sounds der Sample-Packs und die eigenen Aufnahmen, sofern sie im richtigen Key abgespeichert wurden, pitchen sich dann automatisch in den passenden Bereich. Dank Timestretch-Engine bleibt die Länge der Loops dabei gleich. Das generelle Tempo lässt sich ohne Kommazahlen per -/+-Tastern und mit einem TAP-Button bestimmen.

Fotostrecke: 3 Bilder Der News-Feed hält auf dem Laufenden

Waves bietet mehrere Möglichkeiten, die eigenen Kreationen zu exportieren. Neben einzelnen Samples sind auch ganze Loop-Sektionen versendbar. So lässt sich die jeweils ausgewählte Gruppe mit einer Länge von 1-16 Bars oder automatisch auf den Inhalt eingegrenzt im Format AAC oder WAV verschicken – auch hier sind E-Mail, Whatsapp, iCloud und mehr möglich. Die acht einzelnen Spuren sind dann zu einer Summe zusammengefasst.
Auch ganze Projektordner lassen sich exportieren, beispielsweise, um an einem anderen iOS-Gerät weiterzuarbeiten. Ein wenig merkwürdig ist hier, dass auch Apples Health-App als mögliches Ziel angeboten wird (was natürlich nicht funktioniert), so ganz ist dem Braten der vielen Möglichkeiten also nicht zu trauen. Immerhin, die anderen Ziele funktionieren.
Spannend ist das Exportieren des Projekts als Ableton Live Set. Alle Spuren der sechs Sektionen werden als ZIP-Datei für die Berliner DAW bereitgestellt. Sobald man das Set öffnet, sind die einzelnen Loops ordentlich in Ableton Clips überführt, sehr cool!
Als letztes steht der Export zur Schwester-App Launchpad zur Verfügung, sofern man in dieser das kostenpflichtige Audio-Import-Feature für 6,99 € erworben hat. Die Wave-Clips werden dann in Launchpad mit dem gleichen Material belegt.

Fotostrecke: 4 Bilder Viele Möglichkeiten, das Projekt zu exportieren

Praxis

Sound

Die vorinstallierten Sample-Packs „all star hip hop“, „cinematic indie“, „dark trap“, „desert rock“, „funk out“ und „future house“ klingen durch die Bank sehr fett – dafür ein ausdrückliches Lob! Jedes Paket hat einen sehr modernen Touch und wirkt richtig frisch. In sich sind die thematischen Sounds sehr gut abgestimmt, interessanterweise beißen sich auch untereinander die Loops der verschiedenen Genres kaum. Wer sich weiterhin inspirieren lassen möchte, findet im Content Store genug Auswahl. Auch diese Inhalte sind akustisch und visuell stark.
Der Timestretching-Algorithmus klingt ebenfalls vernünftig, grundsätzlich etwas langsamere Hip-Hop-Sounds lassen sich so auch schnell von 90 auf 125 BPM bringen, ohne dabei ihre gute Qualität zu verlieren.

Audio Samples
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Allstar Hiphop Cinematic Indie Future House

Workflow

Wie bereits erwähnt, fällt die Einarbeitung nicht ganz so leicht. Sobald man aber den Überblick gewonnen hat, ist der Umgang mit Wave hin zu befriedigenden Ergebnissen rasend schnell. Einmal verstanden, ist der Aufbau der App wirklich sinnvoll. Ein wenig irritierend ist, dass es nicht so etwas wie eine Hauptansicht gibt, daran gewöhnt man sich aber auch.
Die einzelnen geladenen Pads lassen sich per Streichgeste nach unten stummschalten, die entgegensetzte Richtung lässt sie wieder erklingen. Generell sind die Bedienoberflächen allesamt sehr flüssig zu betätigen, das Handling von Wave fühlt sich dadurch immer gut und angenehm an.
Die toll umgesetzte Kontrolle über die Länge und Position der Loops lässt sich kreativ einsetzen, beispielsweise, um in der Performance zu variieren oder um Highlights zu setzen. Ehrlich gesagt war mir bis dahin anscheinend nicht richtig bewusst, wie mächtig die Variation von Loops sein kann. Allerdings habe ich auch wenig Anwendungen mit einem ähnlich griffigen Zugang dazu gesehen, Hut ab dafür. Auch das Slicen der Samples funktioniert erstaunlich gut, der dazugehörige Mini-Sequencer ist eine tolle Idee, um vorhandene Sounds schnell neu zusammenzusetzen. Diese Funktion war im Test auch mein geheimer Favorit.
Sehr gut umgesetzt ist auch das Befüllen der Clips. Ein Klick auf ein Pad, ein Klick auf ein Instrument der Discovery-Wabe, schon sitzt ein meistens gut passender Loop im Mix. Dem Auto-Modus konnte ich trotz zahlreicher Versuche keine einzige schlecht klingende Kombination entlocken, dementsprechend kommt man wahnsinnig schnell zu gut klingenden Kreationen.
Auch die zahlreichen Export-Möglichkeiten machen Spaß. Cool wäre noch gewesen, Ableton-Sets auch umgekehrt in Wave hinein laden zu können. Das würde beim Import Zeit sparen und den Rahmen der Möglichkeiten noch erweitern.

Sample Editing

Nun zum Sample-Editing, an das ich durch die fehlenden Funktionen der Launchpad App und der vom Hersteller bewusst hergestellten Nähe beider Apps gewisse Erwartungen hatte. Leider kann auch Waves meine Hoffnungen diesbezüglich nicht erfüllen, richtigen Zugriff auf die Audiodateien bekommt man auch nicht. Weder Hüllkurven noch Effekte stehen zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung. Eigene Aufnahmen mit dem eingebauten (oder angeschlossenen externen) Mikrofon sind so dann auch ziemlich witzlos, kaum jemand wird diese roh in seine Kreationen einfließen lassen wollen. Insofern ist die Recording-Funktion darauf beschränkt, die Idee eines möglichen Sounds festhalten zu können. Quasi als Vorahnung, um sie dann in Ableton oder ähnlichen Programmen der gewünschten Wirklichkeit näher zu bringen.
Die Import-Möglichkeiten sind bei Waves kaum besser als in der Launchpad-App, das ersetzt mir keinen vollwertigen Sample-Editor, da Loops oder einzelne Samples in einer anderen, externen Software für den Einsatz in Wave geschnitten und mit Effekten belegt werden müssen. So bleiben als einzige Möglichkeiten der Bearbeitung nur die Loop- und Slice-Features. Diese sind immerhin gut umgesetzt.

Fotostrecke: 2 Bilder Recording in Wave

Einsatzmöglichkeiten

Für wen bietet sich Wave also an? Die fehlenden MIDI-Möglichkeiten schließen den Einsatz für den Live-Einsatz im Grunde weitestgehend aus. Höchstens als Looping-Station beispielsweise für Gitarristen kann ich mir die App auch im Live-Kontext vorstellen.
Ansonsten kann Blocs Anwendung als eine Art Notizbuch für Ideen oder als Inspirationsquelle für die variable Nutzung eigener, bereits bestehender Track-Skizzen gesehen werden. Wunderbar schnell ergeben sich alternative Versionen und vorher nicht bedachte Möglichkeiten. Dass die importierten Samples nicht wirklich bearbeitet werden können, birgt allerdings auch die Gefahr, sich zu sehr auf den Content der Sample-Packs zu verlassen (Vom Hersteller gewünscht? Immerhin ist der Store ja auch wirklich gut bestückt). Im Rausch des schnellen Erfolgs mit diesen stimmigen Sounds vergisst man auch mal schnell, dass der eigene Anteil an dem kreierten Stück dann teilweise sehr gering ist.
Die Schnittmenge der Funktionen zwischen den beiden Apps „Launchpad“ und „Wave“ empfinde ich als zu groß, um auf einer Seite ein Alleinstellungsmerkmal bzw. die Notwendigkeit beider im Zusammenspiel zu sehen. Trotz vom Hersteller angesetzter Nähe beider Anwendungen versuchen diese erst gar nicht, die jeweiligen Stärken und Schwächen der anderen auszugleichen oder zu ergänzen. So sind sich beispielsweise die Pads und die Wiedergabe derselben viel zu ähnlich, mit beiden Apps hat man dieses Feature also quasi doppelt an Bord. Zu wünschen wäre gewesen, dass die Launchpad App den Part der Performance übernimmt, mit mehr Fokus auf der Wiedergabe. Wave würde dann die Rolle des Sample-Editors, quasi des Zulieferers vor dem Live-Auftritt übernehmen. Dafür sehe ich aber nicht die notwendigen Features. Zumal Apps anderer Hersteller dies auch in nur eine App packen können.

Fazit

Mit „Wave“ hat Novations Tochter „Blocs“ einen teilweise innovativen Ansatz einer Sample-Batterie umgesetzt. Das Belegen der Sample-Pads ist durchdacht und rasend schnell, mit den erhältlichen sehr guten Content-Packs stellen sich unmittelbar Erfolgserlebnisse ein. Die Loop- und Slice-Features führen dazu, eigenes Material mit neuen Möglichkeiten frisch aufzubereiten. Auch als musikalisches Notizbuch macht Wave Sinn. Im vom Hersteller forcierten Zusammenspiel mit der App „Launchpad“ verpasst Wave aber das Alleinstellungsmerkmal; die jeweiligen Stärken und Schwächen ergänzen sich meiner Meinung nicht zu einem stimmigen Gesamtpaket. So sorgen fehlendes Sample-Editing und FX-Anreicherung dafür, dass Wave nicht der erhoffte Materialzulieferer für Launchpads Performance-Charakter ist.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Gut klingende und zusammengestellte Sample-Packs
  • Schnelle Erfolgserlebnisse
  • Loop- und Slicing-Modus gut umgesetzt
  • Viele Exportmöglichkeiten
Contra
  • Kein vollwertiges Sample-Editing
  • Keine Effekte
  • Wenig Importmöglichkeiten
  • Zusammenspiel mit Launchpad nicht optimal
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