Best Service Chris Hein Winds Complete Test

Praxis

Out-Of-The-Box – Der Grundklang der Chris Hein Winds

Fast alle Libraries aus der Chris-Hein-Reihe haben die Gemeinsamkeit, dass sie dank eines hoch detaillierten Sample-Pools und in der Regel sehr gut funktionierender Scripts vergleichsweise realistische Ergebnisse ermöglichen. Dies bedeutet im Umkehrschluss allerdings auch, dass das Erstellen eines halbwegs lebendig wirkenden Tracks vor allem im Fall von musikalisch bewegteren Passagen durchaus ein wenig Programmierarbeit erfordert. Die nach dem Laden eines Patches anfänglich dargestellte Small-Ansicht wirkt dementsprechend wie ein kleines Understatement, denn an dieser Stelle bekommt man noch nicht viel von der tiefer verborgenen Parametervielfalt mit. 

Die Small-Ansicht hält sich in Bezug auf die Parametervielfalt noch recht bedeckt.
Die Small-Ansicht hält sich in Bezug auf die Parametervielfalt noch recht bedeckt.

Wer nur auf dieser Seite verweilt, der wird das volle Potenzial der Library kaum ausschöpfen können. Bei ausschließlicher Verwendung der Sustain-Spielweise und deaktivierten Scripts lässt sich noch klar erkennen, dass es sich beim Holz der Chris Hein Winds in Wirklichkeit um Plastik handelt. Wer mal eben mit breitem Pinsel ein Woodwind-Arrangement zaubern will und sich prinzipiell vor moderater bis exzessiver Programmierarbeit scheut, der ist folglich auch mit einer leichtgewichtigeren Library gut bedient.

Audio Samples
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Arrangement (nur Sustain-Spielweise)

Artikulationen, Keyswitches und Hotkeys

Die Basics-Ansicht der Chris Hein Winds bietet dagegen schon etwas mehr Information und liefert ein in manchen Fällen durchaus hilfreiches Feedback zur MIDI-Aktivität. So weiß man jederzeit, welcher Layer aus welcher Artikulation gerade von der Engine wiedergegeben wird. Ein echtes optisches Leckerli ist zudem, dass sich die Darstellung des jeweils geladenen Instruments inklusive Fingerhaltung an die zuletzt gespielte Note anpasst. So kann man dem virtuellen Holzbläser beim Spielen also im wahrsten Sinne des Wortes auf die Finger schauen. Zudem wird man durch einen rot leuchtenden Hinweis „Extended Range“ gewarnt, wenn man den natürlichen Tonhöhenumfang eines Instruments verlässt. Peinliche Situationen, in denen man sein Arrangement in Form von Noten einer echten Truppe aus Holzbläsern präsentiert, und in denen die Klarinettistin kurz bemerkt, dass sie ihre Bassklarinette holen müsste, um das notierte kleine „c“ zu spielen, sollten sich damit also vermeiden lassen.

Auch der doppelte Faltungshall ist auf der Basics-Ansicht untergebracht. Insgesamt werden von den beiden Reverbs satte 63 Impulsantworten geboten.
Auch der doppelte Faltungshall ist auf der Basics-Ansicht untergebracht. Insgesamt werden von den beiden Reverbs satte 63 Impulsantworten geboten.

Auch der doppelte interne Faltungshall ist in dieser Ansicht untergebracht, wobei der Bereich Body weitestgehend sehr kurze Impulsantworten im Sinne von Early Reflections anbietet. Der Bereich Room konzentriert sich dagegen auf die länger nachklingenden Hallfahnen. Diese beiden Aufgaben auf zwei separate Reverbs zu verteilen, ist ein nicht ungewöhnliches Prinzip, das man möglicherweise auch aus den eigenen Mixes kennt. Der einzige Verbesserungsvorschlag wäre an dieser Stelle, dass es eine Möglichkeit geben sollte, die Instrumente unabhängig vom Hall im Stereo-Panorama zu platzieren, denn dieser wird durch das Panning immer mit beeinflusst. Folglich wird man für konsequentes Abmischen in vielen Fällen zu externen Reverbs greifen. 
Richtig tief ins Detail geht es in der Ansicht für die Articulation Presets. Hier lassen sich die 26 Slots für Keyswitches (zum dauerhaften Wechseln von Artikulationen) und/oder Hotkeys (zum einmaligen Wechseln von Artikulationen während gehaltenen Tönen) frei mit den wie erwähnt 15 bis 17 Spielweisen der einzelnen Instrumente bestücken. Dabei kann es durchaus Sinn machen, eine einzelne Artikulation mehreren Steuertasten zuzuweisen, um beispielsweise unterschiedliche Arten zur Steuerung der Dynamik zu verwenden. Ein Triller soll in seiner Lautstärke einerseits rein über die Anschlagstärke und gleichzeitig rein über einen MIDI-CC oder eine Kombination aus beidem steuerbar sein? Kein Problem. Das wirklich sehr flexible Keyswitch-System der Chris Hein Winds ist in der Lage, dem Anwender alle Wünsche in dieser Hinsicht zu erfüllen.

Fotostrecke: 2 Bilder In der Ansicht für die Articulation Presets lässt sich jede einzelne Artikulation im Detail bearbeiten.

Für das folgende Audio-Beispiel wurde das bereits gehörte Arrangement mit reichlich Spielweisen aufgepeppt und ein wenig in der Dynamik bearbeitet. Vor allem die Tatsache, dass es sechs verschiedene Short-Artikulationen gibt, sorgt für ein angenehm lebendiges Ergebnis, wobei anzumerken ist, dass die Lautstärken der Spielweisen untereinander nicht immer ganz einheitlich sind. In diesem Fall ist noch ein wenig Tweaking nötig, das aber schnell erledigt ist. Im zweiten Track des Players ist ein Durchlauf aller Artikulationen für das English Horn zu hören.

Audio Samples
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Arrangement mit Artikulationen English Horn: Alle Artikulationen

Legato und Vibrato

Die Chris Hein Winds arbeiten mit einer Kombination aus echten Legato-Samples und einem künstlichen Legato-Script, die sich beide in der Tiefe hochgradig detailliert bearbeiten lassen. Ähnliches gilt für das Vibrato, denn auch hier werden Crossfades mit echten Samples und ein LFO-Script kombiniert. Die Parameter sind in diesen Bereichen allerdings so vielfältig, dass man als durchschnittlicher Anwender in der Regel besser die Finger davon lässt – vor allem, da die Werkseinstellungen in den meisten Fällen wunderbar funktionieren.

Fotostrecke: 2 Bilder Da schlägt das Herz des MIDI-Nerds höher: Für das Legato-Spiel lassen sich detaillierte Anpassungen vornehmen…

Für die abschließende Version unseres Beispiels konnte vor allem die Legato-Funktion noch gehörig zur Lebendigkeit beitragen und die Tonhöhenübergänge wesentlich weicher und realistischer gestalten. Zudem gibt es ein kleines Playback, das mit ProjectSAM Symphobia und True Strike erstellt wurde. Die Chris Hein Winds klangen im direkten Zusammenspiel mit den Blockbuster-Samples etwas dünn und wurden in der Summe mit einer ordentlichen Portion tiefer Mitten und Bässe versorgt. Leser, die einen Hang zum Kopfkino haben, dürfen den Vorhang öffnen und sich ein munter umherhüpfendes Eichhörnchen auf der Suche nach Nüssen vorstellen. Bei Track zwei handelt es sich um das gleiche Arrangement mit einem alternativen Ende, in dem unser Eichhörnchen an eine Straße kommt… Um möglichen schlechten Träumen bei der jüngeren Leserschaft vorzubeugen, möchte ich eine FSK ab 12 Jahren aussprechen.

Audio Samples
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Mr. Squirrel’s Happy End Mr. Squirrel’s End (Alt. Ending)
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