Behringer Pro-1 Test

Praxis

Never change a winning team

Der Pro-One ist ein toll designer Synth mit vielen Möglichkeiten, die clever kombiniert werden können, insbesondere für die damaligen Verhältnisse. Da Behringer das alles „nur“ kopiert hat konnten sie auch nicht viel falsch machen – das Lob an dieser Stelle geht also an den geistigen Eigentümer, Sequential Circuits. Mögen sie in Frieden ruhen.
Einen besonderen Stellenwert im Klang des Pro-One und des Pro-1 nehmen die sogenannten „Curtis-Chips“ ein, ICs, die es als OSCs und Filter gab. Im Zusammenspiel sorgen die technischen Besonderheiten für den recht ‚brassigen‘ und präsenten Klang; drahtig trifft es auch ganz gut. Die 40 Jahre alten Chips gibt es aber so nicht mehr, weswegen sie Behringer mit Cool Audio neu aufgelegtund sogar für Jedermann verfügbar gemacht hat. Das wiederum ist mehr als löblich, Uli Ehrenmann.

Klang

Und wie klingt er nun, der alte Plaste-Kasten? Ziemlich identisch, soweit ich mich erinnere. Einen echten Vergleich muss ich euch aus Ermangelung des Originals allerdings schuldig bleiben. Der Sound ist dennoch knackig, präsent und zeichnet sich wie das Originals durch markant-schnelle Hüllkurven aus. Dadurch eignet er sich bestens für perkussive und Attack-reiche Sounds. Kein Wunder das der Pro-One in den 1990ern bei Techno-Leuten hoch im Kurs stand. Mein Kollege Stefan Heinrichs hat hierzu folgendes tolles Video kredenzt, dem ich klanglich nichts hinzuzufügen habe.

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Quality Control

Was mir aber auffällt ist, dass die Auflösung der ADSR-Potis nicht besonders gut gelungen ist. Erst passiert nicht viel, dann auf wenigen Millimetern wiederum jede Menge. Der Sweetspot ist nicht geil. Allerdings sind die Hüllkurven auch nicht analog realisiert, sodass zu hoffen bleibt, dass ein Firmware-Update dies noch gerade bügeln kann. Hinzukommt, dass die Pitch-Regler der beiden OSCs bei meinem Testexemplar nicht sauber genullt waren und man mit Abweichungen um 10% beide Oszillatoren nicht easy auf „the 5th“ gestimmt bekommt. Ebenfalls eine Erwähnung wert an dieser Stelle ist, dass das Design des Tunings vom Original abweicht: Das begann bei ‚Null‘ und kannte keine negativen Werte. Der Pro-1 von Ulli hingegen hat die Null bei 12 Uhr. Theoretisch ist das sinnvoller, bei der Qualitätskontrolle nun aber störend. 

Intuitiver Aufbau, aber Luft nach oben

Das ein guter Synth nicht kompliziert sein muss, sieht man eindrucksvoll. Mit den vielen zusätzlichen CV-Buchsen die Behringer spendiert, geht auch mehr als beim Original. Allerdings bin ich unschlüssig, was ich davon halten soll: Klar, die wichtigsten Parameter können nun von außen moduliert und einige Controller können ihre CVs sogar nach außen geben. So richtig viel mehr – als was nicht schon vorher mit der integrierten Modulations-Sektion möglich war – kann ich mir auf Anhieb jetzt aber nicht vorstellen. Vielleicht kommt das aber noch mit der Zeit … 
Doch, warum in diesem Atemzug nicht gleich getrennte CV-Inputs für die Pitch-Steuerung von OSC-A und OSC-B verbaut, oder an getrennte CV-Outputs für beide OSCs gedacht wurde, eine CV-Kontrolle der Pulsweite integriert, oder noch ein paar CV-Outs verbaut wurden, die man über USB-MIDI hätte ansprechen können – das Alles erschließt sich mir nicht so ganz. Hätte das Ding doch nun auch nicht viel teurer gemacht … 
Auch die „per default“ brachliegende Wheel-Route der Modulations-Sektion stört. Klar, man kann ein MIDI-Keyboard daran hängen, aber war der Synth nicht für das Eurorack gedacht? Wer hat da Bock auf MIDI? Irgendwie nicht konsequent bzw. zu Ende gedacht. Apropos nicht zu Ende: Die bei Behringer permanent fehlenden Dokumentationen und die unfertig anmutenden Firmwares sind bei einer Riesenfirma wie Behringer einfach nicht akzeptabel. Warum setzt man sich auch nur selber so unter Druck? Klar, wer am Markt bestehen will, muss laut sein – aber eine Kopie-Ankündigung pro Monat weniger würde Behringer sicherlich nicht verstummen lassen – dafür aber eventuell Kapazitäten für ein vernünftiges Handbuch schaffen. Egal, das alles ist auch nur nörgeln auf hohen Niveau und so kommt nun auch das nicht weg zu diskutierende Totschlag-Argument eines jeden Behringer-Fanboys: Das Preis-Leistung-Verhältnis ist unschlagbar. Mag sein, aber ich lebe lieber nach folgender Maxime: Qualität ist das woran man sich erinnert, wenn der Preis längst vergessen ist… Ist auch besser für die Umwelt. 

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