Audio-Technica AE2300 Test

Mikrofone, um Gitarrenverstärker, Snare, Toms, Blechbläser und andere pegelstarke Instrumente aufzunehmen, bietet der Markt sehr viele.

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Von Low-Budget-Lösungen über den preiswerten Standard Shure SM57 bis hin zu den deutschen Klassikern Beyerdynamic M88, Sennheiser MD 421 und MD 441 und das amerikanische Electro-Voice RE 20 ist die Auswahl riesig, der scheint Markt gesättigt.
Dennoch wird das Unternehmen aus Tokyo nicht müde, seinem eigenen bisherigen Arsenal an verschiedenen Mikrofonen für die genannten Aufgaben weitere zur Seite zu stellen. Das AE2300 ist ein Tauchspulenmikrofon, welches sich preislich recht weit oben ansetzt: Für 265 Euro kann man locker zwei SM57 kaufen. Wo ist also der Reiz des AE2300?

Details

Das Mikrofon für die Künstlerelite

„AE“ steht in der Audio-Technica-Welt für die „Artist Elite“-Serie, die mit Kompromisslosigkeit und höchster Qualität überzeugt. So ist auch das AE2300 komplett im japanischen Hauptwerk gefertigt. Das ist ein Umstand, den man AT-Mikrofonen durchaus anmerkt, der aber natürlich auch vergütet werden will. Der nur 9,6 cm hohe, zweiteilige Korpus ist aus Messingstangen gedreht und beschert dem gesamten Mikro ein Gewicht von 138 Gramm. Das Unterteil ist kaum dicker als der XLR-Anschluss, den es aufnimmt, ist aber lang genug, um es in eine Mikrofonklemme einzusetzen – oder natürlich die Klemme AT8471, die wie die Kunstledertasche zum Lieferumfang gehört. Der eigentliche Korb ist frontseitig mit einem stabilen Metallgitter geschützt, die großen seitlichen Schalleintrittsöffnungen sind mit dem gleichen stabilen Lochblech abgedeckt, das auch bei Audio-Technicas grandiosem AT5045 Verwendung findet.

Fotostrecke: 4 Bilder Artist Elite: Hochwertige Mikrofonserie der Japaner

Konstantes Nieren-Pattern

Es ist schon auffällig, wie riesig die seitlichen Öffnungen sind. Allerdings ist die Richtcharakteristik dennoch eine Niere, also nicht stärker richtend. Allerdings liegen die gemittelten Abweichungen des Polar-Patterns bis 120/240° recht konstant: Die Abweichung beträgt im Bereich 200 Hz – 8 kHz maximal 3 dB. Der gemittelte Pegelfrequenzgang zeigt eine recht hohe Konstanz zwischen 100 und 2000 Hz, der Roll-Off zu den Tiefbässen ist gemächlich, wodurch der -3dB-Punkt mit 60 Hz in den Papieren steht. Einen deutlichen Peak verzeichnet der Frequenzgang bei 5 kHz, gefolgt von einem Einbruch von etwa 9 dB (!) bei 10 kHz. Interessant: Im Höhenband steigt die Übertragungskurve wieder fast auf den 1kHz-Messwert, sodass als obere Grenzfrequenz 20 kHz angegeben werden können (und zwar für -3 dB). Das ist ein sehr guter Wert für ein Tauchspulenmikrofon. 

Fotostrecke: 4 Bilder Die Richtcharakteristik ist sehr stabil.

You shall not pass

Eine häufige Schaltfunktion bei Mikrofonen ist die Tiefenabsenkung, um den Nahbesprechungseffekt auszugleichen. Ein solches High-Pass-Filter findet man beim Audio-Technica AE2300 nicht, stattdessen die umgekehrte Variante: Ein High-Cut-Filter! Angesichts der Tatsache, dass das AE sehr höhenreich zu sein scheint und die Filterung mit eher gemütlichen 6 dB/oct vonstatten geht und erst bei 6 kHz startet, ist nicht zu befürchten, dass der Eingriff zu extrem ist – vielmehr wird man damit wahrscheinlich den klanglichen „Normalzustand“ eines Tauchspulenmikrofons erreichen.

250 Ohm Impedanz

Mit 1,3 mV/Pa ist das Mikrofon nicht sehr empfindlich, die Impedanz mit 250 Ohm geringfügig höher als bei dem Großteil anderer Mikrofone, die meist unter 200, manchmal auch unter 100 Ohm liegen. 

Praxis

Man muss es schon zerstören wollen…

Sofort merkt man, ein hochwertiges Arbeitswerkzeug in der Hand zu halten: Das Audio-Technica AE2300 ist robust, absolut fein und genau gearbeitet, die Oberfläche ist perfekt. Ich habe den Eindruck, dass man es schon zerstören wollen müsste, um es zu beschädigen, denn einen Sturz, Stickhiebe und was beanspruchten Mikrofonen sonst noch wiederfahren kann – all das wird dem dynamischen Mikro wohl kaum etwas anhaben. Auch der Schraubhalter wirkt robust. Die Gitteröffnungen sind allerdings nicht allzu fein, daher sollte man vor allem mit bröseligem Schaumstoff im Mikrofoncase vorsichtig sein. Sehr wahrscheinlich ist der Verzicht auf allzu feines Mesh oder Textil notwendig, um diese feine Höhenwiedergabe zu ermöglichen.

AE2300 an einem Mikrofonständer
AE2300 an einem Mikrofonständer

Übertragung von Impulsen erinnert an anderen Mikrofontyp

Feine Höhenwiedergabe? Feine Höhenwiedergabe, genau: Für ein Tauchspulenmikrofon ist es erstaunlich, wie grazil die Höhen wiedergegeben werden können. Was die Geschwindigkeit und die Übertragung von Impulsen angeht, fühle ich mich fast an die „anderen dynamischen“ Mikros erinnert, nämlich Bändchen. Bändchen haben im Regelfall eine etwas ausgewogenere Höhendarstellung, den Einbruch um die 10 kHz nimmt man natürlich deutlich wahr. Allerdings tut das vielen Signalen durchaus gut und lässt das AE höhenreich klingen, aber nicht schrill oder bissig. Und sollte es doch zu viel sein, ist da ja das Filter, welches absolut perfekt austariert ist. Aber: Einen abgebrochenen Fingernagel will ich nicht riskieren, daher musste ich einen Schlüssel bemühen. Ein wenig mehr Leichtgang hätte ich begrüßt, zumal der Schalter im Betrieb ja durch die Klammer geschützt ist. 

Audio Samples
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AE2300, 30 cm AE2300, 30 cm, Filter AE2300, 30 cm, 90 Grad AE2300, 30 cm, 180 Grad AE2300, 1 cm AE2300, 60 cm EV RE20, 30 cm Shure 545SD, 30 cm Beyerdynamic M130, 30 cm AE2300, 30 cm, Fuzz

Mikrofonierung mit Tauchspulenmikrofonen mal anders

Üblicherweise sehen Mikrofonierungen mit dynamischen Nieren so aus, dass man sich der Schallquelle so weit wie möglich nähert, um eine große Kanaltrennung und ein sehr trockenes Signal zu erhalten. Wird es zu bassig, setzt man High-Pass-Filter ein. Anders beim AT AE2300: Hier lohnt es sich, einmal ein Tauchspulenmikrofon für Aufgaben zu verwenden, die sonst den filigranen Mikrofontypen zugedacht sind, es also in etwas größerem Abstand mit bewusster Verwendung von Rauminformationen zu positionieren. Das geht auch deshalb gut, weil das Polar-Pattern des AE so erstaunlich stabil ist. Wo Reflexionen des Raumes und Einblutungen benachbarter Instrumente eher mau klingen, hat man beim 2300 deutlich weniger Probleme. Ich finde es toll, dass man mit dem neuen Audio-Technica die Möglichkeit hat, sich von der (wie ich finde sehr „Achtziger“-) Recordingphilosophie der hohen Kanaltrennung lösen kann, aber trotzdem ein dynamisches Mikrofon verwendet. So: Vor diesem Hintergrund betrachtet wird, glaube ich, klar, weshalb fast 300 Euro UVP eben doch nicht übertrieben viel Geld ist. 

Fazit

Auf den ersten Blick mag es verwunderlich klingen, dass ich ein „normales Tauchspulenmikrofon“ für einen durchaus stolzen Preis so lobe. Nun, es gibt die aus heutiger Sicht aufwändig herzustellenden Klassiker, die durch ihre klanglichen Besonderheiten aber dennoch ihre Daseinsberechtigung besitzen. Ich denke da gerade an das Sennheiser MD 421 oder das Beyerdynamic M88. Das Audio-Technica AE2300 besitzt ähnliche Fähigkeiten, besonders durch seine bei Bedarf erstaunlich ausgeprägte Höhenwiedergabe und dem wirklich hervorragenden Klang aus fast allen Besprechungsrichtungen. Und ein Tauchspulenmikrofon für einen hohen Abstand zur Schallquelle – das ist mehr als nur eine Nische. Audio-Technica jedenfalls besetzt diese Position mit einem hervorragend konzipierten und genauso hervorragend gebauten Mikrofon. ATs Erfahrungen im Mittelpreissegment machen sich auch bei den Profi-Mikrofonen bezahlt. 

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • stabiles Polar-Pattern
  • geringe Größe, dadurch gute Positionierbarkeit
  • äußerst robust und präzise gefertigt
  • High-Cut(!)-Filter
Contra
Artikelbild
Audio-Technica AE2300 Test
Für 269,00€ bei
Audio_Technica_AT2300_11

Features und Spezifikationen

  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: dynamisch (Tauchspule)
  • Frequenzgang: 60 Hz – 20 kHz (-3 dB)
  • Übertragungsfaktor: 1,4 mV/Pa
  • Ausgang: XLR male
  • Preis: Euro 299,- (UVP)
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