Arturia OB-Xa V Test

Ein Oberheim aus den früher 1980er Jahren kann nicht durch ein Softwareprodukt ersetzt werden. Die wuchtige Hardwareversion ist ein haptisches Erlebnis, bringt einen umwerfend fetten Sound und lässt die Herzen aller Vintage-Fans einfach schneller schlagen. Die Softwareinterpretation von Arturia wiederum fügt sich perfekt in die DAW und beeindruckt mit vielen internen Effekten, einer raffinierten Modulationssektion und (dank Arpeggiator) mit einer weitaus größeren klanglich-rhythmischen Flexibilität. Das hat aber seinen Preis. Mit rund 200 Euro ist der OB-Xa V kein Schnäppchen!

Arturia macht eine Synthesizer-Ikone erschwinglich und in der DAW spielbar: der OB-Xa V kopiert wesentliche Merkmale des Oberheim OB-Xa und ergänzt praktische Features für trendige Elektronikmusiker.


Der “echte” OB-Xa von Tom Oberheim ist ein gewaltiger 61-Tasten-Synthesizer! Mit dem typisch blauen und quergestreiften Panel kommt der Ende 1980 als Nachfolger des OB-X auf den Markt. Die Curtis-Chips für Oszillatoren und Filter sorgen dabei für eine höhere technische Stabilität. Seine bis zu achtstimmige Klangerzeugung ist eigentlich aus heutiger Sicht unspektakulär – zwei Oszillatoren (VCOs), ein 12/24-dB-Tiefpassfilter, zwei Hüllkurven. Für die damaligen 10.000 DM würde man aktuell etwas mehr Gegenleistung erwarten. Das Argument für diesen satten Preis war und ist aber immer wieder der unglaublich satte „Oberheim-Sound“. Neben dem SCI Prophet-5, Moog Memorymoog (aus den USA), Roland Jupiter-8 und dem Yamaha CS80 (die Antworten aus Japan) gehört er zur Riege der frühen analogen Schlachtschiffe, deren charismatische Sounds Popmusik schrieben.
Das Paradebeispiel ist der Van-Halen-Klassiker „Jump“, bei dem der erste Werkssound des OB-Xa schon im Intro markant heraussticht und den gesamten Song prägt. Insbesondere Brass, Strings und Pads sowie andere mehrstimmige Sounds mit ordentlich Punch und viel Klangfülle zaubert er hervor und verewigte sich so im Rock-Pop-Bereich der 80er. Bei Prince, den Simple Minds, Gary Numan, Cindy Lauper, Talk Talk und vielen anderen Künstlern ist er zu hören.

Details

Klassische Architektur 

Lassen wir die Geschichte beiseite und schauen uns an, was der virtuelle OB-Xa von Arturia auf´s GUI bringt. Die optische Erscheinung lässt zumindest schon einmal das Gefühl aufkommen, tatsächlich mit einem Oberheim-Synthesizer zu hantieren. Es sind zwei Oszillatoren vorhanden, die Sägezahn- und Rechteckwelle anbieten, Schwebungen per Detune erlauben und auch Pulsbreitenmodulation beherrschen. Erfreulicherweise ist auch ein X-Mod-Regler vorhanden, den es beim OB-Xa selbst nicht gibt. Mit dieser Crossmodulation lassen sich disharmonische und metallischere Klangfarben erzeugen. Freilich sind auch die Oszillatoren synchronisierbar, was vor allem für schneidende Leadsounds genutzt wird. Das Pitchbending kann wahlweise für beide Oszillatoren gleichzeitig, oder nur für OSC2 erfolgen – sehr gut einsetzbar für ausgefallene Soloparts.

Arturia macht eine Synthesizer-Ikone erschwinglich und in der DAW spielbar: der OB-Xa V kopiert wesentliche Merkmale des Oberheim OB-Xa und ergänzt praktische Features für trendige Elektronikmusiker.

Die beiden virtuellen VCOs lassen sich unisono schalten, wobei die Zahl der verwendeten Stimmen variiert werden kann. Somit kann man mit den bis zu 16 Stimmen des OB-Xa V unterschiedlich fette Solo- oder Bässklänge hervorbringen und das Ganze noch etwas mit einem Portamento würzen. Die resultierenden Klänge lassen sich im Stereofeld mit „Stereo“ und „Pan“ verteilen. Ein Pitch-LFO mit drei Wellenformen kümmert sich speziell ums Vibrato für jeden der beiden Oszillatoren. In der Sektion „Modulation“ rackert ein tempo-synchronisierbarer LFO, der auf die Tonhöhe und Pulsbreitenmodulation von OSC1 und OSC2 sowie auf die Filterfrequenz und auf die Lautstärke fein dosierbaren Einfluss nehmen kann. Die Filterabteilung stellt die beiden wichtigen Regler „Freq“ und „Reso“ sowie eine Tracking-Funktion bereit. Nach einem Mausklick auf „4Pole“ (= 24 dB Flankensteilheit) packt das Filter kräftiger zu. 
Über den einfachen, aber nützlichen Arpeggiator freue ich mich ebenso wie über das Chord Memory mit frei definierbaren Akkorden, weil beides beim Performen musikalisch sehr inspiriert. Zugegeben, bis jetzt klingt das eigentlich alles ziemlich unaufregend beziehungsweise nach einem Standard, den etliche Retro-Synthesizer in ähnlicher Weise bieten. Wenn dann allerdings der obere Bereich des GUI aufgeklappt wird, betritt man beim Arturia OB-Xa V die Zukunft.

Der obere Teil des GUI lässt sich aufklappen. Mit drei Effekten und vielen Modulationsmöglichkeiten lässt sich der Arturia OB-Xa V deutlich umfangreicher programmieren als sein Vorbild aus den frühen 80er Jahren.

Modulation und Effekte

Mit den On-Board-Effekten lässt sich der Sound des OB-Xa V massiv anfetten, einkleistern und auch auf Wunsch drastisch färben. Vorhanden sind drei Effektblöcke, die separat oder parallel geschalt werden können, leider aber nicht in der Reihenfolge beliebig vertauscht werden können. Man sollte beim Editing also besser einen genaueren Plan haben. Für jeden dieser drei Effektslots ist jeweils einer von neun FX-Typen aufrufbar: Reverb, Delay, Chorus, Phaser, Flanger, Overdrive, Compressor, BitCrusher und Multimode-Filter. Hier beginnt also das Sounddesign, wo die Synthesizer-Abteilung endet. Wer das Tiefpassfilter auf Dauer fade findet, nimmt den Multimode-Filter-Effekt für den ersten Slot und hat somit Zugriff auf Hochpass, Bandpass, CombFB, CombFF mit einer Flankensteilheit von jeweils von 12, 24 oder 36 dB. Die Parametrisierung ist auch bei den anderen Effekttypen mehr als ausreichend und wertet das Gesamtbild schnell und im wahrsten Sinne des Wortes effektvoll auf. Mit Overdrive und Bitcrusher sind auch moderne Synthklänge möglich. Noch mehr Begeisterung ruft die nächste Abteilung hervor.

Drei separate Effektblöcke mit jeweils neun Effekttypen zur Auswahl bietet der OB-Xa V unter seiner Haube.

Unter Modulation sieht der Arturia OB-Xa zwei Bereiche hervor: Die Modulationsmatrix und „Functions“. Die Matrix erlaubt bis zu sechs Modulationsverbindungen zwischen den üblichen Quellen wie Velocity, Aftertouch, einem Modulationsrad und einer Vielzahl an Klang- und Effektparametern. Ihr möchtet die Hallintensität per Rad verändern oder die Filterfrequenz druckdynamisch gestalten? Dies alles lässt sich mit der Modulationsmatrix im Nu bewerkstelligen. 
Bei den „Functions“ geht es hauptsächlich ums zeitbasiere Modulieren. Es lassen sich also rhythmische Filterfahrten und andere Patterns erzeugen, die sich bei der aktuellen Musikproduktion sehr gut machen, beim Erscheinen des OB-Xa vor vierzig Jahren aber noch kein größeres Thema waren. Der Arturia-Synthesizer bietet insgesamt vier einzelne Linien, die jeweils einen auswählbaren Klang- oder Effektparameter modulieren können, und zwar tempobezogen. Man kann mit der Maus seine eigenen Modulationskurven definieren oder auch einfach zunächst die Presets verwenden, die schon einige sinnvolle Muster zur rhythmischen Gestaltung ins Spiel bringen. Da sich für jede der vier Modulationslinien beliebige Loop-Längen und rhythmische Auflösungen einstellen lassen, sind auch polyrhythmische Strukturen realisierbar.
Insgesamt ist dies alles intuitiv verwendbar und könnte beim Klangtüfteln ein riesiges Spielfeld ergeben. Wenn jetzt noch der Sound des OB-Xa V stimmt, ist es umso besser. Stürzen wir uns also in den praktischen Teil.

Effektvolle rhythmische Modulationen sind mit dem OB-Xa V von Arturia einfach realisierbar. Neben einer praktischen Matrix begeistern vor allem die vier Modulationskurven.
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