Ableton Live 7 Test

DIE NONLINEARITÄT DER ZEIT- DAS KONZEPT
Kaum jemand weiß, dass Ableton in ihr Programm eine Möglichkeit eingewebt haben, mit der man Zeitsprünge vornehmen kann und dadurch Elvis Presley noch einmal live sehen kann. Die Enttäuschung folgt auf dem Fuße: Das war gelogen. Dennoch ist Live in “zeitlicher” Hinsicht interessant: Das System arbeitet mit zwei unterschiedlichen Hauptfenstern, die eine geschickte Verbindung aufweisen.
Die Arrange-Ansicht arbeitet wie die allseits bekannten linearen Sequencer nach dem so genannten Bandmaschinenprinzip. Deutlich wird dies durch die horizontal dargestellte Zeitleiste. Hier kann in üblicher Fasson aufgenommen und editiert werden. Die vertikal angeordneten Tracks haben ihre Kopfzeile zwar auf der rechten Seite, aber außer dieser (typisch hauptstädtischen?) exzentrischen Ausnahme findet man doch alles so vor, wie man es erwartet.

Die Session-Ansicht. Gut zu erkennen sind die vertikalen Tracks. In Track 4 ist ein leerer Slot markiert, der einen Clip enthalten kann.
Die Session-Ansicht. Gut zu erkennen sind die vertikalen Tracks. In Track 4 ist ein leerer Slot markiert, der einen Clip enthalten kann.

Spannender ist die Session-Ansicht, die – so hört man – schon dafür gesorgt haben soll, dass selbst erfahrene Musiksoftware-Nutzer nach dem Öffnen des Programms einige Zeit stumm und fragend auf den Monitor geschaut und es mittels Apfel-Q oder Alt-F4 achselzuckend wieder beendet haben. Halb so wild! Die Reihenfolge der Tracks ist – wie in Mixeransichten anderer Programme üblich – die gleiche wie in der Arrange-Ansicht, jedoch eben in Anordnung von links nach rechts statt von oben nach unten. Eine konstante und lineare Zeitleiste kann es hier nicht geben, da in der Session-Ansicht spontan entschieden werden kann, was als nächstes geschieht. Stattdessen gibt es vertikal angeordnete Slots in jedem Track, die Audio- oder MIDI-Clips aufnehmen können. MIDI-Daten können zu Plug-Ins oder externen Geräten geleitet werden. In jedem Track lassen sich MIDI- oder Audio-Effekte nutzen, ein übliches Routing mit Send/Return und Subgruppen ist ebenfalls möglich. Ein Track kann immer nur einen Clip spielen, es ist jedoch möglich, in einer horizontalen Einheit (“Scene”) alle Clips zu starten. Fällt dem Nutzer ein, dass sich ein Clip aus einer anderen Szene gut eignen würde, so kann dieser angeklickt werden und läuft mit. Selbst das Vorhören über Kopfhörer von bislang nicht verwendeten Files ist möglich – und das sogar im aktuellen Songtempo!

In der Arrangement-Ansicht sind die Tracks wie gewohnt horizontal (auf der y-Achse) angeordnet. Wie man es von linearen Systemen her kennt, gibt es eine durchgängige Zeitleiste (x-Achse).
In der Arrangement-Ansicht sind die Tracks wie gewohnt horizontal (auf der y-Achse) angeordnet. Wie man es von linearen Systemen her kennt, gibt es eine durchgängige Zeitleiste (x-Achse).

Der eigentliche Clou kommt aber noch: Sessions können samt aller weiterer Aktionen (Parameterveränderungen von Plug-Ins, etc.) in das Arrangement aufgenommen werden. Dadurch kann das Live-Feeling für das Arrangieren eines Songs genutzt werden. Dank der außerordentlichen Engine gibt es so gut wie keine Aktionen, für die die Wiedergabe angehalten werden müsste! Auch umgekehrt ist es möglich, Arrangements abzuspielen und in der Session-Ansicht zu bearbeiten. Eine kleine Schaltfläche in der Kopfzeile leuchtet auf, wenn das Arrange verändert wurde und erlaubt durch einmaliges Anklicken die Rückkehr zur Linearität.

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