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Telefunken Elektroakustik M80 Color Line Test

Praxis

Über die „Haltbarkeit“ des M80

Wer ein Telefunken M80 in die Hand nimmt und zum Mund führt, hat schon mal einen kleinen Teil des täglichen Sänger-Workouts hinter sich gebracht: Das Gesangsmikro wiegt nämlich 371 Gramm. Ein Shure SM58 hingegen, selbst kein Leichtgewicht, liegt bei etwas unter 300 und wirkt deutlich fluffiger. Das macht durchaus einen Unterschied. Ich glaube, dass 90 oder gar 120 Minuten Live-Gig ganz schön anstrengend werden können. Im Gegenzug liegt es wirklich satt und angenehm in der Hand. Viele Sänger mögen vielleicht einen prägnanteren Korpus-Kopf-Übergang mehr, aber das M80 kann man dadurch austarieren, wie man will. Allerdings ist man gut beraten, mit den Fingern nicht über dem Kopf zu liegen. Dies nicht nur wegen der Erhöhung der Rückkopplungsanfälligkeit wie bei allen derartigen Mikrofonen, sondern auch, weil durch das massive Griffstück die Handling-Noises extrem gering sind. Nestelt man am Korb herum, sieht die Sache anders aus, denn das überträgt sich klanglich deutlich stärker. Wird einem das Gewicht auf Dauer zu hoch und will man eventuelle Geräusche durch die eigenen Grabscher am Mikrofon verringern, dann kommt es eben in die mitgelieferte Halterung. Diese möchte ich aber insofern etwas der Kritik unterziehen, als dass sie es nicht ganz so einfach erlaubt, das Mikro „mal eben“ einzuclipsen: Der obere Spalt ist recht klein, wodurch man erst einmal das Kabel dort einfädeln muss. Das geht bestimmt auch anders. Sollte man übrigens das M80 einmal der Schwerkraft überlassen, wird es wahrscheinlich ähnlich wie andere geschätzte Mikrofone dieser Gattung mit ein paar Beulen im Korb und abgeplatzem Lack überleben. Aber vielleicht hat der Boden dann eine Macke mehr.  

Such das Mikro! Die Geschichte mit der Farbauswahl ist eine tolle Sache.
Such das Mikro! Die Geschichte mit der Farbauswahl ist eine tolle Sache.

Schweres Mikrofon, leichter Klang

Ganz im Gegensatz zum hohen Gewicht und dem massiven Metallkorpus steht… nein, ich meine nicht die Farbe, sondern den Sound: Das Telefunken M80 beeindruckt mit einer schönen Transparenz, die den Klang nach dem ersten Eindruck nicht sofort einem typischen Tauchspulen-Mikrofon zuordnen lassen. Ja, das schreit nach Anerkennung: Konsonanten werden schnell und ohne die sonst oft typischen reibenden und verschmierenden Komponenten übertragen. Besonders aber kommt der Sound ohne auffällige Resonanzen aus, was insgesamt dafür sorgt, dass das Klangbild sehr natürlich wirkt. Vorsichtig sollten jedoch Vokalisten sein, die, anders als unser bonedo-Haus-und-Hof-Sänger Chul-Min in den Soundbeispielen, eine sehr scharfe Aussprache haben. Ein „österreichisches S“ etwa, also ein sehr prägnant gesprochenes oder gesungenes, kann sehr wahrscheinlich zu bissig im Klang werden und die gefürchteten „Zahnschmerzen“ beim Hörer verursachen. Hier wird klar: Das M80 orientiert sich am amerikanischen Markt – dort werden meist dunklere, breitere S- und T-Laute von den Sängern und Sprechern produziert. Dem Prinzip mit der auf die Membran aufgeklebten Schwingspule und der dadurch größeren bewegten Masse ist es geschuldet, dass das Air-Band, also der Bereich von 15 kHz an aufwärts, deutlich belegter ist als bei Kondensatormikros. Besonders auf Bühnen ist das im Regelfall nicht weiter schlimm.  

Audio Samples
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Telefunken M80, 5 cm Telefunken M80, 0 cm Telefunken M80, 20 cm Telefunken M80, 10 cm, 45 Grad Shure SM58, 5 cm Shure SM58, 0 cm Beyerdynamic M88, 5 cm Beyerdynamic M88, 0 cm Sennheiser e835, 5 cm Sennheiser MD 421 II, 5 cm

Nicht sehr bassig

Bei sehr hohen Pegeln wird das Telefunken Elektroakustik etwas kratzig und beginnt daraufhin mit leichter Kompression, allerdings ist es diesbezüglich in guter Gesellschaft. Wichtiger ist, wie es bei geringen Abständen reagiert: Anders als der Platzhirsch Shure SM58 ist das M80 nicht sehr bassig, was dafür sorgt, dass es selbst bei Besprechung mit den Lippen am Korb noch seine wesentlichen Klangeigenschaften beibehält und die Sprachverständlichkeit nicht so leidet. Die Audiobeispiele zeigen es gut: Das SM58 ist im Vergleich deutlich dichter, gedrungener und belegter, dafür aber etwas kerniger und mit etwas mehr Brusthaar, wenn ich mich so ausdrücken darf. Allerdings gibt es keine wesentlichen Unterschiede in der Poppanfälligkeit.  

Recht höhenreich, das aber natürlich: Sound des Telefunken M80
Recht höhenreich, das aber natürlich: Sound des Telefunken M80

Das Polar-Pattern besitzt einen ausreichend großen Sweet-Spot für etwas schräg auf die Kapsel singende Performer, die Rückkopplungsfestigkeit erschien mir in den Testläufen weder besonders groß noch gering, war aber stets über den gesamten Frequenzbereich konstant genug und dadurch auch gut einschätzbar.

Preis des Telefunken M80

Das liest sich ja alles ganz gut. Und wer die Player hier im Text aktiviert, der wird das auch akustisch nachvollziehen können: Das Telefunken Elektroakustik M80 ist ein wirklich gutes Mikrofon, dessen Eignung sich nach dem Charakter der jeweiligen Stimme und den persönlichen Klangpräferenzen richtet. Dann ist da aber noch der Preis. Weit über 300 Euro für ein in den meisten Belangen „normales“ dynamisches Mikrofon, das ist schon eine Menge Holz. Selbst das edle Vocals-/Allrounder-/Bassdrum-Mikrofon Beyerdynamic M88 ist preiswerter – und das will schon etwas heißen.

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