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Teenage Engineering OP-1 Test

Teenage Engineering OP-1 im Test: Spätestens seit seinem Auftritt im Swedish House Mafia-Video „One“ geistert der OP-1, von einem leicht mystischen Hauch umgeben, durch die synthetische Musiklandschaft. Nachdem die zunächst in geringer Stückzahl produzierten OP-1 schnell abverkauft waren, war es anfangs schwierig, ein Exemplar zu erwerben. Mittlerweile findet man den „Operator-1“ des jungen schwedischen Herstellers aber im Sortiment der meisten etablierten Fachhändler.

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Aber was ist das überhaupt für ein Gerät, das aufgrund seines Designs unweigerlich Assoziationen zu dem 80er Jahre Spielzeugkeyboard VL 1 von Casio (Trio – „Da Da Da“) erweckt? Welche Zielgruppe ist bereit, dieses vermeintliche Gadget zu einem Preis zu kaufen, für den man schon den ein oder anderen „ausgewachsenen“ Synthesizer bekommt? Um darauf eine Antwort zu finden, müssen wir zunächst einmal herausfinden, was der „Kleine“ denn alles so drauf hat.

Details

Laut Hersteller gehört die ständige, intensive Weiterentwicklung des Funktionsumfangs zum Konzept des OP-1 und just heute (29.05.13) ist ein weiteres Update (OP1- OS#13585) mit einer brandneuen Synth-Engine und einem neuen Effekt (muuh!) zum Download bereitgestellt worden. 

Der Op-1 in der Draufsicht.
Der Op-1 in der Draufsicht.

Lieferumfang
Der Teenage Engineering OP-1 befindet sich in einer, mit Produktabbildungen recht informativ gestalteten, Verpackung, auf welcher die wesentlichen Features und Bedienelemente vorab schon einmal ansatzweise erklärt werden. Das Gerät selbst wird zudem von einer anscheinend umweltverträglichen „Papierschaum-Box“ geschützt, die zusammen mit zwei mitgelieferten, schicken Gummibändern (mit Firmenschriftzug und Logo) dem weiteren Transport dienen soll. Tolle Idee, allerdings löst sich das Teil nach wenigen Transportaktionen z.B. in einer Laptoptasche in seine Einzelteile auf.
Im Lieferumfang befindet sich außerdem ein, mit Firmenlogo verziertes, USB-Kabel. Fehlt nur noch das wasserlösliche Abzieh-Tattoo zur Markenbindung. Die Gehäuseoberseite wird von einer beschrifteten transparenten Folie bedeckt, die den Neu-User als Kurzanleitung in die wesentliche Bedienschritte einweist – vorbildlich! Eine ausführliche Bedienungsanleitung gibt es ausschließlich hier als englischsprachige Downloadversion (Version 1.0 auch in japanisch, wer kein englisch kann …).

Weiteres Zubehör ist optional und zu echt „skandinavischen“ Preisen erhältlich, u.a.:

  • Radio-Antenne
  • diverse Aufsätze für die Encoder
  • Soft-Case
  • Strap-Kit (Tragegurt inkl. Befestigung)
  • Display-Schutzfolie
Fotostrecke: 2 Bilder Nicht ganz billig, aber passgenau – das optional erhältliche Soft-Case von Teenage Engineering.

Gehäuse
Die erste Überraschung (sofern man nicht darauf vorbereitet ist) erfolgt direkt nach dem Auspacken des „Taschen-Synthesizers“. Wenn ich irgendeinem technischen Gerät mein Leben anvertrauen müsste, dann sollte es genau so wie der OP-1 verarbeitet sein! Das für seine Größe erstaunlich schwere Gerät ist eine tadellos verarbeitete Symbiose aus Aluminium und sehr hochwertigem Kunststoff. Laut Hersteller sind sämtliche Bedienelemente auf eine hohe Lebensdauer ausgelegt, so finden z.B. die Encoder auch in der Luftfahrt (hohe Temperaturschwankungen/betrunkene Engländer) Verwendung. Jeder Quadratzentimeter macht einen mehr als soliden Eindruck – alle Taster/Bedienelemente sitzen stramm und sprechen gut an. Anhand von Bildern habe ich ein weißes Gerät erwartet, in Wirklichkeit ist das OP-1 in einem matten Hellgrau-Ton lackiert und wirkt trotz der bunten Encoder fast schon seriös.

Oben links befindet sich ein kleiner Lautsprecher (1Watt/8 Ohm), der einen höheren Nutzwert hat, als man vielleicht aufgrund seiner geringen Abmessungen erwartet. Es ist durchaus möglich, Studio-Kollegen musikalische Ideen zum laufenden Playback präsent darzubieten, ohne sich gleich verkabeln zu müssen. Direkt gegenüber, auf der rechten Seite, hinter vier kleinen Löchern, verbirgt sich ein eingebautes Mikrofon, dessen Qualität ebenfalls meine Erwartung übertrifft und sich z.B. überraschend gut bei der Aufnahme von Sprachsamples schlägt.

Audio Samples
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Einfach spontan einmal „Oooh“ ins interne Mikrofon gehaucht und los geht´s…

Direkt darunter gibt eine 5-stufige LED-Anzeige Auskunft über Pegel und Ladezustand des Akkus. Am rechten Gehäuserand finden sich neben dem Power-Schalter alle weiteren Schnittstellen zur Außenwelt. Jeweils ein Audio Ein- und Ausgang in Form einer 3,5mm Klinkenbuchse wurden dem Gerät spendiert, wobei die Eingangsbuchse gleichzeitig als Anschlussmöglichkeit der optional erhältlichen Antenne für den Radiobetrieb dient. Laut Bedienungsanleitung reicht bereits ein 3,5mm Klinkenkabel als Antenne!
Außerdem gibt es einen USB-2.0-Port, der auch die einzige Möglichkeit zum Aufladen des internen Lithium-Ionen-Akkus ist. Alternativ zum, im Lieferumfang enthaltenen, USB-Kabel lässt sich auch jedes Handy-Ladegerät (5V) zum Aufladen des OP-1 nutzen – super!

Von links nach rechts: Power Switch, USB, Input/Antenne, Output
Von links nach rechts: Power Switch, USB, Input/Antenne, Output

OLED-Display
Hier handelt es sich um eines der ersten Highlights. Neben der luxuriösen Anmutung ist es aufgrund der vorbildlichen Ablesebarkeit aus sämtlichen Winkeln und bei unterschiedlichsten Lichtverhältnissen von sehr hohem Nutzen – des Weiteren bildet es die Basis des „farbcodierten“ Bedienkonzeptes, auf das ich später noch detaillierter eingehen werde.

Keyboard
Der OP-1 bietet 24 Keyboardtasten in ungewöhnlicher Buttonform, welcher der Tastatur des mutmaßlichen Urahn VL1 von Casio nicht ganz unähnlich ist. Die Tasten besitzen keine Anschlagsdynamik und senden den Velocity-Wert 100, wobei die Klangerzeugung als MIDI-Slave selbstverständlich auch auf Velocity-Änderungen reagiert. Über die Pfeiltasten (unten links) lassen sich Oktav-Verschiebungen einstellen oder bei gleichzeitig gedrückter Shift-Taste Pitchbendings durchführen. Die Audiobeispiele dieses Testberichts wurden zu 99 Prozent mit der OP-1 Tastatur eingespielt.

Doch was verbirgt sich unter der durchgestylten Oberfläche des OP-1? Eine kurze, zunächst kommentarlose Zusammenfassung:

Elf unterschiedliche Synth-Engines: Die Synth-Modes.

  • DNA
  • Dr Wave
  • FM
  • Pulse
  • Digital
  • Phase
  • Cluster
  • Sampler
  • String
  • DSynth
  • Voltage (Neu!)

Die Engines scheinen allesamt 6-stimmig zu sein – interessant, dass dieser elementare Umstand nirgends Erwähnung findet, weder auf der Hersteller-Homepage, noch in irgendwelchen Verkaufsportalen! Jeder Sound im Synth-Mode verfügt über eine ADSR-Hüllkurve, einen Effekt und einen LFO (dazu später mehr).
Zwei Klangerzeugungen für Beats: Die Drum-Modes

  • Sampler
  • Drum Box (Synthese)

Sechs Sequenzer für Synth- und Drum-Mode

  • Endless
  • Finger
  • Pattern
  • Tombola
  • Sketch
  • Arpeggio (Neu!)

Die Effekte

  • (Ein Effekt pro Soundprogramm plus ein Mastereffekt gleichzeitig nutzbar)
  • CWO (neu!)
  • Delay
  • Phone
  • Punch
  • Grid
  • Spring

Der 4-Spur Tape Recorder

  • variable „Bandgeschwindigkeit“
  • 16Bit/44,1kHz bei normaler Bandgeschwindigkeit
  • 6 bis 24 Minuten Aufnahmezeit (abhängig von Bandgeschwindigkeit)
  • Overdub-Recording
  • diverse Schneide- und Loopfunktionen
  • „Tape tricks“ (Tapestop, Reverse, Loop)

Der Mix-Mode

  • 4-Spur Mixer
  • mit Lautstärke, Panorama, Dreiband Master EQ, Master FX (siehe Effekte) und Drive (Kompressor)

Motion-Sensor
Bewegungssensor zur Steuerung des LFO

Radioempfänger
Dadurch wird der OP-1 zum stylischen Küchenradio. Der Clou: Das Radioprogramm lässt sich aufnehmen und samplen!

Die Antenne ist optional erhältlich.
Die Antenne ist optional erhältlich.
Audio Samples
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Solch ein banales, zufälliges „Sunset Party“- Sample eines Radio-Moderators könnte der erste Inspirationsimpuls zum nächsten Sommerhit sein …

Update, Update

Nachdem seit dem letzten Update etwas mehr als zwei Jahre vergangen sind, ist ab sofort das neue Betriebssystem OP-1 OS #218 des Teenage Engineering OP-1 hier  zum kostenlosen Download verfügbar. 
Neben diversen Detailverbesserungen (Tape-Effekte, FM Radio) und Erweiterungen (neue Wellenformen des Tremolo LFO, Endless Sequencer 128 Steps), erfährt der kleine Schwede in folgenden Punkten eine wesentliche Aufwertung:

Sync

Die internen Sequenzer des OP-1 lassen sich per USB zu einer externen MIDI Clock synchronisieren. Ein weiterer Modus generiert ein (im Ausgang gesplittetes) Clock Signal zur Synchronisation der hauseigenen Pocket Operator Modelle sowie optional 1/16 Sync zum Ansteuern von Geräten anderer Hersteller.
Fotostrecke: 2 Bilder Die neuen Sync-Features sorgen …

Presets, Sounds und mehr

Neben einer kompletten Erneuerung aller Presetsounds (Synths und Drums) liefert das aktuelle Update auch eine neue Synthesizer Engine namens „Voltage“! Typischerweise ist das Synthese-Prinzip „Multi Oscillator Electric Synthesis“ puristisch und farbenfroh dokumentiert, was allerdings den Spieltrieb umso mehr fördert und eine weiteres Mal zum Kreieren individueller Sounds animiert. Mehr hierzu im Praxisteil.

Sequencer

Der neue Sequencer-Mode „Arpeggiator“. Hörbeispiele findet ihr ebenfalls im folgenden Praxisteil dieses Testberichts.
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Praxis

Eine meiner „spleenigen“ Eigenschaften ist eine hohe „Akku-Auflade-Disziplin“- daher folge ich der Weisung des Manuals genauestens und lade den OP-1 vor dem Einschalten komplett auf. Nach schätzungsweise drei Stunden (ich war während des Ladevorgangs nicht anwesend) konnte ich dann endlich, von Neugier zerfressen, den kleinen Schweden einschalten. 

Was macht der Keyboarder dann zuerst? Na klar, erst mal die Sounds abchecken. Hocherfreut darüber, dass sowohl die Drum- als auch die Synth-Abteilung schon einiges an interessanten Sounds zu bieten hat, versuche ich, im spielerischen Umgang soviel wie möglich über die Möglichkeiten des OP-1 herauszufinden.


Bedienung

Recht schnell stellt man fest, dass die Lektüre der Bedienungsanleitung absolut ratsam ist, nicht falsch verstehen! Das Bedienkonzept des OP-1 ist meiner Meinung nach ein Geniestreich! Angesichts der kompakten Größe des Gerätes ist das Maximum an Bedienelementen definitiv erreicht und Tasten-Doppelbelegungen lassen sich nicht ganz vermeiden. Alles ist logisch aufgebaut, und doch ist aufgrund der Funktionsvielfalt eine gewisse Einarbeitung erforderlich.

Speziell an die Arbeit im Tape-Mode musste ich mich als DAW-verwöhnter Musiker erst wieder herantasten, obwohl mein persönliches „Teenage Engineering“ mit einem Tascam Porta 05 4-Spur Recorder begann. Viele elementare Parameter/Funktionen, wie z.B. die Preset-/FX-Browser, Loop-Startpunkte im Tape- und Sample-Mode, u.v.m. lassen sich nur bei gedrücktem Shift-Taster anwählen. Wenn man dieses realisiert hat, ist das fast schon die halbe Miete.

Doch was hat es denn nun mit den farbigen Encodern auf sich? Diese korrespondieren stets mit den entsprechend gleichfarbigen Funktionen/Parametern im mehrfarbigen OLED-Display. Einfacher und übersichtlicher geht es nicht! Des Weiteren kommen viele Parameter ohne konkrete Benennung aus und sind grafisch ansprechend, bisweilen sehr phantasievoll animiert. Grandios! Mich persönlich inspiriert diese Verspieltheit absolut im Vergleich zum „Umschaltwerk-Feeling“ verschiedener anderer Klangerzeuger und Geräte.

Klangerzeugung
Die Eingriffsmöglichkeiten in den teilweise unkonventionellen Synth-Engines würde ich als übersichtlich, aber effektiv bezeichnen. Wer sich zu Tode programmieren will, ist hier falsch, der OP-1 ist ein Instrument, das in erster Linie gespielt werden möchte. Dennoch lässt sich Synthese-seitig nach folgendem simplen Prinzip so einiges anstellen:

Fenster 1: Steuerung von vier Synth-Engine-spezifischen Klangparametern über die vier Encoder mit häufig effektiven, teilweise schwer vorhersehbaren Klangveränderungen. Die Parameter der einzelnen Synth-Engines seht ihr in den folgenden Abbildungen.

In den anschließenden Audiobeispielen hört ihr verschiedene Synthesizer-Sounds mit internen Effekten des OP-1 inklusive verschiedener Encoder-Fummeleien sowie den neuen Voltage-Synth.

Neu ist der Voltage-Synth, gewohnt puristisch ist die Parametrisierung!
Neu ist der Voltage-Synth, gewohnt puristisch ist die Parametrisierung!
Audio Samples
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Synthesizer Sounds DNA Synth Voltage Synth

Die weiteren Fenster bieten folgende Funktionen, die nur genannt werden sollen, da sie sich durchaus von selbst erklären.

  • Fenster 2A: ADSR Amp-Hüllkurve 
  • Fenster 2B (Shift): Playmode (Poly, Mono, Legato, Unisono), Portamento-Zeit 
  • Fenster 3: Effekt
  • Fenster 4: LFO

Der LFO ist der heimliche Star der OP-1 Klangerzeugung, und die Namensgebung wird der Vielfalt der gebotenen Modulationsmöglichkeiten nicht im Ansatz gerecht. Derzeit stehen sechs verschiedene LFO-Typen zur Wahl (Crank, Element, MIDI, Random, Tremolo, Value). Daraus resultiert neben dem standardmäßigen, wahlweise beatsynchronen oder -unabhängigen Low Frequency Oscillator eine Vielzahl weiterer Modulationsquellen, wie z.B. der eingebaute Bewegungssensor, der Audioeingang/Mic/Radio oder das „Kurbeln“ am blauen Encoder im Crank-Mode. 

Der Crank LFO.
Der Crank LFO.

Als Modulationsziel kann jeder Parameter der Klangerzeugung  einschließlich der Effektsektion angewählt werden. Falls mehrere Parameter moduliert werden sollen, ist dies im LFO-Mode „MIDI“ möglich. Hier können bis zu vier frei wählbare Klangparameter über die MIDI-Controller CC01 bis CC04 gesteuert werden.

Effekte

Eine kurze Aufklärung über die Effekte, deren Funktion sich nicht zweifelsfrei über den Namen erschließt:

CWO: Muuuh!
CWO: Muuuh!
  •  CWO: Der neue Effekt erzeugt in mir eine Schreibblockade. Was schreibt man bitte über einen Effekt, der grafisch als Kuh dargestellt ist und sich die Parameteränderungen auf verschiedene Mägen und anscheinend Blase und Enddarm auswirken? Ich brauch erst mal eine Glas Milch … Also, hiermit lässt sich eine große Bandbreite abgefahrener Modulations-, Delay- und Filter-Effekte erzeugen, wie das folgende Hörbeispiel zeigt.
  • Grid: Plate-Effekt mit Feedback für Delay-artige Effekte
  • Punch: Low Pass Filter mit Wet/Dry und diversen Parametern 
  • Spring: Der Name verrät, dass es sich um einen Federhall handelt. Wer aufgrund der Effektkollegen etwas Trashiges erwartet, der liegt falsch. Kann sehr groß und teuer klingen, besonders als Mastereffekt in Stereo.
  • Phone: Nein, dies ist kein LoFi Telefon-EQ, wie man ihn zuhauf kennt, hier passieren noch viele andere Sachen, quasi Circuit-Bending in einer Telefonzelle, sehr abgefahren und in Maßen gut verwendbar.
  • Nitro: Bissiges Dual-Filter mit Low- und High-Cut im Computerspiel-Design
Fotostrecke: 2 Bilder Der Nitro-Filter mit Low- und High-Cut im Computerspiel-Design.
Audio Samples
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CWO als MasterFX Nitro als MasterFX Pulse-Synth mit recht plakativem Springhall-Effekt aufgrund marginaler Höhendämpfung.

Sound

Bereits die teils ungewöhnlichen Synth Engines und Parameter lassen durchblicken, dass der OP-1 nicht versucht, analoger als analog zu sein. Er ist digital und klingt digital, mal schneidend und hart, und auch mal warm und edel. Obwohl die breite Soundpalette und Parametrisierung einen tendenziell progressiven Touch hat, eignet er sich für meinen Geschmack ebenso gut für Mainstream-Pop. Durch die Möglichkeit, im Drum- und Synth-Mode Samples zu nutzen, hat man zudem die Möglichkeit, den OP-1 den eigenen Bedürfnissen anzupassen.

Audio Samples
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Drum Kits

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass bis zum Mix-Mode die Audiobearbeitung, sprich Klangerzeugung inklusive Sampler und Effekte, in Mono stattfindet! Erst im Mixfenster können wir einzelne Spuren im Stereopanorama verteilen. Die Effekte Spring und Grid erzeugen im Mix-Mode bereits bei ungepannten Spuren einen virtuellen Stereoeffekt – gut zum Spielen oder Recorden eines Synthiesounds in eine DAW.

SequenzerIm OP-1 stehen die vier bereits genannten Sequenzertypen zu Verfügung. Am praxistauglichsten bzw. musikalischsten erscheinen mir die Typen Finger und Pattern. Im erstgenannten Mode können über die Keyboardtasten alternative Sequenzen getriggert und sogar gelayert werden, wogegen im Pattern-Mode das Pattern in der entsprechenden Tonhöhe des Keys getriggert wird. Die teilweise bereits vorhandenen werksseitigen Sequenzen können beliebig editiert oder auch vollkommen neu programmiert werden.

Sehr schrullig ist der Sequenzer-Modus „Tombola“. Hier mutieren die eingespielten Noten quasi zu Bällen einer Lotterietrommel. Einzustellende Parameter sind in etwa Drehgeschwindigkeit (alternativ selber kurbeln), Schwerkraft, usw. Alles klar…? Interessanterweise produziert dieser Sequenzer ab und an musikalisch verwertbare, interessante Ergebnisse. Zu guter Letzt bietet der Endless-Mode eine Art Step-Sequencer – alle Sequenzer-Modi (mit Ausnahme von Tombola) haben einen prozentual regelbaren Swing-Faktor.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Finger-Sequencer.

Tape-Mode
Auffälligstes praxisrelevantes Merkmal des Tape-Modes ist das Fehlen eines virtuellen Löschkopfes. Das bedeutet, dass die Aufnahme auf einer Spur ggf. zuvor aufgenommenes Material nicht löscht, sondern diesem hinzugefügt wird. In diesem Overdub-Mode kann man theoretisch unendlich viele Spuren layern, nur blöd, wenn man sich mal verdaddelt. Für diesen Fall könnte man vorsorglich den Bereich, in dem die Aufnahme stattfindet, an eine andere Bandposition kopieren, quasi als Backup.
Schicker wäre – aha, endlich mal Kritik! – eine Undo-Möglichkeit des zuletzt aufgenommenen Takes. Ansonsten hat der virtuelle 4-Spur Recorder jede Menge Features zu bieten, die über die Möglichkeiten seines analogen Pendants hinausgehen. Einzelne und auch alle Spuren können geschnitten, verschoben und kopiert werden, bei aktivierter Beatmatch-Funktion sogar synchron zum eingestellten Tempo. Weiterhin können mehrere Spuren auf eine Spur und sogar in den Sampler gebouncet werden. Abgerundet durch die sogenannten Tapetricks, variables Tempo, usw. ist der Tape-Mode äußerst vielseitig.
Dennoch zwei zaghafte Kritikpunkte: Das Abspielen eines takt- und temposynchronen Loops/Cycles läuft nicht immer so 100-prozentig rund, wie man es von einer DAW gewohnt ist. Manchmal wird z.B. der Attack einer Bassdrum am Beginn des Cycles „verschluckt“. Zudem wäre etwas mehr grafisches Feedback über den Inhalt der einzelnen Spuren für die praktische Arbeit vorteilhaft, was allerdings nur auf Kosten der kultigen Darstellung der „Audio-Kassette“ umzusetzen wäre. Ein Mixdown vorhandener Mehrspuraufnahmen inklusive Tapetricks, Spielen auf der Tastatur und sonstiger Kurbeleien ist anschließend im Album-Mode möglich.

Der Tape-Mode.
Der Tape-Mode.

Neu mit OS218: Arpeggio

Der neue Sequencer Mode namens „Arpeggio“ ist m.E. das Highlight der neuen Firmware und hält genau, was der name verspricht. Dieser inspirierende Realtime Arpeggiator erfindet im Gegensatz zu anderen Sequencer Modes des OP-1 das Rad nicht neu, liefert aber im Handumdrehen tolle Ergebnisse und komplettiert die schwedische Mini-Workstation.

Neu mit OS218: Arpeggio
Neu mit OS218: Arpeggio
Audio Samples
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Arpeggio

MIDI
Der USB-Port dient neben der Ladetätigkeit und dem Datenaustausch als MIDI Ein- und Ausgang. Somit ist zum einen die Steuerung per DAW, MIDI-Keyboard, etc. möglich, zum anderen kann der OP-1 als MIDI-Controller eingesetzt werden. Besonders Nutzer von Ableton Live und Propellerheads Reason wird erfreuen, dass der OP-1 als spezifischer Controller diverse Programmfunktionen steuert. Für Ableton Live ist dazu die Installation des OP-1 Ableton Live MIDI Script erforderlich.

Der OP-1 ist leider nicht multitimbral, lediglich ein Sound oder Drumkit können von einem externen Sequenzer angesteuert werden. Wäre auch zu schön gewesen! Dennoch weigere ich mich, diesen Punkt negativ zu werten, weil nicht wenige Klangerzeuger dieser Preisklasse (oder darüber) auch nur einen Sound bzw. Ton gleichzeitig von sich geben.

Datenverkehr

Des Weiteren dient der USB-Port dem simplen Datenaustausch mit dem Computer. Im Disk-Mode erscheint der OP-1 ganz banal als Festplatte auf dem Desktop. Sounds, Samples, Bandspuren und Masterspuren erscheinen in separaten Ordnern und lassen sich per Drag and Drop kopieren oder austauschen. Dies ermöglicht ggf. den unkomplizierten Import erstellter Sequenzen/Aufnahmen in die DAW des Vertrauens zwecks weiterem Herumfeilen und Produzieren.

Anders herum lassen sich auf diese Weise z.B. eigene Drumsamples vom Computer in den OP-1 kopieren, um diese dort zu nutzen. Auf der Teenage Engineering Homepage stehen beispielsweise verschiedene Drumkits zur Verfügung. Selbsterstellte Sounds erscheinen im sogenannten Snapshot-Ordner und können nur per Computer sinnvoll benannt werden. Beim Speichern von Sounds im OP-1 wird zunächst eine willkürlich erscheinende Zahlenkombination als Name generiert – einer meiner wenigen Nachbesserungsfavoriten kommender Updates.

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Fazit

Der OP-1 ist ein absolut faszinierendes Musikinstrument, sozusagen das „wahre Notebook“, um musikalische Ideen festzuhalten, (vorzu-)produzieren oder gar zu generieren. Wie mittlerweile viele andere Musiker bin ich eine großer Freund kleiner, mobiler Lösungen, doch selbst die Arbeit mit einem „herkömmlichen“ Notebook ist inzwischen häufig zu einer offiziellen Angelegenheit mutiert, mit all den Lizenz-Dongles und weiterer Peripherie, die zum Musizieren benötigt wird. Der OP-1 ist autark und dabei erfrischend anders. Direkte Konkurrenz in dieser Preis- und Kompaktklasse gibt es in Bezug auf die Auswahl und Vielfalt der Features meines Wissens nicht. Entfernt kann man den OP-1 vielleicht mit abgespeckten DAW-Programmen auf einem Tablet-Computer vergleichen, wobei ich schwer vermute, dass die OP-1 Zielgruppe bereits DAW-mäßig versorgt ist und (wie ich) den Teenage Engineering OP-1 als kreative Ergänzung betrachtet. Der Taschen-Synth „Made in Sweden“ (und nicht: Engineered in Sweden – Made in Chile) ist kein Billig-Schnäppchen und dennoch jeden Cent wert, da er vielfältig eingesetzt werden kann und durch Top-Verarbeitung und ständige Weiterentwicklung verspricht, ein treuer und langjähriger Weggefährte zu werden.
Unbedingt checken!

PRO:
  • einzigartiges Konzept für ein derart kompaktes professionelles (!) Gerät
  • vielseitige musikalische Einsatzfähigkeit
  • charaktervolle Sounds und Effekte
  • mobil und autark durch leistungsstarken Akku und eingebauten Lautsprecher und Mic
  • fantastisches Bedienkonzept
CONTRA:
  • Zubehörpreise an der Schmerzgrenze
  • (nicht multitimbral)
Der Op-1 in der Draufsicht.
Der Op-1 in der Draufsicht.
FEATURES:
  • Taschen-Synthesizer
  • 400MHz Processor Core (800 MMACS performance)
  • 24-bit 96kHZ ADC/DAC
  • Akku (Li-Ion 1800mAh) mit bis zu 16 Std. Betriebsdauer
  • USB 2.0
  • 3,5mm Klinken Ein- und Ausgang
  • eingebautes Mikrofon
  • eingebauter Lautsprecher (8 Ohm/1 Watt)
  • Radioempfänger (64-108 MHz)
  • Bewegungssensor zur Steuerung von Soundparametern
  • OLED Display (60fps, 320 x 160 Pixel, Color Depth 16,7M)
  • Aluminium Gehäuse (L 282/H 102/D 13,5mm)
  • 24 Tasten Keyboard
  • 9 Synth Engines
  • 2 Drum Engines
  • 7 Effekte
  • virtueller 4-Spur Tape Recorder
Preis:
  • EUR 799,- (UVP)
  • Straßenpreise sind teilweise/selten geringfügig günstiger
Kommentieren
Profilbild von Anni

Anni sagt:

#1 - 11.06.2013 um 16:55 Uhr

0

Danke für den Test, sehr schön geschrieben.Ist es richtig, das der OP-1 nicht per MIDI synchronisiert werden kann?

Profilbild von Peter Koenemann

Peter Koenemann sagt:

#2 - 11.06.2013 um 22:55 Uhr

0

Hi, im Sync Mode synchronisiert sich der OP-1 als MTC Slave. Funktioniert mit meinem Logic bestens inklusive Start, Stopp und Spulen. Tape Tricks, Cycle etc. erzeugen einen bleibenden Offset. Wenn man aus einer DAW etwas synchron aufnehmen möchte muss man etwas tricksen: Mit Note On Befehl des OP-1 ("stummes" Preset) gleichzeitig DAW starten (Keycommand "Start") und die Tape Aufnahme (Record Button vorher gedrückt halten). Weitere McGyver Lösungen für andere Setups gibt es im Netz. LG Peter

    Profilbild von Martinair

    Martinair sagt:

    #2.1 - 27.03.2020 um 17:28 Uhr

    1

    Lässt sich denn das OP1 mit dem Roland UM one mk2 (usb midi) verbinden um damit andere geräte mit midi kabel per midi clock zu synchronisieren ?

    Antwort auf #2 von Peter Koenemann

    Antworten Melden Empfehlen
    +1
Profilbild von Chris Clavinova

Chris Clavinova sagt:

#3 - 20.06.2013 um 17:25 Uhr

1

Toller Bericht, der die Vorzüge und die Faszination des kleinen "Zauberkastens" gut beschreibt. Ich besitze das Gerät nun seit einem Jahr und habe noch immer genauso viel Freude an dem Gerät wie nach den ersten paar Takten. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich die Finger vom OP-1 lassen kann, zumal es tatsächlich ohne Postproduktion möglich ist, komplette Tracks damit zu editieren und live zu arrangieren. So gibt es auf Soundcloud.com eine eigene Gruppe, in der ausschließlich OP-1-Songs hochgeladen werden dürfen - habe da auch schon gepostet ;-)Sie schrieben:
"Beim Speichern von Sounds im OP-1 wird zunächst eine willkürlich erscheinende Zahlenkombination als Name generiert"
Meines Erachtens setzt sich die Zahlenkombination aus Datum und Uhrzeit des Zeitpunktes des Abspeicherns zusammen. Datum und Uhrzeit lassen sich im OP-1 einstellen.

Profilbild von Peter Koenemann

Peter Koenemann sagt:

#4 - 20.06.2013 um 20:05 Uhr

0

Hi Chris, danke für Deinen korrekten Hinweis. Nicht alles, was willkürlich erscheint ist es auch. Trotzdem fällt es mir schwer anhand von Datum und Uhrzeit Rückschlüsse über den Sound zu ziehen. Besonders wenn 2 Sounds innerhalb von einer Minute gesichert wurden - dann haben sie tatsächlich identische Namen. Eine direkte Bennenungsmöglichkeit im Gerät wär schon hilfreich. LG Peter

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