Trafolos, aber dank VHD ziemlich flexibel, versteht sich der neue Channel Strip SSL Super 9000 als DIE zeitgemäße Alternative zum übertragerbestückten “Vintage” Klassiker Revival 4000 – weniger Färbung, mehr Präzision, mehr Tiefe, sowie auch mehr Bass und flexibel dosierbare Harmonics anstatt klassischem Jensen-Crunch.

Mit ihrer SuperAnalogue Designphilosophie setzte SSL bereits in der SL 9000 J Console Maßstäbe und führte das Konzept bis Duality und letztlich auch Oracle zur Perfektion: geringe Verzerrungen, hoher Headroom, präziser Punch und ein beeindruckend umfangreiches Spektrum sorgen für die modern-elegante Klarheit. Und das alles gibt es jetzt recht ziemlich günstig auf einer HE Rack-Space!
DETAILS
This is SSL, again!
Der Solid State Logic Super 9000 ist ein hochmoderner SSL-Channelstrip, damit „Made in China“ und so deutlich preislich attraktiver als frühere Pendants der britischen XLogic-Ära, die damals gut und gerne das dreifache kosteten.

Aufbau und Funktionsumfang orientieren sich am frisch vorgestellten SSL Revival 4000: Beide sind voll ausgestattete Mono-Channelstrips mit kräftigem Profi-Preamp, umfassender Kompressor- und Gate-Sektion, potentem SSL-EQ und vielseitigen Routing-Optionen. In Summe der Ausstattung ist das Preisniveau sehr attraktiv, vor allem auch im Vergleich zu API-500er-Varianten.
In der Praxis punktet der Super 9000 vor allem durch seine hervorragende Haptik und den vertrauten SSL-Workflow. Alle Bedienelemente fühlen sich wertig an und lassen sich sehr präzise einstellen, auch wenn sie nicht gerastert sind.
Eine Einschränkung bleibt: Die kleinen Taster können für Nutzer mit größeren Fingern wirklich etwas fummelig werden – besonders, wenn man mehrere Sektionen gleichzeitig schalten will. Einen globalen Bypass gibt es nicht.
Statt des dunklen Looks des Revival 4000 kommt nun außerdem ein deutlich markanteres Blau zum Einsatz. Der aggressive Eindruck relativiert sich schnell und fügt sich im Rack überraschend stimmig ein. Strukturell sind beide Channelstrips nahezu identisch – der entscheidende Unterschied liegt in der Vorverstärkung.
SuperAnalogue (9000) & VHD (Duality)
Während der Revival 4000 am Eingang einen Jensen-Übertrager nutzt, arbeitet der Super-9000-Preamp grundsätzlich trafolos und lässt sich zwischen SuperAnalogue und VHD umschalten.

Letzteres simuliert den “Übertragersound” elektronisch – Variable Harmonic Distortion eben. So lassen sich harmonische Anteile zweiter oder dritter Ordnung elegant per Drive mischen, sofern man den Mic-Input entsprechend heiß anfährt.
Der Mic-Gain reicht dabei von +20 bis +70 dB – sehr großzügig – und lässt sich per 20-dB-Pad entsprechend zähmen. Zusätzlich ermöglicht der Trim-Regler weitere −20 bis +20 dB, wie auch der finale Output, sodass sich theoretisch bis zu 110 dB Verstärkung realisieren lassen. Phasenumkehr und zwei Mic-Impedanzstufen (1,3 kΩ und 11 kΩ) sind selbstverständlich auch an Bord, nur auf einen frontseitigen DI-Instrumenteneingang muss man leider verzichten.
Dafür besitzt der Super 9000 einen dedizierten Drive-Regler samt VHD-Taster, wie man ihn auch in den aktuellen SSL-Konsolen findet. Der Revival 4000 hatte an dieser Stelle einen One-Knob-Deesser, der aber in der Praxis entbehrlich ist.

Wichtiger ist etwas anderes: Der Super 9000 bietet einen echten Input-Flip, mit dem sich Line-In und Mic-In auf der Rückseite umschalten lassen – ohne das lästige Umstecken, das beim Revival 4000 immer noch nötig war. Nur so kann man auch Line-Signale kräftiger färben: Über den Mic-in hinein und mit aktivierten PAD den Gain schön aufdrehen!
Etwas anderer Compressor
Der Kompressor des Super 9000 bietet dabei grundlegend dieselben Parameter wie der des Revival 4000 – und klanglich lassen sich beide in der Praxis auch erstaunlich nah zueinander bringen. Anders gesagt: SSL hat in den letzten Jahrzehnten an der grundlegenden Kompressor-DNA nicht so viel verändert.
Im Inneren arbeiten jedoch unterschiedliche Schaltungen, vor allem leicht abweichende Kennlinien. Beide Modelle bieten Fast-Attack sowie Hard/Soft-Knee-Charakteristik, auch wenn SSL das beim Super 9000 teilweise anders benennt. Insgesamt reagiert der 9000er bei Bedarf schneller und wirkt im Regelverhalten auch etwas kontrollierter.

Die Linear-Release-Option des Revival 4000 fehlt beim Super 9000, wird in der Praxis aber kaum vermisst. Ansonsten lässt sich der Kompressor identisch flexibel routen: Pre/Post-EQ, mit Filtern und/oder EQ im Sidechain sowie natürlich auch gern mit externer Key-Quelle. Man kann solch eine Flexibilität mit 500er-Modulen nur mit viel Mehraufwand erreichen, das sollte man auch bei einer eventuellen Preis/Leistung-Diskussion nicht vergessen!
Compressor im Vergleich zum SSL Revival 4000
| Super 9000 | Revival 4000 | |
| Compressor-Typ | 9000/Duality Dynamics – THAT 2181A VCA | 4000 E-Series Dynamics – Discrete Class A VCA |
| Regler | Ratio, Release, Threshold, Fast attack on/off, | Ratio, Release, Threshold, Fast attack on/off, |
| Knee | Peak/Hard oder Soft Knee | Soft oder Hard Knee |
| Gate | Classic Gate/Expander mit Fast attack on/off | Classic Gate/Expander mit Fast attack on/off |
| Extras | Logarithmic oder Linear Release modes im Comp | Hold control im Gate |
Gates noch
Das Gate wurde um eine zusätzliche Hold-Funktion erweitert, verhält sich ansonsten aber mit seiner variablen Hysterese ebenfalls nahezu identisch zum bekannten SSL-Ansatz. Konkret bedeutet das: Zu jeder gegebenen „Open“-Einstellung liegt die „Close“-Schwelle etwas darunter, und je weiter man den Threshold absenkt, desto größer wird auch die Distanz. Das sorgt für ein musikalisches Regelverhalten und macht das Gate mit wenigen Parametern schnell und präzise einstellbar.
Ähnlich geradlinig arbeiten auch die 18-dB-Filter, die im Signalfluss übrigens zunächst mal ganz hinten nach dem EQ sitzen – selbst wenn sie optisch mittig auf der Frontplatte untergebracht sind. Erst über den Input-Taster lassen sie Filter sich bei Bedarf auch vor EQ und Kompressor schalten. Ein vollständiger Bypass ergibt sich durch den Linksanschlag des Poti; die Aktivitäts-LED erlischt dann. Solche kleinen, praxisfreundlichen Details gefallen mir. Was nicht ganz so geil ist: die Beschriftung der Ratio: 1 bis unendlich ohne einen einzigen konkreten Zwischenwert ist schon auch etwas schwierig.


























