Spitfire Audio British & Contemporary Drama Toolkit Test

Fotostrecke: 2 Bilder Drama im Doppelpack; das British Drama Toolkit …

Spitfire Audio macht in erster Linie, was alle anderen Sample-Schmieden auch machen: Instrumenten-Libraries raushauen; Bläser, Streicher usw. Hin und wieder gibt es auch Collections, z. B. komplette Orchester oder Percussion. Ungewöhnlicher ist das Konzept, das mit dem British Drama und dem Contemporary Drama Toolkit verfolgt wird, denn hier geht es um kuratierte Libraries, bestehend aus unterschiedlichsten Instrumenten, um ein bestimmtes Filmgenre zu bedienen. Da wird es dann schon fast psychologisch interessant: Welche Instrumente hält Spitfire für angemessen, um Drama zu produzieren? Nun, wir werden es herausfinden. Auf geht’s zum Test.

Details

Instrumente & Artikulationen; British Drama Toolkit

Im British Drama Toolkit sind ein Streichquintett – also Violine, Viola, Cello und Kontrabass –, eine Klarinette und eine Bassklarinette sowie eine reguläre und eine Piccoloflöte enthalten. Wie bitte, das ist alles? Ein Blick auf die Artikulationen zeigt, dass auch hier eher wenig geboten wird und davon in erster Linie Standards. Schön, es gibt auch Ensemblepatches, aber das ist zumindest in der Theorie maximal interessant für Zeitersparnis, nicht aber für kreatives Arbeiten. 

Instrumente & Artikulationen; Contemporary Drama Toolkit

Das Contemporary Drama Toolkit ist da schon ergiebiger; auch hier gibt es Kombi-Patches, in diesem Fall für Leads, Texturen und Pads und als Einzelinstrumente Synthies, Gitarren, elektrische Violine und Cello sowie – aufgehorcht – Vocals! Das klingt an und für sich interessanter als das British Drama Toolkit und außerdem nach einer guten Ergänzung zu ebendiesem. Auch das Preset-Angebot ist hier deutlich reichhaltiger, dabei aber nicht erschlagend, kurzum: ziemlich ideal. Hoffentlich klingt es auch ziemlich ideal. Kleine Randbemerkung an dieser Stelle: Offensichtlich gibt es keinerlei Percussion, Beats, Loops. Interessantes Konzept für das Genre Drama.

Der Einstiegsordner beider Libraries; in der Summe weder überladen noch asketisch
Der Einstiegsordner beider Libraries; in der Summe weder überladen noch asketisch

GUI

Das GUI ist in beiden Fällen zu klein, um damit vernünftig arbeiten zu können. Außerdem ist es sehr sparsam gefüllt. Im Gegensatz zu vermutlich jeder anderen Library dieser Kragenweite gibt es hier in beiden Librarys und allen Instrumenten-Fällen nur zwei Mikrofonsignale. Das ist beeindruckend wenig. Auch sonst findet man nicht mehr, als unbedingt nötig wäre. Natürlich gibt es eine Übersicht über die Artikulationen, die ADSR-Abteilung, Expression- und Reverb-Fader, aber das war’s dann auch. Mehr gibt es in Sachen GUI nicht zu erzählen. Also auf zum Praxisteil.

Praxis

British Drama Toolkit

Wie bereits erwähnt, ist das Artikulationsagebot der Instrumente etwas spärlich. Allerdings klingen sie sehr schön. Man hört die Unregelmäßigkeiten im Bogenstrich und je nach Artikulation auch deutlich, wie der Bogen gewechselt wird. Das bringt einen lebhaften Sound. Auch was die Main-Patches (Kombinationen verschiedener Instrumentengruppen) und die Ensemble-Patches angeht (Kombination verschiedener Instrumente innerhalb einer Instrumentengruppe) revidiere ich meinen ersten Eindruck; die Patches machen durchaus Sinn, da innerhalb eines einzelnen Tons Schwankungen, Schwebungen und Reibungen entstehen, die man so organisch nicht hinbekommt, indem man verschiedene Patches einzelner Instrumente kombiniert. Das hier ist offensichtlich keine aseptische Library, um einen sauberen orchestralen Sound zu emulieren, hier geht es etwas dreckiger zu. Und diese Imperfektion bzw. die Natürlichkeit funktioniert quasi als Ausgleich für ein sparsames Angebot; lebt der einzelne Ton, braucht man weniger Töne, um einen lebendigen Eindruck zu erzeugen. Es wäre eine interessante Herausforderung, tatsächlich ein komplettes Drama nur mit dieser Library zu vertonen. Vermutlich kriegt man das hin – solange man keine Percussion braucht.

Audio Samples
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Main; Tutti Long Strings Loud Main; Tutti Long Soft Ensembles; Bassklarinette und Klarinette Chatter Ensembles; Flöte und Piccolo Chiff Violine; Long Viola; Long Accented Cello; Harmonics Bass; Soft Bassklarinette; Long Piccolo; Long Soft Alt

Contemporary Drama Toolkit

Der erste Eindruck bestätigt sich; das Contemporary Drama Toolkit bildet das Gegenstück zum British Drama Toolkit. Gemeinsam haben beide eine gewisse dreckige Ästhetik, aber im Gegensatz zu seinem Kollegen erzeugt das Contemporary Drama Toolkit den Dreck mittels Distortion, Filtern und anderen produktionstechnischen Spielereien. Und das Ausgangsmaterial, von Gitarren, Vocals und der E-Violine und dem E-Cello einmal abgesehen, ist synthetisch. Allerdings klingen auch die Gitarren und Vocals tendenziell synthetisch. Den lebendigsten Teil der Library bilden somit die beiden E-Streicher. Gerade die Drops und Patches mit Entwicklungen innerhalb eines Tons, die sich nicht programmieren lassen, machen diese beiden Instrumente besonders interessant. Bei den synthetischen Pads und Leads hingegen fällt mir wenig Eigenheit auf. Alles, was da ist, erfüllt seinen Zweck, ist als einzelner Sound aber selten besonders interessant. Die überwiegende Mehrheit der Instrumente würde ich eher als B-Signal nutzen, für hintergründige Flächen und Texturen. Hier und da gibt es natürlich auch interessante Sounds zu entdecken, diese bilden aber klar die Ausnahme – jedenfalls für mich. Als Solo-Library ist mir das Contemporary Drama Toolkit insgesamt zu waberig, aber in Kombination mit dem British Drama Toolkit macht es total Sinn.

Audio Samples
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Combi Textural; Rapture Combi Pads; Cloud Combi Leads; Dizzy Brass Synths Textural; Procedual Textures Synths Pads; Electric Piano Granular Synths Bass; Saw Bass Pulses 3 Guitars; Short Acoustic Harmonics Electric Cello; Long Distorted Soft Electric Violin; Long Warp Vocals: Aahs

Velocity

Eine Tatsache, die auf beide Libraries zutrifft und mir positiv aufgefallen ist: alle Artikulationen, auch die langen, reagieren auf Velocity. Bei den meisten Libraries ist das aus Gründen, die ich bis heute nicht verstanden habe, nur bei den kurzen Artikulationen der Fall. Ich finde es wahnsinnig praktisch, wenn Ton- und Dynamikerzeugung im selben Arbeitsschritt erledigt werden, es erleichtert mir das musikalische Einspielen ungemein. Insofern ein weiterer Pluspunkt für beide Libraries.

Texturen

Eng mit dem Thema Velocity ist eine andere Besonderheit beider Libraries verbunden. Und zwar teilt sich der Gesamtvelocityraum in drei Bereiche: Soft, Loud und Texturen. Das Besondere am Bereich Texturen ist, dass dort automatisch unterschiedliche Artikulationen getriggert werden, die im Menü gar nicht zur Auswahl stehen. So kann das Cello hier zum Beispiel durch unwillkürliche Bogenwechsel oder wellenartige Dynamik auffallen, während die Klarinette automatisch einen weicheren Tonansatz nutzt. Das ist ein ausgesprochen praktisches Werkzeug, um schnell organische Texturen zu erzeugen, bei denen nicht jeder Ton entscheidend ist, Stichpunkt: Produktionsfreundlichkeit.

Fazit

Spitfire Audios British Drama Toolkit und Contemporary Drama Toolkit sind beides funktionelle Libraries, die ihrem Zweck und vor allem in Kombination absolut gerecht werden. Es ist und bleibt natürlich immer eine Frage von Geschmack und dem, was man vorhat, aber zeitgenössische Dramen mit diesen Libraries zu vertonen halte ich für absolut möglich. Gerade in der Kombination beider Libraries hat man ein umfangreiches, aber auch nicht endloses Instrumentarium zur Verfügung. Groß genug, um jeder Stimmungslage gerecht zu werden, klein genug, um automatisch innerhalb eines klaren musikalischen Rahmens zu bleiben und sich in manchen Situationen etwas Kreatives einfallen lassen zu müssen, um jeder Szene gerecht zu werden. Klanglich ist alles gleichermaßen erstklassig wie produktionsfertig. Und zu dem gegebenen Preis bekommt man Libraries, mit denen sich eine ganze Menge abdecken lässt.

PRO
  • fein kuratiertes Instrumentenangebot
  • sehr organische Performance der Instrumentalisten
  • vollständig per Velocity dynamisch steuerbar
Contra
  • keinerlei Percussion in beiden Libraries
  • Artikulationen und Instrumente des British Drama Toolkit etwas minimalistisch
Features
  • Insgesamt knapp 38GB Content
  • Zwei Mikrofonsignale
  • Texturen-Tool
  • Ein Streichquintett plus vier Holzbläser (BDT)
  • Acht Artikulationen (BDT)
  • Allerhand Pads, Leads, Synthies, elektronische Streicher (CDT)
  • Drei Artikulationen (CDT)
Preis
  • British Drama Toolkit: 199,-
  • Contemporary Drama Toolkit: 199,-
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • fein kuratiertes Instrumentenangebot
  • sehr organische Performance der Instrumentalisten
  • vollständig per Velocity dynamisch steuerbar
Contra
  • Artikulationen und Instrumente des British Drama Toolkit etwas minimalistisch
  • keinerlei Percussion in beiden Libraries
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Spitfire Audio British & Contemporary Drama Toolkit Test
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