Willkommen zum sechsten Teil meiner Pentatonik-Workshopreihe. Beim letzten Mal habe ich euch gezeigt, wie man aus der Durtonleiter bzw. aus der Harmonischen und Melodischen Molltonleiter auch andere pentatonische Strukturen gewinnen kann als nur unsere altbekannte Moll7-Penta. Als Auswahl erhielten wir die m7b5, eine „alterierte“ Pentatonik, mit der wir unser Tonspektrum noch einmal ein ganzes Stück erweitern konnten.
Heute wollen wir noch einmal die Melodisch Moll-Tonleiter etwas genauer unter die Lupe nehmen und schauen, ob sich hier weitere brauchbare Fünftonstrukturen verborgen halten.
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DETAILS
Für unsere Untersuchungen nehmen wir die A Melodisch-Mollskala zur Hand. Und genau wie beim letzten Mal schieben wir auch diesmal wieder unsere Sept-Vierklänge durch die Stufen und ergänzen die jeweiligen Zwischenräume zwischen Terz und Quinte mit einer tonleitereigenen Quarte (4 oder #4 bzw. oktaviert 11 oder #11). Die auf diese Weise entstehenden Fünfton-Skalen sehen folgendermaßen aus:
Die Pentatoniken der Stufe II und VI sind uns ja bereits wohlvertraut. Spielt aber ruhig alle anderen Stufenpentas durch und lasst ihren jeweiligen Sound auf euch wirken. Bestimmt entdeckt ihr den einen oder anderen interessanten Klang. Es liegt mir natürlich vollkommen fern, die anderen Stufen stiefmütterlich zu behandeln, aber ein besonderes Augenmerk möchte ich heute auf die Skala der dritten Stufe richtigen, die maj7#5/#11 Pentatonik.
Hier zunächst einmal die Fingersätze. Zugegebenermaßen liegen sie nicht so schön in der Hand wie unsere anderen Pentakollegen, aber der Sound ist der Mühe wert – und man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben!
Was jetzt kommt, kennt ihr ja bereits – wir üben alle gerade präsentierten Fingersätze mit unseren zwei-, drei- und viertönigen Zerlegungen in jeweils vier Bewegungsrichtungen. Abgesehen vom Singlenote-Spiel macht es aber auch durchaus Sinn, Pentadreiklänge zu üben, denn so bereichert ihr euer Akkordvokabular um viele coole Voicings.
Da die Fingerings etwas komplexer sind, habe ich euch die Übungen exemplarisch an einem Fingersatz aufgeschrieben – aufsteigend, absteigend und in beiden „Zickzack–Richtungen“:
Hier zuerst die zweitönigen Bausteine:
Natürlich haben wir auch bei diesen Fingersätzen die Möglichkeit, verschiedene Rhythmisierungen durchzuprobieren. Und zwar so, wie wir es schon in der ersten Workshop-Folge in unser Übungsprogramm aufgenommen haben, sprich, zwei- und viertönige Bausteine auch in triolischer Rhythmik, bzw. dreitönige Bausteine auch in Achtel- oder Sechzehntelrhythmik zu spielen.
Und auch die nächste Herangehensweise ist mittlerweile Standard für das Erlernen neuer Skalen-Typen: Um in allen Tonarten fit zu werden, bedienen wir uns einer 12-Tonreihe. Jeder der angegeben Töne kann als Grundton der jeweils zu trainierenden Skala fungieren. Wir wählen auf der Gitarre eine Lage aus und spielen die Tonleiter durch die einzelnen Tonarten der Reihe, ohne dabei unsere gewählte Lage zu verlassen:
G C# A Eb F Bb G# C E B F D F# Ab
Um unsere maj7#5#11 Pentatonik tonal noch flexibler zu machen, bietet sich folgende Übung an, die ihr ebenfalls schon aus der letzten Folge kennt, hier mit unserer neu gewonnenen Penta:
Der in Buchstabensymbolik notierte Ton legt unsere Tonart fest, wohingegen die Note im Notensystem den Startton unserer Penta angibt. Auch hier haben wir wieder nach Beendigung der Übung jede maj7#5#11 Penta von jedem Startton aus einmal gespielt, und das in allen zwölf Tonarten.
So viel zu den Basic-Übungen. So richtig ausschöpfen lässt sich das Potenzial dieser neuen Struktur aber erst, wenn wir wissen, über welchen Akkorden sie zum Einsatz kommen kann.
Das ist hier denkbar einfach, denn in Melodisch Moll können wir unsere neue Pentatonik über jedem diatonischen Akkord anwenden. Allerdings müssen wir wissen, auf welcher Stufe wir uns bedienen müssen.
Verschaffen wir uns zuerst einmal einen Überblick. Wie immer bezieht sich die jeweilige Stufenbezeichung (in der mittleren Spalte) auch hier wieder auf den zu bedienenden Akkord. So würde man über einem A Moll maj7 Akkord (erste Zeile der Tabelle) beispielsweise die C Maj7#5#11 Pentatonik spielen, denn C ist die kleine Terz von A (bIII).
Akkord
Maj7#5#11 Penta auf Stufe
Sound
Moll maj 7
bIII
Melodisch Moll
Moll 7
bII
Dorisch b9
maj7#5
I
Lydian augmented
Dom7
bVII
Mixo #11
Dom7
bVI
Mixo b13
m7b5
bV/#IV
Lokrisch 9
(m7b5) Dom7 alteriert
III
Alteriert
Das ist jetzt schon eine ziemliche Fülle an Möglichkeiten. Ich will es euch leicht machen und ein paar Sounds auswählen, für die es im Jazz/Rock/Fusion-Genre reichlich Verwendung gibt.
Akkord
Maj7#5#11 Penta auf Stufe
Sound/ Verwendung
Moll maj7
bIII
Der typische Melodisch Moll Sound. Klingt auch super über „normalen“ m7 Akkorden, wenn man etwas Spannung erzeugen will, spitzenmäßig anzuwenden, bei längeren Soli über Mollakkorden
Dom7
bVII (für mixo #11 – Sound)
Klingt sehr gut über jegliche Dominantseptakkorde (auch bei Improvisationen im Bluesschema)
III (für alterierten Sound)
Die Verwendung wäre hier klassischerweise über Dominanten, die nach Moll führen. Funktioniert aber auch, wenn die Auflösung in einen Durakkord erfolgt.
m7b5
bV bzw. #IV
Funktioniert generell über halbverminderten Akkorden im II – V bzw. II – V – I nach Moll oder Dur Kontext
Ich weiß, dass ein Großteil der obigen Akkord- und Stufenbezeichnungen schnell den Eindruck erweckt, dass sich der Einsatzbereich unserer neue Pentatonik auf Jazz und jazzverwandte Musik beschränkt, das ist jedoch mitnichten der Fall. Vielleicht gibt es in eurer Stadt auch noch den einen oder anderen kleinen Club, in dem einmal pro Woche Funk, Rock usw. Sessions stattfinden. Oft findet man in solchen spontanen Session-Situationen das Szenario, dass über sehr lange Zeit auf einem Akkord gejammt wird. Und je weniger Bewegung in der Harmonie ist, desto schwieriger wird es natürlich für den Solisten, seine Improvisation interessant zu gestalten. Eine große Auswahl an Solomaterial, und damit auch an Sounds, erleichtert diese Aufgabe natürlich enorm (auch wenn ich nicht sagen will, dass das alleine ein interessantes Solo ausmacht, dazu gehören natürlich auch Aufbau, Dynamik, etc.). Mit der maj7#5#11 Penta ist es auf jeden Fall möglich, Sounds zu kreieren, die einen sehr hohen Spannungsgrad erzeugen, ohne dabei „falsch“ oder extrem abgehoben zu klingen.
Aus diesem Grund möchte ich euch zuerst ein paar Beispiel-Jamtracks anbieten, die sich über einem sogenannten steady Akkordgroove bewegen:Beginnen wir mit einem Funkgroove in Dur, in diesem Fall über einem D7-AkkordIn der nachfolgenden Tabelle stelle ich euch die Fülle an Solomaterial vor, die ihr über diesem einen Akkord zur Verfügung habt:
Akkord
Pentas
D7
Dm
Bm
F#m7b5
Cmaj7#5#11
Hier mal ein Beispiel von mir, wie das Ganze in der Praxis eingesetzt klingen kann. Die Pentatoniken habe ich übrigens in exakt der Reihenfolge verwendet, die ihr in der Tabelle findet:
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D7-Beispiel
Und für euch zum Jammen:
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D7-Jamtrack
Der nächste Funk-Jamtrack basiert auf einem Moll-7-Akkord, nämlich Am7.
Das zur Verfügung stehende Ton-Material ist:
Akkord
Pentas
Am7
Am
Em
F#m7b5
Cmaj7#5#11
Und das Ganze in der Praxis. Erst ich …
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Am7-Beispiel
Und jetzt dürft ihr euch ausprobieren:
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Am7-Jamtrack
Soviel zu den One-Chord-Vamps. Schauen wir uns jetzt einmal den Einsatz der Scales über einer I – VI – II – V- Kadenz an, die ich euch ja bereits in der letzten Folge vorgestellt habe.
Wenn wir uns die Tabelle mit den Akkorden und Pentas, die ich euch in der letzten Workshop-Folge an die Hand gegeben habe, noch einmal zur Brust nehmen, werden wir feststellen, dass die Skalen-Vorschläge auch hier nach wie vor bestens funktionieren. Allerdings lassen sich unsere Spalten um die eine oder andere Möglichkeit erweitern.
Beginnen wir mit der I-VI-II-V in Dur:
Cmaj7
A7alt
Dm7
G7
Am Penta
Cm Penta
Dm Penta
Em Penta
Em Penta
Gm7b5 Penta
Am Penta
Bm7b5 Penta
C#maj7#5#11 Penta
Bmaj7#5#11Penta
Hier noch mal der Jamtrack dazu. In der Impro habe ich versucht, die maj7#5#11 Penta so häufig wie möglich ins Spiel zu bringen.
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maj7#5#11-Beispiel
Und hier der gleiche Track zum Jammen für euch:
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maj7#5#11-Jamtrack
Und so stellt sich das Ganze für eine Moll I – VI – II – V Kadenz dar:
Cm7
Am7b5
Dm7b5
G7alt
Cm Penta
Dm Penta
Gm Penta
Bbm Penta
Gm Penta
Am7b5 Penta
Dm7b5 Penta
Fm7b5 Penta
Ebmaj7#5#11 Penta
Ebmaj7#5#11 Penta
Abmaj7#5#11 Penta
Bmaj7#5#11 Penta
Zuerst eine Impro von mir:
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Mollkadenz-Beispiel
Und der passende Jamtrack für eure Experimente:
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Mollkadenz-Jamtrack
So, das war’s für heute. In der nächsten und letzten Folge dieser Reihe werde ich euch noch ein paar Tipps und Tricks zum Thema In- und Outsideplaying mit der Pentatonik an die Hand geben bzw. erklären, wie man sich als Solist Freiräume schaffen kann, um in einer längeren Improvisation über einem Akkord für Überraschung und Spannung zu sorgen.
In diesem Sinne viel Erfolg und alles Gute,
Haiko
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