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SE Electronics SE4 Test

Das SE Electronics SE4 im bonedo-Test – Das Kleinmembran-Mikrofonset SE Electronics SE4 hat zum Review bei bonedo seine Kondensatorkapseln in die Luft gereckt, um sich optisch ins richtige Bild zu setzen. Und das nicht gerade duckmäuserisch, denn durch die gelochten (statt wie sonst meist geschlitzten) seitlichen Kapselöffungen und die umlaufende graue Gummimanschette mit dem auffälligen SE-Logo buhlen die beiden Kandidaten doch deutlich um Aufmerksamkeit. Haben sie das nötig? Müssen irgendwelche klanglichen Defizite damit kaschiert werden?

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Mikrofone von SE Electronics geistern erst seit diesem Jahrtausend durch die Welt, haben aber durchaus ihre Bekanntheit erlangt. Das chinesische Unternehmen hat es sich auf die Fahnen geschrieben, durch Klangqualität zu überzeugen und setzt auf eigene Fertigung, nicht automatisiert hergestellte Kapseln und eine umfangreiche Qualitätskontrolle. Und auf der Webseite heißt es: “It´s all about the mics – not the marketing”.

Details

Modular

Bei den SE4-Mikrofonen von SE Electronics handelt es sich um ein Modularsystem. In der Stereoversion haben die Bodys Nierenhüte auf, es lassen sich aber auch Kapselpärchen hinzukaufen, bei Bedarf ein Viererpack aus zwei Hypernieren und zwei Kugeln. Die Aussparungen für die zusätzlichen Kapseln sind bereits im Schaumstoff des Stereoset-Koffers reserviert. In weiteren Mulden stecken erstaunlich große elastische Mikrofonhalter, die eher Spinnen für Großmembran-Kondensatormikrofonen ähneln, und eine Stereoschiene ist ebenfalls mit von der Partie.

Fotostrecke: 3 Bilder Die mitgelieferten Nierenkapseln können abgenommen werden.

Höhen-Boost

Der Frequenzgang ist mit den allgegenwärtigen 20 Hz – 20 kHz angegeben. Im grafischen, stark geglätteten Standardfrequenzgang neigt sich die Basswiedergabe erst unterhalb von 50 Hz nach unten. Ein zuschaltbares Trittschalfilter kann diesen Vorgang jedoch deutlich beschleunigen. Die Abstimmung in den Höhen ist typisch für die Lower- und Midrange an Kleinmembran-Kondensatormikrofonen, weist sie doch eine Erhöhung um etwa 12 kHz auf.

Zweistufige Vordämpfung

Mit 15 dB(A) (andere Quellen, auch SE Electronics, sprechen von 14) geht das Eigenrauschen nominell in Ordnung, die Zerrgrenze wird für ein halbes Prozent Verzerrungsprodukte mit 127 dB SPL angegeben – ein durchaus normaler Wert. Dieser kann mit Schaltfunktionen um 10 oder sogar um 20 Dezibel erhöht werden, da es an einem SE4 ein zweistufiges Pad gibt. Warum dieses seine Neutralstellung in der Mitte statt an einer der beiden Seiten hat, ist mir nicht ganz klar, aber natürlich auch überhaupt nicht tragisch. Ob die Nierenkapseln ihre Kondensatorvorspannung aus der zum Betrieb in jedem Falle notwendigen 48V-Phantomspeisung aufbauen oder ob die Backplate dauerpolarisiert ist, erfährt man in den Unterlagen nicht, wohl aber, dass die Empfindlichkeit der 200-Ohm-Mikrofone bei 12,5 mV/Pa liegt.

Fotostrecke: 3 Bilder Die verschraubte Membran ist nur durch ein feines Metallgitter geschützt.

Drei Jahre Garantie

Die Sicht auf die Einsprechachse erlaubt durch die Metallmaschen den Blick auf die goldbedampfte Membran, die etwas versetzt und somit geschützt in der Kapsel kauert. Die Einspannung ist verschraubt und nicht geklebt oder geklemmt, was einen Austausch des feinen Häutchens im Servicefall deutlich vereinfachen sollte. Bei SE Electronics scheint man damit jedoch nicht so schnell zu rechnen und gibt eine dreijährige “Zero Downtime”-Garantie auf die Produkte.

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Praxis

Ich habe eine Abneigung gegen die SE4. Sie gefallen mir nicht, rein optisch. Mir sind sie zu grobschlächtig und zu plump, das Design, die Oberflächen und die Gravierungen der großkalibrigen Stäbe wirken recht lieblos. Doch mit dem Aussehen von Werkzeug ist es genauso wie mit der Reputation seiner Marke: Wenn es das richtige Ergebnis liefert, dann ist alles gut. So können ja auch die unorthodoxesten Kombinationen von Mikrofonauswahl und Positionierung grandios klingen. Und Schönheit liegt ja auch im Auge des Betrachters. Ihr merkt beim Lesen anhand der einsetzenden Überleitung sicher schon, wohin die Reise geht: Klanglich gibt es wenig an ihnen auszusetzen, sie liefern in der Mittelklasse der 42 getesteten Kleinmembran-Kondenser ein wirklich ordentliches Bild!

SE4 "bei der Maloche" in der SAE Bochum
SE4 “bei der Maloche” in der SAE Bochum

Anders als bei vielen gleichteuren, preiswerten (und sogar teureren!) Mikrofonpärchen gibt es keine Eigenschaft, die schnell heraussticht und stören würde. Ebenfalls auf den ersten Blick nicht vorhanden ist irgendeine Art von Charakter, was für Kleinmembraner eine meist gewünschte Eigenschaft ist (quasi die Eigenschaft, eigenschaftslos zu sein). Das steht zwar im deutlichen Gegensatz zum polterigen Äußeren, doch es macht die SE4 zu guten Allroundern. Dafür spricht noch mehr, nämlich ihre Ausstattung mit Vordämpfung und das sauber arbeitende Hochpassfilter. Zudem kann bei Bedarf der Body mit Kapseln anderer Richtcharakteristiken bestückt werden, wenn höhere Richtwirkung oder die generellen Eigenschaften eines Druckempfängers gefragt sind.
Über den grünen Klee allerdings kann man die Kleinmembraner von SE Electronics auch nicht loben. So zeigen sich deutliche Unterschiede in den absoluten Höhen zu den teureren Mikrofonen, was wohl in erster Linie an der leichten Übermacht des etwas tiefer liegenden Frequenzbandes liegt. Das letzte Stückchen Offenheit fehlt den SE4 ebenfalls, denn sie tendieren zu einer Verdichtung des Signals. Doch glücklicherweise zeigt sich diese nicht sehr frequenzabhängig und springt bei keinem Pegel. Das klingt eher wie ein Kompressor mit einer Ratio von 1,1:1, minimalen Zeitparametern und einem Threshold von -∞. Erkennbar ist das im Beispielfile besonders an den Einschwingvorgängen der Gitarre.

Audio Samples
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SE Electronics SE4 Referenz Schoeps CMC-64

Einen Haken kann man hinter das Rauschverhalten des Sets machen, denn es ist gering, konstant, homogen und bei beiden Mikrofonen identisch. Das Matching des Frequenzgangs bietet ebenfalls kein Anlass zum Stirnrunzeln. Nicht zuletzt dadurch entsteht ein klar gezeichnetes und plastisches Stereobild.

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Fazit

Natürlich finde ich fast immer etwas zu meckern und kann auch kleinste Angriffspunkte für Kritik nutzen, aber das will ich nicht und werde ich nicht. Sicher gibt es eine Liste mit Wünschen für das SE Electronics SE4, doch ist diese in kleiner Schrift mit dünnem, weichem Bleistift geschrieben. Schließlich müsste ich mir sonst die Frage gefallen lassen, wie um alles in der Welt man hier verbessern könnte, ohne den Preis nach oben zu schrauben. Und tatsächlich: Für einen wirklich fairen Preis erhält man mit den SE4 ein Stereopärchen Kondensatormikrofone mit kleiner Membran, das absolut vernünftig und zuverlässig klingt und in den typischen Situationen für diese Mikrofonbauform einen wirklich guten Job abliefert. Dass ich die Mikros nicht besonders sexy finde – geschenkt! Sie klingen einfach ordentlich!

Pro
  • sehr ausgewogener Klang
  • flexibel einsetzbar
  • Preis-Leistungsverhältnis
Contra
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Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 12,5 mV/Pa
  • THD+N: 15 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 127 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Vordämpfung: 10 dB, 20 dB
  • Preis (Paar): 633,- € (UVP)
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • sehr ausgewogener Klang
  • flexibel einsetzbar
  • Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • -
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SE Electronics SE4 Test
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