sE Electronics Reflexion Filter Pro 10th Anniversary Edition Test

Seit 10 Jahren hilft der sE Electronics Reflexion Filter Pro bei der Durchführung mobiler Mikrofonaufnahmen.

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Das feiert die britisch-chinesische Firma mit einer limitierten „10th Anniversary Edition“, die auf weltweit 1000 Exemplare begrenzt ist. Mit ihr soll im (Home)-Studio nicht nur ohne störende Reflexionen aufgezeichnet werden, sondern auch noch ein wenig Glamour aufkommen.
Nachdem sE Electronics mit dem weitaus teureren „Space“-Absorber und der günstigeren Alternative „RF-X“ die Preisgrenzen nach oben und unten abgesteckt haben, bewegt sich die Jubelausgabe des Reflexion Filter Pro preislich leicht oberhalb der Standard-Ausführung. Was aber rechtfertigt seinen höheren Preis? Im Test schauen wir uns Ausstattung, Fertigung und Handhabung der Jubiläumsausgabe mal etwas genauer an und hören selbstverständlich auch in die Wirkung des Reflexionsfilters hinein.

Details

Auftritt

Der Kaufpreis für die Nicht-Jubiläums-Ausgabe des Reflexion Filter Pro schlägt mit 260,61 Euro zu Buche. Überraschenderweise liegt die UVP der hier getesteten Anniversary Edition mit 236,81 Euro ein wenig darunter. Und noch überraschender, sieht die Lage beim Straßenpreis gerade andersherum aus: In den gängigen Shops ist die neue schwarz-rote Version teurer als ihr Serien-Pendant. Durch dieses Preiswirrwarr soll jemand durchblicken… Meine Schlussfolgerung lautet daher, dass es sich in jedem Fall lohnt, die Preise der verschiedenen Händler vor Ort wie auch online zu vergleichen.
Das erforderliche Budget liegt für ein Reflexionsfilter so oder so im mittleren Bereich. Ist es erst investiert, erhalte ich als Käufer einen durch und durch sicher verpackten Akustikschirm. Wie ihr in der Fotostrecke sehen könnt, ist vor allem das Halterungssystem des Schirms für den Transport gut gesichert. Es befindet sich in einem separaten Innenkarton und wird auch darin noch fixiert. Außerdem finden sich ein Schraubenschlüssel und ein „Zertifikat“ im Lieferumfang. OK, zugegebenermaßen greift der Hersteller mit dem im Stile einer Urkunde angelegten Blatt vielleicht etwas hoch. Denn auf dem „Zertifikat“ findet sich weder eine Seriennummer noch eine fortlaufende Nummer zwischen 1 und 1000. Und auch die Unterschrift des Firmengründers und der Firmenstempel sind wohl eher aufgedruckt als handschriftlich aufgebracht und gestempelt. Zumindest dieses Gimmick hätte man sich also getrost schenken können. Funktioniert doch das In-Wert-Setzen einer Urkunde gerade durch Personalisierung… Aber Schwamm drüber, werfen wir einen Blick auf die Neuerungen, die der Schirm zu bieten hat.

Fotostrecke: 5 Bilder Dies befindet sich im Karton der Anniversary Edition.

Besonderheiten der Jubiläumsausgabe

sE Electronics werben damit, dass mit ihren Reflexionsfiltern in Homerecording-Umgebungen auch bei ungünstigen Bedingungen der Raumakustik „trockene“ Aufnahmen möglich sein sollen. So sollen Reflexionen und Nebengeräusche deutlich vermindert werden. Die neue Version des Akustikschirms soll dabei noch effektiver zu Werke gehen und auch robuster sein als das Standardmodell. So wurde etwa das Befestigungssystem komplett überarbeitet. Nach dem Vorbild praxiserprobter Drum-Racks setzt man auf eine nahezu vollständig aus Metall gefertigte Konstruktion. Noch davor fällt aber die neue Optik ins Auge: Unter einem Lochgitter aus mattschwarz lackiertem Aluminium lugt in edlem Rot die äußere Dämmschicht hindurch. Eine Metallplatte samt graviertem Hersteller-Logo weist darauf hin, dass es sich hier um eine limitierte Jubiläumsversion handelt. 

Fotostrecke: 3 Bilder Eine schwarze Aluminium-Lochplatte mit rot durchschimmerndem Absorptionsmaterial umgibt den Schirm von außen.

Was ist neu?

Neu ist aber vor allem die Konstruktion der Halterungs des Reflexionsfilters. Sie wurde vom Top-Produkt RF Space abgeschaut und soll nun eine einfachere und Befestigung und Ausrichtung von Schirm und Mikrofon ermöglichen. Aber auch Besitzer des herkömmlichen, serienmäßigen RF Pro von sE Electronics können sich freuen. Die neue Halterungs-Konstruktion des RF Pro 10 AE ist auch separat erhältlich, sodass bereits angeschaffte Filter mühelos nachgerüstet werden können.

Fotostrecke: 6 Bilder Echte Seltenheit: Ein vollwertiger Schraubenschlüssel aus Stahl gehört zum Lieferumfang.

Aufbau

Die spezielle Zusammensetzung der verschiedenen Layer des RF Pro-Schirms haben sich sE Electronics patentieren lassen. Hinter der lackierten äußeren Aluminium-Lochplatte, die als Diffusor agiert, befindet sich zunächst eine Schicht aus Akustikdämmwolle. Die nächste Schicht besteht aus einer gespannten Aluminiumfolie, die als diffundierende Membran wirken soll. Hinter einer isolierenden Luftschicht kommt eine zweite Membran zum Einsatz, bevor eine weitere Absorberschicht aus Akustikwolle zusätzlich dämmen soll. Ein Polykarbonat-Diffusor samt isolierender asymmetrischer Luftkammern verrichtet dahinter seinen Dienst. Eine ebenfalls patentierte Akustikfaserplatte aus Polyester bildet den inneren Abschluss. Ich bin gespannt, wie sich diese hoch angepriesene Zusammenstellung zusammen mit dem verbesserten Halterungs-Modul in der Praxis schlägt…

Praxis

Verarbeitung & Handling

Machen wir uns also auf an den Praxis-Check des sE Electronics Reflexion Filter Pro 10th Anniversary Edition. Auch wenn es vielleicht etwas kleinlich wirkt: Entgegen dem Werbeversprechen, dass die gesamte Konstruktion aus Metall gefertigt sei, sind die Kappen einzelner Feststellschrauben aus Plastik. Und auch die Haupt-Halteklammer zur Stativbefestigung besteht aus einem Plastikblock. Zugutehalten muss man sE Electronics dagegen das Finish der Einzelteile: Alle Metallelemente sind entweder mit schwarzem Schutzlack überzogen (Schirm) oder zumindest aus brüniertem Stahl (Haltemechanismus). Beide Verfahren dienen als Korrosionsschutz und sorgen zudem für einen edlen Auftritt.

sE Electronics' Filter während des Tests
sE Electronics’ Filter während des Tests

Die Handhabung des Filters ist dabei stets einfach. Alle Flügel- und sonstigen Arretierschrauben sind einfach zu bedienen, da ohne Werkzeug festzuziehen und zu lockern. Der Schirm kann vertikal verstellt und stufenlos ohne jegliche Begrenzung in Gänze diagonal gekippt werden. Schirm und Mikrofonschiene lassen sich unabhängig voneinander in der Horizontalen schwenken. Außerdem lässt sich die Höhenausrichtung des Schirms an die jeweilige Mikrofongröße anpassen. Die Variationen sind hier wirklich enorm und lassen kaum Wünsche offen. Die einzige Justiermöglichkeit, die mir im Test fehlt, ist eine vertikale Neigung der Horizontalschiene. Denn bei manchen Mikrofonspinnen lässt sich das Mikrofon ansonsten nicht vollständig aufrecht positionieren (Im Test ein Brauner Phantom AE).

Sound des Reflexion Filters

Nichts ist so wirksam wie ein Hörtest. Daher checke ich den RF Pro 10 AE mit verschiedenen Mikrofonen und Richtcharakteristiken in unterschiedlichen Hörumgebungen. Der Einfluss des Absorbers/Diffusors sollte dabei selbstverständlich nicht im Direktsignal zu hören sein, sondern sich auf frühe Reflexionen, Echos und so weiter auswirken. Hören wir uns einmal die Wirkung des Filters an. Dazu mache ich für Euch zwei Gesangsaufnahmen in der Mitte eines 4 qm großen gekachelten Raums mit deftigen frühen Reflexionen. Zum einen nutze ich ein fein auflösendes Kondensatormikrofon der gehobenen Mittelklasse mit gängiger Nierencharakteristik (Brauner Phantom AE). Das Mikrofon platziere ich dabei im hinteren Viertel der horizontalen Befestigungsschiene. Dadurch soll gewährleistet sein, dass der Schirm hoffentlich die Nierencharakteristik des Mikrofons unterstützt. Und grobe rückwärtige Schalleinflüsse durch das Reflexionsfilter selbst können wir aufgrund der Richtcharakteristik des Mikrofons weitgehend ausschließen. Außerdem führe ich die gleiche Aufnahme noch einmal an genau derselben Stelle ohne den RF-Schirm durch. Der Hörvergleich zeigt, dass das mit dem sE Electronics-Schirm aufgezeichnete Signal durchaus „trockener“ ist, ohne jedoch dramatisch anders zu klingen. Am deutlichsten wird der Unterscheid an lauten Stellen, die entsprechend starke Raumreflexionen mit sich bringen. Außerdem wirkt das Signal auf mich ein wenig komprimierter, der Nahbesprechungseffekt scheint ein wenig deutlicher zum Tragen zu kommen.

Audio Samples
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Niere, wenig reflektiver Raum, ohne RF Niere, wenig reflektiver Raum, mit RF Niere, stark reflektiver Raum, ohne RF Niere, stark reflektiver Raum, mit RF

Nun geht es ans Eingemachte: In eben jenem Raum mit kräftigen frühen Reflexionen nutze ich die Kugelcharakteristik eines gängigen Low-Budget-Mikrofons (Behringer C-2 Pro) für die Probe auf’s Exempel. Der übrige Testaufbau ist identisch. OK, wer ein Reflexionsfilter einsetzt, wird in der Praxis eher selten auf eine Kugelcharakteristik zurückgreifen. Für Testzwecke dürfte uns das Hörergebnis allerdings gute Infos über die Wirksamkeit des Filters offenbaren. Und tatsächlich ist die Wirkung des Filters hier deutlich zu hören. Das mit der Kugelcharakteristik aufgezeichnete Signal klingt typisch offen und fängt die Reflexionen des gekachelten Raums wunderbar ein. In Verbindung mit dem RF Pro 10 AE ist der Reflexionsanteil dagegen geringer und auf ein angenehmes Maß reduziert, so dass die Sprachverständlichkeit der Vocal-Aufnahme verbessert wird.

Audio Samples
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Kugel, stark reflektiver Raum, ohne RF Kugel, stark reflektiver Raum, mit RF

Den gleichen Aufbau für Nieren- und Kugelcharakteristik teste ich auch beim Einsatz des Reflexionsfilters in der Mitte eines ordentlich bedämpften Raums. Wer also seine Vocal-Recordings in einem Wohn- oder Schlafzimmer durchführt, kann in diese Audiobeispiele hineinhören, um sich eine erste Meinung über die Wirkung des Filters zu machen. Hier machen die Hörbeispiele für mich deutlich, dass die Wirkung des Filters beim Einsatz einer Nierencharakteristik doch eher marginal ist. Wer über einen einigermaßen bedämpften Raum verfügt, muss deshalb fürs Recording wirklich das Letzte aus seiner Location herausholen wollen, soll sich der Einsatz des mobilen Diffusors/Absorbers für ihn lohnen. Deutlicher wird der Einfluss der Jubiläums-Edition des Reflexion Filter Pro auch hier wieder, sobald ein Mikrofon mit Kugelcharakteristik zum Einsatz kommt. Durch den Schirm des RF Pro 10 AE entsteht sogar so etwas wie ein künstlicher rückwärtiger Druckstau, der sich in einer Art Nahbesprechungseffekt äußert – wohlgemerkt bei einer Kugelcharakteristik(!). Diesen speziellen Klang muss man daher schon mögen und/oder gezielt wollen. Zumindest sollte klar sein, dass dieser Effekt auftreten kann.

Audio Samples
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Kugel, wenig reflektiver Raum, ohne RF Kugel, wenig reflektiver Raum, mit RF

Fazit

In Sachen Effektivität scheiden sich bei Reflexionsfiltern häufig die Geister. In unserem Test-Setting kann der sE Electronics Reflexion Filter Pro 10th Anniversary Edition zeigen, dass er in der Lage ist, den Einfluss von Raumreflexionen auf Mikrofonaufnahmen in gewissem Maße zu minimieren. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um einen lebhaften, nahezu unbedämpften Raum handelt und nicht gerade ein Mikrofon mit Nierencharakteristik verwendet wird. Auch wenn die Wirkung des sE Electronics RF Pro 10 AE in bedämpften Räumen nicht gravierend ist, lässt er sich gut als Mittel zur klanglichen Gestaltung von Mikrofonsignalen einsetzen, beispielsweise um bei der Aufnahme mit einer Kugelcharakteristik in einem lebhaften Raum die frühen Reflexionen ein wenig zu minimieren. Fraglos lässt sich das Filter auch gut zur besseren Trennung von Signalen bei simultaner Mehrfachmikrofonierung (beispielsweise von Satzgesang) einsetzen.
Mit der 10th Anniversary Edition des Reflexion Filter Pro machen sE Electronics daher vieles, wenn nicht gar fast alles richtig. Der Akustikschirm liegt in einem noch erschwinglichen Rahmen, bietet eine erstklassige Optik und gönnt dem Mittelklasse Absorber/Diffusor wichtige Montage-Features des Top-Produkts Space. Design, Verarbeitung und Handling des RF Pro AE sind absolut gelungen. Das betrifft Farbgebung, Korrosionsschutz, Flexibilität und Handhabung. Zusammen mit der Gewissheit, ein auf 1000 Exemplare limitiertes Stück Studio-Inventar anzuschaffen, wird daher so mancher Recording-Fan zurecht in Versuchung kommen, sich diese schwarz-rote Schönheit anzuschaffen. Der Mehrpreis gegenüber der Standardausführung erscheint dabei durchaus gerechtfertigt. Besitzer der regulären Ausgabe des Akustikschirms können allerdings ins Nachdenken kommen, ihren Schirm mit der separat erhältlichen neuen Halterung nachzurüsten. Da ich in meiner Bewertung keine 3,75 Sterne vergeben kann, runde ich einfach auf 4 Sterne auf und sage: Wer den RF Pro 10 AE nicht als massiven Diffusor/Absorber, sondern als gutes zusätzliches Tool zur Klanggestaltung versteht, wird mit diesem toll gefertigten, flexiblen Akustikschirm sicher viel Freude haben.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • tolles Design
  • gute Verarbeitung
  • sehr flexibel justierbar
  • Mittel zur Klanggestaltung bei Mikrofonaufnahmen
Contra
  • dezente Wirkung
Artikelbild
sE Electronics Reflexion Filter Pro 10th Anniversary Edition Test
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Features & Spezifikationen

  • 6-lagige Reflexionsdämmung
  • Aluminium-Lochgitter
  • Stativhalterung
  • Reduziergewinde
  • Schraubenschlüssel
  • Maße (max.): 390 mm x 200 mm x 320 mm (B x H x T ohne Stativhalterung)

Preis € 199,– (UVP)

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