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Roland A-88MKII Test

Viele Tasten sind gut – noch mehr Tasten sind besser. Bevorzugt hat der/die Keyboardspieler/in entsprechend gerne die volle Reichweite von 88 Tasten unter den Fingern. Und wenn es darum geht expressive Piano-Passagen einzuspielen, dann sollten die Tasten am besten direkt auch noch anständig gewichtet sein. Nicht immer hat man im modernen Projektstudio aber den Platz, sich dafür ein vollwertiges Digitalpiano zu holen, was umso weniger Sinn macht, wenn man weiß, dass man die Sounds ohnehin aus dem Rechner kommen lässt. Eine ideale Lösung stellt hier das Masterkeyboard dar. Und genau diese Anwender wollen Roland mit ihrer zweiten Auflage des A-88 MIDI-Keyboards – kenntlich gemacht durch ein angehängtes „MKII“ – ansprechen. Da der Begriff „Masterkeyboard“ nicht mehr den modernen Sprachgeflogenheiten entspricht, betiteln Roland das A-88MKII neuzeitlich als „MIDI Keyboard Controller“ – wir sind gespannt.

Das Roland A-88MKII ist ein modernes Controller-Keyboard mit einer gut spielbaren Klaviatur und vielen Möglichkeiten.
Das Roland A-88MKII ist ein modernes Controller-Keyboard mit einer gut spielbaren Klaviatur und vielen Möglichkeiten.

Details

Aufbau

Es ist einiges, was die Roland-Entwickler dem MKII mit auf den Weg gegeben haben, was Keyboarder und Pianisten im Studio und live sicherlich gefallen dürfte, denn Roland verbauen hier ihre bewährte PHA-4-Klaviatur, die sowohl mit skalierter Gewichtung, als auch dem so genannten „Ivory Touch“ (eine etwas angeraute, dem „Grip“ von Elfenbein nachempfundene Oberfläche) aufwarten kann. Darüber hinaus finden sich eine ganze Menge moderner Funktionen, die der Praxis von DAW-Nutzern entgegenkommen: Dazu zählen acht frei zuweisbare (Program Change, CC, Note) und anschlagdynamische Trigger-Pads sowie acht ebenfalls frei adressierbare Encoder. Das alles lässt sich komfortabel über eine Editor-Software (MacOS/Windows) konfigurieren. Direkt am Gerät können bis zu drei Split-Zonen (Split, Upper 1/2, Lower) adressiert und das Gespielte (der Upper1-Zone) von einem Arpeggiator verfeinert werden. Technisch ist das A-88MKII bereits für den MIDI 2.0-Standard ausgelegt und auch die verbaute USB-C-Buchse und iOS-Kompatibilität weisen in die Zukunft. 

Auspacken

Das Roland A-88MKII erreicht mich in einer Standard-Verpackung mit Styropor-Formteilen, die – in Anbetracht der 16 kg Gewicht des Instruments – bei unsachgemäßem Transport an ihre Grenzen kommen dürften. Unser Testgerät hatte sich auf dem Weg aus Malaysia jedenfalls schon einiges an „Spiel“ in der Verpackung „erarbeitet“ und eines der Styroporstücke war gebrochen. Damit besteht grundsätzlich noch keine dringende Gefahr eines Transportschadens, aber es ist eben auch nicht ideal. Nicht vertrauenerweckend wirkt auch die rechte Kunststoff-Wange des Gehäuses, denn auch sie hat deutliches „Spiel“. Ich kann mir vorstellen, dass eine unvorsichtige ‚Stagehand‘, die hieran allzu kraftvoll zieht, in der Lage ist, sie abzubrechen und auch beim Auspacken sollte man hier nicht zu heftig daran zerren. Warum die Ingenieure hier nicht einfach zwei weitere Schrauben verwendet haben, ist mir ein Rätsel – auch und besonders, da man auf der Unterseite auf ein wahres Schrauben-Arsenal blickt. Mit in der Verpackung befinden sich eine mehrsprachige Bedienungsanleitung und zwei USB-Kabel (USB-C→ USB-C, USB-C → USB-A). Leider haben Roland auf die Zugabe eines Netzteils verzichtet, sodass man – so man denn keine Bus-powernde USB-Verbindung nutzt – ein 9-Volt Netzteil dazu kaufen muss.

Fotostrecke: 4 Bilder Wenn das A-88 MKII geliefert wird, ist ein Helfer durchaus willkommen. (Foto: Numinos)

Erster Eindruck

Da das A-88MKII mit der Zielsetzung antritt, möglichst viel Tastatur mit wenig „Drumherum“ zu liefern, damit es insbesondere im Studio platzsparend integriert werden kann, ergibt sich entsprechend eine ungewohnte Optik: Denn das Keyboard ist zwar sehr breit und mit knapp 12 cm auch erstaunlich hoch, wohingegen es in der Tiefe lediglich 27 cm beansprucht. Will sagen: Eine wohlproportionierte Schönheit ist das Roland-Masterkeyboard nicht – das will und braucht es aber auch gar nicht zu sein, denn bei ihm geht es um die rohen Fakten: Gute Tastatur mit wenig Platzbedarf und viele Kontrollmöglichkeiten.
Der Erstkontakt mit der Tastatur ist erwartungsgemäß sofort eine erfreuliche Begegnung: Hier kann Roland einfach auf die bewährte PHA-4 Komponente zurückgreifen, die auch in den Digitalpianos des Herstellers zum Einsatz kommt. Sie ist aber auch in der kleinsten Version (Concert) bereits mit einer skalierten Hammergewichtung (PHA: Progressive Hammer Action) ausgestattet, hat Druckpunktsimulation und die griffige „Ivory Feel“-Beschichtung. Da ich den Controller zum Fotografieren häufiger bewegen musste, fiel mir entsprechend auch das Fehlen von Griffmulden an der Unterseite auf: Eine kleine Einbuchtung hätte den Fingern hier schon deutlich mehr Halt geboten.

Fotostrecke: 5 Bilder Viele Tasten: Das A-88MKII in ganzer Pracht. (Foto: Numinos)

Anschlüsse zur Außenwelt

Auf der Rückseite geht es aufgeräumt zu, es finden sich: Ein DIN-MIDI-In/Out-Duo, eine USB-C-Buchse, drei Klinkenbuchsen (Damper, FC 1/2), sowie eine Strombuchse. Dass sich Roland dazu entschlossen haben, ausschließlich USB-C zum Einsatz zu bringen ist natürlich in gewisser Weise konsequent in die Zukunft gedacht. Dennoch hätte ich hier gerne auch eine „alte“ USB-B-Buchse gesehen, denn die entsprechenden Kabel liegen in jedem Studio und immer in Reichweite irgendwo herum, ein USB A-auf-C-Adapterkabel muss man da schon eher mal suchen.

Die Anschluss-Sektion des A-88MK2. (Foto: Numinos)
Die Anschluss-Sektion des A-88MK2. (Foto: Numinos)
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Praxis

Tastatur und Spielgefühl

Zur Klaviatur habe ich im Grunde in meinem ersten Eindruck schon fast alles gesagt: Sie ist ziemlich klasse. Tatsächlich ist es immer wieder erstaunlich, wie nuancierter das eigene Spiel doch wird, wenn man den exquisiten 2-Gigabyte-Sample-Flügel nicht über eine einfache 5-Oktaven-Synth-Tastatur, sondern über eine„richtige“ Klaviatur, wie die des Roland A-88MKII bedient. Was vielen Keyboardern oft nicht auffällt: Auch die Größe der Tasten macht einen Unterschied. Während viele Synthesizer hier im Bereich von 13,5 bis 14,5 cm operieren, sind es beim PHA-4-Keyboard eben „richtige“ Fullsize-Tasten mit 15,3 cm Tiefe und 2,2 cm in der Breite und das merkt man. Um das Spielgefühl weitergehend an die persönlichen Vorlieben (und Anschlagskraft) anzupassen, lässt sich die Velocity-Kurve direkt am Gerät in sechs Stufen zwischen „Super Light“ und „Heavy“ justieren. Ein bisschen mehr „Filz“, also Bedämpfung, hätte ich persönlich mir beim Endanschlag gewünscht, denn haut man mit einem furiosen Fortissimo in die Tasten, schlagen die Finger gefühlt relativ „hart“ auf. Das ist allerdings auch der Gewohnheit geschuldet, dass ich von meiner „Fatar“-Tastatur einen ziemlich gepolsterten Endanschlag gewohnt bin – Geschmackssache.

Die PHA-4 Tastatur ist mit echten Fullsize-Tasten ausgestattet. (Foto: Numinos)
Die PHA-4 Tastatur ist mit echten Fullsize-Tasten ausgestattet. (Foto: Numinos)
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Velocity-Kurven: Heavy, Medium, Light

Ausstattung und Handhabung

Aber das A-88MKII kann als Controller-Keyboard weitaus mehr, als nur authentisches Spielgefühl zu vermitteln. Dafür verantwortlich ist die Bediensektion auf der linken Seite und die Logik des Controllers. Zunächst einmal gilt es zu wissen, dass das Controller-Keyboard sechzehn Bänke bereithält (jeweils acht im Direktzugriff, die Bänke 9-16 über Shift-Taster) in denen Controller-Mappings für die acht darunterliegenden Trigger-Pads und Dreh-Encoder gespeichert werden können. Hinzu kommt, dass die anschlagsdynamischen Triggerpads sowohl Notennummer-, Program Change- als auch Control-Change-Meldungen senden können. Sie können also als Programmumschalter, als Drum-Trigger-Pad und zum Schalten von Controller-Funktionen genutzt werden. Nicht immer fühlte ich mich hier allerdings hundertprozentig sicher, in welchem Modus ich mich gerade befinde – sprich: Ich musste häufiger visuell kontrollieren, ob nun „Prog Chg, CC oder Note“ aktiv ist und in welcher Bank ich mich denn gerade befinde. Ich denke, man ist hier gut beraten, mit der Editor-Software für jeden Modus eine bestimmte Farbe zu definieren. Ist der Program-Change-Modus aktiviert, dienen sowohl die beiden „Bank“-Taster, die Trigger-Pads sowie zwei Prev-/Next-Taster dem zügigen Navigieren im Soundvorrat externer Klangerzeuger. Ob die Triggerpads allerdings von irgendeinem Musiker jemals zum Einklopfen von Schlagzeugsounds genutzt werden, wage ich an dieser Stelle zu bezweifeln, denn für kunstvolles Finger-Drumming stehen sie schon arg eng beisammen.

Fotostrecke: 2 Bilder Fast alle Tasten des A-88MKII sind mit Shift-Funktionen belegt, dennoch findet man sich schnell zu recht. (Foto: Numinos)

Für die Konfiguration der möglichen MIDI-Kommandos, findet sich auf der Roland-Website eine schlanke, aber mächtige Editor-App (Win/Mac), mit der sich die Kontrollelemente bis ins Detail anpassen lassen. Das Einstellen der Beleuchtungs-Farbe ist hier noch die einfachste Übung. Spannender ist da schon, dass Taster wahlweise temporär oder schaltend (momentary/latch) agieren, Wertebereiche eingegrenzt oder fixiert und die Controller-Nummer frei vergeben werden können. So lassen sich Templates zur Steuerung der kompletten Studiohardware entwickeln. Auch eine Tranportsteuerung für die DAW ist so schnell angelegt. Darüber hinaus, können hier auch die möglichen Split- und Layer-Zonen definiert werden. Die Flexibilität, die man hier hat ist wirklich großartig, denn für jedes der drei Layer lässt sich – neben den Splitpunkten – separat bestimmen, welchen MIDI-Kanal und physikalischen Ausgang (MIDI und/oder USB) es ansprechen soll, und ob, und wenn ja wie weit transponiert werden soll. Auch das Senden von Controller-Meldungen lässt sich auf eine bestimmte Zone begrenzen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die schlanke kleine Editor-App macht, was sie soll und ist gut zu bedienen. Sie bietet volle Kontrolle … (Foto: Numinos)

Nur in die Upper1-Zone wirksam ist der integrierte Arpeggiator, der entweder mit eingeklopftem Tempo oder der Clock der DAW folgend läuft. Das tut er wahlweise über 1 – 4 Oktaven, in vier Modi (Up, Down, Up/Down, Random) und mit einstellbarer Quantisierung (metrisch von 1/4 – 1/16, auch Triolen).

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Arpeggiator: Verschiedene Variationen

Ein kompletter Betriebszustand lässt sich dann in einem von acht Snapshot-Speicherplätzen ablegen und bei Bedarf wieder aufrufen. Überhaupt lässt sich das A-88MKII sehr flexibel und schnell an unterschiedliche Problemstellungen anpassen: Egal ob es darum geht, die Polarität eines angeschlossenen Sustain-Pedals umzukehren, zu transponieren oder zu oktavieren, oder – falls mal alles „hängt“ – den „Panic“ (alle Noten aus) -Taster zu aktivieren. Darüber hinaus beherrscht das Keyboard bereits den MIDI 2.0-Standard, der es u. a. ermöglicht Controller-Informationen mit 32-Bit und Anschlagsdynamik mit 16-Bit zu übertragen (bisher 7-Bit = 128 Werte). Testen konnten wir die erweiterte Wortbreite allerdings noch nicht, da es zum jetzigen Zeitpunkt schlicht noch keine Applikationen gibt, die damit umgehen können.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein bisschen Anlernen und schon folgt der Synthesizer brav den Encoder-Kommandos vom Roland A-88MKII. Eine Stellfläche für das iPad bietet das Masterkeyboard dagegen nicht. (Foto: Numinos)

Betrachtet man die Bauform, ist das Roland-Masterkeyboard dafür konzipiert auf einem Auszug unterhalb des Studiotischs, oder auf einem entsprechenden Ständer Platz zu finden. Das heißt: Alle zusätzlichen Gerätschaften sollen (und müssen) irgendwo abseits des A-88MKII positioniert werden. Das beginnt bei der Maus, geht weiter über externe Soundmodule bis hin zum Laptop. Im Test hätte ich mir aber an einigen Stellen gewünscht, zumindest die Maus auf der rechten Gehäuseseite ablegen zu können. Das klappt allerdings nicht, denn der Platz hier ist zu eng bemessen. Das ist wohlgemerkt kein Kritikpunkt, denn das Roland-Keyboard ist ja so konzipiert, dass es möglichst wenig Platz einnimmt. Ich erwähne es nur, damit man seine persönliche Arbeitssituation damit überdenken kann.

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Fazit

Das Roland A-88MKII vereint eine tolle Klaviatur mit durchdachten Controller-Funktionen in einem schlanken Format und ist gut an die eigenen Spielpräferenzen anpassbar. Durch die insgesamt sechzehn Bänke in denen jeweils ein kompletter Satz an Notennummer-, Programm Change- und CC-Daten für die Trigger-Pads und die acht Encoder abgelegt werden kann, lassen sich – auch und gerade unter Zuhilfenahme der Editor-Software – MIDI-Setups entwickeln, um die Studio-MIDI-Hardware im Griff zu halten. Nachteil von so viel Steuermacht: Es kann gelegentlich auch mal verwirrend sein, in welchem Modus man sich gerade befindet. Nicht ganz so flexibel sind die Ablege-Möglichkeiten auf dem Keyboard selbst, denn es gibt für Laptop, Expander, iPad oder Maus schlicht keinen Platz. Manch ein Anwender dürfte allerdings heilfroh darüber sein, das Keyboard – aufgrund der geringen Bautiefe – platzsparend unter den Studiotisch schieben zu können. Wer genau so etwas sucht, bekommt mit dem A-88MKII eine gute Klaviatur und eine ganze Menge Kontroll-Funktionen zu einem angemessenen Preis.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Gut spielbare Tastatur
  • Umfangreiche Kontrollmöglichkeiten (Note/Programm Change/CC) vom Gerät aus
  • Praktischer Editor
  • MIDI 2.0-fähig
Contra
  • Relativ hohe Bauform
  • Rechte Flanke könnte verbindlicher verschraubt sein
  • Wenig Halt beim Transport
  • Nur USB-C
  • Multiple-Modi (Note, Prg Chg, CC) gelegentlich etwas verwirrend
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Roland A-88MKII Test
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