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Rode NTR Test

Das aktive Ribbon-Mike Rode NTR bei bonedo im Test – Auf der NAMM 2015 wurde es angekündigt und auf der Musikmesse 2015 gezeigt. Wir haben das Review zum neuen Bändchenmikrofon von Rode

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. Schon die ersten Fotos des NTR sahen nach einer Besonderheit im Portfolio des Mikrofonherstellers aus, und tatsächlich: Das auffällige Mikro ist das erste Ribbon aus dem Hause Rode. Die Australier sind mit dem Bau von Kondensatormikrofonen wie dem NT2, dem NT-2000 und dem NT5 bekannt geworden, die wenigen dynamischen Mikrofone waren bislang durchweg Tauchspulenmikros. Bis jetzt.
Rodes Mikrofone haben es sich in der Mitte der Preisskala gemütlich gemacht, stellen also weder Budget- noch Boutique-Mikros her. Sie haben dadurch eine nicht unerhebliche Anhängerschaft, und das nicht nur in der Projektstudio-Branche: In vielen professionellen Tonstudios vertraut man ebenfalls auf Rode. Wie gelungen ist der Schritt mit dem NTR zu den Bändchenmikrofonen? Zumal das NTR preislich nicht allzu weit unterhalb der 1000-Euro-Grenze logiert…

Details

Aktives Ribbon

Bändchenmikrofone haben aus konzeptionellen Gründen einen sehr geringen Output. Das dünne Metallbändchen bewegt sich im Magnetfeld nur sehr wenig, die induzierte Spannung ist geringer als etwa bei Tauchspulenmikrofonen. Ein Output von 0,56 mV/Pa wie beim Coles 4038 benötigt nicht selten eine Verstärkung von fast 80 dB und muss enorm clean sein. Mit Hilfsmitteln wie dem Cloud Lifter oder dem Triton FetHead lassen sich an Phantomspeisung ausgebenden Preamps zusätzliche Verstärkungen einrichten, es gibt aber einen weiteren Weg: Einbau einer Verstärkungselektronik. Was beispielsweise Royer mit dem SF-2 erfolgreich durchgeführt hat, erfreut sich wachsender Beliebtheit. Dementsprechend muss das Rode NTR mit 48 V Speisespannung vom Mikrofonvorverstärker oder Audio-Interface versorgt werden, sonst regt sich nichts. Dafür pustet das NTR aber auch knapp 30 mV/Pa aus der XLR-Buchse. 15 dB(A) Noise sind nicht gerade viel, ein maximaler Schalldruckpegel von 130 dB(SPL) ist recht hoch, allerdings für 1% THD statt wie sonst üblicherweise für 0,5% angegeben.

Fotostrecke: 7 Bilder Wird im Mikrofon hochtransformiert: Output des Ribbon-Motors.

Absolute Höhen werden laut grafischem Frequenzgang gut übertragen

Von 20 Hz bis 20 kHz ist der Pegel-Frequenzgang des Rode NTR angegeben. Ein Blick in den zugehörigen Grafen vermittelt aber ein deutlich genaueres Bild (wenn auch keine bei Bändchen so wichtigen Messabstände angegeben sind und merkwürdigerweise nicht 1 kHz die 0dB-Referenz darstellt). Eine leichte, breitbandige Delle unterhalb der 1 kHz wird dem Signal voraussichtlich das Signal ein wenig „lockerer“ klingen lassen. Dass es im Bass dennoch zur Sache geht, davon ist auszugehen, wenn man den grafischen Frequenzgang betrachtet, zudem kann man den Bass besonders bei Ribbon-Mikrofonen sehr stark über den Abstand regeln. Um die 10 kHz herum zeigt die Linie eine deutliche „Badewanne“, dann aber wiederum eine Anhebung von mehreren dB im Air-Band. Dass ein Bändchen die absoluten Höhen derart stark überträgt, ist doch deutlich ungewöhnlich. Im Polardiagramm, also der richtungsabhängigen Empfindlichkeit, zeigt sich das Rode NTR sehr frequenzkonstant – wie fast alle Bändchenmikros.

Ruft (fast) Werte auf wie ein Kondensatormikrofon: Rodes brandneues Ribbon.
Ruft (fast) Werte auf wie ein Kondensatormikrofon: Rodes brandneues Ribbon.

Bändchen umsonst

Rode schenkt dem User ein Bändchen. Ein Bändchen, kein Bändchenmikrofon wohlgemerkt. Und gemeint ist kein einfaches Geschenk, sondern ein Austausch. Das macht Rode auch nur in dem Fall, dass das 1,8 Mikrometer dünne Aluminiumbändchen Schaden nimmt. Das Angebot gilt durch die gesamte Garantiezeit – und die beträgt satte 10 Jahre! Spitze!

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Praxis

Designstück

Ich kann mir nicht helfen: Optisch erinnert das Rode NTR an „Raumpatroullie Orion“, die schwarz-weiße Science-Fiction-Serie aus den Urzeiten der deutschen Fernsehlandschaft. Ich kann mich kaum entscheiden, ob ich das Bändchenmikrofon nun grazil und luftig oder eher bullig und grobschlächtig finden soll. Irgendwie ist es beides. Naja: Das Ding ist auffällig, und das finde ich gut. Und stabil wirkt es auf jeden Fall auch.

Spaciges Design! Das Rode NTR kann man mögen oder nicht – extravagant ist es in jedem Fall!
Spaciges Design! Das Rode NTR kann man mögen oder nicht – extravagant ist es in jedem Fall!

„Bändchen sind dumpf“ – Denkste!

Die Arbeit mit dem Mikrofon überrascht zunächst: Während man Ribbon-Mikrofone gemeinhin mit Höhenarmut assoziiert, klingt das NTR geradezu spritzig. Es ist damit höhenreicher als beispielsweise ein Royer und recht weit entfernt von den klassischen RCA/AEA- und Coles-Bändchen. Das verblüfft, freut mich aber zunächst. 

Audio Samples
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Rode NTR 15 cm Rode NTR 40 cm Rode NTR 40 cm, 45 Grad Coles 4038 40 cm Rode NTR 70 cm

Ausgangsübertrager zurückhaltend

Hingegen zu erwarten war, dass das NTR feinfühlig reagiert. Transienten werden von dem leichten Metallbändchen schön mitgenommen. Die Textur von Audiosignalen transportiert das Rode erstaunlich klar. Was sich bislang sehr positiv liest, muss es nicht zwangsläufig sein. Ich habe an ein Bändchen eine etwas andere Erwartungshaltung – für sehr saubere, klare Signale verwende ich lieber Kleinmembran-Kondensatormikrofone. Beim Rode NTR hält sich diese bei Ribbons oft auszumachende „Staubigkeit“ des Signals deutlich in Grenzen, auch die leichte Anreicherung im hochpegligen Bereich und auf den Signalspitzen der Konsonanten oder Schlaginstrumenten ist nicht in nennenswertem Umfang vorhanden. Das beliebte Reiben des Ausgangsübertragers tritt beim NTR stark in den Hintergrund. 

Das NTR zeigt verhaltenen Bändchencharakter – für manche wird das eventuell zu wenig sein.
Das NTR zeigt verhaltenen Bändchencharakter – für manche wird das eventuell zu wenig sein.

Unerwartete Talente

Einerseits ist das Mikrofon kein extremes „Charakterschwein“ wie ein Coles, dafür hat es aber ein Talent, welches man Mikros mit dem Empfänger-/Wandlerprinzip Bändchen üblicherweise zuletzt zuschreiben würde: Es ist durchaus ein Allrounder! Und das kann man von Royer, Shure und Beyerdynamic, und erst recht nicht von Coles oder AEA behaupten. Ich persönlich brauche das nicht, aber für so manchen Leser könnte das NTR das Standard-Mikrofon werden. 

Doch lieber EQ?

Ich habe aber dennoch den Eindruck, als sei die Höhenstärke des Mikrofons gezielt gezüchtet worden, weniger durch den Motor (das ist die Bändchen-Magnet-Einheit, also quasi die „Kapsel“) als durch die Aktiv-Elektronik. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein wenig wirkt es so wie ein klassisches Bändchen mit anschließendem High-Shelf-EQ. Gut, anheben oder tilten tue ich das Signal meiner 4038 auch sehr gerne, allerdings haben ich dort die EQ-Auswahl und kann alle Parameter selber steuern. 

Stabile Acht

Die Richtcharakteristik Acht ist höchst flexibel und findet ganz zu Unrecht so wenig Anwendung. Beim Rode NTR ist sie zudem sehr stabil. Das ist nicht unerheblich, denn das Verhalten auch außerhalb der Hauptachse hat bei einem Mikrofon immer enorme Auswirkungen auf den Klang, besonders, wenn Raumanteil mit aufgezeichnet wird. 

Proximity-Effekt wenig ausgeprägt

Der Bass verschwimmt nicht und bleibt konkret, das zeigt, dass das Mikrofon mit ordentlich Kenntnis designt und auf hohem Niveau gefertigt wurde. Der sonst gerne sehr starke Proximity-Effekt ist bei Rodes NTR recht schwach ausgeprägt (für ein Bändchen…). Das Signal neigt auch bei naher Besprechung nicht dazu, im „Mulm“ zu versinken. Außerdem ist das spacige Ribbon-Mikro tatsächlich recht unabhängig für Trittschall – die elastische Aufhängung tut ihren Dienst. Allerdings nervt es, die Konstruktion vor einem Transport immer wieder fixieren zu müssen.

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Preamp? Egal.

Fast schon schade ist es, dass dem NTR die Art des Preamps nicht sonderlich wichtig ist. Während man mit der Kombination mit verschiedenen Preamps (und Eingangsimpedanzen!) bei einem Coles 4038 deutliche Unterschiede wahrnehmen und den Sound steuern kann, ist dieser Umstand beim aktiven NTR kaum vorhanden. Schade auf der einen Seite, aber dafür eben auch vorhersehbarer im Ergebnis.

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Fazit

Rodes Ausflug in die Welt der nicht-runden Membranen ist gelungen. Das NTR ist ein ausgewachsenes Bändchenmikrofon, welches fast schon untypisch clean und höhenreich daherkommt. Manchem wird das zu wenig Bändchencharakter sein, mancher wird sich über die Modernität dieses Werkzeugs und die Allrounder-Fähigkeiten freuen. Verarbeitet ist das Rode NTR top, die lange Garantiezeit spricht eine klare Sprache. Mir persönlich fehlt dem Signal etwas Sexiness vielleicht auch, weil ich von einem Bändchen mehr Charakter erwarte – vor allem, wenn es so sehr danach aussieht. Das NTR ist eine gute Ingenieursleistung, bei der preislichen Nähe zu einem Coles 4038 oder einem AEA R84 würde ich aber eher zu diesen greifen. Und wer es braver mag, bekommt für deutlich weniger Geld ein Beyerdynamic M130. Sucht man ein eher zuverlässiges, unauffälliges, aktives Ribbon mit sehr guten technischen Werten: NTR kaufen. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • auffällig höhenreich für ein Ribbon
  • sehr stabile Richtwirkung
  • nicht zu stark ausgeprägter, gut kontrollierbarer Proximity-Effekt
Contra
  • etwas wenig Charakter
Artikelbild
Rode NTR Test
Für 629,00€ bei
Sehr gutes Mikrofon, manchem User vielleicht ein wenig zu farblos: Rode NTR.
Sehr gutes Mikrofon, manchem User vielleicht ein wenig zu farblos: Rode NTR.
Features und Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Acht
  • Wandlerprinzip: dynamisch (Bändchen)
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz (ca. +/-10 dB)
  • Übertragungsfaktor: 29,8 mV/Pa
  • THD+N: 15 dB(A)
  • maximaler Schalldruckpegel: 130 dB SPL (1% THD)
  • Ausgang: XLR
  • Preis: € 888,– (UVP)
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