RME MADIface Pro Test

Das portable Audiointerface, das auf dem obigen Titelbild zu sehen ist, wird vermutlich vielen bonedo-Lesern bekannt vorkommen. Und in der Tat: Beim hier getesteten RME MADIface Pro handelt es sich um nichts anderes als um ein Babyface Pro, dessen ADAT-Ports durch eine optische MADI-Schnittstelle ersetzt wurden.

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Der deutsche Hersteller RME folgt damit den Wünschen seiner Kunden und schließt in Hinblick auf mobiles MADI die Lücke zwischen dem rudimentär gehaltenen MADIface USB und dem großen MADIface XT. Mit Erfolg? Das wird sich im Test zeigen.

Details

Nicht nur für Live-Anwendungen interessant

Das MADI-Protokoll wird vor allem im Live-Sektor gerne verwendet, denn es bietet die Möglichkeit, mit einem einzelnen Kabel bis zu 64 digitale Audiokanäle über große Distanzen zu übertragen. Auf ein gleichermaßen behäbiges wie störungsanfälliges Multicore zwischen Bühne und FOH-Platz kann man im Prinzip also verzichten. Doch auch wenn für die Hauptverkabelung der traditionelle Weg gewählt wird, lässt sich MADI beispielsweise verwenden, um Einzelspuren von einem Pult abzugreifen und eine Show mitzuschneiden. Und solche Mitschnitte können nicht nur zur Weiterverwertung, sondern auch zu einem virtuellen Soundcheck genutzt werden. In diesem Fall werden die zuvor aufgenommenen Tracks wiederum an die einzelnen Kanäle eines Mischpults geleitet, was es dem FOH-Mann erlaubt, die Band bereits zu mischen, während die Musiker noch nicht einmal auf der Bühne sind.
Die Voraussetzungen dafür sind ein entsprechend ausgestattetes FOH-Pult und ein MADI-fähiges Audio-Interface – wie zum Beispiel das MADIface Pro. Allerdings kommt an dieser Stelle bereits die erste Einschränkung ans Tageslicht, denn da unser Testkandidat nur eine optische MADI-Schnittstelle bietet, lassen sich Mischpulte, die mit einer koaxialen Schnittstelle ausgestattet sind, nicht ohne weiteres anbinden. Auch wenn die optische Variante grundsätzlich vorteilhafter sein mag, wäre eine vollständige Kompatibilität natürlich wünschenswert gewesen.

Ein kleines MADI-Setup: Das MADIface Pro zusammen mit einem RME OctaMic XTC.
Ein kleines MADI-Setup: Das MADIface Pro zusammen mit einem RME OctaMic XTC.

Auch bei stationärer Verkabelung im Studio ist die Verwendung von MADI eine interessante Option. Im Zusammenspiel mit MADI-fähigen Wandlern oder Formatkonvertern, die es ermöglichen, ADAT- oder AES/EBU-Quellen zu integrieren, lassen sich äußerst umfangreiche modulare Systeme aufbauen. Aber man darf auch gerne etwas kleiner denken. Ein konkretes Beispiel für ein kompakteres Setup wäre die Verbindung des MADIface Pro und des ebenfalls von RME angebotenen OctaMic XTC. In diesem Fall erhält das handliche Interface sowohl acht zusätzliche Mikrofon-Vorverstärker als auch eine Grundausstattung an weiteren digitalen Schnittstellen. Das System bleibt dabei hochgradig erweiterbar und natürlich kann man das MADIface Pro jederzeit entkoppeln, um es mobil zu nutzen.

Der Dritte in der Mitte

Wer mobil mit MADI arbeiten möchte, findet bei RME drei Möglichkeiten. Das kleine MADIface USB bietet nur die reine Schnittstelle zwischen dem MADI-Stream und einer DAW, wobei diese in optischer und koaxialer Form vorliegt. Ansonsten gibt es keine weiteren Anschlüsse. Das große MADIface XT ist dagegen ein vollständiges Audiointerface, das mit seinen drei MADI-Ports (davon sind zwei optisch und einer koaxial) die Arbeit mit bis zu 394 Audiokanälen ermöglicht und vergleichsweise teuer ist. Wer mit der einzelnen optischen MADI-Schnittstelle zurechtkommt, aber trotzdem Wert auf eine Grundausstattung an analogen Ein- und Ausgängen legt, der liegt mit dem hier getesteten MADIface Pro also goldrichtig.

Fotostrecke: 2 Bilder Das MADIface Pro sieht dem Babyface Pro nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern kommt auch sonst mit den gleichen Spezifikationen. Einziger Unterschied: MADI statt ADAT.

Genauso wie beim Babyface Pro wirkt das Design des handlichen Gehäuses, das aus einem Aluminiumblock gefräst wird, gleichermaßen edel und robust. Die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben. Zum Transport gibt es ein kleines Case aus Hartplastik, in dem neben dem Interface selbst auch die enthaltene MIDI-Kabelpeitsche, das USB-Kabel und das Netzteil untergebracht sind. Letzteres gehört im Gegensatz zum Babyface Pro fest zum Lieferumfang, wobei das Stromkabel des Netzteils leider keinen Platz in der Transportbox findet. Aber gut, dafür bietet jede übliche Laptop-Tasche genügend Stauraum. Zudem kann das Interface rein bus-powered betrieben werden, solange MADI nicht verwendet wird. In vielen Fällen kann das Netzteil also zuhause bleiben.

136 Kanäle zum Mitnehmen

Insgesamt bietet das MADIface Pro eine stattliche Kanalanzahl von jeweils 68 Kanälen rein und raus. Der Löwenanteil davon wird natürlich von den je 64 Ein- und Ausgängen der digitalen MADI-Schnittstelle getragen, während im analogen Bereich vier weitere Kanäle in beide Richtungen übrig bleiben. Auf der Rückseite finden sich jeweils zwei Mic Ins und Line Outs in Form von XLR-Buchsen. Auf der rechten Flanke des Gehäuses sind zudem zwei Instrumenteneingänge und zwei Kopfhörerausgänge untergebracht.

Auf der Rückseite des MADIface Pro sind Mikrofon-Eingänge und Line-Ausgänge als XLR-Buchsen zu finden.
Auf der Rückseite des MADIface Pro sind Mikrofon-Eingänge und Line-Ausgänge als XLR-Buchsen zu finden.

Die Instrumenteneingänge sind ausschließlich als solche konzipiert. Es handelt sich hier um unsymmetrische Schnittstellen mit einer hohen Eingangsimpedanz von 470 kOhm, die sich folglich zur DI-Aufnahme von Gitarren, Bässen oder anderen Instrumenten mit magnetischen Tonabnehmern eignen. Wer “normale” Line-Signale aufzeichnen will, der weicht also am besten auf die XLR-Eingänge aus, regelt die Verstärkung nach unten und schaltet das Pad zu. Es wäre wirklich schön gewesen, wenn RME an dieser Stelle XLR-/Klinke-Combobuchsen verbaut hätte, die bei Verwendung eines Klinkensteckers in einen Line-Modus mit höherer Impedanz und geringerer Verstärkung schalten. Dies ist zumindest eine gängige Praxis für kombinierte Mic/Line Ins.

Fotostrecke: 2 Bilder Auf der rechten Flanke sitzen zwei unsymmetrische Instrumenteneingänge und zwei Kopfhörerausgänge.

Die beiden Kopfhörerausgänge sind getrennt vom Main Out adressierbar und separat in der Lautstärke regelbar, teilen sich untereinander aber die gleichen internen Kanäle. Unterschiedliche Kopfhörermischungen auf beiden Ausgängen sind also nicht drin, einem mobilen Interface kann man dies aber sicher verzeihen. Eine der Buchsen ist im kleinen 3,5er-Klinkenformat gehalten und auf die Verwendung mit niederohmigen Kopfhörern zugeschnitten. Der Output ist folglich etwas geringer als beim anderen Ausgang, welcher wiederum auf hochohmige Kopfhörer spezialisiert ist und so wie die restlichen Klinkenbuchsen das 6,3er-Format nutzt.

Trotz vieler Kanäle: USB 2.0 reicht aus

Die digitalen Schnittstellen sind auf der linken Flanke des Gehäuses untergebracht. Direkt neben dem namensgebenden MADI-Port sitzt eine Buchse zum Anschluss der MIDI-Kabelpeitsche und natürlich finden sich hier auch der obligatorische USB-Port und der Anschluss für das mitgelieferte Netzteil.

Fotostrecke: 3 Bilder Die linke Seite des MADIface Pro konzentriert sich auf die digitalen Schnittstellen: MADI, MIDI und USB.

Für mich persönlich war es etwas überraschend, dass das MADIface Pro trotz seiner hohen Anzahl von Kanälen noch mit USB 2.0 arbeitet. Ich selbst konnte das Interface nicht unter Nutzung aller Kanäle testen, ein Techniker von RME versicherte mir jedoch telefonisch, dass USB 2.0 in Verbindung mit den Treibern von RME nicht zum Flaschenhals des Systems wird. In der Praxis soll es sogar möglich sein, über 70 Kanäle in beide Richtungen zu streamen, wobei im Fall von so umfangreichen Aufnahmen natürlich ein entsprechend starker Rechner mit einer schnellen Festplatte vorausgesetzt wird.

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