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RME ADI-2 Pro Test

Praxis

Simpel im Groben, kompliziert im Feinen

Grundsätzlich ist der RME ADI-2 Pro ein unkompliziertes Gerät, das in seinen Basics im Nu eingerichtet und einsatzbereit ist. Treiber braucht es keine, außer unter Windows. Der Verzicht auf eine Software-Konsole – wie bei den anderen RME Interfaces – hat zumindest bei mir für etwas Frustration gesorgt. 
Obwohl die Menüs grundsätzlich logisch organisiert sind, hat mich das etwas zu komplizierte Bedienkonzept etwas frustriert. Ob ich nun an den Encodern drücken oder drehen soll, erschließt sich eben leider nicht immer: So landet man regelmäßig in Menüs, in die man eigentlich überhaupt nicht wollte. 
Hat man allerdings einmal alle „deepen Settings“ in Einklang gebracht, wird man am Gerät ohnehin nicht viel mehr als laut und leise machen sowie Eingänge wählen. Die Eingangswahl wird glücklicherweise überwiegend automatisch übernommen. Nur die Auswahl der digitalen Inputs könnte in gewissen Setups umständlich werden, falls diese permanent aktiv sind. Man sollte den ADI-2 deshalb eher als Wandler und nicht unbedingt als Frontend/Receiver verstehen – auch deswegen, weil es keine Fernbedienung gibt!

Performance

Die Performance ist RME-typisch sehr gut, selbst mit dem Class-Compliant-Ansatz. In Anbetracht des Verwendungszwecks als ein reines Wiedergabegeräte ohne Aufnahme-Ambitionen ist dieser Punkt ohnehin zu vernachlässigen. Kleines Beispiel: Der ADI-2 Pro schafft mit seinem Class-Compliant-Treiber unter Ableton Live bei 44,1 kHz und 32 Samples mit meiner Mac Pro „Mülltonne“ eine Latenz von 6,49 ms. Mein RME UFX+ mit dedizierten Treibern schafft 4,29 ms. Dennoch: Kein Grund zur Klage!

Fotostrecke: 8 Bilder Die Latenz des ADI-2 Pro bei 44,1 kHz und 32 Samples: 6,49 ms.

Vergleich mit UFX+ und Crane Song Solaris

Der für den ADI-2 Pro anvisierte Preis von ca. 1500 Euro ist für einen Stereo-Wandler kein Pappenstiel. Das anschlussmäßig vergleichbare Babyface Pro kostet die Hälfte, das extrem umfangreich konfigurierte UFX+ knapp das Doppelte (2700 Euro). Anderseits, der Bricasti M1 schlägt mit etwa 10 000 EUR richtig heftig zu, der Crane Song Solaris mit deutlich weniger Features ruft ungefähr 2200 Euro auf.
Dabei habe ich auch mit anderen Wandlern gearbeitet und enorm viel über meinem Maselec MTC-1 verglichen. Dabei habe ich festgestellt, dass alle modernen Wandler mittlerweile verdammt gut klingen und Unterschiede wirklich äußerst marginal sind. Aber es gibt sie! Obwohl unterschiedliche Kabel, auch bei gerade mal einer Länge von 1 m, einen deutlichen Unterschied bewirken. Ich möchte mich deshalb auf die zwei wichtigsten Vergleiche beschränken.

RME ADI-2 Pro vs. RME UFX+

Beide Wandler sind neu von RME und sind sich klanglich sehr, sehr ähnlich. In ihrem Frequenzverlauf lässt sich kein Unterschied ausmachen. Zumindest keiner, den man bei einem Blindtest verifizieren könnte. Was man aber durchaus wahrnehmen kann, sind die Unterschiede in dem Auflösungsvermögen in die Stereobreite und -tiefe. Gerade in den Mitten wirkt der ADI-2 hier durchweg sortierter und die Stereomitte scheint etwas weniger zu wandern. Den größten Unterschied, wenn man von solch einem überhaupt sprechen kann, ist aber im Bassbereich zu finden, der bei dem ADI-2 Pro strammer ausfällt, also etwas schneller spielt und damit punchiger wirkt.

RME ADI-2 Pro vs. Crane Song Solaris

War der Unterschied zwischen ADI-2 Pro und UFX+ schwer herauszuhören, wird es im Vergleich mit dem Crane Song Solaris noch etwas intensiver. Aber auch hier ist ein klanglicher Unterschied herauszuhören, wobei mir der Solaris einen Tick besser gefällt, da er noch etwas schneller und knackiger spielt. Ja, man könnte sich auch zu dem Attribut „musikalischer“ und „offener“ hinreißen lassen. Nochmal: Die Unterschiede sind dennoch minimal. Der Solaris kostet indes rund ein Drittel mehr und ist deutlich ärmer an Features, jedoch mit seinem puristischen Design mehr „straight-forward“ als der RME ADI-2 Pro.

MEGA lauter Kopfhörerverstärker

Der Kopfhörerverstärker des ADI-2 Pro ist konkurrenzlos laut. Ich habe schon viele Amps gehört, aber dieser hier ist dreimal so laut! Mit keinem einzigen Kopfhörer in meinem Sortiment konnte ich den Amp nur annähernd ausreizen. Alle Achtung! Dabei spielt er clean, transparent und absolut frei von Verzerrungen. Die Möglichkeit, auch hier mit den EQs anpassen zu können ist nett, ich bin allerdings der Meinung, man sollte lieber in einen entsprechend hochwertigen Kopfhörer investieren, der keine Verbiegung des Übertragungsverlaufs benötigt. Die Crossfeed-Presets habe ich mir allesamt angehört, empfand sie aber im Vergleich zu meinem Phonitor mini jedoch nicht so brauchbar.

DSD, DoP und DSD Direct

DSD Signale werden automatisch erkannt und können über S/PDIF, AES und USB übertragen werden (per DoP), wobei der DAC das Umschalten automatisch übernimmt. Da DSD Bit-Stream basiert ist, sind DSP-Berechnungen, die nun mal Pufferungen benötigen, nicht mehr möglich. Der EQ, das Crossfeed, Loudness und andere Audiofunktionen werden also inaktiv. Ist DSD Direct gewählt, kann sogar nicht einmal mal mehr die Lautstärke geregelt werden (abgesehen von groben Anpassungen via Relais). Die Verwendung von DSD via USB hängt indes stark von der verwendeten Software ab, sodass meist nur DSD64 genutzt werden kann, da maximal 176,4/192 kHz von den meisten DAWs ausgegeben werden kann. Weitere, sehr detaillierte Infos findet ihr im Handbuch auf Seite 38.

Was mir gut gefällt

Die eingebauten EQs sind für das detaillierte Anpassen von Lautsprechern sehr zu begrüßen, wobei man durchaus auch nur mit den Ohren arbeiten kann – ein Messmikro schadet aber nie. Am ADI-2 Pro findet man nur dummerweise keinen Preamp dafür. Klanglich arbeiten die EQs präzise und sind in dezenten Einstellungen sehr neutral – eine musikalische Offenbarung sind sie jedoch nicht. Von einem digitalen, neutralen EQ erwartet man aber auch nichts anderes.
Sei es drum! Es sind die vielen kleinen anderen Details, die den ganzen Ehrgeiz der Entwickler erkennen lassen: Knackfreies Ein- und Ausschalten, Standby mit schneller Startzeit bei Aufhebung, Warnhinweis und Muting bei lautem Kopfhörerausgang und defekten Kabeln (höchstwahrscheinlich durch eine Widerstandsmessung, das Handbuch schweigt sich dazu aus), integrierter Sample Rate Converter am S/PDIF, wählbare Filter für AD und DA mit unterschiedlichsten Übertragungsverläufen und Sprungantworten, Class-Compliant-Treiber für iPhone und iPad, die intelligente Loudness-Funktion und viele andere Dinge mehr.

Was mir nicht gefällt

Das stärkste Argument für den RME ADI-2 Pro ist meiner Meinung nach aber auch gleichzeitig das stärkste Argument gegen ihn: Die unglaubliche Featuredichte ist beeindruckend, gleichzeitig aber etwas abschreckend, weil sie für meinen Geschmack mit dem Soft-Touch-Bedienkonzept etwas schwer zu handlen ist. Den absoluten Freak dürfte das kaum stören und dem Preis-Leistungs-Verhältnis tut das natürlich auch keinen Abbruch. Etwas Muße zur Einarbeitung ist jedoch absolut notwendig!

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