Bricasti M1 USB Test

Brian Zolner und Casey Dowdell haben es schon wieder getan: Der DSP-Software-Ingenieur und der Int. Sales Manager traten an, ein DSP-Gerät zu schaffen, was die Krone des digitalen Signal-Processings im Audiobereich ein zweites Mal nach Hause holen soll. Bereits mit ihrem “Über-Hall”, dem Reverb Bricasti M7, zeigten sie eindrucksvoll, wo der “einzyklische Hammer” hängt und haben sich dabei einen Namen weit über die Pro-Audio-Szene gesichert. 

Bircasti_m1_01_Aufmacher


Allerdings haben die Beiden keineswegs bei Null angefangen, sondern arbeiteten bereits für Lexicon bevor es vom Harman International Konglomerat geschluckt wurde. Da Pioniergeist und State-of-the-Art Ansätze mit gewinnorientierten Quartalsberichten und Großkonzernstrukturen allerdings eher selten einhergehen, haben die beiden das sinkende Schiff rechtzeitig verlassen, um so ihrer ganz eigenen Philosophie zu folgen. Das wird auch am Firmennamen deutlich, der sich aus den beiden Vornamen zusammensetzt. Und Herzblut findet natürlich auch immer Sympathisanten, und so überrascht es nicht, dass die Hardware-Fertigung an AeVee Labs nach Connecticut ausgelagert wurde, dessen Firmengründer Bob Gorry Chief-Engineer bei Madrigal Audio Labs war, die wiederum High-End Wandler der Marke Mark Levinson bauten, welche auch von Harman übernommen wurden und damit das Todesurteil “discontinued” erhielten.
Entsprechend findet sich der Bricasti M1 auch im noblen Hochpreissegment beheimatet, wobei die aktuelle UVP stolze 8499,- EUR inklusive MwSt. beträgt. Es ist aber auch eine M1-Version ohne USB-Interface erhältlich, die allerdings nur 500,- EUR weniger kostet, sowie eine Fernbedienungs-Option, die noch mal ca. 500, – EUR fordert. Voll ausgebaut reden wir hier also über beachtliche „neun Düsenjäger“. Damit hätten wir das schon mal geklärt.

Details

Der Bricasti M1 USB ist ein Dual-Mono Delta-Sigma D/A-Wandler der audiophilen Extraklasse und mit einem eingebauten, asynchronen USB-Interface ausgestattet. Er ist sowohl in der Lage elitäre Datenströme, wie DSD, DSD64 und DSD128, als auch PCM-Auflösungen von bis zu 352,8kHz und 24 Bit zu verdauen.

Knight-Rider Look dank fetter, roter Dot-Matrix. Bedient wird mit dem Alu-Encoder, seine Funktion wird per Taster definiert.
Knight-Rider Look dank fetter, roter Dot-Matrix. Bedient wird mit dem Alu-Encoder, seine Funktion wird per Taster definiert.

Bevor wir uns nun aber ans Eingemachte machen und versuchen werden, den gepfefferten Preis von 8499,- EUR (UVP) annähernd zu entschärfen, sollten wir bereits an dieser Stelle einmal ganz bewusst den gelebten Minimalismus dieser äußerst puristischen Schöpfung auf uns wirken lassen – denn mit der simplen Aufzählung von Anschlüssen und Features gewinnt man hier leider keinen Preis. Es wird ausschließlich in eine Richtung (digital zu analog) gewandelt und das auch nur maximal in Stereo.
Reduziert ist auch die schicke, gestufte Bedienfront: So gibt es einen schweren, aber trotzdem wirklich seidig laufenden Multifunktions-Encoder und direkt daneben sechs weitere gebürstete Metall-Drucktaster für alle zu treffenden Einstellungen. Weiter rechts außen lagert außerdem ein Standby-Taster, der Hauptschalter hingegen befindet sich auf der Rückseite. Besonders bemerkenswert und schick finde ich allerdings das wirklich große Display mit der äußerst üppigen, rot-leuchtenden „8×40“ Dotmatrix, welche mit gesunden Augen selbst aus 10m Entfernung einwandfrei lesbar ist und obendrein einfach nur edel aussieht.

Das schicke und gefräste Alu-Gehäuse bietet rechts außen auch noch einen Stand-By Schalter.
Das schicke und gefräste Alu-Gehäuse bietet rechts außen auch noch einen Stand-By Schalter.

Das in etwa 17-Zoll und 1 HE große Gehäuse wurde aus dickem, gebürsteten Aluminium gefräst, welches eine tadellose Haptik vermittelt und außerdem in seiner schwarz-hellen Optik durchaus an einen edlen Maßanzug erinnert. In ein 19-Zoll Rack passt der Bricasti damit allerdings nicht. Für eine Ansammlung von Halbleitern und kleineren Trafos ist das massive Kerlchen übrigens mit ca. 6 kg auch richtig schwer. Durch die fetten Kühlöffnungen auf dem Deckel und den Seitenteilen bietet sich außerdem bereits ein erster Blick ins Innere, wobei hier vor allem die vielen rot-leuchtenden SMD-LEDs auffallen, welche den Systemzustand einzelner Teil-Module verraten. Und damit wären wir schon bei der wirklichen Besonderheit unseres heutigen Wandlers angelangt, denn dieser ist konsequent „Dual-Mono“ aufgebaut. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die Platinen wurden nicht etwa aus schnödem Fiberglas gefertigt, sondern aus einem Substrat namens Arlon, was sich durch eine besondere Hochfrequenz-Impedanz auszeichnet und damit für geringste Welligkeit sorgt.
Das bedeutet, dass linker und rechter Kanal unabhängig und getrennt voneinander aufbereitet werden. Konkret: Jeder der beiden Kanäle besitzt jeweils eine eigene D/A-Sektion auf einer separaten Platine, welche außerdem von einem eigenen, unabhängigen, linearisierten Trafo-Netzteil versorgt wird. Nur das digitale Processing wird von einem Analoge Devices Sharc DSP für beide Kanäle gleichermaßen besorgt, wobei aber auch dieser auf einer eigenen Platine untergebracht ist und über eine eigene Stromversorgung verfügt. In der zum jetzigen Zeitpunkt aktuellen und mir zum Test vorliegenden Version, verfügt sogar das „Digital-Board“ über ein linearisiertes Trafo-Netzteil, um wirklich auch die letzte Quelle digitaler Störgeräusche zu beseitigen. In älteren Bricastis werkelt hier durchaus noch ein Schaltnetzteil, was dann an dem fehlenden Trafo in der Mitte zu erkennen wäre. Ersatz ist aber einfach zu beschaffen und in Anbetracht der UVP des M1 ist das Austauschboard mit ca. 150 EUR ein absolutes Schnäppchen. Das ist übrigens generell sehr gut gelöst bei Bricasti, denn selbst der M7 erhielt damals ein Chip-Update, was wirklich nur den Fertugungsaufwand gekostet hat.
In der Summe dieser redundanten Maßnahmen wird jedenfalls insgesamt ein Übersprechen der Kanäle untereinander faktisch ausgeschlossen, und auch eine Beeinflussung der Wege durch die Trafos wird durch die separaten Stromversorgungen unterbunden. Ja sogar der USB-Teil wurde von der elektrischen Verbindung zu einem PC oder Mac isoliert bzw. galvanisch getrennt.
Weiterhin arbeitet in jedem (Mono-)Wandler-Board ein Stereo-Wandler von Analog Devices namens 1955, welcher in einer speziellen Monokonfiguration genutzt wird, um die abrufbare Dynamik (Dynamikumfang: >120dB A-bewertet) nochmals steigern zu können. Auch was das Clocking anbelangt, wurden keine Kompromisse gemacht, und so sind die Strecken zwischen der internen Clock und den eigentlichen Wandlern mit wenigen Millimetern so kurz gewählt, dass Jitter ein verschwindend geringes Maß von gerade einmal 6 Picosekunden annehmen.
Besonders puristische HiFi-Setups mit etwaigen direkt verbundenen, aktiven Speakersystemen profitieren von diesem Edel-Frontend.
Besonders puristische HiFi-Setups mit etwaigen direkt verbundenen, aktiven Speakersystemen profitieren von diesem Edel-Frontend.

Eingangsseitig stehen weiterhin vier verschiedene Trafo-isolierte, digitale Inputs zur Verfügung, die allesamt gleichzeitig belegt sein dürfen, sodass sie am Gerät komfortabel durchgeschaltet werden können. Damit geht der M1 fast als „digitaler Quellenumschalter“ durch (INPUT), wobei ein koaxialer S/PDIF (beispielsweise für TV), ein optischer S/PDIF bzw. „Toslink“ (für den CD-Player) sowie ein AES/EBU-Singlewire Anschluss auf XLR (für DSD, Blueray und Co.) und ein USB2.0-Eingang (iTunes, iPad) zur Verfügung stehen –  sogar an eine Auto-Select-Funktion wurde gedacht. 
Obwohl man mit dem Encoder des Bricasti M1 die Lautstärke ändern kann (LEVEL) und auch eine optional verfügbare Fernbedienung für diese Funktion vorliegt, würde ich nicht soweit gehen, ihn als Monitorcontroller zu bezeichnen, allein weil die beiden analogen Ausgänge nicht umschaltbar, sondern nur permanent aktiv sind. Im Studio-Kontext kann der Bricasti also nicht als Speaker-Umschalter dienen, im HiFi-Kontext sollte man aber sicherlich einen Umweg über das Aus- bzw. Einschalten der nachfolgenden Verstärkerstufen bzw. aktiven Boxen finden können, um das puristische Gerät auch entsprechend puristisch, sprich direkt, verkabeln zu können. Beide Ausgänge (XLR symmetrisch und Cinch unsymmetrisch) sind allerdings voneinander komplett getrennt gepuffert und sogar absolut identisch in ihren fantastischen, verzerrungsfreien Kennwerten, die da lauten: THD+N @ 1kHz: 0.0006% @ 0dBFS bzw. 0.0004% @ -30dBFS. Weiterhin finden sich auf der Rückseite auch noch kleine Löcher (LEVEL) mit versteckten Mini-Schrauben, um die XLR-Ausgänge noch mal zusätzlich und analog im Pegel anpassen zu können.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite im Überblick.

Den M1 als Audiointerface zu bezeichnen, greift sicherlich etwas zu hoch, weil weitere, analoge Eingänge oder gar ein Kopfhörer-Anschluss sich leider überhaupt nicht am Gerät finden lassen. Trotzdem wurde geklotzt, und so wurden auch alle audio-elektrischen Verbindungen entsprechend vergoldet sowie mit dem Gehäuse solide und nachhaltig verschraubt.
Und da wir gerade an der Rückseite sind, hier findet sich auch der AES (XLR), der S/PDIF (Cinch) sowie der Toslink- und der USB-Port der Computer-Interfaces. Die kleine Klinkenbuchse dient übrigens für eine Standby-Aktivierung via Steuerimpuls, wodurch ein statisch eingestellter Bricasti auch von anderen Komponenten ferngeschaltet werden kann. Leider fällt der Standby-Verbrauch von 6 Watt nicht ganz so minimal aus, wie es das edle, reduzierte Design durchaus vermuten lässt, was aber auch durchaus den Trafo-Netzteilen geschuldet sein kann.
Der IEC-Kaltgeräteanschluss verträgt sich – nach einem obligatorischen Sicherungswechsel – außerdem mit Spannungen zwischen 100-230V und verfügt schlussendlich auch über einen Hauptschalter. Was der M1 allerdings nicht besitzt, sind Anschlüsse für externes Word-Clocking in beide Richtungen. Meiner Meinung nach zeugt das aber nur von einem gesunden Selbstbewusstsein. Last but not least ist die Unterseite mit sehr soliden und verschraubten Füßen ausgestattet, nur Rackohren sind wie gesagt leider keine im Karton zu finden, was in Anbetracht des Preises doch recht schwach ist, selbst wenn es sich hier um ein “Hifi-Gerät” handelt. 

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