Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros Test

Es kam in der Vergangenheit nicht allzu oft vor, dass Rickenbacker für einen Vertreter aus unserer Zunft ein sogenanntes Artist- oder Signature-Modell entwickelt hat. Spontan fallen mir eigentlich nur die beiden Bassikonen Lemmy Kilmister und Chris Squire ein, und es würde mich nicht wundern, wenn die Liste damit auch schon komplett wäre! Umso erstaunlicher ist es, dass die amerikanische Traditionsbassschmiede 2019 einem Bassisten, dessen Name vielen Tieftönern vermutlich eher nicht geläufig sein wird, einen Rickenbacker auf den Leib geschneidert hat.

Rickenbacker_4003_AC_003_FIN


Die Rede ist von Al Cisneros, der seit drei Jahrzehnten die tiefen Saiten bei der legendären kalifornischen Stoner/Doom-Band „Sleep“ malträtiert und mindestens genauso lange quasi ausschließlich Rickenbacker-Bässe spielt. Als Basis für den neuen Rickenbacker Signature-Bass dient ein herkömmliches 4003-Modell in Walnuss; Al Cisneros hat sich aber ein paar sehr spezielle Features gewünscht. Um welche Features es sich genau handelt und wie sich der auf gerade mal 420 Stück limitierte 4003AC in der Praxis schlägt, könnt ihr in diesem Test nachlesen. 

Details

Einige der Besonderheiten des Rickenbacker 4003AC sind bereits optisch leicht zu erkennen. Es gibt allerdings auch ein paar weitere technische Finessen „unter der Haube“, die bei einem normalen 4003er-Modell nicht zu finden sind. Zu den auffälligsten Besonderheiten zählen sicherlich die beiden imposanten Tonabnehmer, die in der Korpusmitte des Basses platziert sind. Hierbei handelt es sich um zwei „Overwound“ Treble-Pickups mit der Komplettausstattung, also inklusive der monströsen chromfarbenen Rahmen und Bügeln – späte Nachkommen des originalen Rickenbacker Horseshoe-Pickups. 

Fotostrecke: 5 Bilder Bei einem Instrument dieser Preisklasse ist ein stabiles Hardcase ein Muss!

Der vordere Singlecoil sitzt etwas weiter hinten als der Halstonabnehmer bei einem herkömmlichen 4003. Ein Grund für die spezielle Position des Tonabnehmers ist zum einen vermutlich die Klangvorstellung von Al Cisneros, zum anderen schlägt der Namensgeber die Saiten hauptsächlich am Ende des Griffbrettes an und benötigt dafür ausreichend Platz zwischen Pickup und Griffbrett.

Passend zu dieser Spieltechnik kommt der Signature-Bass mit einer Daumenstütze aus transparentem Kunststoff, die am Ende des Griffbretts installiert wurde. Weitere optische Highlights meines Testkandidaten sind grüne Triangle-Inlays im Griffbrett und vier überdimensionierte Potiknöpfe mit einem sehr eigenwilligem Vintage-Design, die auf einer signierten Kontrollplatte aus Kunststoff sitzen. 

Zu den technischen Spezialitäten des Al Cisneros Rickenbackers zählt eine neu entwickelte Bridge, die mit vertikal und horizontal justierbaren Saitenreitern ausgestattet ist. Sämtliche Einstellarbeiten gehen bei der Neuentwicklung deutlich komfortabler von der Hand als bei der originalen Rickenbacker-Stegkonstruktion – ich könnte mir gut vorstellen, dass sich viele Rickenbacker-Fans auch für die normalen 4003er-Modelle eine Ausstattungsoption mit der „Al Cisneros“-Bridge wünschen. 

Fotostrecke: 4 Bilder Eine neu entwickelte Bridge kommt auf dem Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros zum Einsatz.

Eine weitere technische Besonderheit des Signature-Rickenbackers betrifft die Halskonstruktion: Sie weicht grundsätzlich zwar nicht von den typischen Rickenbacker-Specs ab und besteht komplett aus Ahorn, Al Cisneros hat sich aber für eine Ausstattung mit lediglich einem Halsstab entschieden. Alle Standard 4000er-Modelle besitzen ja bekanntlich zwei Halsspannstäbe – die Einstellung der Halskrümmung wird dadurch ziemlich kniffelig und erfordert durchaus etwas Erfahrung. 

Fotostrecke: 7 Bilder Der durchgehende Hals besteht komplett aus Ahorn…

Abgesehen von den genannten Besonderheiten handelt es sich beim „Al Cisneros“-Rickenbacker prinzipiell – wie bereits erwähnt – um ein 4003-Modell mit durchgehendem Ahornhals und Korpusflügeln aus Walnuss. Das Griffbrett besteht ebenfalls aus Ahorn und beherbergt 20 Bünde; die Kanten wurden außerdem mit einer tadellos gearbeiteten weißen Einfassung versehen. 

Auch die Elektronik des 4003AC-Signature gleicht der Elektronik eines Standard-Rickenbackers: Für jeden Tonabnehmer gibt es im Cockpit einen Lautstärkeregler und einen Regler für die Tonblende. Vor den Reglern parkt außerdem ein Drei-Positionen-Schalter, mit dem die Tonabnehmer angewählt werden können (Steg/Beide/Hals). Selbstverständlich ist auch die Vintage-Sound-Option der aktuellen Rickenbacker-Bässe beim 4003AC mit an Bord: Wenn man das Poti für die Tonblende des Stegtonabnehmers herauszieht (Push/Pull-Funktion), wird ein Kondensator mit dem Stegtonabnehmer in Reihe geschaltet. Das Resultat ist ein schlankerer Bridge-Pickup-Sound, denn die Schaltung wirkt im Grunde wie ein Highpass-Filter. 

Fotostrecke: 5 Bilder Bei den beiden imposanten Tonabnehmern handelt es sich um zwei „Overwound“ Treble-Pickups…

Praxis

Der Rickenbacker 4003AC fühlt sich grundsätzlich zunächst wie ein normaler Ric 4003 an und bietet den gewohnten Spielkomfort. Mit seinem schlanken Jazz-Bass-ähnlichen Hals und der etwas kürzeren 33,25-Zoll-Mensur lässt sich der Viersaiter wirklich überaus angenehm spielen – selbst virtuose Lines und Akkorde in den tieferen Lagen gehen auf dem Signature-Bass leicht von der Hand.
Zur Leichtgewichtsklasse kann man den limitierten Rickbacker allerdings nicht zählen, denn er bringt alles in allem 4,25kg auf die Waage. Das Gewicht ist sicherlich dem Walnuss-Korpus geschuldet, denn hier handelt es sich eben um eine in der Regel eher schwere Holzsorte. Der Walnuss-Korpus besitzt allerdings auch einen positiven Effekt auf die Ergonomie, denn der 4003 AC ist dank des leicht erhöhten Kopusgewichts überhaupt nicht kopflastig. Er hängt perfekt balanciert am Gurt und fühlt sich deshalb sogar eine Spur leichter an, als er in Wirklichkeit ist.
Soweit so gut, in einem nicht unwesentlichen Punkt ist die Handhabung des Signature-Rickenbackers aber dann doch recht speziell und ihr werdet sicherlich bereits ahnen, was ich meine: Na klar, ich spreche von der Position der rechten Anschlagshand, die aufgrund der zurückgesetzten Position des Halstonabnehmers natürlich angepasst werden muss. Zwischen den beiden riesigen mit Bügeln bestückten Pickups ist gerade so ausreichend Platz für den Zeige- und Mittelfinger, sodass die anderen Finger der rechten Hand irgendwie auf den Bügeln platziert werden müssen, das Spielgefühl ist schon sehr gewöhnungsbedürftig!
Oder aber man schlägt die Saiten eben kurz hinter dem Griffbrett an und nutzt dafür die praktische Daumenstütze. So macht es Al Cisnero und deshalb ist der Bass logischerweise auch so konzipiert. Wer mit der Position der rechten Hand noch mehr Sounds aus dem Bass locken will, muss sich aber unweigerlich die recht spezielle Handhabung gewöhnen oder einfach die chromfarbenen Bügel abschrauben, so wie es viele Rick-Spieler beim Bridge-Pickup ihrer 4003er schon lange machen. Rickenbacker bietet inzwischen sogar sogenannte “Treble Bezels“ aus Kunststoff an, die den Tonabnehmer umschließen und obendrein noch eine Daumenstütze besitzen. Das ist eine schöne Lösung, allerdings sieht der 4003 Al Cisneros ohne die fetten Chrombügel vermutlich nicht mehr ganz so cool aus.

Der Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros Signature bringt die typischen Rickenbacker-Sounds, aber etwas fetter und mächtiger als ein Standard-Modell.
Der Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros Signature bringt die typischen Rickenbacker-Sounds, aber etwas fetter und mächtiger als ein Standard-Modell.

Aber wie dem auch sei, wichtiger als die Optik ist der Sound und deshalb wollen wir anhand einiger Klangbeispiele feststellen, was der Rickenbacker 4003AC in dieser Disziplin zu bieten hat. 

Audio Samples
0:00
Beide Pickups, Blende offen

Im ersten Clip hört ihr den 4003AC mit beiden Tonabnehmern und beiden Tonblenden komplett auf – also quasi den Grundklang des Signature-Basses. Der Sound ist grundsätzlich sehr muskulös und punchy, so wie man es von einem Rickenbacker mit Walnuss-Korpus erwartet. Beide Treble-Pickups des 4003AC sind allerdings „Overwound“ und liefern sehr satte Bässe und starke Mitten. Al Cisneros Rick klingt in meinen Ohren deshalb noch fetter als ein normaler 4003, obwohl der Halstonabnehmer ein Stück weiter hinten sitzt und eigentlich weniger Bassfrequenzen abgreift. 

Der „etwas andere“ Rick kann aber auch drahtiger und knochiger klingen, wie man im nächsten Beispiel hören kann. Für die Aufnahme habe ich die Lautstärke des Halstonabnehmers etwas reduziert (Verhältnis 70/100) und die Höhen mit beiden Tonblenden etwas abgesenkt. Das Resultat ist ein ziemlich cooler Fingerstyle-Sound mit jeder Menge Durchsetzungskraft. 

Audio Samples
0:00
70% Neck-PU, 100% Bridge-PU, Blende: 80%

Nun nehmen wir den Halstonabnehmer komplett aus dem Rennen und hören uns den Stegtonabnehmer im Solomodus an. „Jazz Bass on Steroids!“, würde ich mal sagen. Sehr positiv finde ich, dass der Bridge-Pickup alleine bereits ein tragfähiges Fundament zu liefern vermag – für den Bandeinsatz ist wirklich kein EQ-Schub nötig!

Audio Samples
0:00
Bridge-PU, Blende offen

Wer auf kehlige Sounds im Preci-Stil steht, kommt beim 4003AC natürlich ebenfalls auf seine Kosten. Mächtige offene Bässe dominieren den Sound, wenn man nur den Halstonabnehmer des 4003AC aufdreht. Durch die Mittenstärke des Overwound-Pickups bleibt der Sound aber dennoch jederzeit definiert. Mit einer Höhenabsenkung mittels Tonblende lässt sich der Preci-ähnliche Sound außerdem sehr schön auf „vintage“ trimmen, wie ich finde.

Audio Samples
0:00
Neck-PU, Blende offen Neck-PU, Blende geschlossen

Fazit

darüber im Klaren sein, dass die Features speziell auf den Namensgeber zugeschnitten sind und deshalb logischerweise nicht jedermanns Geschmack treffen können. Das ist natürlich mehr oder weniger bei jedem Signature-Instrument der Fall! Das wohl speziellste Feature bei Al Cisneros Rickenbacker ist die Position des Halstonabnehmers, die die Anschlagsposition der rechten Hand deutlich einschränkt, wenn man die Bügel nicht entfernen möchte. Die etwas komfortabler einzustellende Bridge und die Ausstattung mit nur einem Halsspannstab vereinfachen die Handhabung hingegen und dürften wohl für die meisten Rickenbacker-Fans willkommene Features sein. Der Rest ist rein optischer Natur und Geschmacksache. Wer mit den Features etwas anfangen kann, bekommt mit dem 4003AC auf jeden Fall einen hervorragend verarbeiteten Viersaiter, der die typischen Rickenbacker-Sounds etwas fetter und mächtiger als ein Standard-Modell rüberbringt und sich hervorragend in sämtlichen Rockstilen macht. Eine bittere Pille muss man allerdings schlucken, wenn man am 4003AC Gefallen gefunden hat, der Preis ist nämlich nicht ohne: Für den Signature-Bass sind an der Ladentheke nämlich derzeit stolze 3.749,- Euro fällig!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • kräftige Sounds in vielen Variationen
  • einzigartige Signature-Optik
  • tadellose Verarbeitung
  • eventuelle Wertsteigerung durch Limitierung
Contra
  • Spielkomfort durch Position des Halsonabnehmers eingeschränkt
  • Tonabnehmer empfindlich für Einstreuungen
  • recht stattlicher Preis
Artikelbild
Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros Test
Für 3.390,00€ bei
Das passende Kleingeld vorausgesetzt erhält man mit dem Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros einen erstklassigen Rockbass mit einzigartiger Signature-Optik.
Das passende Kleingeld vorausgesetzt erhält man mit dem Rickenbacker 4003AC-Al Cisneros einen erstklassigen Rockbass mit einzigartiger Signature-Optik.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Rickenbacker
  • Modell: Rickenbacker 4003 AC, Limited Edition
  • Limitiert auf 420 Stück weltweit
  • Korpus: Walnuss
  • Hals: durchgehend, Ahorn, Ahorngriffbrett, Binding weiss, Single Trussrod, 20 Bünde, Grüne “Sleep” Triangle Inlays
  • Mensur: 33,25 Medium Scale, 845 mm
  • Tonabnehmer: 2 x Singlecoil Treble-Pickup mit Rahmen und Bügel
  • Regler/Schalter: 2 x Tone, 2 x Volume, 3-Wege-Wahlschalter
  • Hardware: Schaller Deluxe Mechaniken, Rickenbacker Steg
  • Gewicht: ca. 4,2 kg
  • Zubehör: Einstellwerkzeug, Hardshell Case
  • Preis: 3.749,- Euro (Ladenpreis im Februar 2020)
Hot or Not
?
Die Korpusflügel sind aus Walnuss gefertigt und zwei großzügige Cutaways erlauben komfortables Handling in den hohen Lagen.

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo