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Patchblocks Test

“Patchblocks” heissen die kleinen programmierbaren Soundmodule, die von Sebastian Heinz mithilfe einer Kickstarter-Kampagne zum Leben erweckt wurden. Das Konzept ist einfach und ähnelt von der Grundidee her den Nord Modular Synthesizern, wenn auch auf einem ganz anderen Niveau: Mithilfe eines Editors werden auf dem Computer Patches erstellt, die dann per USB auf die Hardware überspielt werden. Danach zieht man das USB-Kabel wieder ab und hat mit einem Patchblock ein kleine Standalone-Kiste, die man nach Belieben als Synthesizer, Effektgerät, Drummachine, Sequencer oder ähnliches einsetzen kann.

Die Patchblocks sind programmierbare, zusammensteckbare Module.
Die Patchblocks sind programmierbare, zusammensteckbare Module.


Dabei sind die Patchblocks gerade einmal so groß wie zwei Streichholzschachteln, haben aber dennoch zwei Regler und zwei Druckknöpfe als Controller und Audio Ein- und Ausgänge. Ach ja, und einen Akku gibt es auch noch. Schauen wir mal, was man damit alles anfangen kann.

Details

Hardware

Die Patchblocks bestehen aus zwei Teilen: Hardware und Software Editor. Die Hardware besteht aus einer Platine, die oben und unten von einer dicken Plexiglasplatte geschützt wird. Die Plexiglasscheiben gibt es dabei in unterschiedlichen Farben: durchsichtig, gefärbt durchsichtig oder undurchsichtig in schwarz, gelb, rot und weiß. Hier könnte man vermuten, dass Patchblocks mit unterschiedlichen Farben unterschiedliche Funktionen haben, aber dem ist nicht so: Es ist überall das gleiche drin. Zumindest fast überall, denn es gibt noch ein Extramodul mit einem MIDI-Input, das ist der grüne Midiblock.
Die Module sind an den Seiten offen und sehen ein bisschen aus wie Puzzleteile. Das ist auch so gewollt, denn man kann die Module einfach durch Zusammenstecken miteinander verbinden. So verbunden stellt sich automatisch eine Verbindung zwischen den digitalen Ein- und Ausgängen her, an auf die man aber anderweitig keinen Zugriff hat. Die Verbindung zwischen zwei Patchblocks ist nicht sonderlich stabil, aber es reicht und im Ernstfall gibt es ja immer noch Gaffa.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Patchblocks lassen sich z.B. als Synthesizer oder Effekt einsetzen.

Desweiteren besitzen die Patchblocks analoge Ein- und Ausgänge in Form von Miniklinkenbuchsen. Zum Anschluss an den Computer gibt es einen MINI-USB-B Port. Das ist nicht die Sorte Buchse, die an vielen Handys zu finden ist, sondern jene, die zum Beispiel auch bei den Korg nanoKontrols verwendet wird. Oben findet man zwei gummierte Drehregler, deren Widerstand mir gut gefallen hat. Die beiden beleuchtbaren Knöpfe dagegen sind ein bisschen wacklig. Dreht man das Gerät um, sieht man den Akku und zu guter Letzt gibt es dann noch einen On/Off-Schalter. Obwohl die Patchblocks sehr klein und leicht sind, stehen sie solide auf vier Gummifüßen und rutschen nicht, wenn man die Regler und Druckknöpfe bedient. Das ist richtig gut gemacht.

Fotostrecke: 5 Bilder Von der Seite ist die Konstruktionsweise der Patchblocks zu erkennen.

Editor

Der Editor läuft auf PC oder Mac ab Windows XP bzw. OS X 10.7. Auf dem Mac muss man je nach Sicherheitseinstellungen beim ersten Start den Editor eventuell mit Rechtsklick öffnen, weil er von einem “nicht verfizierten Entwickler” stammt. Danach öffnet sich ein Auswahlbildschirm, der danach fragt, ob man einfach nur Presets laden möchte oder sich einen Patch selber zusammen stellen möchte. Nach dem Öffnen des Editors sieht man eine Oberfläche mit verschiedenen Fenstern: links die Module zur Auswahl, in der Mitte das große Patchfenster, rechts Inspector und Emulator und unten die Console und Help. Oben findet man die gängigsten Befehle und auch die Möglichkeit, online zu gehen. Das sieht recht hübsch und vor allem übersichtlich aus: Es ist nicht ganz so fancy wie NI Reaktor und gleichzeitig nicht so trocken wie Max oder Pure Data. Für mich persönlich hat Patchblocks da genau die richtige Mischung gefunden.

Fotostrecke: 3 Bilder Start des Patchblocks-Editors: Preset laden oder selber bauen?

Die Funktionsweise erschließt sich schnell: aus der reichhaltigen Modulpalette links können Module in das große Patchfenster in die Mitte gezogen werden. Mit der Maus werden dann virtuelle Strippen zwischen den Modulen gezogen, das sind dann die Audio- und Steuerdaten. Wer schon einmal in einer solchen Umgebung gearbeitet hat – das Fachwort heißt übrigens datenstromorientierte Programmierung – kennt sich sofort aus. Aber es ist an jeden gedacht, und so gibt es nicht nur Tutorials, sondern auch noch weitere Beispiele für additive und subtraktive Synthese, FM, AM, Sequencing, Effekte, MIDI – was das Herz begehrt und ausreichend umfangreich. Wie bei Cycling ’74 Max sind die Tutorials lauffähig, man sieht also nicht nur trocken eine Erklärung, sondern kann sofort anfangen, damit herumzuspielen.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit Tutorials schafft man schnell den Einstieg in die Programmierung.

Bleibt die Frage: was machen eigentlich Inspector, Help und Console? Ganz einfach: wenn man auf ein Modul klickt, im nächsten Bild zum Beispiel auf den Sägezahnoszillator, dann kann man im Inspector dazugehörige Parameter wie die Frequenz und die Phase einstellen. Im Help-Fenster bekommt man weitere Informationen, wie die einzelnen Module in Patchblocks funktionieren. Beim Sägezahn sind das zum Beispiel die Angaben, dass er zwischen -0,5 und +0,5 schwingt und die Phase mit Werten zwischen 0 und 128 verschoben werden kann. Die Console schließlich gibt weitere Hinweise auf den gesamten Patch und gibt Werte aus. Am ehesten ist das mit dem Max Window in Max zu vergleichen. Im Bild sehen wir zum Beispiel den Hinweis, dass der Patch mit einer früheren Version der Audio Output Moduls erstellt wurde. So eine Information kann man bei vielen Modulen bekommen, es gab aber während des ganzen Tests keine Inkompabilitäten.

Inspector, Help und Console
Inspector, Help und Console

Im Übrigen gibt es beim jedem Modul auch noch weitere Infos, wenn man mit der Maus über die Elemente fährt. Beim Audio-Out-Modul kommt dann zum Beispiel die Information, dass der erste Input links der linke Kanal des analogen Inputs ist. Der zweite Input von links ist der rechte analoge Kanal und die beiden anderen sind dann für die digitalen Ausgänge, die das Signal ggf. an einen weiteren Patchblock weiter leiten. Im Prinzip kennt man das schon von anderen Programmen, aber die Patchblocks machen das wirklich sehr übersichtlich und ermöglichen auch dem Anfänger und der Anfängerin schnelle Ergebnisse.

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Praxis

Sound

Was können die Patchblocks eigentlich? Als modulare Systeme mit einer wirklich großen Anzahl von Modulen könenn sie richtig viel und man kann sie als eigenständige Synths, als Effektgeräte oder einfach nur für sich allein nutzen. Wir laden also einen Patch in den Patchblock, schließen alles an die Soundkarte an und hören: Bass! Und zwar in Stereo. Gesteuert wird das alles über die Controller auf dem Patchblock selber: ein Druckknopf für die Hüllkurve, der zweite für das Aufheulen der Oszillatorfrequenz. Bei den Reglern ist der erste für die Tonhöhe und der zweite für das Filter zuständig. Und der Bass ist auch wirklich schön, und wenn man mit der Tonhöhe nach oben geht und ein wenig am Filter spielt, bekommt man schon fast vokale Klänge.

Audio Samples
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Bass to Vocal

Wir laden den zweiten Sound: Patchblock ausgemacht, an den USB Port des Computers gestöpselt, Patchblock angemacht, im Editor einen Patch ausgesucht und auf den Patchblock geladen, im Mac Finder oder Windows Explorer den Patchblock ausgeworfen, Patchblock wieder angemacht und es kann losgehen: eine 909 Stereoclap.

Audio Samples
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909 Clap

Das war jetzt vielleicht eher der Beweis, dass eine 909 Clap eben eine 909 Clap ist und nicht so schnell nachprogrammiert werden kann, aber der Hall ist erstaunlich gut und macht uns neugierig auf den Patchblock als Effektgerät. Erst aber noch zwei andere Drumsounds, und hier spielen die Patchblocks ihre Stärke als modulares digitales System aus: Samples und Synthese können problemlos ineinander übergehen.

Audio Samples
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Sample Drums

Keine Frage, das klingt nicht überall super, aber es ist wie bei allen anderen Synthesizern auch: der Sweetspot will gefunden werden. Und beachtet werden muss auch, dass die Sample Rate der Patchblocks eher niedrig angesiedelt ist: bei 20 kHz ist Schluss, was heißt, dass alle Frequenzen über 10 kHz verzerren. Und mit Verzerrung ist hier keine schöne Röhrenverzerrung gemeint, sondern natürlich digitale Verzerrung. Aber auch die kann ja gewollt sein, man muss es nur wissen. Bei dem Beispiel mit den Samples hört man allerdings auch noch die geringe Bitrate, was dann schon zu schönen Bitcrusher-Verzerrungen führt.
Schon mit einem einzelnen kleinen Patchblock kann man richtig viel machen. Hier eine kleine und nur mit den Reglern des Patchblocks gespielte Performance:

Audio Samples
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Performance
Der grüne Midiblock lässt sich einfach anstecken, das Routing muss jedoch noch auf der Patch-Ebene programmiert werden.
Der grüne Midiblock lässt sich einfach anstecken, das Routing muss jedoch noch auf der Patch-Ebene programmiert werden.

MIDI

Schließt man das MIDI Modul an einen Patchblock an, so heißt das noch lange nicht, dass der Patchblock sofort über MIDI steuerbar ist. Wie bei einem echten modularen Synthesizer muss der MIDI-Anschluss erst einmal konfiguriert werden. Im Falle dieses digitalen modularen Synthesizers also: Module virtuell einbauen und Kabel legen. Sind wir erstmal damit fertig, gibt es wieder einen schönen Bass. Die Pads wollen hingegen leider nicht so richtig rund klingen, was wieder in der niedrigen Auflösung liegt. Ganz klar: Bei den Patchblocks sollte man die Stärken eher im Lofi Sound und in den Verzerrungen suchen, vor allem in den Höhen.

Audio Samples
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Bass / Keys Pad

Patchblocks als Effektgerät

Nachdem wir vorhin schon einen ganz guten Reverb gehört haben – den es übrigens nicht als Modul gibt sondern der programmiert werden muss – wollen wir mal schauen, wie sich ein Patchblock als Effektgerät schlägt. Leider öffnet sich beim Öffnen des Audioeingangs nicht nur dieser, sondern auch ein ganz massiver Geräuschhintergrund. Schon ohne eingestöpseltes Signal rauscht es nicht nur, sondern es machen sich auch Fiepen und andere Geräusche bemerkbar, wenn man an den Reglern dreht. Mit einem angeschlossenen Abspielgerät wird das nur noch schlimmer und die beiden Klangbeispiele sind eigentlich nur noch als Beweis anzusehen, dass es technisch funktioniert. In musikalischen Zusammenhängen ist der Input wegen der Störgeräusche leider kaum zu gebrauchen. Wir haben also das Beispiel mit den Sample-Drums einmal durch ein Delay und einmal durch ein Chorus geschickt:

Audio Samples
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Stereo Delay Chorus

Man muss es klar sagen: Die Patchblocks sind LoFi-Geräte, bei denen der Spaß darin liegt, dass man sie recht leicht programmieren kann und sie bei richtigem Einsatz auch gut klingen. Und nicht jeder stört sich am massiven Grundrauschen zum Beispiel der Korg Monotrons und ist vielleicht einfach froh, wenn man für wenig Geld etwas bekommt, mit dem man richtig kreativ werden kann. Und das kann man mit den Patchblocks, auch wenn sie sich vielleicht nur mit sehr viel Geräuschtoleranz als Effektgerät eignen. Beim geringen Preis der Patchblocks liegt natürlich die Vermutung nahe, dass überwiegend sehr günstigste Bauteile zum Einsatz kommen und gleich an verschiedenen Stellen gespart werden musste: an der Auflösung, an den Wandlern und an den Audioein- und ausgängen. Andererseits bekommt man dafür ein sehr gutes Konzept, eine Hardware mit verschiedenen Anschlüssen und Möglichkeiten und die Eintrittskarte zu einer Community, die schon viele Patches hochgeladen hat. Schließlich lebt ein Projekt wie die Patchblocks auch vom Austausch und vom gemeinsamen Entdecken. Im Vergleich zu dem sehr viel teureren Soulsby Atmegatron, bei dem das selber Programmieren sehr viel umständlicher und kaum eine nennenswerte Community existiert, sind die Patchblocks für den Einstieg in diese digital-modulare Bastelwelt wohl die bessere Wahl.

Der Patchblocks-Editor in der Praxis

Was den Editor angeht: Noch funktioniert nicht alles ganz reibungslos, aber das sind nur kleine Mäkeleien angesichts des wohldurchdachten Konzepts, das meiner Meinung nach absolut aufgeht. Das Zusammenstellen neuer Patches, die Anbindung an den Webserver und das Verschieben der Patches zwischen Computer und Patchblock funktionieren wunderbar. Hoch zu loben ist der Emulator, mit dem man Patches schon auf dem Computer ausprobieren kann, ohne sie erst auf einen Patchblock hochladen zu müssen. Auf dem Mac muss man allerdings vorher noch das kostenlose Xcode herunterladen, das immerhin 3,8 GB auf der Festplatte belegt. Überhaupt befindet sich der Editor erst in Version 0.5.3beta, aber er läuft sehr gut und sollte niemanden daran hindern, sich mit den Patchblocks auseinanderzusetzen.
Konzeptionell ist der Editor mit einigen anderen Systemen verwandt, man denkt sofort an SynthEdith, FL Synthmaker, Reaktor oder den alten Nord Micro Modular, aber auch an Cycling ’74 Max oder die freie Variante davon, Pure Data. Mit einigen dieser Programme gemeinsam hat der Patchblocks Editor, dass man nicht nur aus den vorhandenen Modulen auswählen kann, sondern sich auch selber seine eigenen Module programmieren kann. Bei den Patchblocks funktioniert das mit einer Kombination aus XML und C++. Von seiner Ausrichtung her kommt der Editor sicherlich den “akademischen” Max und Pure Data am nächsten. Weil er aber alle Informationen in ein einziges großes Fenster verpackt und eine Reihe von Modulen bereits vorsortiert bereitstellt, bietet er eine viel leichtere Plattform an und man wird nicht von einem blanken Editorfenster und unendlich vielen Möglichkeiten erschlagen. Und schon allein vom Preis her ist nur das kostenlose Pure Data überhaupt günstiger.
Aber das ist ja nur die halbe Miete, denn im Gegensatz zu den Programmen bekommt man ja beim Patchblock noch die ganze Hardware dazu, weshalb das einzige vergleichbare Gerät tatsächlich die Nord Modular Reihe ist. Und im Vergleich dazu muss man natürlich ganz klar Abstriche machen: bei der Klangqualität, bei der Anzahl der Ein- und Ausgänge, aber auch schon auf der Editorebene. Die Nord Modulars zeigen zum Beispiel schon im Editor auf, wenn der Prozessor überfordert wird und auch Übersteuerungen werden einfach grafisch angezeigt und müssen nicht von Hand errechnet werden. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen, der Patchblock Editor ist ja noch nicht einmal bei Version 1 angekommen. Und dafür kann er schon richtig viel, läuft im Gegensatz zu den Nord Modulars der ersten Generation auf aktuellen Betriebssystemen und ist vor allem preislich auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt: 60 € für einen einzelnen Patchblock und 35 € für das MIDI Modul, das ist ein wirklich sehr fairer Preis.

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Fazit

Die Patchblocks, die es inzwischen auch im Eurorack-Format gibt, sind eine gelungene Sache: Die gerade mal zwei Streichholzschachteln großen Module kann man mit einem sehr schönen Editor nach Belieben programmieren und zum Beispiel als Synthesizer, Sequencer oder Effektgerät einsetzen. Sie lassen sich durch einfaches Zusammenstecken zu komplexeren Systemen kombinieren und der separat erhältliche Midiblock stellt die Anbindung an die DAW her. Tutorials führen an die Programmierung heran und in der Community gibt es eine Vielzahl von fertigen Patches zum Download. Bei der Audioqualität muss man beim sehr günstigen Preis der Patchblocks einige Abstriche machen, wobei vor allem der stark rauschende Audioeingang betroffen ist. Aber durch ihr durchdachtes Konzept und die einfache Bedienung sind die Patchblocks hervorragend zum Erlernen der digitalen Klangsynthese geeignet. Eine weitere gute Nachricht ist, dass das Team rund um Sebastian Heinz nicht aufhört, immer weiter zu entwickeln. Vielleicht gibt es ja auch schon die Idee, die Patchblocks zusätzlich in einer qualitativ hochwertigeren Variante heraus zu bringen – verdient hätten sie es allemal.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • gutes Konzept
  • guter Editor
  • gute Anbindung an die Community
  • günstiger Preis
Contra
  • Klangqualität des Audioeingangs
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Patchblocks Test
Für 59,00€ bei
Die Patchblocks sind keine HiFi-Geräte, machen aber eine Menge Spaß.
Die Patchblocks sind keine HiFi-Geräte, machen aber eine Menge Spaß.
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