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Marantz MPM-3500R Test

In Marantz’ Studiomikrofon-Serie werden Kondensatorkapseln verbaut — mit Ausnahme des MPM-3500R, denn das ist ein Bändchen.

Marantz_MPM_3500R_Ribbon_Mike_2

Damit wäre auch geklärt, weshalb dieses Mikrofon einen Buchstabenzusatz in Form des „R“ erhalten hat. Dass man dem MPM-3500R zudem die höhere Zahl verliehen hat, stimmt natürlich erwartungsvoll.
Wer wie ich nicht mehr zu den allerjüngsten Bewohnern des Erdenrunds zählt, der weiß noch, wie heimischer Musikgenuss bedeutete, dass man große Geräte zu bedienen hatte, auf denen gerne Pioneer, Sony oder manchmal eben Marantz stand. Marantz hat mit “Marantz Professional”-Produkten längst über den Tellerrand des Hi-Fi-Markts hinausgeblickt. Und mein Blick geht auf das Bändchenmikro, das für unter dreihundert Euro in den Shops erhältlich ist.

Details

Kaum Besonderheiten – doch was ist mit der Mikrofonspinne?

Wirkliche Außergewöhnlichkeiten hat das Äußere des Marantz MPM-3500R nicht zu bieten, wenn man sich ihm nähert. Gut: Die mitgelieferte Spinne ist eine interessante Konstruktion, denn sie bietet auf den ersten Blick gleich zwei Stativaufnahmen. Das würde natürlich keinen Sinn machen. Allerdings kann diese zusätzliche Gewindeaufnahme den Poppschutz aufnehmen, der ebenfalls mit dem Mikrofon im Schutzköfferchen zum Käufer kommt. Praktisch!

Nein, das ist kein Fehler: Die Spinne kann direkt den Poppschutz aufnehmen, daher die beiden beweglichen Gewindeaufnahmen.
Nein, das ist kein Fehler: Die Spinne kann direkt den Poppschutz aufnehmen, daher die beiden beweglichen Gewindeaufnahmen.

Phantomspeisung

Das Ribbon-Mikro selbst besitzt die klassischste und einfachste aller Korpusformen, den Zylinder. Wird dieser über den Ring am Fuß des Mikros entfernt, wird der Blick auf die Elektronik frei. Wie einige andere moderne Bändchen auch, muss das Mikrofon phantomgespeist werden und besitzt eine Sensitivity von -34 dB re 1V/Pa, das entspricht einem Übertragungsfaktor von 20 mV/Pa. Dadurch wird der verwendete Preamp „unwichtiger“, muss also qualitativ nicht mehr so weit oben angesiedelt sein wie es sonst bei den Ribbons mit ihrem geringen Output der Fall ist, aber gleichzeitig verliert man ein wenig an Möglichkeiten, was die Klangbeeinflussung angeht. Bedenkt man, dass viele User des Marantz eher im Homerecordingbereich angesiedelt sein werden, ist das eine durchaus vernünftige Entscheidung. 

Fotostrecke: 2 Bilder Bändchen liefern eigentlich einen sehr geringen Output.

Pad und Hochpassfilter

Die 48V-Speisung erklärt auch, was ein 10dB-Pad an dem Mikrofon zu suchen hat, denn die Elektronik sorgt für eine konstante Verstärkung. Auch sinnvoll ist sicher die frühe Abschwächung der Bässe per Hochpassfilter, auch hier wieder mit Verweis auf den Homerecordler, der gerne mit geringen Abständen arbeitet – und die sorgen besonders bei Bändchen für eine oft unangenehme Bassanhebung. 

Eher selten: Das Bändchenmikrofon ist mit Hochpass und Pad ausgerüstet.
Eher selten: Das Bändchenmikrofon ist mit Hochpass und Pad ausgerüstet.

20 Hz – 20 kHz

Im rechteckigen Metallkorb wird das dünne und leichte Metallbändchen zwischen den Polen eines Magneten hin- und herbewegt. Im Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz, der gemeinhin als der Hörbereich des Menschen genannt wird, liegt die Übertragung in einem Bereich von 6 dB (+/- 3 dB). Eine derartige Toleranz klingt möglicherweise nach viel, aber Bändchen sind generell eher höhenarm und nicht besonders linear – was auch durchaus ihren Charme ausmacht. 

Unten links ist zu erkennen, dass ein Übertrager eingebaut ist.
Unten links ist zu erkennen, dass ein Übertrager eingebaut ist.
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Praxis

Macht seine Sache insgesamt gut

Unter den dynamischen Mikrofonen sind es die Bändchenmikros, die teilweise extrem hohe Preise aufrufen. Für AEA, Royer, Shure, aber auch Coles sind saftige Beträge zu zahlen. Das Marantz MPM-3500R geht glücklicherweise einen anderen Weg. Der aktuelle Ladenpreis geht in Ordnung. Den Spieß kann man aber auch umdrehen, indem man darstellt, dass bei einem höheren Preis die Kunden zurecht die eher standardmäßige Konstruktion und Verarbeitung bemängeln würden. Insofern ist die mit 3500 höhere Zahl im Produktnamen gegenüber dem MPM-3000, das ist Marantz’ teuerstes Kondensatormikrofon, nicht uneingeschränkt gerechtfertig. Mein Kollege Andreas Ederhof hatte dieses im Test, ich hatte es mir beim Fotografieren desselben nicht nehmen lassen, es einmal visuell, haptisch und aural einem Schnellcheck zu unterziehen. Ich muss sagen: Das 3000 wirkt wertiger als das 3500. Dennoch: Das Bändchenmikrofon ist ein eher preiswertes Tontechnik-Werkzeug, das zwar weder besonders sexy aussieht noch mit irgendwelchen Besonderheiten daherkommt, aber es macht seine Sache gut und kann in vielen Mikrofonierungssituationen tadellos bestehen.

Das 3500R mit installierter Spinne und Poppschutz
Das 3500R mit installierter Spinne und Poppschutz

Man liest es aus meinem Text heraus, richtig? Ja: Das Marantz begeistert mich nicht. Aber das muss es auch nicht. Enttäuschen tut es mich auch nicht, wirklich polarisieren tut es ebenfalls nicht. Es ist einfach ein gutes Mikrofon, das durch seine aktive Elektronik ausreichend Pegel liefert und nicht wirklich hohe Ansprüche an den Preamp stellt. Sein Polar-Pattern ist, typisch für eine echte Acht, ordentlich stabil, was auch die Raumsignale detailliert und verfärbungsarm aufzeichnet. Bei all dem bleibt das MPM-3500R jedoch recht gesichtslos. Zwar könnte man meinen, für Aufnahmen mit „Charakterarmut“ sei ja eher ein Kondensatormikro geeignet, aber diese sind doch oft spitz, kratzig, scharf – besonders im niedrigeren Preisbereich. Zweifelsohne klingt das Marantz aber nach seinem Empfängerprinzip: Als Bändchen ist es eher sanft in den Höhen, der Hersteller begeht zum Glück nicht den Fehler, die Elektronik auch für eine allzu saftige Höhenanhebung zu nutzten. Stimmen profitieren auch beim Marantz vom leichten Roll-Off in den Höhen, wodurch sich das Mikrofonsignal auch ohne EQ leicht in den Mix einfügt (und auch Platz für leichte Zerrprodukte durch die weitere Bearbeitung der Stimme lässt). Auch Instrumentensignale mögen diese Eigenschaften, besonders solche, die schnell zum Klirren und zu blechernem Klang neigen, allen voran cleane Amps und Schlagzeugbecken. 

Audio Samples
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Marantz MPM-3500, 10 cm Marantz MPM-3500, 10 cm + HPF Marantz MPM-3500, 30 cm Marantz MPM-3500, 60 cm Coles 4038, 10 cm Coles 4038, 30 cm Coles 4038, 60 cm Beyerdynamic M130, 10 cm Beyerdynamic M130, 30 cm Beyerdynamic M130, 60 cm

Nahbesprechung

Bändchen haben einen ordentlichen Nahbesprechungseffekt, das ist auch bei diesem Ribbon-Mike nicht anders. Zu geringer Abstand lässt das Signal mumpfig erscheinen, außerdem steigt die Poppempfindlichkeit dann enorm (weshalb ja ein Schirm mitgeliefert wird!). Anders als bei sehr hochwertigen Bändchen wirkt das Signal dann in gewissem Maße undifferenziert und verliert etwas von seiner sonst angenehmen Detailzeichnung, wird aber zum Glück nicht zu „wobbly“ und schwammig. Trifft man den richtigen Besprechungsabstand, ist das Signal sehr gehaltvoll und „komplett“, die leichte Griffigkeit, wohl durch den Ausgangsübertrager, unterstützt diesen Charakter sehr gut. Sauber arbeitet die Tiefensperre des Mikrofons, hier kann man das Signal schön schlank halten, ohne sich Mittenprobleme einzuhandeln.

Flotte Transienten bei nicht zu hohen Pegeln

Schön und typisch Bändchen ist, dass der dünne Metallstreifen kaum etwas wiegt und sich beim Singen dementsprechend „an die Lippen hängt“. Transienten werden flott übertragen, erst bei hohen Pegeln spürt man die veränderte Auslenkung, das Mikro macht dann „zu“. Demnach sollte man auch etwas gutmütiger mit Abständen bei lauten Instrumenten umgehen, etwa bei der Hi-Hat (ein weiterer Grund wäre natürlich der Nahbesprechungseffekt). Bei Pegelspitzen sollte man auch nach Anschalten des Pads auf jeden Fall eine etwaige „Abflachung“ beachten. 

Audio Samples
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Marantz MPM-3500, 0 Grad Marantz MPM-3500, 45 Grad Marantz MPM-3500, 90 Grad Coles 4038, 0 Grad Coles 4038, 45 Grad Coles 4038, 90 Grad Beyerdynamic M130, 0 Grad Beyerdynamic M130, 45 Grad Beyerdynamic M130, 90 Grad

Typische Bändchen-Acht

Bliebe noch die Betrachtung des Polar-Patterns. Bei „echten Achten“, also solchen, die nicht aus der Doppelkapselverschaltung entstehen, sondern mit Empfängern erzeugt werden, die „generisch“ diese Richtcharakteristik erzeugen, ist die Frequenzstabilität generell recht hoch. Vor diesem Hintergrund performt das Marantz ordentlich.

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Fazit

Marantz hat mit dem MPM-3500R ein ordentliches Ribbon-Mikrofon mit für Homerecording-User passenden Features auf den Markt gebracht. Nicht mehr, nicht weniger. Allzu typischer Bändchencharakter bleibt aus, dennoch ist das Mikro angenehm sanft, ohne zu undetailliert zu sein. Dabei zeigt das Marantz, dass es auch im niedrigeren Preissegment nicht unbedingt ein Kondensatormikrofon sein muss. Besonders für diejenigen, die sich an die Richtcharakteristik Acht „herantrauen“ wollen (und dazu will ich immer ermutigen) und keine großen Ausgaben tätigen können, sollten sich das Marantz genauer ansehen. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • mit Pad und Filter ausgestattet
  • durch aktive Elektronik auch mit Interface-Preamps problemlos nutzbar
  • Übertrager macht das Signal griffig
Contra
  • teilweise etwas undifferenziert, vor allem bei naher Besprechung
Artikelbild
Marantz MPM-3500R Test
Für 129,00€ bei
Marantz_MPM_3500R_Ribbon_Mike_3
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Acht
  • Wandlerprinzip: dynamisch (Bändchen)
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz (ca. +/-3 dB)
  • Übertragungsfaktor: 20 mV/Pa
  • THD+N: 15 dB(A)
  • maximaler Schalldruckpegel: 135 dB SPL (1% THD)
  • Schaltfunktionen: Pad und Hochpassfilter
  • Besonderheit: phantomgespeiste Aktivelektronik
  • Ausgang: XLR
  • Preis: € 309,– (UVP)
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Profilbild von jas23

jas23 sagt:

#1 - 18.11.2016 um 09:26 Uhr

0

Oh weh. OEM-Rebranding ist ja echt nichts neues, aber gleich zwei Mikros von der selben Firma nehmen und dann eines für 309€ verkaufen, wenn das Original für 125 USD zu haben ist... Irgendwie schon frech.

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