Anzeige

Mad Professor Big Tweedy Drive Test

Der Mad Professor Big Tweedy Drive will mit dem Mythos aufräumen, dass ein Verzerrer grundsätzlich einen aggressiven und brachialen Sound liefern muss. Denn es geht auch sanft, wie einige gut abgehangene Overdrive-Pedale beweisen. Wirklich gut klingt es im Low- und Mediumgain-Bereich erst dann, wenn die Verzerrung nicht als solche erkennbar ist.

Mad_Professor_Big_Tweedy_Drive_006FIN


Und genau hier scheitern viele Pedale, weil sie den Spagat zwischen einer Verzerrung und einem dynamischen Klangverhalten nicht homogen hinbekommen. Ob der Big Tweedy Drive von Mad Professor diese Disziplin beherrscht, sagt euch unser Test.

Details

Konzept und Aufbau

Die ursprüngliche Idee hinter Overdrive-Pedalen war die Nachahmung einer natürlichen Röhrenverzerrung. Genau diesen Grundgedanken hat man sich bei der Konstruktion des Big Tweedy Drive zu Herzen genommen. Wie schon der Beiname “Tweedy” verheißt, handelt es sich bei ihm um die Nachahmung eines weit aufgerissenen Fender Tweed Twins aus der Ära zwischen 1957 und 1960. Man hat sich hier also an den klassischen Sounds von Gitarristen wie Keith Richards, Clapton oder einem späten Rory Gallagher orientiert. Eigentlich könnte man dieses Pedal auch als Riffmaschine bezeichnen, denn wirklich sahnige Leadsounds, die zum Herumfegen auf dem Griffbrett einladen, bekommt man hier nicht hin.

Fotostrecke: 3 Bilder Der verrückte Professor hat wieder zugeschlagen und sich dem Sound des Fender Tweed angenommen.

Mit dem Volume-Regler steuert man die Ausgangslautstärke des Pedals und kann bei Bedarf die Eingangsstufe des Amps tüchtig anblasen. Das ist für einen brauchbaren Sound zwar nicht unbedingt notwendig, aber man gibt dem Ton so eine weitere Färbung. Das zusätzliche Anzerren der Eingangsstufe funktioniert aber nur, solange man es nicht zu weit treibt, denn bei zu hohen Werten muss man Dynamikeinbußen in Kauf nehmen. Der zweite im Bunde ist der Drive-Regler. Dreht man ihn komplett zurück, kommt kaum ein Laut aus dem Pedal, sodass man in diesem Fall den Volume-Regler sehr weit aufreißen muss. Gleichzeitig sind bei sehr geringen Drive-Settings relativ weit aufgedrehte Tone- und Presence-Regler angesagt, weil das Pedal erst mit zunehmender Verzerrung schimmernde Obertöne produziert. Egal, wie man die beiden Klangregler auch einstellt, der Bassbereich bleibt weitestgehend unbeeinflusst. Diese Schaltungsvariante hat sich in den letzten Jahren bei vielen Pedalherstellern etabliert und bringt meiner Meinung nach sehr viele Vorteile. Der Obertonbereich lässt sich besser dosieren und ein insgesamt breiteres Klangspektrum steht zur Verfügung. Tone und Presence interagieren miteinander, wobei der Presence-Regler erst ab einer mittleren Verzerrungen hörbar ins Klanggeschehen eingreift.

Fotostrecke: 4 Bilder Vier Regler mit schwarzen Potikappen stehen zum Soundverbiegen zur Verfügung.

Alle Anschlüsse des Pedals sind an den Seiten, rechts befindet sich der Eingang sowie der Anschluss für ein optional erhältliches Standard-9-Volt-Netzteil. Entsprechend wartet auf der gegenüberliegenden linken Seite der Ausgang. Nach Öffnen der Unterseite kann ein 9-Volt-Block eingelegt werden, um auch unabhängig vom Netzteil arbeiten zu können. Die Verarbeitung ist, wie von Mad Professor gewohnt, allererste Sahne.

Fotostrecke: 4 Bilder Die rechte Gehäuseseite ist mit zwei Anschlussbuchsen ausgestattet,…
Anzeige

Praxis

Praxis und Sound

Schon beim ersten Anspielen spürt man die ausgeprägte Dynamik des Big Tweedy Drive. Der Ton ist alles andere als statisch und reagiert im Gegensatz zum Urvater aller Overdrivepedale, dem Tubescreamer, sehr gut auf den Anschlag und die Spielweise des Benutzers. Ebenfalls positiv zu bewerten ist die Tatsache, das man keinen angezerrten Gitarrenamp benötigt, um zu guten Sound-Ergebnissen zu kommen, was bei klassischen Overdrive-Pedalen keine Selbstverständlichkeit ist. Da es sich hier um einen Low/Medium-Verzerrer handelt, habe ich zuerst einmal versucht, den Sound an das Originalsignal anzupassen, sprich, so wenig Zerre wie möglich einzustellen. Das gelingt hier nicht komplett, weil das Pedal den Bassbereich unterhalb von 100 Hertz ausdünnt und dem Signal insgesamt einen Tacken Verzerrung hinzufügt. Gleichzeitig erhält der Klang eine dezente Mittennase, die dem Ton eine leichte Färbung verleiht.

Das erste Soundbeispiel besteht aus zwei Teilen. In der ersten Hälfte hört ihr den Sound ohne und im zweiten Teil mit aktiviertem Pedal in seiner cleansten Einstellung. Die Settings am Pedal sind wie folgt: Volume 15 Uhr, Drive 7 Uhr, Tone und Presence 16 Uhr.

Audio Samples
0:00
Zuerst ohne Pedal, dann mit Pedal – Min. Gain

Realistisch wird der Einsatz des Pedals erst ab der 9-Uhr-Einstellung des Drive-Reglers. Hier erhält man eine sehr authentische, weiche und silbrige Verzerrung, die man als solche kaum wahrnimmt. Diese Einstellung eignet sich bestens für knackiges Akkordspiel und leicht angeraute jazzige Sounds.

Audio Samples
0:00
Gain 9 Uhr
Der Big Tweedy Drive klingt offen und ehrlich und verfügt über eine ausgeprägte Dynamik.
Der Big Tweedy Drive klingt offen und ehrlich und verfügt über eine ausgeprägte Dynamik.

Ab der 12-Uhr-Position des Drive-Reglers erwachen dann auch die beiden Klangregler allmählich zu Leben. Hier erhält der Ton eine weiche Kompression, die gut mit der Spielweise interagiert. Gleichzeitig ist der Obertonbereich noch lebendiger, was besonders für Blueser und Rockabilly-Fans interessant ist.

Audio Samples
0:00
Gain 12 Uhr

In der 15-Uhr-Position lassen sich schmutzige und leicht bröselige Licks im Stil von Keith Richards wunderbar imitieren. Zwar verliert der Ton etwas an Geschmeidigkeit, was seinem Charme aber keinen Abbruch tut. Ruppige Classic-Rock-Riffs brauchen nun mal einen gewissen Anteil an Schmutz, um authentisch zu klingen.

Audio Samples
0:00
Gain 15 Uhr

Selbst bei maximaler Drive-Einstellung bleibt die Saitentrennung perfekt erhalten. Wie man hören kann, gibt es hier nur einen eher gezähmten Zerrgrad, der nichts mit “modernen” Bratsounds zu tun hat. Stattdessen liefert das Pedal einen sehr ehrlichen, angenehm rauen und direkten Ton, der an Tommy Bolin und Rory Gallagher erinnert. Aber auch Country-Rocker könnten hier fündig werden. Klasse! Einziger Nachteil ist die gnadenlose Offenlegung von Spielfehlern, die das Pedal nicht weg-komprimiert oder den Sound irgendwie schönfärbt. Man muss also um den Ton kämpfen. Insofern ist das Pedal eher etwas für Spieler, die wissen, wie man den Ton mit den Fingern formt.

Audio Samples
0:00
Gain auf Maximum
Anzeige

Fazit

Der Big Tweedy Drive von Mad Professor ist ein sehr ehrliches und offen klingendes Low/Medium-Overdrive-Pedal für Soundgourmets und Spieler, die wissen, wie man den Ton mit den Fingern formt. Das Gerät eignet sich sowohl für Jazzer, die ihren Sound nur leicht anrauen möchten, als auch für Rockabilly-Junkies und Country/Classic-Rocker. In punkto Verarbeitung gibt es nichts zu meckern und in Anbetracht des insgesamt guten Klanges halte ich das Preis-Leistungsverhältnis für absolut ausgeglichen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • offener, ehrlicher Overdrive-Sound
  • tadellose Verarbeitung
  • wirkungsvolle Klangregelung
Contra
  • keins
Artikelbild
Mad Professor Big Tweedy Drive Test
Für 179,00€ bei
Von Heavy Metal ist der Big Tweedy weit weg, aber Spieler, die den Ton mit den Fingern formen, kommen auf ihre Kosten.
Von Heavy Metal ist der Big Tweedy weit weg, aber Spieler, die den Ton mit den Fingern formen, kommen auf ihre Kosten.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Mad Professor
  • Modell: Big Tweedy Drive
  • Effekt-Typ: Overdrive-Pedal
  • Bauart: analog
  • Anschlüsse: In/Out, Netzteilbuchse
  • Regler: Volume, Drive, Tone, Presence
  • Schalter: Bypass-Fußschalter
  • Bypass Modus: True Bypass
  • Stromversorgung: 9V-Netzteil (optional)
  • Batteriebetrieb: 9V-Blockbatterie
  • Stromaufnahme: 10 mA
  • Abmessungen B x T x H (cm): 60 x 120 x 50
  • Gewicht: 280 Gramm
  • Ladenpreis: 189,00 Euro (Juli 2017)
Hot or Not
?
Mad_Professor_Big_Tweedy_Drive_004FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?
  • Some Bluesy Sounds with the Quilter Elevate!