Der MicroKORG führt acht Jahre nach seiner Markteinführung immer noch die Charts der meistverkauften Synthesizer an, und das obwohl es mittlerweile ein Nachfolgemodell gibt. Kein anderes Keyboard wurde in den letzten 10 Jahren so lange unverändert gebaut. Die Liste der Künstler, die den MicroKORG einsetzen, liest sich wie das Who is Who der aktuellen Musikszene.
In diesem Bericht beleuchte ich ein wenig die Gründe für diesen Erfolg und erzähle von meinen persönlichen Erfahrungen mit diesem Instrument nach ca. 1000 Live-Einsätzen.
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Details
Aufbau der Tonerzeugung
Der MicroKORG ist ein vierstimmiger, virtuell-analoger Synth mit Vocoder und Arpeggiator. Pro Stimme gibt es zwei Oszillatoren, ein Filter, zwei Hüllkurven, zwei LFOs, einen Noise-Generator und ein kleine Modulations-Matrix. Außerdem gibt es zwei Effektprozessoren, einen für den Modulations-Effekt (Ensemble, Flanger, Phaser) sowie einen für Delay. Die vier Stimmen können auch auf zwei je zweistimmige Layer (Timbres) verteilt werden.
Oszillator 1 verfügt über die Standard-Wellenformen Saw, Square, Triangle und Sine, darüber hinaus aber auch noch 64 digitale DWGS Waves, die aus dem Korg DW8000 stammen. Hier findet man Ausgangsmaterial, um z.B. Orgeln, Clavinets und Glocken zu programmieren. Anstelle einer Wellenform kann man hier auch den externen Audio-Input einschleusen.
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Glockiger Sound auf DWGS BasisOrgel auf DWGS Basis
Oszillator 2 kann Saw, Square und Triangle erzeugen und mit Osc 1 per Ringmodulation oder Hardsync verlinkt werden.
Im Filterbereich finden wir 12dB oder 24dB Lowpass, 12dB Bandpass und 12dB Highpass.
Eine Modulations-Matrix mit vier Slots steht zur Verfügung. Hier können die Sources Velocity, KBD Track, Pitch Bend, MOD.Wheel mit den Destinations Pitch, OSC2 Tune, OSC1 Control1, Noise Level, CutOff, Amp, Pan und LFO2 Frequency verknüpft werden.
Unter dem Strich kann die Tonerzeugung des MicroKORGs also alles, was man zum Programmieren von klassischen, analogen Synthesizer-Sounds braucht, und das ist auch schon der erste Teil des Erfolgsgeheimnisses. Während andere Keyboards in dieser Preisklasse meist nur Sounds zustande bringen, die man mit teureren Instrumenten wesentlich besser hinbekäme, kann der MicroKORG in Sachen Synthese mit den Großen voll mithalten. Einzig an der Zahl der Stimmen wurde gespart. Während die Topmodelle unter den VA Synths bis zu 80 Stimmen bieten, hat der MicroKORG halt nur vier, was aber für viele Zwecke voll ausreicht.
Bedienkonzept Wo außerdem noch gespart wurde, ist die Bedienoberfläche. Da Potis, Taster, Fader und Displays bei der Hardwareherstellung stets sehr auf den Preis schlagen, hat KORG sich ein intelligentes Konzept ausgedacht, das mit wenigen Elementen auskommt und trotzdem eine komfortable Bedienung ermöglicht. Obwohl es nur ein 3-Zeichen-Display, neun Drehknöpfe und 15 Taster gibt, lässt sich der Synth sehr einfach und schnell programmieren. Eine zentrale Rolle spielt hier die auf das Gehäuse gedruckte Parametertabelle in Verbindung mit den zwei großen Datenrädern und den fünf Drehreglern. Hier findet man alle Soundparameter und kann sie sofort anwählen, ohne durch irgendwelche Menüs zu steppen.
Die Bedienungsanleitung braucht man eigentlich nur für ein paar Extrafunktionen, die in der Tabelle nicht auftauchen wie Memory Protect on/off, MIDI Dump, Program Init oder Timbre Copy. Die einfache, intuitive Bedienung und die Entbehrlichkeit der Anleitung würde ich als zweiten Teil des Erfolgsgeheimnisses betrachten.
Vocoder Der MicroKORG beinhaltet einen hochwertigen Vocoder. Als Carrier-Signal dient entweder eine Wellenform des Oszillators oder ein externes Audiosignal, was am Audioeingang 2 anliegt. Als Modulator dient das Signal an Audioeingang 1, üblicherweise ein Mikrophon (entweder das zugehörige Schwanenhalsmikro oder irgendein anderes dynamisches Mikrophon). Das Frequenzspektrum des Modulators wird analysiert und auf das Carrier-Signal übertragen. Spricht man ins Mikro, folgt das Obertonspektrum des Carriers genau der Stimme, und so bekommt man den typischen Effekt der sprechenden Maschine.
Nur wenige Synthesizer haben einen Vocoder, und der MicroKORG ist immer noch der einzige in seiner Preisklasse, der diesen Effekt anbietet, und das sogar in sehr guter Qualität. Das ist wohl Teil 3 des Erfolgsrezeptes.
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Praxis
So, wie hat er sich denn nun im Dauertest gemacht?
Ich setze den MicroKORG seit 2003 live ein und habe ihn eigentlich immer dabei. Allerdings ist dies nun schon mein dritter, zwei habe ich schon im harten Muckeralltag zugrunde gerichtet.
Hier meine Erfahrungen im Einzelnen:
Robustheit Das Plastikgehäuse wirkt eigentlich nicht besonders stabil, ist es aber. Da ich immer all mein Equipment zusammen in eine Kiste packe, wird das Gehäuse sehr beansprucht, aber es ist nie zu Bruch gegangen. Schäden im Inneren, z.B. an der Platine, gab es auch keine, trotz zahlreicher Stürze. (Ich habe schon von Keyboards gehört, bei denen die Hauptplatine im Fluggepäck gebrochen ist, obwohl das Instrument im Case verpackt war.)
Die zwei großen Datenräder neigen dazu, abzufallen und mussten schon öfter mit einem Mini-Inbus wieder festgeschraubt werden. Ist aber kein großes Problem.
die zwei Datenräder in der Mitte
Schwerwiegender ist die Tatsache, dass die Master Volume-Potis irgendwann anfangen, zu kratzen. Von meinen drei MicroKORGs hat zwei dieses Schicksal ereilt. Die Mini-Potis an der Rückseite zur Regelung des Eingangs-Gains sind auch recht empfindlich, da sollte man beim Verpacken aufpassen, da die Regler etwas herausragen und keinem großen Druck standhalten. Sehr stabil sind dagegen Modulations- und Pitchrad – diese arbeiten immer noch einwandfrei. Ich erwähne das hier, da ich schon oft bei allen möglichen Keyboards Probleme mit den Pitch-Wheels hatte, die irgendwann angefangen haben, Pitch-Befehle zu verschicken, obwohl man sie nicht berührt hat.
Ansonsten gibt es noch eine gebrochene Taste und einen Kurzschluss in der Stromversorgung zu vermelden, aber im Vergleich zu anderen Synthesizern, die ich im Laufe der Jahre heruntergewirtschaftet habe, muss ich sagen, dass der MicroKORG außergewöhnlich robust ist.
Zuverlässigkeit Man schaltet den MicroKORG an und er funktioniert. Immer. Ich habe schon viele Probleme mit meinem Equipment erlebt. Abstürze und Ausfälle gab es immer wieder, aber beim KORG eigentlich nie. Es kam ab und zu vor, dass er eingefroren ist und nicht mehr gespielt hat, wenn er sehr lange angeschaltet war. Dann genügte es aber, ein anderes Programm anzuwählen, und er lief wieder.
Sound Ich benutze den MicroKORG gerne für Flächen, Effektsounds und als Vocoder. In meinem Setup befinden sich auch noch größere und teurere VA Synths, aber der kleine klingt kein bisschen schlechter und hat sich soundmäßig super bewährt. Besonders schön für Flächen ist der Ensemble-Effekt.
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Fläche mit Ensemble Effekt
Auch für Synth-Bässe und Leads setze ich ihn oft ein.
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Synth BassLead
Mit dem Vocoder kann man bei Pop-Gigs super Backingchöre mitsingen. Allerdings ist die Qualität des Schwanenhalsmikros nicht besonders, da es sehr empfindlich für „S“-Laute ist und etwas zischelt. Es empfiehlt sich also die Anschaffung eines anderen Mikrophons. Korg hat das Problem wohl erkannt und legt dem MicroKORG XL und auch dem R3 ein deutlich besseres Mikrophon bei.
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Vocoder-Backing mit SchwanenhalsmikroVocoder-Backing mit besserem Mikro
Features Vier Stimmen sind nicht viel, reichen aber für das meiste, was man so mit einer Hand spielen kann, aus. Wem das zu wenig ist, der sollte sich mal den achtstimmigen MicroKORG XL anschauen.
Wir bleiben hier aber beim “alten” MicroKORG. Die Tastatur ist zwar etwas schmaler als normal, lässt sich aber ganz gut spielen. Sie bietet den Vorteil, dass man größere Intervalle greifen kann als auf einer normalen Tastatur. Da ich gerade bei Flächen und Streichersounds gerne mit Dezimen arbeite, ist das ein echter Vorteil der kleinen Tasten.
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Dezimen, mit einer Hand gespielt
Die Tasten sind selbstverständlich anschlagsdynamisch, die Dynamik lässt sich aber nicht besonders gut kontrollieren. Das ist normalerweise kein Problem, wenn man die internen Analogsounds des MicroKORG spielt, wenn man aber mal ein Klaviermodul über MIDI ansteuert, wird das deutlich. Auch das ist beim MicroKORG XL verbessert worden.
Was mir aber sehr fehlt, ist ein Anschluss für ein Sustain-Pedal. Natürlich spielt man auf einem Minisynth keine klassischen Klavierkonzerte mit Pedal, aber manchmal würde man schon gerne eine Fläche halten, um eine Hand für etwas anderes frei zu bekommen. Manchmal löse ich das Problem so, dass ich bei Flächen das Release auf Maximum stelle. Dann bleibt ein vierstimmiger Akkord so lange stehen, bis ich den nächsten vierstimmigen Akkord anschlage. So bekomme ich dann die Hand frei, um z.B. am Sound zu schrauben.
Übrigens fehlt der Anschluss für ein Sustain-Pedal auch beim MicroKORG XL. Erst der R3 hat diese Möglichkeit.
abgerockte Rückseite ohne Sustainbuchse
Es gibt auch zwei Punkte, die beim „alten“ MicroKORG besser sind als beim XL und die mich davon abgehalten haben, auf das (ansonsten natürlich in vielen Punkte überlegene) Nachfolgemodell umzusteigen:
Der „Alte“ besitzt acht Taster, mit denen man die Programme anwählt. In Kombination mit dem A/B-Switch sind es 16 Programme, die man unmittelbar sofort abrufen kann. Nur die Bankanwahl erfolgt über das große Datenrad. Der XL hat keine acht Taster mehr, sondern stattdessen zwei Datenräder. Möchte man also von Programm 1 zu 127 wechseln, muss man erst mal an beiden Rädern schrauben, bis man den Sound erreicht hat. Das ist mir persönlich zu langsam und zu umständlich. Außerdem braucht der XL ungefähr eine halbe Sekunde, um das angewählte Programm zu laden. Beim „alten“ MicroKORG ist der neue Sound sofort nach dem Anwählen verfügbar. In einer hektischen Live-Situation ist das ein großer Vorteil.
praktisch: acht Programmtaster plus A/B Switch
Der MicroKORG hat zwar nicht viele Effekte, aber die entscheidend wichtigen. Hall gibt es z.B. nicht, aber ich persönlich benutze live sowieso grundsätzlich keinen Hall, da er im Bandsound eher stört und das Klangbild vermatscht. Das Delay dagegen ist wichtig und klingt auch gut. Leider gibt es keinen Tap-Tempo-Knopf, um das Delay zur Liveband synchronisieren zu können. Das ist eines der Features, dass ich bei diesem Synth am meisten vermisse. Ein Tap Tempo wäre auch für den Arpeggiator sehr nützlich gewesen. Leider bietet auch der XL dieses Feature nicht. Wer Tap Tempo braucht, der muss sich schon einen RADIAS zulegen oder ein externes MIDI Tap-Pedal, das per Fußanschlag MIDI Clock-Signale generiert, die das interne Tempo des Synths steuern (gibt es von Plyotec für ca. 100 Euro).
Was ich beim MicroKORG ansonsten noch schade finde ist, dass man die Belegung der fünf Drehregler nicht verändern kann, wie es beim R3 möglich ist. Beim MicroKORG sind die Regler fest mit Cutoff, Resonanz, Attack, Release und Tempo belegt. Ich persönlich fände z.B. das Parameter „Delay Depth“ wichtiger als Attack oder Release. Ein paar Parameter kann man sich per Matrix auf das Modulationsrad legen, aber längst nicht alle. Bei den Destinations der Modulations-Matrix fehlen z.B. alle Effektparameter. Also, wenigstens ein frei belegbarer Regler wäre schön gewesen.
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Der MicroKORG ist ein geniales Instrument und trotz seiner Winzigkeit ein vollwertiger Synthesizer, der sich soundmäßig hinter Niemandem verstecken muss. Er ist sehr robust und extrem zuverlässig und seinen günstigen Preis mehr als wert. Obwohl nun schon seit acht Jahren auf dem Markt, ist er immer noch brandaktuell und steht in seiner Preisklasse bisher ungeschlagen da.
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