Der Akustik-Gitarrist hat es manchmal etwas leichter. Das Equipment ist begrenzt – nur eine Gitarre, mehr braucht man in der Regel eigentlich nicht. Wir E-Gitarristen hingegen stehen immer vor der Qual der Wahl, wenn wir unser Instrument in den Urlaub, auf Geschäftsreise oder in die kleine Studentenbude mitnehmen möchten. Der Amp ist zu groß, nicht in der Bahn zu transportieren und auch viel zu laut – der WG-Nachbar muss gerade für´s Examen lernen, da kann er leider keine Metal-Riffs spät abends verkraften. Ein Gitarrenwalkman muss her.
Für diesen Einsatzbereich hat sich das Angebot mittlerweile sehr gut entwickelt. Es gibt ausgezeichnete Geräte, die zum Teil recht aufwendig konzipiert sind, unter anderem mit speicherbaren Sounds und integriertem MP3-Player. Dumm ist nur, dass die Teile auch schon eine Stange Geld kosten und wenn der Student sich für sein kleines WG-Zimmer so einen Headphone-Amp kaufen möchte, ist kein Geld mehr für Essen und Trinken übrig. Harley Benton hat für diese Fälle chronischen Geldmangels ein offenes Ohr und bietet auch Gitarristen mit schmalem Budget die Möglichkeit, über Kopfhörer an ihren Riffs zu feilen, wo und wann immer sie möchten. Denn der kleine GP-100 kostet sage und schreibe nur 58,- Euro (38,- Euro Streetpreis). Bei diesem Preis stellt sich natürlich die Frage, ob das Teil denn den qualitativen Ansprüchen des Gitarristen an Klang und Bedienfreundlichkeit überhaupt nachkommen kann. Dieser Sache sind wir auf den Grund gegangen und haben den GP-100 ausführlich für euch getestet.
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Details
Gehäuse/Optik Der GP-100 hat ein rotes Kunststoffgehäuse (82 x 114 x 36 mm), leicht abgerundet mit einer hellgrauen Bedienoberfläche. Mit vier Gummifüßen auf der Unterseite hat das Teil stabilen Halt auf allen Oberflächen. Wer beim Spielen auch gleich das Posing einstudieren möchte, der kann auch das mit dem GP-100 tun, denn ebenfalls auf der Unterseite gibt es einen Metallclip, mit dem man das Gerät an den Gürtel oder den Gitarrengurt schnallen kann. Alle Anschlüsse findet man auf den Flanken des Gitarren-Walkmans, während das Bedienfeld mit vier Reglern, drei 3-fach Schaltern für die Anwahl von Amp-Style und Effekten und sechs Tastern auf der Oberseite wartet. Den Mittelpunkt bildet ein hintergrundbeleuchtetes LC-Display (36 x 20 mm), dessen Beleuchtung man zur Schonung der Batterien selbstverständlich abschalten kann. Es gibt zwei Möglichkeiten, den Headphone-Amp mit Strom zu versorgen: Entweder mit zwei AA-Batterien, deren Lebensdauer vom Hersteller mit ca. acht Stunden angegeben wird (Alkaline Batterien), oder mit einem 3 V Netzteil, dann läuft es, solange man die Stromrechnung bezahlt…
Anschlüsse Auf der Stirnseite lauern die Ein- und Ausgänge. Je eine 6,3 mm Monoklinke für die Gitarre (Input) und den Anschluss an den Amp (Output). Zwischen diesen Buchsen befindet sich noch der Miniklinke-Stereo-Anschluss für den Kopfhörer. Das Netzteil kann auf der rechten Seite eingestöpselt werden, darunter parkt der 3-fach-Schiebeschalter, mit dem man das Gerät einschaltet. In der dritten Position lässt sich zusätzlich die Display-Beleuchtung aktivieren. Wer einen externen MP3-Player an den GP-100 anschließen möchte, der kann das über die Aux-In-Buchse (Miniklinke-Stereo) an der linken Seite machen. Darunter befindet sich ein Schalter mit der Bezeichnung ´Air´, der einen „raumähnlichen“ Sound erzeugt, wie er bei der Abnahme eines Amps mit Mikrofon entsteht.
Bedienung Die Bedienung des GP-100 ist sehr einfach, denn die komplette Amp- und Effekt-Sektion ist quasi analog und ihre Justierung findet über vier Regler und drei Schiebeschalter statt. Mit Amp-Select wird einer der drei Amps (Clean, Blues, Rock) angewählt und mit Gain (Verzerrungsgrad) und Level (Lautstärke) eingestellt. Eine Klangregelung gibt es nicht, man muss nehmen, was man bekommt, Ende! Die Modulations-Effekte werden über den Mod-Schalter angewählt. Hier hat man die Möglichkeit, zwischen Chorus, Flanger und Tremolo hin- und herzuschalten. Mit dem Mod-Regler werden Effektanteil und Geschwindigkeit in einem eingestellt. Wenn man den Regler ganz nach links gedreht hat, ist der Effekt ausgeschaltet. Nach dem gleichen Prinzip werden die Raum-Effekte justiert. Hier sind Echo (kurzes Echo), Delay (langes Echo) und Reverb (Hall) verfügbar. Mit dem Amp-Regler wird die Intensität geregelt, und die Verzögerungszeit kann über den Tap-Taster eingestellt werden. Die Möglichkeiten sind zwar sehr rudimentär, aber zum Üben oder Warmspielen vor dem Gig reicht das völlig aus. Man will ja keine großen Programmieraktionen starten, sondern so schnell wie möglich spielen und Spaß haben.
Das Display dient lediglich zur Anzeige von Tuner und Metronom. Angewählt werden die einzelnen Funktionen über die Taster unterhalb des Displays:
Tuner – Das Stimmgerät wird angezeigt Metro – Das Metronom wird angezeigt Sound – Der Stimmton klingt
Mit der Taste ´Select´ und den ´Up/Down´-Tastern daneben können noch unterschiedliche Modi aufgerufen werden. So kann beim Tuner der Stimm-Modus zwischen normal (Guitar), einem Halbton tiefer (b) und zwei Halbtönen tiefer (bb) geschaltet werden. Das Metronom hat acht verschiedene Rhythm-Styles (Achtel, Sechzehntel, etc.) und man kann Takte von 1/4 bis 9/4 einstellen. Das Tempo wird entweder manuell oder mit der Tap-Funktion eingegeben.
Es gibt hier keine doppelte Tastenbelegung, alles ist ganz simpel gestaltet. Wer eine Telefonnummer in seinem Handy abspeichern kann, der wird mit diesem Teil auch ohne Bedienungsanleitung (die selbstverständlich dabei ist – auf einem Blatt…) aus dem Stand spielen können.
Nachdem das Erforschen der Bedienung keine großen Probleme bereitet hat, wenden wir uns jetzt der Kernfrage zu: Wie klingen 39,- Euro??? Wie bei jedem bonedo-Test werden sämtliche Möglichkeiten durchforstet und wir beginnen mit den drei Amp-Typen ohne Effekte. Bevor ich es vergesse… Der GP-100 ist über den Headphone-Ausgang verbunden. Das ist also praktisch der Sound, den ihr über die Kopfhörer hören würdet. Der Pegel vom GP-100 am Kopfhörer ist auf jeden Fall ausreichend, um sich mal richtig die Ohren durchzupusten.
Starrten wir mit dem Clean-Amp. Bei Gain 9 Uhr und voll aufgedrehtem Level gibt es einen klaren Ton ohne Verzerrung. Ein Amp-Charakter ist nicht großartig zu hören, es klingt mehr nach einem Gitarrensignal, das mit einem leichten Cut in den Höhen direkt ins Pult gespielt wird.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Clean
9
17
Off
Off
Off
Off
Audio
Samples
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Clean Amp 1
Auch bei voll aufgedrehtem Gain-Regler ist dem Clean-Amp nur eine leichte Verzerrung (mit Single Coil Gitarre) zu entlocken. Ein leichter, höhenbetonter Crunch-Sound ist das Ergebnis.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Clean
17
12
Off
Off
Off
Off
Audio
Samples
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/
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Clean Amp max.
Als nächstes ist der Blues Amp dran. Bei der Gain-Einstellung auf neun Uhr zerrt es schon etwas mehr als beim maximal gekitzelten Clean-Amp. Ebenfalls eine eher höhenbetonte Zerre.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Blues
9
17
Off
Off
Off
Off
Audio
Samples
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/
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Blues Amp 1
Mal sehen, was wir dem Blues-Amp an Zerr-Reserven entlocken können, wenn der Gain-Regler auf Maximum steht. Damit es noch etwas mehr bratzelt, habe ich eine Humbucker-Gitarre (SG) genommen. Hiermit lassen sich schon mal ein paar ordentliche Rock-Riffs in die Headphones zimmern.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
SG
Blues
17
12
Off
Off
Off
Off
Audio
Samples
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/
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Blues Amp max.
Jetzt kommt der dritte Amp an den Start, Rock ist das Motto. Beim Umschalten wird man schon mal von einem guten Nebengeräusch-Pegel begrüßt. Das liegt daran, dass ich das Gain noch voll aufgedreht hatte. Also Gain erst mal auf neun Uhr und so klingt´s.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
SG
Rock
9
17
Off
Off
Off
Off
Audio
Samples
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Rock Amp 1
Aber auch bei zurückgedrehtem Gain ist der Rauschanteil im Verhältnis zur Gesamtlautstärke recht hoch. Wie man erkennen kann, nimmt der Verzerrungsgrad von Amp zu Amp relativ linear zu und man bekommt eine gute Bandbreite an Zerrsounds geliefert, was ja sehr wichtig für den vielseitigen Einsatz eines Headphone-Amps ist. Jetzt hören wir uns noch den maximalen Verzerrungsgrad des Rock-Amps an.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Rock
17
12
Off
Off
Off
Off
Audio
Samples
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Rock Amp max.
O.K. Das war jetzt die erste Bestandsaufnahme. Global gesehen und verglichen mit den momentan erhältlichen Multi-Effekten mit Amp-Modeling oder den Amp Simulations PlugIns klingen die Amp-Sounds des GP-100 doch eher etwas schwach. Die dynamische Ansprache ist nicht sonderlich gut, dem kompletten Sound fehlt der Druck im Mitten- und Bassbereich und beim Rock-Amp ist das Grundrauschen sehr hoch. So, das ist jetzt meine neutrale Meinung zu den Basis-Sounds. Aber man kann den GP-100 nicht so einfach mit den Mitbewerbern Vergleichen, deren Produkte zum Teil das Zehnfache des GP-100 kosten… Um ein gerechtes Urteil zu fällen, muss man die Sounds im Verhältnis zum Preis sehen, und da gibt es dann erst mal nichts zu meckern. Zumal es noch Effekte gibt, von denen wir uns jetzt auch noch ein paar anhören wollen.
Es geht los mit dem Chorus. Bei einer Einstellung von 11 Uhr am Mod-Regler bekommt man schon einen recht präsenten Effekt in Stereo. Dem Clean-Sound tut das sehr gut, der Effekt macht den Klang angenehmer und weicher. Der Gesamtsound klingt voller und breiter und wird durch den Effekt stark aufgewertet.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Clean
11
13
Chorus
11
Off
Off
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Chorus
Der Flanger erzeugt einen angenehm düsteren Sound mit langsamer Effektbewegung bei einer Mod-Regler Einstellung von 10 Uhr.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Clean
11
13
Flanger
10
Off
Off
Audio
Samples
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/
0:00
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Flanger Slow
Auch wenn man den Mod-Regler voll aufdreht, kommt kein Sound-Matsch heraus, sondern ein schneller Flanging-Effekt, der etwas an ein schnell eingestelltes Leslie erinnert.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Strat
Clean
11
13
Flanger
17
Off
Off
Audio
Samples
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/
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Flanger Fast
Mit dem Tremolo und verzerrtem Amp, lassen sich Sounds wie in Green Days Boulevard Of Broken Dreams realisieren. Aber auch mit Clean-Sounds und etwas langsamer Geschwindigkeit klingt der Effekt gut. Die interne Voreinstellungen von Effekt-Intensität und Tremolo-Modus sind gut ausgewählt.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Les Paul
Rock
11
12
Tremolo
15
Off
Off
Audio
Samples
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/
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Tremolo
Jetzt geht es an die Raum-Effekte, die hier mit Ambience bezeichnet werden. Im Mode ´Echo´ lassen sich kurze Wiederholungen erzeugen, ähnlich dem Slapback Sound alter Bandechos. Ich habe versucht, mit einem leicht angezerrten Ton des Blue-Amps den typischen Rockabilly-Sound nachzubauen, aber leider ist dem Echo noch ein dezenter Chorus-Effekt beigemischt, sodass der Sound leicht matschig ist.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Gretsch
Blues
10
15
Off
Off
Echo
10
Audio
Samples
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/
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Echo
Beim Mode Delay wird die Verzögerungszeit mit dem Tap-Taster eingetippt. Hiermit lassen sich alle möglichen Delay-Sounds, auch mit längeren Verzögerungszeiten, erzeugen.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Semi Akustik
Rock
9
12
Off
Off
Delay
14
Audio
Samples
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/
0:00
0:00
Delay
Zum Schluss noch ein Beispiel für den Reverb. Für einen qualitativ guten Hall ist selbstverständlich einiges an Prozessorleistung nötig, die aufgrund der Preisgestaltung hier natürlich nicht gegeben ist.
Gitarre
Amp
Gain
Level
Mod FX
Mod
Amb FX
Amb
Semi Akustik
Clean
10
13
Off
Off
Reverb
10
Audio
Samples
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/
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Reverb
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Unterm Strich wird einem mit dem GP-100 für 39,- Euro doch einiges geboten. Los geht’s mit Tuner und Metronom, beide mit unterschiedlichen Einstellmöglichkeiten. Dann wären da je drei Amps, drei Modulations- und drei Raum-Effekte, von denen pro Sektion selbstverständlich nur einer anwählbar ist. Einen Eingang zum Anschließen eines MP3-Players gibt es auch noch. Das ist schon eine ganze Menge und trotzdem ist die Bedienung kinderleicht. Man muss aber Abstriche im Klang machen. Die Basis-Sounds der drei Amps sind nicht so druckvoll und dynamisch wie bei preislich höher angesiedelten Headphone-Amps, die Modulations-Effekte sind gut, die Raum-Effekte leider nicht ganz überzeugend. Aber das ist alles komplett logisch, denn irgendwo muss gespart werden. Man kann für diesen Preis keine Wunderwaffe erwarten. Ob die Soundqualität für den Einzelnen in Ordnung ist, muss jeder selbst entscheiden. Wenn es um das Üben zuhause und im Urlaub oder das warm spielen vor dem Gig geht, ist der Gesamtsound meiner Meinung nach auf jeden Fall absolut zufriedenstellend. Wer einen Headphone-Amp zu einem unschlagbaren Preis sucht, der sollte den GP-100 auf jeden Fall einmal antesten.
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