Flyht Pro Case Mobile DJ und Digital DJ TEST

Praxis

Um es noch einmal zu sagen: Diese Cases sind sehr groß und schwer. Befüllt mit zwei Technics 1210MK2, einem Native Instruments Kontrol Z2 Mixer und einem X1-Controller bringt das Flyht Pro Case Digital DJ exakt 60 Kilo auf die Waage. Sowas schleppt man nicht mal eben so durch die Gegend. Das Rollen auf einer ebenen Fläche funktioniert ganz gut, aber jede Stufe ist eine Strafe und eine ganze Treppe ist ohne Hilfe fast unmöglich zu schaffen. Das Rollen über einen versumpften Open-Air-Acker möchte ich mir gar nicht erst vorstellen.

Fotostrecke: 2 Bilder Befüllt ist besser: das Pro Case Mobile DJ mit Turntables und 19-Zoll-Mixer.

Also Tragen. Jedoch selbst zu zweit macht das keinen Spaß. Die gefederten Klappgriffe sind mittig eingesetzt, wodurch das Case durch die über 20 Kilo schweren Turntables stets zur Seitlastigkeit tendiert. Das Schleppen im gekippten Zustand ist auch schwierig (und schmerzhaft), weil die engen und ungepolsterten Seiten der Tragebügel die einzige Greifmöglichkeit darstellen. Auch eine Sackkarre ist kein optimaler Partner, weil das seitlich hochgestellte Case eben auch über 150 Zentimeter Meter hoch ist. Und schlussendlich ist das Case schon wegen seiner schieren Größe nur sehr umständlich zu handhaben. Drei Griffe sind für so ein Ungetüm von Case definitiv zu wenig.
Wer es im Auto transportieren möchte, sollte auch über die entsprechende möglichst ebenerdige Ladefläche verfügen. Unter Volvo Kombi geht da nichts.
Für DJ-Teams mit starken Armen (oder DJs mit starken Freunden) könnte ein Flyht dennoch „tragbar“ sein. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: Das Case ist schnell zum DJ-Pult umgebaut und mit wenigen Steckkontakten (Strom, Main out, Booth out, evtl. USB) sofort einsatzbereit. 

Fotostrecke: 2 Bilder Die fetten Tragegriffe bieten guten Griff, was auch notwendig ist, weil das beladene Case zur Seitenlastigkeit neigt.

Wir trafen uns in einem Garten (mit Flyht)

Zum Test-Gig im Garten habe ich meinen Native Instruments Kontrol Z2 Mixer und einen X1-Kontroller mitgenommen. Das Aufbauen des Flyht geht schnell vonstatten. Fast wie bei einen Transformer-Roboter hatte ich das Case in nicht mal einer Minute in einen DJ-Tisch verwandelt. Der Aufbau des Ständers aus den beiden Deckelhälften und den im Case befindlichen Querstreben geht gut allein, zum Draufheben der befüllten Unterseite ist eine zweite Person nützlich, aber nicht zwingend erforderlich.
Und schon liegen meine beiden Technics-Turntables sanft und passgenau in den jeweiligen Vertiefungen vor mir, sodass sie bündig mit der Oberfläche abschließen. Die Arbeitshöhe von 93 Zentimetern mag für kleine DJs etwas hoch sein, für mich passt sie perfekt. Lässt sich bauartbedingt auch nicht verringern.
In den Deckeln/Beinen befinden sich zwei große, runde Puffer aus dem gleichen weichen Material, die den Plattenteller beim Transport perfekt fixieren. Beim Auflegen schaukeln die Turntables leicht, aber angenehm in ihrem Schaumstoffbett, das stört nicht und sollte als Dämpfung in den meisten Fällen genügen. Wer auf Nummer sicher gehen will, legt noch Dämmmaterial unter die Füße/Deckel und schützt damit gleichzeitig den Bodenbelag vor den nackten, rohen Kugelecken. Das verhindert Kratzspuren, denn an Gummifüße hat der Hersteller leider nicht gedacht.
Ich hätte mir jedoch festeren Schaumstoff als Turntable-Umrandung gewünscht, da die hinteren Polster bei seitlich aufrechter Aufbewahrung des gefüllten Flyht schon nach drei Tagen vom Gewicht des Technics eingedrückt waren. Das erinnert mich an den billigen Schaumstoff eines meiner älteren Synthesizercases, der nach ein paar Jahren Nutzung bereits fröhlich vor sich hinbröckelte. Den gleichen Schaumstoff findet man in vielen günstigen Cases, allerdings muss der dort nicht so viel Last aushalten wie im Flyht.

Fotostrecke: 4 Bilder Und los geht die Gartenparty: Das Flyht Pro Case ist superschnell startklar, hier das Digital DJ-Modell mit Laptopablage.
Fotostrecke: 4 Bilder Mixer in der Grube: So tief liegt der Mixer ohne Hilfsmittel im Flyht Pro Case.

Als Nächstes fiel auf, dass im Flyht-Case ein Mixer mit frontseitigem Kopfhörerausgang schlicht nicht vorgesehen ist. Selbst mit einem angewinkelten Kopfhörerstecker muss vorne ein Spalt von zwei bis drei Zentimetern eingeräumt werden, der dann „hinten fehlt“. Soll heißen, das Netzkabel wird gequetscht an der hinteren Holzwand entlanggeführt und die XLR-Stecker liegen auf der Holzwandkante auf, wodurch mechanischer Druck auf die Buchsen des Mixers weitergeleitet werden kann.
Beim Flyht Pro Digital DJ Case gibt es noch ein weiteres Problem zu bedenken: Liegt der Mixer zu weit hinten, ragt die Laptopablage über die obere Mixeroberfläche und verdeckt dort befindliche Bedienelemente, denn sie kann nur in einer einzigen Position arretiert werden. Beim Z2 sind das z. B. die Regler für Gain und Master sowie die Schalter für den Traktor-Modus. Wer seinen Mixer kennt, kann mit spitzen Fingern unter die Laptopablage fassen, aber ideal ist das bei Weitem nicht. Daher kann ich die Version mit Laptopschlitten nur für Mixer ohne frontseitigen Kopfhöreranschluss und einer maximalen Tiefe von 33 Zentimetern empfehlen.

Fotostrecke: 3 Bilder Mixer mit frontseitigem Kopfhöreranschluss sind nicht optimal im Flyht Pro Case nutzbar. Auch für das Netzkabel ist nach hinten weg beim Kontrol Z2 nicht viel Platz.

Gleich weiter zum nächsten Testaufbau: mein altehrwürdiger Vestax PMC-15-Mixer mitsamt Audio-8-Karte für den DVS-Betrieb. Der Vestax ist 19-Zoll-einbaufähig, nur 5 HE tief und passt somit ideal in das Flyht Pro Case Mobile DJ. Aber auch hier treibt mich Sorge, denn das verbaute Rack ist nicht gepolstert und Stöße auf das Case müssten sich eigentlich ziemlich direkt auf den verschraubten Mixer auswirken.
Diese Sorge ist zumindest beim Flyht Pro Case Digital DJ unbegründet, denn: Der Mixer lässt sich gar nicht festschrauben!! Wegen der zusätzlichen Laptopschlittenschienen ist nach außen hin nicht genug Raum, um die Rackschrauben auf beiden Seiten in die Muttern zu führen. Das ist ein für mich ganz unverständlicher Konstruktionsfehler, den Flyht unbedingt beheben sollte. Denn was nützen Rackschienen, wenn ich nicht jeden rackfähigen Mixer reinschrauben kann?
Ihr seht schon, der Flyht und Mixer ist eine mitunter komplizierte Beziehung. In diesem Zusammenhang würde ich mich über Feedback von euch Lesern freuen, welche Mixer ihr erfolgreich im Flyht Pro Digital DJ einschrauben konntet.

Fotostrecke: 4 Bilder Ein schmaler 19-Zoll-Mixer mit fünf Höheneinheiten passt perfekt in das Flyht Pro Case Mobile DJ.

Beim Gig

Gut gefallen hat mir die Dämpfung der Turntables. Sie schaukeln sanft und unmerklich im dicken Schaumstoffbett und lassen sich sehr gut bedienen. Das kann ich leider vom hineingequetschten Traktor Kontrol Z2 Mixer nicht behaupten. Mixer für den Flyht Pro Case Digital DJ sollten unbedingt einen Kopfhöreranschluss auf der Bedienoberfläche und eine Tiefe von unter 33 Zentimetern haben.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Turntables liegen gut gedämpft im Schaumstoffbett.

Zusammenpacken

Nach gespieltem Gig werden dann die Tonträgerarme der 1200er arretiert, der Kopfhörer aus dem frontseitigen Ausgang am Mixer herausgefummelt, alle Kabelverbindungen zur PA und zum Strom ebenfalls gelöst, die Laptopablage über den Mixer geschoben und der Spieltisch von seinem Gestell gehoben. Die Unterkonstruktion ist blitzschnell auseinandergebaut, die Querstreben im langen schmalen Fach hinter dem Mixer verstaut und die Beine rasten sehr schön und präzise als Deckel über dem Case ein.

Zielgruppe

Für mobile DJ-Crews mit großer Posse, starken Hands und Volvo Kombi könnte solch ein Flyht Case genau das richtige Teil für Partys im Freien sein. Generator dran, Soundboks- oder Teufel-Aktivbox dran und los geht‘ mit dem Vinyl-Set im Park, Party-Guerilla-Style.
Auch für DJs, die immer wieder aus einer anderen Ecke ihrer Wohnung streamen wollen, ist das Flyht interessant. Heute vom Balkon und morgen aus der Küche, das geht schnell und einfach – wenn man eine zweite Person zum Tragen hat.
Schließlich könnten auch Verleiher auf den Geschmack kommen, ein Vinylkomplett-Set im Flyht Case anzubieten. Single-DJs sollten jedoch ganz genau in sich gehen, ob sie sich die Schlepperei zutrauen. Und Digital-DJs sollten das gleichnamige Flyht Case nur in Erwägung ziehen, wenn sie einen kurzen Mixer haben – und ein wenig Bastelei zur sicheren Aufbewahrung des Mixers gleich mit einplanen. 

Fotostrecke: 2 Bilder Der Flyht Pro Case Mobile DJ hat mir mit einem eingeschraubten 19-Zoll-Mixer trotz einiger Einschränkungen gut gefallen. Das größte Manko ist das Gewicht, aber das liegt leider in der Natur der Sache.
Kommentieren
Profilbild von Ruemmi

Ruemmi sagt:

#1 - 24.02.2024 um 00:15 Uhr

0

Danke für ein weiteres hervorragendes Produktreview, dass mir die Kaufentscheidung erleichtert hat! Ich verwende dieses Case nur stationär und kann die Transportfähigkeit und Co daher nicht bewerten, ich bin insgesamt aber sehr zufrieden mit dem Case. Die Verarbeitung könnte in meinem Fall besser sein: Der eine Deckel sitzt nicht sauber auf und wackelt etwas über die Butterfly-Verschlüsse wenn diese nicht verschlossen sind, aber das mag lediglich eine Produktionstoleranz sein... Worauf ich mit diesem Kommentar eigentlich hinaus will ist der Einbau von non-19" Mixern, den ich wie ich finde sehr elegant gelöst habe: Materialeinsatz - 2x 19" 1HE Blende (gibt es auch bei Thomann) - 1m Alu-Vierkantrohr (ca. 10x10 ausm Baumarkt) Im Grunde genommen werden die 19" Blenden einfach an den Schienen im Case befestigt und der Mixer dazwischen eingehangen, sofern er eine entsprechende Auflagefläche hat wie mein Reloop RMX-30. Da die Blenden jedoch zu instabil sein könnten (ich hatte noch welche rumliegen), müssen diese bei Bedarf mit dem Vierkantrohr stabilisiert werden. Dazu habe ich das Vierkantrohr einfach mittig unterhalb der Blenden mit zwei Schrauben an den Enden verschraubt. Der Mixer kann somit einfach durch Verschieben umpositioniert werden, wenn das Case auch transportiert wird kann man den Mixer bei Bedarf links oder rechts an den Schienen fixieren. Ich habe mein Mixer (bzw. die Blende) an der unteren Seite vom Case platziert, damit bleiben gute 5cm Luft für den Kopfhörer- und Mikrofonanschluss (ist allerdings etwas fummelig da nachträglich ranzukommen) und auch nach Oben habe ich ausreichend Luft für die Anschlüsse... ich könnte theoretisch sogar noch etwa 2cm nach Oben rutschen. Alle Angaben wohlgemerkt mit einem Reloop RMX-30! Anfangs hatte ich die Vierkantrohre übrigens direkt auf den Schienen aufgelegt und verschraubt, dadurch ist der Mixer zu weit hoch gekommen, sodass der Deckel auf die Regler gedrückt hat (sofern man den Mixer nicht ganz unten platziert und somit die Kopfhörer/ Mic Anschlüsse blockiert). Hier der Link zu den Bildern: https://postimg.cc/gallery/jJ4Jyf4 Cheers Rümmi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.