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Harley Benton HB-35Plus Lemon Test

Mit der Harley Benton HB-35Plus hat die Hausmarke von Thomann eine weitere Semi-Hollow-Gitarre im Programm, die wie gewohnt im unteren Preissegment zu finden ist, was aber gerade bei den Produkten unter dieser Flagge rein garnichts über die gebotene Qualität aussagen muss. Nicht wenige dieser vermeintlichen “Billiggitarren” überraschten im Test mit Leistungen, die man bei vielfach teueren Instrumenten häufig vergeblich sucht.

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Ob auch die Harley Benton HB 35Plus zu diesen Überraschungskandidaten zählt, wird der folgende Test ans Licht bringen. Denn zumindest äußerlich macht die Gitarre weitaus mehr Eindruck, als ihr Preisschild vermuten lässt.

Details

Optik/Verarbeitung

Die Gitarre wird im Karton geliefert, in dem sich auch ein Schlüssel zum Einstellen der Halskrümmung befindet und der Hinweis, dass die Gitarre mit einem Satz D’Addario EXL .010- .046 Saiten bespannt ist. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der HB-35Plus um eine Semi-Hollow, eine Halbresonanzgitarre, deren Korpus bis auf einen sogenannten Sustainblock hohl ist. Dabei handelt es sich um einen Holzblock aus Mahagoni, der längs vom Halsansatz bis zur unteren Zarge reicht, für Stabilität sorgt und verhindert, dass sich die Decke bei höheren Lautstärken aufschaukelt und störende Feedbacks erzeugt. Letztere besteht aus laminiertem Ahorn mit geflammtem AAAA-Riegelahorn-Furnier und macht optisch eine ganze Menge her, zumal sie in Lemon Drop gebeizt und anschließend mit Klarlack versiegelt wurde. So kommt die wunderschöne Maserung der Decke schön zur Geltung. Boden und die Zargen bestehen ebenfalls aus laminiertem Ahorn, allerdings weit weniger spektakulär gemasert.
Wer über die verschiedenen Namen dieser Art von Gitarren stolpern sollte, dem sei gesagt, dass die englische Bezeichnung Semi-Hollowbody nichts anderes meint als die deutschen Begriffe Halbresonanz-, Halbakustik- oder Semiakustikgitarre.

Fotostrecke: 5 Bilder Eine Augenweide: die in Lemon Drop gebeizte Decke (AAAA Riegelahorn-Furnier).

Ein weiß-schwarzes Binding umrundet die Decke und hebt die Konturen schön hervor, die Arbeit ist sorgfältig ausgeführt und gibt keinerlei Anlass zur Kritik. Wie bei einer Halbakustischen üblich, sind auch hier zwei F-Löcher in die Decke gefräst, wobei das untere zum Teil vom Vintage-weißen Pickguard verdeckt wird. Dieses schließt nahtlos an die farblich passenden Pickuprahmen an, die jeweils einen Wilkinson-MWCHB Alnico Vintage-Style Humbucker mit Chromkappen beherbergen. Natürlich lassen sich die Tonabnehmer auch in der Höhe justieren, keine Frage. Zum Einstellen von Klang und Lautstärke stehen pro Pickup zwei Potis bereit, die mit bernsteinfarbenen Top-Hats versehen sind. Bei den beiden Volume-Reglern ist noch ein Hinweis in Form von Folienaufklebern um die Potis platziert, dass die Tonabnehmer gesplittet werden können, indem man die Potis herauszieht. Wie die meisten User es wohl auch machen würden, haben wir diese Aufkleber aus ästhetischen Gründen entfernt. Das gestaltete sich allerdings etwas frickelig, da sich der verwendete Klebstoff als etwas anhänglich herausstellte und nur durch die Überredungskunst von Isopropanol-Alkohol vom Lack abließ. Umgeschaltet wird mit einem Dreiwegschalter, der im oberen Cutaway untergebracht ist.

Fotostrecke: 7 Bilder Wie bei Semi-Hollowbodys gewohnt, sind zwei F-Löcher in die Decke gefräst,…

Als Steg kommt eine verchromte DLX Tune-O-Matic-Brücke mit Stop-Tailpiece zum Einsatz und die Gurtpins findet man in der unteren Zarge sowie im Halsfuß des eingeleimten Ahornhalses. Der Blick auf die Rückseite der in China gefertigten Gitarre zeigt einen braun eingefärbten Boden mit einer schönen Maserung und ohne jegliche Fächer oder sonstige Unterbrechungen.

Fotostrecke: 5 Bilder Als bewährtes Steg-System kommt eine Tune-O-Matic Brücke…

Auf den Ahornhals ist ein Palisandergriffbrett aufgeleimt, das 22 sauber eingesetzte Bünde beherbergt. Allerdings hätte das anschließende Polieren etwas sorgfältiger ausfallen können, aber ein Blick auf den Preis relativiert das Ganze und mit ein wenig Stahlwolle ist dieses Versäumnis schnell ausgeglichen. Auch das Griffbrett wird von einem weißen Binding flankiert, das mit kleinen schwarzen Punkten die Orientierung durch die weißen Punkteinlagen im Griffbrett vervollständigt. Auf dem Weg zur Kopfplatte passieren die Saiten einen 43 mm breiten Kunststoffsattel, von dort geht es weiter in Richtung der verchromten, geschlossenen Mechaniken, die auf beiden Seiten der angewinkelten Kopfplatte warten. Diese verrichten ihre Arbeit zuverlässig und einem Instrument in dieser Preisklasse auf jeden Fall angemessen. Der Zugang zum Halsstab befindet sich hinter dem Sattel und wird von einem schwarzen Kunststoffplättchen verschlossen. Die Harley Benton hat eine Mensur von 628 mm und bringt 3637 Gramm auf die Waage, was ein komfortables und rückenschonendes Spiel ermöglichen sollte.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Ahornhals mit Palisandergriffbrett ist mit 22 Bünden bestückt,…

Insgesamt gibt es an der Verarbeitung des Instrumentes nichts zu bemängeln, was, wie bereits erwähnt, bei diesem Preis beileibe nicht selbstverständlich ist.

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Praxis

Sound/Bespielbarkeit

Die HB-35Plus sorgt mit ihrem satten D-Halsprofil für ein Vintage-Feel, was ihr sehr gut steht. Im Sitzen neigt sie ein klein wenig zur Kopflastigkeit, was bei dieser Bauform nicht ungewöhnlich und nach Auflegen des rechten Arms auf den Korpus auch kein Thema mehr ist. Am Gurt hängt sie ohnehin ausbalanciert.
Trocken angespielt zeigt sie sich frisch und in den Frequenzen ausgewogen, die Saiten schwingen lang und gleichmäßig aus. Uns interessiert aber natürlich, wie sie sich am Amp macht, daher aktiviere ich mein Marshall JVM 410 Topteil, das eine mit Vintage 30 Speaker bestückte 2×12″ Box antreibt. Ein SM57 dient als Mikrofon und wie immer wurde keine Aufnahme nachträglich bearbeitet.
Los geht es wie gewohnt im cleanen Kanal, dabei schalte ich alle drei Pickup-Positionen durch, beginnend am Hals.

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Clean: Picking, Alle 3 Pickup-Positionen

Das Klangbild der HB-35Plus ist aufgrund der verwendeten Hölzer erwartungsgemäß etwas höher angesiedelt und zeigt sich recht spritzig. Selbst der Hals-PU kann mit einem schlanken und in den Bässen ausgedünnten Sound aufwarten.
Da das Instrument über eine Splitfunktion verfügt, ziehe ich beide Potis heraus und wiederhole das Ganze.

Audio Samples
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Clean: Picking, PU gesplittet, alle 3 Pickup-Positionen

Jetzt wird das Klangbild wesentlich drahtiger und öffnet sich in den hohen Frequenzen, ein knackiger Cleansound und gut herausgearbeitete Attacks sind die Folge, die für eine schnellere Ansprache sorgen.
Es folgt eine Akkordfolge, die ich im nächsten Beispiel ohne Splitfunktion spiele. Auch hier schalte ich alle drei Positionen jeweils durch.

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Clean: Strumming, alle 3 Pickup-Positionen

Der Hals-PU zeigt sich von seiner warmen Seite, in der Zwischenposition tendiert die HB-35Plus in Richtung Strat, der Stegtonabnehmer dann um einiges mittiger, was für eine ganz leichte Zerrung am Amp sorgt.Sehr schön!
Und wieder ziehe ich beide Volume-Potis heraus und spiele eine Funk-Figur.

Audio Samples
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Clean: Funk-Style, PU gesplittet
Nicht nur äußerlich macht die Gitarre weitaus mehr Eindruck, als ihr Preisschild vermuten lässt.
Nicht nur äußerlich macht die Gitarre weitaus mehr Eindruck, als ihr Preisschild vermuten lässt.

Die Gitarre ist im Clean-Kanal recht vielseitig, im diesem Beispiel kann sie durchaus überzeugen, denn was hier zu hören ist, klingt definitiv nicht nach einem Instrument im unteren Preissegment, ganz im Gegenteil! Sie kommt ausgesprochen knackig daher und punktet mit einem authentischen Sound.
Es geht mit dem Crunch-Kanal des Marshalls weiter, im ersten Beispiel ohne, anschließend mit Splitfunktion.

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Crunch: Sound ohne Splitfunktion Crunch: Sound mit gesplitteten PUs

Die allermeisten Gitarren dieser Art erzeugen am zerrenden Amp einen recht speziellen, etwas verhaltenen Klang, wie auch hier. Natürlich fühlt sich der Steg-Pickup dabei ziemlich wohl, die anderen Positionen jedoch wirken leicht indifferent, was aber im entsprechenden Moment genau richtig ist, denn diese Sounds sind aus einer Solidbody-Gitarre meist nicht herauszuholen.
Natürlich darf auch ein Beispiel im High-Gain-Kanal nicht fehlen, dabei verwende ich jedoch nur den Stegpickup ohne Splitfunktion.

Audio Samples
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High Gain: Steg-Pickup

Der Klang zeigt sich recht mittig ohne übertriebenes Bassfundament, allerdings ist das Höhenbild für meinen Geschmack etwas glasig, was bei den Anschlägen gut zu hören ist. Aber auch das ist typisch für die meisten Gitarren dieser Bauform.
Bevor es zum Fazit geht, habe ich noch einen kleinen Blues aufgenommen. Für den Cleansound ist die Zwischenposition im Split-Mode gewählt, soliert wird erst mit dem Halstonabnehmer, in der zweiten Hälfte dann mit dem Kollegen am Steg, beide im Crunch-Kanal des Amps und ohne Split.

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Songbeispiel: HB35 Blues

Auch mit höheren Lautstärken kann die Harley Benton gut umgehen, störende Feedbacks traten erst bei sehr hoher Lautstärke auf.

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Fazit

Wie viele andere von mir bereits getesteten Harley-Benton-Gitarren kann auch die HB-35Plus durchaus gefallen. Für einen mehr als übersichtlichen Preis bekommt man hier ein ausgesprochen interessantes Instrument in Semi-Hollow-Bauweise mit überraschend guten Klangeigenschaften. Bis auf die Endpolitur der Bundstäbe zeigt sich die Werkseinstellung und damit auch die Bespielbarkeit von der positiven Seite, und auch an der sonstigen optischen und technischen Ausführung gibt es nichts zu bemängeln. Daher ist auch das Preis-Leistungsverhältnis ausgesprochen gut. Anspieltipp!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • günstiger Preis
  • optisch und technisch nahezu fehlerlos verarbeitet
  • authentischer Sound auch im Clean-Kanal
Contra
  • Bünde nicht ausreichend poliert
Artikelbild
Harley Benton HB-35Plus Lemon Test
Für 249,00€ bei
Wer auf der Suche nach einer preiswerten Semi-Hollow mit guten Klangeigenschaften ist sollte hier zugreifen.
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Harley Benton
  • Modell: HB-35Plus Lemon
  • Herstellungsland: China
  • Bauform: Semi-Hollow-Body mit Mahagoni-Sustainblock
  • Korpus: laminiertes Ahorn
  • Decke: laminiertes Ahorn mit geflammtem AAAA Riegelahorn-Furnier
  • Hals: Ahorn, eingeleimt
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 22
  • Mensur: 628 mm
  • Sattelbreite: 43 mm
  • Pickups: 2 x Wilkinson MWCHB Alnico Vintage-Style Humbucker
  • Regler: 2 x Tone, 2 x Volume mit Push/Pull für Coil-Split
  • Schalter: Dreiweg-Pickup-Wahlschalter
  • Steg: Deluxe Tune-o-Matic
  • Hardware: Chrom
  • Gewicht: 3637 Gramm
  • Saiten: D’Addario EXL .010- .046
  • Preis: 219,00 Euro
Hot or Not
?
Eine Augenweide: die in Lemon Drop gebeizte Decke (AAAA Riegelahorn-Furnier).

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Profilbild von Sir Schippers

Sir Schippers sagt:

#1 - 07.04.2021 um 07:59 Uhr

0

? ? ? Ich spiele seit 1963 Gitarre seit ich in Liverpool war und habe bisher mehr als 100 Gitarren gespielt und besessen, leider auch einige tolle Stücke verkauft wie eine 63er Hank Marvin Strat die heute ein Vermögen wert ist. Kurzum, ich war neugierig und skeptisch zugleich und habe die Sendung mit Spannung erwartet.
Kam auch schnell.
Dann war ich zunächst einmal baff. Wie kann man zu diesem Preis eine solch schöne und durchaus gut verarbeitete Gitarre anbieten, 255 € und dazu noch mit Koffer.. Das ist sensationell.
Obwohl die Installatierten Saiten ganz ? sind habe ich meine geliebten Fender Rock n Roll aufgezogen.
Kurios aber wahr : in der mittleren Stellung klingt die schöne ES335 Kopie ähnlich wie meine Jeff Beck Strat. Nicht ganz so knochig dafür volumiger und ohne Effekte mit sauberem Sustain.
Natürlich trägt der AC30 Röhre einiges dazu bei.
Klasse ?
Die Chinesen ?? bauen mittlerweile fast perfekte Gitarren. Das habe ich bereits an einer traumhaften Rickenbacker Kopie bemerkt die ich mir zu Weihnachten gegönnt habe. Nur dass man 6 Wochen für Zustellung benötigt ist leider in Kauf zu nehmen.
Diese Gitarre von Thomann habe ich ins ❤️ geschlossen, ein Hammer im Low Budget Sektor

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