Es liegt in der Natur der Sache, dass bei den Signature-Gitarren der großen Helden in puncto Ausstattung und Verarbeitung geklotzt und nicht gekleckert wird. Das – in Verbindung mit dem Hype des großen Namens – wiederum hat zur Folge, dass Otto-Normalo, möchte er das Original-Modell seines Heroes spielen, in der Regel ein paar Scheine mehr auf den Tisch des Hauses legen muss als üblich
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Um auch weniger betuchten Zeitgenossen Raum zum Träumen zu bieten, sind viele Hersteller in den letzten Jahren dazu übergegangen, abgespeckte Versionen ihrer Signatures unter Sub-Brands zu vertreiben. Im Falle von ESP geschieht das unter dem Namen LTD. So ist es möglich, zum Beispiel eine Kirk Hammett Signature-Gitarre in verschiedenen Ausführungen und Preisklassen anzubieten. Aber wo genau liegen die Unterschiede zur „großen“ Schwester? Wir haben uns ein Modell aus der günstigen Kategorie vorgenommen und einem ausführlichen Test unterzogen.
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DETAILS
Korpus Der schwarz lackierte Korpus der LTD besteht aus Lindenholz und hat die klassische Form einer Strat. Linde hat eine mittlere Dichte, ist relativ weich und liefert einen mittenbetonten, eher weichen Ton. Gerade im Rock-Genre ist das gut zu verarbeitende Holz ein gerne gesehener Gast. Die Motorisierung der Gitarre übernehmen zwei Humbucker-Pickups. Dabei handelt es sich um passive ESP LH-301 im schwarzen EMG-Design (schwarze Kappe und Rahmen), wie sie in ESP-Instrumenten der höheren Preiskategorie verwendet werden. Auch in der Größe (70 x 38 mm) entsprechen sie den Signature-Vorbildern. Die Tonabnehmer werden über einen Dreifach-Schalter mit den Kombinationen Halspickup, Hals- und Stegpickup, Stegpickup angewählt. Dafür, dass es sich hier um passive Tonabnehmer handelt, haben die ESPs ordentlich Dampf und können einem Amp schon ganz gehörig einheizen. Lautstärke und Klang werden über zwei Volumen- und einen Tonregler eingestellt. Leider lassen sich bei den Controllern leichte Fertigungsmängel feststellen, denn die Potiknöpfe wurden schlecht aufgesetzt und drehen sich nicht gleichförmig.
Das eingebaute Tremolosystem hört auf die Bezeichnung „Floyd Rose Special Bridge“; es handelt sich also um ein „klassisches“ Tremolo-System mit Feinstimmern am Steg und Klemmsattel. Die komplette Hardware, also Tremolo, Sattel, Stimmmechaniken und auch die Potiknöpfe sind in Black Nickel – mattschwarz gefinished. Der Hebel wird am Steg in das Tremolosystem eingesteckt und mit einer Überwurfmutter befestigt. Leider lockert sich die Mutter nach ein paar Einsätzen, der Hebel löst sich und kann nicht mehr fest positioniert werden. Auch die Finetuner generieren das eine oder andere Problemchen: Die Gewinde sind unpräzise geschnitten, die Schrauben kratzen ein wenig und sind zum Teil recht schwergängig. Das könnte mit der Zeit problematisch werden, vor allem, wenn das Instrument „on the road“ Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen ausgesetzt ist.
Hals Der geschraubte Hals ist aus Ahorn gefertigt und mit einem Griffbrett aus Palisander belegt. Hier sind auch die Totenkopf-Inlays zu finden, Markenzeichen aller Kirk Hammett Gitarren in Strat-Form. Zum Glück wurde auch beim günstigen Modell nicht gespart, sodass die Verarbeitung hier in Ordnung geht. Zur weiteren Orientierung präsentieren sich auf der Seitenleiste des Griffbretts weiße Dot-Marker. Die Gitarre ist mit 24 Extra Jumbo Frets (1,3 mm hoch, 2,7 mm breit) beschlagen, die ab Werk etwas mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten. Bei Bendings kratzt es schon recht stark, da sie nicht gut poliert wurden.
Ein weiteres Manko ist die recht hohe Saitenlage. Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Sattel, den man ruhig etwas tiefer hätte einbauen können. Der Abstand zwischen dem ersten Bundstäbchen und der tiefen E-Saite beträgt 1 mm. Bei einer gut eingestellten Strat messen wir an dieser Stelle 0,45 mm. Am 12. Bund können wir dann schon einen Abstand von 2,8 mm vermelden. Da kommen die Speed-Licks auch nicht mehr wie aus der Pistole geschossen. Um eine optimale Bespielbarkeit zu erlangen, müsste hier ordentlich nachgearbeitet werden. Möglich ist das, denn der Hals fühlt sich grundsätzlich gut an und liegt mit seiner schlanken D-Form angenehm in der Hand. Auch die hohen Lagen sind durch die gut ausgeschnittenen Cutaways sehr gut erreichbar. Die Saiten werden am Metallsattel mit drei Klemmplättchen per Inbusschraube gesichert und laufen dann leicht angewinkelt zu den Stimmmechaniken, die sich alle auf einer Seite des Reversed Headstocks ansiedeln. Neben dem „LTD“ Aufdruck finden wir dort noch die Abdeckung für den Halsstellstab.
PRAXIS/SOUND Entweder war der Praktikant am Werk oder die Jungs hatten einfach keine Zeit, sich bei der Fertigung mit dem Instrument auseinanderzusetzen, und haben es stattdessen recht schnell „zusammengenagelt“ und dann nix wie weg damit. Wie bereits erwähnt, muss man etwas Zeit und Kenntnisse mitbringen, um die Gitarre auf Vordermann zu bringen. Es geht schon mit der Stimmung los, denn die ist im Keller, irgendwo zwischen Eb und E Tuning, die höheren Saiten noch etwas tiefer. Also heißt es, Stimmgerät auspacken, Inbus-Schlüssel greifen (zum Glück ist das Teil im Lieferumfang enthalten) und dann erst einmal für gute Stimmung sorgen. Nach etwa neun Stimmdurchgängen (typisch für Gitarren mit Floyd-Rose-Tremolo) ist es dann soweit: Die Gitarre ist auf 440 Hz und zum Praxistest bereit.
Zuerst widmen wir uns den Clean-Sounds und hören alle drei Pickup-Kombinationen mit klarer Ampeinstellung. Der Hals-Tonabnehmer klingt warm und ausgewogen.
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Clean – Neck
Bedingt durch seine Positionierung klingt der Steg-PU logischerweise etwas brillanter. Aber da es sich um den gleichen Tonabnehmer-Typ wie am Hals handelt, bringt er einen identischen Basissound mit. Der Ton hat etwas mehr Höhen und bei hartem Anschlag beginnt der Amp schon ein wenig zu zerren.
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Clean – Bridge
In der Kombination klingen die Pickups etwas dünner und knackiger.
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Clean – Neck u0026 Bridge
Wenn man den Hals-Pickup wählt und den Tone-Regler abdreht, bekommt man einen weichen Cleansound, der sich gut für Akkordbegleitung oder Fingerpicking eignet. Sogar Jazz-Sounds sind möglich. Die Pickups komprimieren sehr stark, was dieser Spielweise entgegenkommt. Beim folgenden Beispiel klingen die hart gezupften Saiten im Vergleich zu den leicht mit den Fingern angeschlagenen Akkorden nicht zu laut.
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Jazz-Style
Funk-Sounds lassen sich mit der Zwischenposition recht gut realisieren. Auch hier macht sich die Kompression positiv bemerkbar, die Ghostnotes werden sehr knackig und entsprechend laut wiedergegeben.
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Funky
Jetzt schlagen wir die etwas härtere Gangart ein, die ESP wird an einen Marshall Plexi angeschlossen. Schon bei geringer Lautstärke liefert sie ein gutes Brett, allerdings ist die Dynamik etwas platt.
Die Gitarre hat einen recht hohen Ausgangspegel, bei leichtem Anschlag liegt bereits eine erhebliche Lautstärke an und der Amp zerrt recht gut. Schlägt man noch härter an, kommt allerdings nichts mehr – die Power wird durch die Kompression der Pickups gebremst. Auch der Sound ist etwas muffig und nicht so klar und offen, wie ich es von anderen Gitarren in Verbindung mit diesem Verstärker gewohnt bin.
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Crunch – Plexi
Auch das eingebaute Floyd Rose System ist sehr anfällig für harte Anschläge (mit der rechten Hand versteht sich …), die mag es nämlich gar nicht und ist sofort out of tune. Für Bluesfreunde und Old-School-Rocker, die ihre Gitarre auch gerne mal etwas härter bearbeiten, ist das kein Vergnügen. Und auch die Pickup-Kompression hat bei diesen Stilistiken keine positive Auswirkung. Hier ein Beispiel, bei dem ich am Anfang sehr leicht anschlage und dann immer härter zur Sache gehe. Es ist schon ein seltsames Spielgefühl, wenn eine Gitarre bei hartem Anschlag zwar etwas mehr Zerrung bringt, aber nicht lauter wird …
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Dyna Pick
Kommen wir zum Test der anderen Dynamik-Variante: Der Verzerrungsgrad soll mit dem Volume-Poti an der Gitarre geregelt werden. Das funktioniert ausgesprochen gut, sobald man den Volume-Regler herunterregelt, geht die Zerr-Intensität zurück, und man erhält einen schönen, höhenbetonten Klang, der fast clean ist. Der Lautstärkeunterschied zwischen clean und verzerrt ist relativ gering.
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Dyna Poti
Als Nächstes hören wir uns den Wirkungsbereich des Tonreglers mit verzerrtem Sound an. Hier werden die Höhen ab 1 kHz abgesenkt. Den Wirkungsbereich kann man als normal bezeichnen. Ganz extreme HiCut-Sounds können nicht erzielt werden, sind aber für den Einsatzbereich „Kirk Hammett-Style“ auch nicht vorgesehen. Hier sind eher feinfühlige Tonkorrekturen gefragt, und auch das funktioniert sehr gut.
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Tone
Durch ihren hohen Ausgangspegel holt die LTD eine beachtliche Verzerrung aus dem Amp. Aber irgendwie fehlt den Pickups die nötige Härte und Bissigkeit; es klingt trotz weit aufgedrehter Höhen am Amp immer noch etwas muffig.
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HiGain
Zum Abschluss noch ein Beispiel mit kompletter Band, bei der die KH-202 die Rhythmus- (clean) und die Lead-Gitarre (verzerrt) übernimmt. Leider ist die Stimmstabilität des Tremolosystems nicht optimal. Ich musste sehr häufig nachstimmen, obwohl ich keine extremen Einsätze mit dem Tremolohebel gefahren habe.
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Rock Ballad
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FAZIT Leider konnte mich die KH-202 nicht überzeugen. Verarbeitung und Werkseinstellung lassen zu wünschen übrig. Die Gitarre wird komplett verstimmt ausgeliefert, hat eine sehr hohe Saitenlage und auch die Bünde sind nicht ausreichend gut poliert. Um aus ihr ein vernünftig spielbares Instrument zu machen, ist Zeit und Know-how beim Einstellen von Gitarren mit Floyd Rose System erforderlich. Das Tremolosystem ist qualitativ nicht besonders gut, der Hebel lässt sich nicht richtig feststellen und die Gewinde der Finetuner wurden schlecht geschnitten, was sie in gewissen Bereichen schwergängig macht. Sie lassen sich nicht gleichmäßig drehen –beim „Feintunen“ eher kontraproduktiv. Insgesamt lässt die Stimmstabilität des gesamten Systems zu wünschen übrig. Die Tonabnehmer liefern zwar einen hohen Ausgangspegel, haben aber einen sehr muffigen Klangcharakter und komprimieren für meinen persönlichen Geschmack zu stark. In dieser Preisklasse habe ich in Sachen Verarbeitungsqualität und Sound schon wesentlich bessere Instrumente unter den Fingern gehabt. Wer unbedingt auf Kirk Hammett und seine Gitarre steht, dem empfehle ich, noch etwas Geld zu sparen und das Modell eine Preisklasse höher anzutesten.
Unser Fazit:
2 / 5
Pro
Hoher Output
Komprimierter Sound der Pickups bei Clean-Sounds
Contra
Stimmstabilität nicht sehr gut
Schlechte Werkseinstellung
Pickups klingen sehr muffig
Pickups komprimieren sehr stark (negativ bei verzerrten Sounds)
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