ANZEIGE

Engl Ironball Head 20 Test

Der Engl Ironball Head 20 im bonedo-Test – Als mir der UPS-Mitarbeiter den kleinen Karton in die Hand drückte, war mir sofort klar, dass es sich um eine Verwechselung handeln musste. Schließlich erwartete ich kein Paar Schuhe, sondern einen ausgewachsenen Engl-Amp. Nach dem Auspacken wurde ich allerdings schnell eines Besseren belehrt, denn zum Vorschein kam ein zwar kleines, aber wie sich im weiteren Verlauf noch herausstellen sollte, nicht zu unterschätzendes solides Gitarrentopteil. Auch bei Engl hat man die Zeichen der Zeit erkannt und möchte teilhaben an einem boomenden Marktsegment. Kleine Röhrenamps sind im Moment der letzte Schrei, denn auf diese Art erhält der Spieler die Möglichkeit, auch die Endstufensättigung bei humanen Lautstärken mit in seine Klanggestaltung einzubeziehen.

Engl_Ironball_1 Bild


Dazu kommen einige weitere Vorteile, angefangen von der Transportfreundlichkeit bis hin zur Tatsache, dass auch hartgesottene Metallfacharbeiter nicht immer einen Amp mit voller Breitseite in Bereitschaft haben müssen. Ob der Engl Ironball mit seinen 20 Watt tatsächlich in diese Kategorie fällt, wird der Test zeigen.

Details

Konzept

Beim Engl Ironball handelt es sich um ein Vollröhrentopteil mit einer Leistung von 20 Watt. Wer sich mit Röhrenamps auskennt, der weiß, dass die Endstufenleistung und das Gewicht in einem proportionalen Verhältnis zueinanderstehen. Je höher die Ausgangsleistung, um so größer und schwerer sind Ausgangsübertrager und Netztrafo. Mit einem Gewicht von etwa achteinhalb Kilo bewegen wir uns hier allerdings in Sphären, von denen man als marshallstackgeplagter Gitarrist früher nicht zu träumen gewagt hätte.
Obwohl der Amp recht klein ist, macht er einen rundum wertigen Eindruck, nicht zuletzt dank seiner massiven schwarzen Optik. Schließlich ist das Chassis nicht wie sonst üblich aus Holz, sondern aus Stahlblech gefertigt. Neben diversen Schaltmöglichkeiten verfügt das Top über einen seriellen Einschleifweg, einen integrierten Digitalhall und einen dreistufigen Powersoak.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Ironball hat ein Stahlblechgehäuse

Das Frontpanel

Der größte Teil der Bedienelemente befindet sich auf der Vorderseite. Die Stationen, denen das Gitarrensignal auf seiner Reise zum Lautsprecher begegnet, beginnen links mit der obligatorischen Klinkenbuchse, in direkter Nachbarschaft die Gainregler der beiden Kanäle. Ja, ihr habt richtig gelesen, auch der cleane Kanal besitzt ein Gainpoti. Soviel sei verraten, dass sich auch dieser Bereich bei Bedarf mächtig anzerren lässt, aber dazu später mehr.
Beide Kanäle teilen sich eine gemeinsame Vierband-Klangregelung, was hier ohne einen wahrnehmbaren Kompromiss sehr gut gelungen ist. Wie man es von gut abgehangenen Röhrenamps kennt, steht neben Bass, Middle und Treble auch ein Presence-Regler zur Verfügung, mit dem sich die oberen Frequenzbänder bestens modellieren lassen. Der Amp verfügt über ein globales Mastervolumen und einen Masterregler für den Leadchannel. So lassen sich beide Kanäle auch bei relativ geringen Lautstärken fett in die Sättigung fahren.

Fotostrecke: 3 Bilder Jeder Kanal hat seinen eigenen Gain-Regler, die Klangregelung müssen sich beide Channels aber teilen.

Das Umschalten zwischen den beiden Kanälen und die Aktivierung des eingebauten Gain Boosts lassen sich mittels zweier kleiner Schalter direkt per Hand vornehmen. Ist Letzterer aktiviert, erhält der Ton im Leadchannel mehr Mitten und setzt sich beim Solo besser durch. Auch der cleane Kanal profitiert mit Gain Boost im Mittenbereich und dementsprechend schneller dringt man je nach Ausgangspegel der Pickups in angezerrte Dimensionen vor. Abschließend finden sich auf dem Frontpaneel mit Standby und Power noch zwei weitere große Schalter, die für das Strommanagement des Verstärkers zuständig sind.

Die Rückseite

Hier fällt sofort der mächtige Drehstufenschalter des integrierten Powersoaks ins Auge. Er bietet drei Schaltstufen und regelt die Endstufenleistung von maximal 20 Watt wahlweise auf fünf- bzw. ein Watt Leistung zurück. Die dritte Position schluckt gleich die gesamte Endstufenleistung, sodass kein einziger Laut mehr aus der Box kommt.

Auf der Rückseite befinden sich Cabinet Outputs, Effekt-Loop, Fußschalter-Buchsen, aber auch Power Soak, Headphone Out, Reverb Level und Line Out.
Auf der Rückseite befinden sich Cabinet Outputs, Effekt-Loop, Fußschalter-Buchsen, aber auch Power Soak, Headphone Out, Reverb Level und Line Out.

Da der Amp mit einer frequenzkorrigierten Line Out Buchse und einem ebenfalls frequenzkorrigierten Kopfhöreranschluss versehen ist, kann man ohne Lärmbelästigung in der Mietwohnung auch nachts, wenn sich der Nachbar gerade im REM-Schlaf befindet, üben oder aufnehmen. In diesem Fall darf man aber nie vergessen, den Regler auf „Speaker Off“ zu stellen, da sich ansonsten die Endstufe sehr schnell verabschiedet. Will man den Amp mit einer Gitarrenbox verwenden, sollte die eine Impedanz von 8 oder 16 Ohm haben.
Ein serieller Einschleifweg ermöglicht den Anschluss eines Effektgerätes, und das sollte möglichst ein hochwertiges sein. Minderwertige Analogschleudern oder alte Teile aus den Achtzigern haben hier eigentlich nichts verloren, weil bei ihnen Dynamik und Sound des Amps leiden – schließlich wird das komplette Ampsignal durch die Eingeweide des Effektgerätes geschleust. Meine Maxime zu diesem Fakt lautet bekanntlich, dass ich lieber auf ein Effektgerät verzichte, bevor ich ein schlechtes anschließe. Von vielen Herstellern, unter ihnen beispielsweise TC oder Eventide, gibt es mittlerweile auch in Pedalform sehr gute Effekte, die nicht die Welt kosten. Wer kein annehmbares Effektgerät besitzt, der muss beim Engl Ironball zumindest nicht auf einen vernünftigen Hall verzichten, denn das integrierte Digitalreverb macht einen wirklich guten Job. Sein Pegel lässt sich auf der Rückseite mit einem Poti einstellen und gilt für beide Kanäle. Dort wartet auch eine Buchse auf einen Fußschalter, mit dem man den Hall und zusätzlich den sogenannten Master Volume Boost (M.V.B.) ein- und ausschalten kann. Über einen weiteren Anschluss lassen sich auch die beiden Kanäle und der Gain Boost per Fuß schalten. Beim Master Volume Boost handelt es sich um eine globale Lautstärkenanhebung, die sich auf beide Kanäle auswirkt und ab Werk fest eingestellt ist. Für dieses Feature gibt es also keine zusätzlichen speziellen Regler oder Schalter. Seinen Treibstoff bezieht unser Kandidat über ein Standardkabel und die Kaltgerätebuchse mit integrierter Sicherung.

Kommentieren
Profilbild von Bernd

Bernd sagt:

#1 - 31.08.2013 um 14:09 Uhr

0

Für meinen Geschmack haben die Soundfiles im Gain-Bereich immer zu viele Höhen. Und mal ehrlich: wer nimmt einen Amp mit einem SM58 ab? Das SM58 ist ein mittelmäßiges, in die Jahre gekommenens Gesangsmikro. Druckfehler oder mangels besserer Alternativen?

Profilbild von Guido Metzen (bonedo)

Guido Metzen (bonedo) sagt:

#2 - 03.09.2013 um 18:04 Uhr

0

Hallo Bernd, erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar. Wie du ja schon richtig geschrieben hast, ist ein Klangeindruck immer Geschmackssache - der eine Hörer wird es als zu viele Höhen empfinden, der nächste als genau richtig und wiederum ein anderer als zu wenig. Da kann sich ja jeder selbst sein Urteil bilden - deswegen gibt es ja Soundfiles bei bonedo. Nun aber zu deiner "Frage" des Mikrofons betreffend: Nun, ich könnte dir ad hoc unzählige Profis nennen, die mit Audio-Aufnahmen auch tatsächlich ihren Lebensunterhalt mehr als ordentlich bestreiten und bereits mehrere Top-Produktionen auf High-End-Level auf dem Buckel haben, die nach wie vor ein SM58 vor einen Gitarren-Amp stellen (teilweise als einziges Mikro, teilweise im Verbund mit weiteren). Des Weiteren steht natürlich auch das SM57 weltweit vor unzähligen Git-Speakern - wohl auch nicht ganz umsonst. An dieser Stelle sollte man dann noch wissen, dass im SM57 und SM58 die gleiche Kapsel ihre Arbeit verrichtet. Schraubt man von einem SM58 den Korb ab und stellt es an identischer Position wie ein SM57 vor denselben Speaker (natürlich nacheinander...z.B. mittels Reamping, um dasselbe Audiomaterial verwenden zu können), glaube ich nicht, dass du im Blindtest einen Unterschied zwischen den beiden Mikros ausmachen wirst. Nun ja, und beim SM58 von einem "mittelmäßigen, in die Jahre gekommenen Gesangsmikro" zu sprechen, möchte ich mal dahingestellt sein lassen. Dass es schon seit vielen Jahren unverändert produziert wird, ist sicherlich richtig, und dass es sicherlich Mikros gibt, die feiner auflösen, eine bessere Dynamik, etc. haben, würde ich auch niemals bestreiten, aber merkwürdigerweise steht es nach wie vor rund um den Globus auf zig Bühnen, in x Studios, usw. (es handelt sich immerhin um das meistverkaufte Mikro aller Zeiten und einen Standard). Und wenn man dann noch bedenkt, was unter Frequnzgang-spezifischen Aspekten aus einem Gitarrenlautsprecher rauskommt, wird dies selbst ein SM58 noch problemlos übertragen bekommen. Also: Weder "Druckfehler", noch "mangels besserer Alternative". Wir könnten natürlich auch alle Audio-Files mit einem Neumann M149 Tube, einem Blue The Bottle, einem Schoeps Colette-System, o.ä. aufnehmen, doch ich denke, dass die wenigsten solche Mikrofone mal eben im Schrank liegen haben und daher auch ihren "Klang" nicht einschätzen könnten - was bei einem SM57/58 sicherlich anders aussieht, die beiden Mikros und ihren Sound kennt quasi jeder. Nix für ungut, aber wir empfanden deinen Kommentar als leicht "irreführend". Viele Grüße, Guido

Profilbild von Kai Stuehrenberg

Kai Stuehrenberg sagt:

#3 - 06.09.2013 um 22:10 Uhr

0

Danke für die Antwort. Nichts ist schlimmer als Halbwissen,das als Know How empfunden wird. Die SM58/57 Diskussion habe ich bereits mit ganz vielen "Auskennern" geführt :-), da ich selbst ein 58er Modell vorm Amp habe und mich ständig alle mitleidig anschauen.Der Amp ist übrigens wirklich klasse. ENGL bewegt sich ein wenig weg vom typischen ENGL Sound, was ich allerdings für alles was nicht Metal ist als eine sehr kluge Bewegung empfinde. Sehr gutes Produkt, wie auch schon der Retrotube.

Profilbild von Franz S.

Franz S. sagt:

#4 - 24.09.2013 um 13:00 Uhr

0

Danke für Deinen Kommentar zum dem nach unten gekapten Frquenzgang, ich bin mir aber nicht so sicher ob mir hier nicht doch etwas fehlt.
Beim Antesten fand ich das Teil hat einen überagenden Sound und eine tolle Spielbarkeit. Die Klangregelung ist aber beim Bass und auch beim Höhenregler nicht sonderlich effektiv. Ist auch ein Highpass vorhanden?
Denn im Vergleich zu meinem JCM 800 ist dieser Bereuch sehr "zahm"!
Die Sounds und die flexibilität ist dennoch Beispiellos, toll Rock, Blues und Heavy in einem Amp.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.