WaveDNA Liquid Music Test

Ist der nächste Hit nur noch eine Skizze entfernt? Der kanadische Hersteller WaveDNA hat mit Liquid Music eine Software auf dem Markt, die aus per Maus gezeichneten Skizzen Melodien und Harmonien erzeugen soll. Kenntnisse über Harmonielehre sind dabei nicht erforderlich. Wir haben uns das Programm näher angesehen und gecheckt, ob das Skizzenzeichnen nur Spielerei ist oder als Kompositionshilfe taugt.

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Ursprünglich als “Max For Live”-Plug-in für Ableton Live entwickelt, gibt es Liquid Music nun auch als MIDI-Effekt-Plug-in im VST- und AU-Format. Der Hersteller bietet eine 30-Tage-Testversion, die im vollen Umfang nutzbar ist.

Details

Kompatibilität und Verfügbarkeit

Die Software läuft unter Windows ab Vista und unter Mac OS X ab Mountain Lion. Liquid Music ist verfügbar für Max for Live (Ableton Suite 9 und Max 6.1 vorausgesetzt) sowie als VST- bzw. AU-Plug-in, jeweils in 32 und 64 Bit. Der Hersteller bietet eine 30-Tage-Testversion, die im vollen Umfang nutzbar ist.

Bedienoberfläche und Konzept

Das Herzstück wirkt zunächst einmal wie eine gewöhnliche Pianorolle. Der große Unterschied ist jedoch, dass sich hier keine Noten durch Mausklicks programmieren oder mit dem Keyboard live einspielen lassen. Vielmehr werden hier sogenannte Skizzen (Sketches) wortwörtlich gezeichnet. So skizziert man mit der Computermaus den Verlauf der Melodie, woraufhin die Software entsprechende MIDI-Noten in der Pianorolle generiert. Wie das aussieht, seht ihr in folgendem Video.

Manuelle Änderungen, beispielsweise das Hinzufügen oder Löschen einzelner Noten, sind in der Pianorolle nicht vorgesehen, denn um die Skizze auszuarbeiten, verfolgt Liquid Music ein anderes Konzept. Im „Harmony Builder“ wird die Skizze in Grundton, Akkordfolge, Voicing und Rhythmus verfeinert. Dabei ist musiktheoretisches Vorwissen nicht erforderlich. Akkordfolgen kann man sich ganz einfach vorgeben lassen. Möchte der Anwender Melodie, Harmonie oder Akkordfolge in die DAW exportieren, bietet die Software praktisches Drag & Drop.

Key und Chords

Grundton und Tonart werden im Layer „Key“ festgelegt. Neben Dur und Moll stehen zum Beispiel auch Jazz-Tonarten zur Verfügung. Die Noten in der Pianorolle folgen dem eingestellten Key, sodass nie falsche Noten generiert werden – die Komposition bleibt immer „in tune“. Unter „Chords“ werden Akkorde und Akkordfolgen ausgewählt. Mit dem „Suggester“ kann man die Stimmung der Komposition und somit die Akkordfolge festlegen; zur Auswahl stehen jazzy, epic, happy, weird, sad, melancholy oder colorful. Es gibt jedoch keine Optionen, die Akkorde anzupassen.
Das geht im „Chord-Sequenzer“, einem Akkord-Baukasten für Fortgeschrittene. Mit Chord Root, Chord Type und Chord Modifier hat man alles griffbereit, um einen Akkord auszuwählen, ihn beispielsweise suspended 4 mit 6th- bis 13th-Noten spielen zu lassen.

Chords
Chords

Voice

Die Harmonie lässt sich unter Voice mit weiteren Stimmen ergänzen. Mit nur einem Klick werden aus Dreiklängen Vierklänge – alles passend zum eingestellten Key. Mit dem Voice Filter justiert man die Stimmen in Anschlagstärke und Notendauer, um Akzente zu setzen. Hier gibt es auch den Arpeggiator, der neben Standard-Up&Down-Mustern auch ausgefallene Arpeggios bereithält.
 

Voice
Voice

Rhythm

In der Rhythm-Sektion wird der rhythmische Part der Komposition modifiziert. Die Modifiers dienen der Variation von Dauer, Anschlagstärke und Groove der Noten. Dazu mehr im Praxisteil.

Rhythm
Rhythm

Praxis

Liquid Music in der DAW insertieren

Liquid Music erzeugt keine Klänge, sondern steuert virtuelle bzw. externe Klangerzeuger. Dazu wird es als MIDI-Plug-in in die gewünschten Spuren insertiert. Das Interface ist zwar skalierbar, möchte man jedoch die gesamte Bedienoberfläche erreichen, nimmt Liquid Music fast den gesamten HD-Bildschirm ein. Übrigens: Den Import von MIDI-Files unterstützt bislang nur die Max-for-Live-Version. Eine entsprechende Funktion für VST und AU ist in Vorbereitung.

Von der Skizze zur Komposition

Ob man zuerst eine Skizze zeichnet oder vorher Grundton und Akkordfolge auswählt ist egal. Ich beginne mit der Skizze und höre mir die Figur an.

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01. Skizze

Zugegeben, das klingt zunächst langweilig, hat aber folgende Gründe: Die Software generiert zunächst Viertelnoten, die entsprechend meiner Skizze gesetzt werden. Da ich vorher weder Tonart noch Akkordfolgen ausgewählt habe, verläuft die komplette Melodie durchgehend in C-Dur. Ich wechsle die Tonart in f-Moll und wähle den Chord Sequencer, um mir die Akkordfolge zusammenzustellen.

Im Chord Sequencer werden im Handumdrehen Akkordfolgen generiert.
Im Chord Sequencer werden im Handumdrehen Akkordfolgen generiert.

Ich wähle als Stimmung “melancholy”, woraufhin nur noch passende Akkorde angezeigt werden, die ich mir dann zusammenstellen kann. Das ist übersichtlich strukturiert und lässt sich leicht handhaben. Alle Änderungen sind in der Pianorolle ersichtlich.

Audio Samples
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02. Akkordfolge

Rhythm

Um der Skizze Rhythmik zu verleihen, geht es in die Rhythm-Sektion. Hier gibt es jeweils acht Fader für Dauer, Anschlagstärke und Groove. Jeder Fader steht für eine Note im Takt. Hinzu kommt ein „All“-Fader, mit dem alle Noten eines Taktes gleichzeitig beeinflusst werden. Benutzt man beispielsweise den zweiten Fader bei „Duration“, werden alle zweiten Noten eines Taktes verkürzt bzw. verlängert. Die betroffenen Noten werden zuvor in der Pianorolle gelb hinterlegt. Die Rhythmusjustierung ist gut gelöst, artet aber schnell in Fummelarbeit aus.
Daher macht die Arbeit mit Presets wesentlich mehr Spaß, zumal sie aussagekräftig betitelt sind. Möchte man eine Spur für Synthesizer-Pads schreiben, die oft eine längere Einschwingphase haben, bietet es sich an, lange Noten zu generieren, die bis zum nächsten Akkordwechsel gehalten werden. Hier zu hören im Rhythm-Preset „All Whole Notes“.

Audio Samples
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03. Rhythm 04. Pad „All Whole Notes“

Voice und Arpeggiator

Standardmäßig generiert Liquid Music Dreiklänge. Möchte man die Sache interessanter gestalten, lassen sich mit wenigen Klicks Stimmen hinzufügen (oder wieder entfernen). Dazu muss man lediglich die „On-/Off-Buttons“ der weiteren Stimmen betätigen. Dem Synthi-Pad wird somit im Handumdrehen etwas Färbung verliehen. 

Fotostrecke: 2 Bilder Unter Voice werden mit wenigen Klicks aus Dreiklängen …
Lädt man Liquid Music in eine Bassspur und stellt die identische Tonart und Akkordfolge ein, lassen sich die zweiten und dritten Stimmen deaktivieren. Jetzt noch ein Rhythmus-Preset wählen und eine neue Skizze zeichnen, schon entsteht eine Bassline oder ein Lead.
Unter Voice befindet sich der Arpeggiator. Er ist mit reichlich Presets ausgestattet und bietet in Kombination mit den hinzuschaltbaren Stimmen und den Rhythm-Presets nahezu unendliche Möglichkeiten. 
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05. Voice: Piano Arpeggiator 06. Voice: Lead – 1 Voice 07. Voice: Pad – 5 Voices 08. Voice: Bassline – 1 Voice 09. Song

Presets

In Liquid Music gibt es auch Master-Presets für alle Sektionen, kategorisiert mittels Attribut-Browser. Ideal fürs kreative Loch. Das Schöne: Die einzelnen Sektionen lassen sich per Häkchen aktivieren bzw. deaktivieren. Toll, wenn man Tonart und Akkordfolge schon hat, aber Inspiration bei Voicing und Rhythmus sucht.

Import und Export

Wer bereits ein MIDI-File hat und es in Liquid Music ausarbeiten möchte, steht zumindest in der VST- und AU-Version auf dem Schlauch, denn nur die Max for Live-Variante für Ableton Live unterstützt den Import bisher. Laut Herstellerangaben ist eine Import-Funktion für VST und AU jedoch in Entwicklung.

Fazit

Liquid Music überzeugt durch sein Konzept, mittels Zeichnen einer Skizze rasch inspirierende Ideen zu entwickeln, die sich einfach konkretisieren lassen. Das ist für Einsteiger ebenso attraktiv wie für Producer und Komponisten mit Vorwissen in Musiktheorie. Melodien, Akkordfolgen, Voicing und Rhythmus – Liquid Music liefert. 200 Dollar (ca. 178 Euro) sind dennoch nicht wenig. Wer schlau ist, nutzt daher das Upgrade-Angebot von Liquid Rhythm, dem Vorgänger unseres Testkandidaten. Das Update kostet 100 Dollar, Liquid Rhythm 60 USD. Macht in der Summe 160 Dollar, was derzeit 140 Euro entspricht.

Pro
  • einzigartiges Konzept
  • ausgeklügelte Akkordfolgen-Erstellung
  • Import in die DAW via Drag & Drop
Contra
  • kein MIDI-Import
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Features
  • Kompositions-Tool
  • Max for Live-Plug-in
  • VST- und AU-Plug-in
  • Sketch – Umwandlung einer Skizze in MIDI-Noten
  • Key – Grundton und Tonart
  • Chords – Chord Suggester und Chord Sequencer
  • Voices – Stimmen und Arpeggiator
  • Rhythm – rhythmische Ausarbeitung von Melodie und Akkordfolge
Systemvoraussetzungen
  • OS X ab 10.7.5
  • Windows ab Vista
  • 4 GB RAM
  • Java 10.6
  • 750 MB Festplattenspeicher
  • Ableton Live 9 Suite und Max for Live 6.1 oder neuer
  • VST- bzw. AU-fähige DAW
  • 32 und 64 Bit
Preis
  • Vollversion: 200 US-Dollar
  • Upgrade von Liquid Rhythm: 100 US-Dollar
  • Liquid Rhythm: 60 US-Dollar
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • einzigartiges Konzept
  • ausgeklügelte Akkordfolgen-Erstellung
  • Import in die DAW via Drag & Drop
Contra
  • kein MIDI-Import
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WaveDNA Liquid Music Test
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Profilbild von Thomas Kirschner

Thomas Kirschner sagt:

#1 - 25.07.2017 um 19:15 Uhr

0

Gibt's außer mir noch jemanden, der dieses tolle Tool verwendet? Würde mich über Kontakt freuen.

    Profilbild von Michael Staake

    Michael Staake sagt:

    #1.1 - 24.05.2018 um 06:30 Uhr

    0

    Hi Thomas, man hört ja viel über diese Art von Comp Software, bin durch die captain Plugins hier drauf gestossen. kannst du über deine Erfahrungen berichten? Danke Micha

    Antwort auf #1 von Thomas Kirschner

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    +1
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