Anzeige

VHT Special 12/20 Test

Ein Vollröhren-Amp, der verschiedene Endstufenröhren verträgt, einen 9-Volt-Ausgang für Bodentreter bietet, im kompakten Handtaschenformat daherkommt und für schlappe 380 Euro den Besitzer wechselt. Gibt’s nicht? Gibt’s doch! 

Special 12/20 nennt sich der kleine Spross aus den Werkstätten von VHT, und schon ein Blick auf die Feature-Liste zeigt, dass man ihm trotz seiner Herkunft nicht unbedingt ein Metal-Etikett anheften kann. Zu viele Details deuten darauf hin, dass wir es bei unserem Kandidaten eher mit einem recht ausgeschlafenen Vollröhrenamp zu tun haben, der mit vielen Wassern gewaschen ist und sich wohl kaum in eine Genre-Ecke stecken lässt. Ein Grund mehr, seinen Geheimnissen auf den Grund zu gehen. 

DETAILS

Optik/Verarbeitung: 
Der 12/20 ist ein wirklich handliches kleines Kistchen und optisch ein typisches VHT-Topteil, nur eben kleiner. Das Gehäuse des schlanken 1-Kanalers besteht aus gezinkt verleimtem Birkensperrholz, das mit schwarzem Tolex bezogen ist. Ein weißes Piping und das ebenfalls weiße VHT-Logo sorgen für den optischen Kontrast. Mit gerade einmal 280 x 495 x 215 mm und 12,5 kg Lebendgewicht lässt sich das Mini-Topteil mühelos an seinem stabilen Ledergriff transportieren, wobei schwarze Metallecken Schutz vor den Unwägbarkeiten des Verstärkerlebens bieten. Unterhalb des Logos, das zirka ein Drittel der Front einnimmt, hat VHT dem Kleinen eine schwarze Stoffbespannung (Grillcloth) spendiert. Vier Gummifüße bieten einen sicheren Stand. 

Jetzt stellt sich natürlich noch die Frage, was denn eigentlich 12/20 im Namen bedeutet. Nun, ganz einfach: Je nach Endstufen-Röhrenbestückung liefert der Amp genau diese Ausgangsleistungen. Im Klartext: Mit jeweils zwei 6V6 oder EL84 Röhren und der benötigten niedrigeren Spannung sind es 12 Watt, mit 6L6 oder EL34 Röhren und höherer Spannung 20 Watt. Die jeweils korrekte maximale Voltzahl wird nach einem Röhrenwechsel mit einem Schalter hinter dem rückseitigen Paneel gewählt. Und wo wir gerade beim Thema sind: In der Vorstufe arbeiten drei 12AX7-Glaskolben. 
Bedienelemente 
Das Bedienpaneel mit all seinen Protagonisten liegt im hinteren Bereich der Oberseite. Hier findet sich links der obligatorische On/Off-Schalter, gefolgt von einem Dreifachschalter, der über die Funktionen Pentode/Standby/Triode verfügt. In der Trioden-Stellung wird die Ausgangsleistung im Gegensatz zur Pentoden-Position halbiert. Auf diese Weise soll – laut Hersteller – ein dichterer, weicherer Sound entstehen. Mehr dazu im Praxisteil. 
Alle Drehregler sind übrigens mit Chickenhead-Knöpfen bestückt, auch unser nächstes Poti mit der Bezeichnung Watts. Dieses bestimmt die Ausgangsleistung von 12 oder 20 Watt – je nach Endstufenröhren-Bestückung – bis unter ein Watt (Linksanschlag). Wie weiter oben bereits erwähnt, besteht eines der Highlights des VHT Special-Topteils darin, dass es sich wahlweise mit 6V6 oder EL84 bzw. 6L6 oder EL34 Glaskolben betreiben lässt. Für den Einsatz von EL84 Röhren werden 6V6 auf EL84-Adapter benötigt, die zwar nicht zum Lieferumfang gehören, aber von VHT für relativ kleines Geld erstanden werden können. Ab Werk wird das Topteil mit 6V6-Bestückung geliefert.

 Eine rote Lampe leuchtet, sobald der On-Schalter aktiv ist, und zeigt so die Betriebsbereitschaft des 12/20 an. Beim Regler mit der Bezeichnung Depth handelt es sich, genau gesagt, um einen 6-Positions-Drehschalter, der als sogenannter Roll-Off-Filter die Bass-Grenzfrequenz der Endstufenröhren bestimmt. Bei Rechtsanschlag gibt’s Tiefbass satt, mit jedem Schritt gegen den Uhrzeigersinn stehen mehr und mehr die Mitten und die Präsenz im Fokus. Laut Hersteller sind die drei Stellungen im Uhrzeigersinn auf Single-Coil-Bestückung abgestimmt, die drei in entgegengesetzter Richtung auf Humbuckergitarren spezialisiert. 
Ein Dreiweg-Schalter mit dem klangvollen Namen Texture regelt dementsprechend die Höhen. Die Mittelstellung bleibt ungefiltert und liefert das komplette Höhenbild, in Position eins werden die hohen Frequenzen leicht bedämpft, in Position zwei recht deutlich. Weiter geht es mit einem Return- und einem Send-Poti. Die beiden bestimmen die Signalstärke vom bzw. zum Effektgerät – die zuständigen Anschlussbuchsen des Effektwegs warten auf der Amp-Rückseite. Mit Einstellungen zwischen Mitte und Rechtsanschlag werden Pedale laut Handbuch optimal angesteuert. Die Funktion des Tone-Reglers ist vergleichbar mit einem Wipp-EQ, wie man ihn bei alten Stereo-Anlagen findet. Dreht man von links nach rechts, nehmen die Höhen fließend zu und die Bässe entsprechend ab. Den Abschluss bildet der Volumen-Regler, der allerdings nicht nur für die Lautstärke des Amps zuständig ist, sondern darüber hinaus eine Pull-Boost Funktion bietet. Herausgezogen sorgt das Poti dafür, dass das Gitarrensignal die Klangregelung umgeht, die Vorstufe stärker verzerrt und die Mitten betont werden. Weil diese Funktion auch per Fußschalter aufgerufen werden kann, beschert sie dem eigentlich einkanaligen Amp eine zusätzliche Gainstufe. 

 Die Rückseite 
Rückseitig zeigt sich das Topteil recht kontaktfreudig und bietet zwei Boxen mit 4, 8 oder 16 Ohm ein Zuhause. Die Footswitch-Buchse ermöglicht den Anschluss des mitgelieferten Fußschalters, Effektgeräte können via Send- und Return-Klinkenbuchse in den Special 12/20 eingeschleift werden. „Normale“ Pedale lassen sich gleichzeitig aus einer 9-Volt-Buchse mit der benötigten Gleichspannung versorgen. Ein entsprechendes Kabel gehört zum Lieferumfang. 

Natürlich bietet der Kleine auch einen Direct-Out. Damit der Amp auch im Ausland betrieben werden kann, lässt er sich zwischen 110 V, 120 V und natürlich 230 V umschalten. Gegen versehentliches Verstellen ist der zuständige Dreiweg-Schalter durch eine transparente Plastikabdeckung geschützt. 

Anzeige

PRAXIS

Sound/ Bedienung 
Die Verarbeitung des Special 12/20 ist durchweg gut. Das gilt für Gehäuse und Chassis genau so wie für die elektrische Ausstattung. Nichts rappelt und auch die Potis lassen sich fein dosieren. Insgesamt hinterlässt der Amp in dieser Hinsicht einen guten Eindruck. Jetzt, wo es um den Sound gehen soll, befindet sich unser Kandidat dort, wo er wirklich zu Hause ist: auf einer Box – in diesem Fall einer 2 x 12“ mit Vintage 30 Speakern. Abgenommen wird er mit einem Shure SM57 und einem Sontronics Halo. 
Eine Eigenheit des Amps wurde schon beim ersten Anchecken deutlich: Die beiden Send- und Return-Potis des Effektwegs sind offensichtlich so in den Signalweg eingebettet, dass sie auch bei nicht eingeschleiftem Effektpedal Einfluss auf die Signalstärke und damit den Zerrgrad nehmen. Aus dieser Tatsache ergeben sich unzählige zusätzliche Möglichkeiten der Klanggestaltung. 
Es folgen einige Beispiele, von denen ich denke, dass sie die individuelle Note des Amps repräsentativ darstellen, und ich beginne wie immer clean. Dazu verwende ich eine Strat in der Hals-Position. 

Audio Samples
0:00
Clean-Chords, Strat/Neck-PU, Pentode-Modus

Der Amp drückt die Akkorde unmittelbar und punchy aus den Speakern, das Frequenzbild ist ausgewogen. Alle Attacks kommen klar und direkt. 
Ich habe die Einstellungen nicht verändert und spiele jetzt ein paar Arpeggios mit dem Hals-Pickup. 

Audio Samples
0:00
Clean-Picking, Strat/Neck-PU, Pentode-Modus

Auch hier fällt die Direktheit auf, mit der der Amp zu Werke geht. Erstaunlich, wie feinfühlig er auf verschiedene Spielweisen reagiert. Ich schaue noch einmal auf das Preisschild und bin begeistert. 
Jetzt schalte ich in die zweite Pickup-Position (Hals- und Mittel-PU parallel) und auch hier spiele ich Arpeggios. 

Audio Samples
0:00
Clean-Arpeggios, Strat/Neck/Mid-PU, Pentode-Modus

Natürlich klingt diese Pickup-Stellung nicht so vollmundig wie der Kollege am Hals, aber das soll sie auch nicht. Trotzdem kommt auch dieser Sound authentisch rüber. 
Jetzt ist der Texture-Schalter an der Reihe. Im folgenden Beispiel habe ich drei Mal dieselbe Linie gespielt und dabei in jedem Durchgang den Texture-Schalter von 0 bis 2 umgeschaltet. 

Audio Samples
0:00
Clean, Texture 0,1,2

Der Unterschied ist sehr gut hörbar. Mithilfe des Texture-Schalters lässt sich eine zu höhenlastige Gitarre auf jeden Fall besänftigen. Die verschiedenen Schaltungen sind schon ab Werk feinfühlig gewählt und lassen sich je nach Instrument oder Geschmack gut dosieren.
Kommen wir zu den Zerrsounds. In den nächsten Beispielen habe ich einen Crunch-Sound eingestellt und im ersten Durchlauf den Humbucker, im zweiten dann den Hals-Pickup verwendet. Der Amp läuft jetzt im Trioden-Modus und der Texture-Schalter befindet sich in Position 1, was zu einer leichten Höhenbedämpfung führt.

Audio Samples
0:00
Crunch Neck Triode Texture 1 Crunch Humb Triode Texture 1

Der Steg-Humbucker drückt erwartungsgemäß mittig und fett, der Hals-PU macht das Ganze transparenter. Durch den Texture-Schalter wird der Sound des Hals-PUs etwas entschärft. Auch in Verbindung mit dem Humbucker zeigt sich der Klang schön breit und mittig.
Ich bin gespannt, inwieweit sich der Sound durch das Umschalten vom Trioden- in den Pentoden-Modus verändert. Außerdem deaktiviere ich den Texture-Schalter. Wieder kommt die Strat im Humbucker-Modus zum Einsatz.

Audio Samples
0:00
Crunch Humb Pentode Texture 0

Der 12/20 bringt einen wirklich guten Crunch-Sound zustande. Wer glaubt, dass der Amp aufgrund seiner bescheidenen Watt-Zahl nicht laut genug sei, irrt gewaltig! Schön, wie er die Attacks herausarbeitet. Das Höhenbild ist angenehm und auch die Bässe treten nicht zu sehr in den Vordergrund.
Ich spiele jetzt ein kleines Solo und bringe alle Regler in Maximalstellung. Wieder kommt der Pentoden-Modus zum Einsatz und auch der Texture-Schalter ist hier in Nullstellung. Um noch mehr Dichte in den Sound zu bringen, habe ich zusätzlich die Wattzahl um ein Viertel reduziert.

Audio Samples
0:00
Lead Humb Max Gain Pentode

Der Special 12/20 ist ganz bestimmt kein Amp für die ganz harten Jungs, aber für das Solo zwischendurch reicht es allemal! Zumal er auch recht feinfühlig auf Veränderungen am Volumen-Poti der Gitarre und verschiedene Spielweisen reagiert.
Ein Wort zum Betrieb mit Effekten: Die lassen sich in der Tat sehr fein in den Amp einschleifen und je nach Geschmack “anfahren“, um so mehr Soundmöglichkeiten zu erhalten. Auch das Watt-Poti verrichtet seine Arbeit gut. Der Amp wird leiser, ohne dass sich der Sound verändert. Der Klang wird einfach nur dichter. 

Anzeige

FAZIT
Der VHT Special 12/20 ist ein Topteil im Kleinformat, das mit einer Menge guter Clean-Sounds begeistern kann. Aber auch verzerrt kann der Kleine punkten. Obwohl man die Heimat von VHT traditionell eher im Metal-Gewerbe ansiedelt, handelt es sich bei unserem Probanden ganz bestimmt nicht um einen Heavy Metal Amp. Aber dank seiner umfangreichen Einstellmöglichkeiten lässt sich eine Vielzahl verschiedener Sounds realisieren. Aufgrund des wirklich niedrigen Preises, der gebotenen Verarbeitung und Sounds bekommt der Amp von mir 4,5 Punkte.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Konzept
  • Cleansounds
  • 9V DC-Anschluss für Effekte
  • kann mit unterschiedlichen Endstufenröhren bestückt werden
  • Preis
Contra
  • Adapter für EL84 Röhren nicht im Lieferumfang
Artikelbild
VHT Special 12/20 Test
Facts
  • Hersteller: VHT
  • Bezeichnung: Special 12/20 H
  • Bauart: Vollröhren Gitarren Verstärker (Topteil)
  • Röhrenbestückung: 3x 12AX7 Vorstufe, 2x 6v6 Endstufe
  • Maße: (BxHxT) 280x 495x 215 mm
  • Gewicht: 12,5 kg
  • Besonderheiten: Lässt sich auch mit EL34, EL 84 oder 6L6 betreiben
  • Röhrenbetriebener FX Weg, 9V-Stromversorgung für Effekte, zwischen Pentoden- und Triodenmodus umschaltbar
  • Preis: 379,00 Euro
Hot or Not
?
VHT_Special_12_20_Head_005FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von Lou

Lou sagt:

#1 - 06.02.2012 um 17:34 Uhr

0

Endlich kommt eine Hersteller auf die Idee einen 9V Output für Effektgeräte einzubauen !!!--Das sollten andere auch machen--

Profilbild von Magman

Magman sagt:

#2 - 17.02.2013 um 16:32 Uhr

0

Mich wundert es ein wenig dass dieser Amp so selten auf Bühnen auftaucht. Ich hatte die Version mit Hall und Tremolo im Test und war sofort begeistert als Fan von alten Fenderamps. Selbst der röhrengetriebene Hall klingt 1a.Zu billig? Zu böses Outfit?Testen Leute, das Ding ist richtig gut für Blues und Classic Rock!

Profilbild von poundcake

poundcake sagt:

#3 - 26.03.2013 um 20:27 Uhr

0

Dieser kleine amp ist wirklich superklasse! Verdammt gute F-Cleansounds und schöne angezerrte Dinger; Durch die ausgefuchste Klabgregelung ist deraert viel möglich daß ich einige Abende die versch. Varianten ausprobiert hebe; Mit entsprechendem Pedal drückt der wie die Sau schöne Rocksounds bis Metal raus. Viel Bassdruck, seidige Höhen; Ausstattung +++, sound +++, Preis/Leistung ++++++

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Subtle Compressor Tones with the Wampler Mini Ego 76 Compressor!
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?