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Toontrack Indiependent SDX Test

Der Toontrack Superior Drummer 2 ist seit der Veröffentlichung im Sommer 2008 eines der großen virtuellen Drum-Studios zur Erzeugung von realistisch klingenden Drum-Tracks. Dass sich die Kern-Software über einen so langen Zeitraum in weitgehend unveränderter Form halten konnte, hängt unter anderem damit zusammen, dass der Hersteller regelmäßig Erweiterungen auf den Markt bringt und die Anwenderschaft mit frischem Sample-Material versorgt. Bei der Indiependent SDX handelt es sich um das mittlerweile neunte Add-On in dieser Form, und wie der Name es vermuten lässt, hat sich das Toontrack-Team diesmal in den stilistischen Bereich der Indie-Musik begeben.

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Zunächst stellt sich die Frage, was einen Indie-Drumsound ausmacht und ob man bei einem solchen Genre-Sammelsurium, das sich Eigenwilligkeit und Unabhängigkeit vom Mainstream auf die Fahnen schreibt, überhaupt von typischen Klangeigenschaften sprechen kann. Eine Art grundlegendes Klangideal mag es sicher geben, vielleicht ist es aber nicht nötig, an dieser Stelle zu tief in die Stil-Fibel abzutauchen. Zentrales Merkmal der Library ist, dass sie eben nicht versucht, druckvoller, größer und glänzender als der Rest der Welt zu klingen, sondern sich ganz im Gegenteil durch ein sehr angenehmes klangliches Understatement auszeichnet. Zu deutsch: Die Indiependent SDX klingt für eine Sample-Library an manchen Stellen wirklich erfreulich „ranzig“, und genau dieser rohe und charaktervolle Klang ist es, den man in Drum-Libraries öfter vermisst.

Details

Überblick

Werfen wir als kleine Orientierungshilfe zunächst einen kurzen Blick auf die bislang erhältlichen Libraries (nach ansteigendem Alter geordnet): Metal Machinery SDX, The Rock Warehouse SDX, The New York Studios Vol. 3 SDX, Roots SDX, Music City USA SDX, Custom & Vintage SDX, The Metal Foundry SDX, The New York Studios Vol. 2 SDX und Core-Library (The New York Studios Vol.1).

Fotostrecke: 9 Bilder Metal Machinery

Audio-Beispiele sagen natürlich mehr als tausend Bilder, weshalb es nun ein MIDI-File zu hören gibt, das unter minimalem Drehen und Schrauben durch die Standard-Presets der Core-Library und verschiedenen Erweiterungen gejagt wurde.

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Indiependent SDX Metal Machinery SDX The Rock Warehouse SDX The New York Studios Vol. 3 SDX Roots SDX Music City USA SDX Custom & Vintage SDX The Metal Foundry SDX New York Studios Vol. 2 SDX Core-Library

Von den meisten SDX-Paketen für den Superior Drummer 2 gibt es kleinere EZX-Versionen für den ebenfalls von Toontrack vertriebenen EZdrummer 2. Beispielsweise fand sich ein Teil der Instrumente aus der zuletzt veröffentlichten Metal Machinery SDX bereits in der Metal Machine EZX, und auch die Samples von Roots SDX und Jazz EZX stammen aus den gleichen Recording-Sessions. Unser Testkandidat hat ebenfalls einen solchen kleinen Bruder, der auf den Namen Indie Folk EZX hört und bereits 2013 veröffentlicht wurde.
Wie immer bietet die SDX-Version einen wesentlich umfangreicheren Sample-Pool. Das Datenvolumen beträgt in diesem Fall 25 Gigabyte und nicht 1 Gigabyte, wie in der EZX-Version. Dies äußert sich einerseits in einer größeren Auswahl an Instrumenten (zwei zusätzliche Drumkits), Spielweisen und Mixer-Channels, andererseits wirkt aber auch der grundlegende Klang lebendiger und nuancenreicher, da pro Trommel mehr alternative Samples vorhanden sind. Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Varianten ist aber auch der Grad der nachträglichen Bearbeitung. Für die Indie Folk EZX hat das Toontrack-Team die Samples nach dem Tracking noch ein wenig aufpoliert, in der Indiependent SDX findet man die Sounds dagegen in ihrer naturbelassenen Form. So hat man beim Mischen mehr Spielraum, und das freut natürlich alle, die mehr wollen, als nur ein schnelles Layout zu erstellen.

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Indiependent SDX Indie Folk EZX

Facts zu Studio und Recording

Für die Aufnahmen begab sich das Toontrack-Team diesmal nach Seattle, wo nach dem Abflauen der Grunge-Bewegung um die Genre-Ikone Nirvana herum eine lebendige Indie-Pop- bzw. Indie-Rock-Kultur entstand. Das Studio der Wahl war die Avast! Recording Company, wobei es sich hier nicht unbedingt um eines der ganz großen und geschichtsträchtigen Studios handelt, wie sie von Toontrack oftmals gebucht werden. Queens of the Stone Age/Kyuss nahmen dort ihre erste EP auf, und auch Soundgarden, Death Cab for Cutie oder die Fleet Foxes waren dort zu Gast. Im Vergleich zu den gigantischen Aufnahmeräumen, in denen beispielsweise die Recording-Sessions für Rock Warehouse SDX oder die Music City USA SDX stattfanden, handelt es sich beim Avast! Studio A um einen moderater dimensionierten Raum, und das hört man natürlich auch in den Samples. Parallelen zur Custom & Vintage SDX sind eindeutig vorhanden.

Recoring Engineer Kevin Suggs bei der Arbeit.
Recoring Engineer Kevin Suggs bei der Arbeit.

Wenn es um das technische Equipment geht, kann man im Gegensatz zur Größe des Aufnahmeraums allerdings kaum von „moderaten“ Verhältnissen sprechen. Beim Tracking kam eine von insgesamt 13 hergestellten Trident A-Range Konsolen zum Einsatz. Das gute Stück wurde etwa 1975 gebaut und trägt die Seriennummer 3. Der zugehörige EQ dürfte einigen Anwendern aus der Software-Welt als Plug-In bekannt sein, da er mehrfach gemodelt wurde und unter anderem von Softube und in einer Version für die UAD-Plattform von Universal Audio erhältlich ist. Weitere Effekte wurden bei den Aufnahmen wiederum nur spärlich eingeschleift. An manchen Stellen findet man den Empirical Labs Distressor, den Urei 1176 (bzw. die Stereo-Variante 1178) und einen Massenburg GML 8200 EQ. Im Bereich der Klangformung hat sich Producer/Engineer Kevin Suggs (Band of Horses, The Walkabouts) also sehr zurückgehalten.

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Praxis

Grundklang und Instrumente

Die Indiependent SDX bietet fünf komplette Drumsets, die in musikgeschichtlichem Sinne sozusagen aus einem Land vor unserer Zeit stammen. Die Kits von den Herstellern Gretsch, Slingerland, WFL, Ludwig und Sonor wurden alle im Zeitraum zwischen den 1940er und 1960er Jahren gefertigt und sind größtenteils deutlich bedämpft, was einen recht trockenen und weniger höhenreichen Grundklang erzeugt – typisch vintage eben. Dazu kommen zwei Hihats und drei komplette Beckensets. Wie im folgenden Screenshot zu erkennen, ist in Bezug auf die Größe der einzelnen Drumsets echter Minimalismus angesagt. Für die meisten musikalischen Anwendungen sollte das klassische Four-Piece-Kit mit zwei Crashes und zusätzlichem Tamburin aber völlig ausreichen.

Klein aber fein: Kompakter sah ein Drumset in einer SDX noch nicht aus.
Klein aber fein: Kompakter sah ein Drumset in einer SDX noch nicht aus.

Das Default-Kit der Library ist ein Gretsch Round Badge von 1961. Die Trommeln wurden beim Recording mit T-Shirts bedämpft, was natürlich eine drastische Wirkung auf Sustain und Obertonspektrum hat. In Kombination mit der recht tiefen Stimmung von Kick und Toms wird das Set damit zum knackigsten und rockigsten Vertreter der Library. Im zweiten Audio-Beispiel ist eine alternative Bassdrum ohne Resonanzfell zu hören. Zudem wurde das Gretsch als einziges Set der Library auch mit Mallets gesampelt – schade, dass es in der Sammlung der MIDI-Grooves keine gekennzeichneten Versionen für diese doch etwas speziellere Variante gibt. Ein echter Drummer spielt mit Mallets bekanntlich anders als mit Sticks.

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Gretsch Round Badge Kit Gretsch mit alternativer Kick Gretsch mit Mallets

Das 1940er Slingerland Rolling Bomber macht seinem Namen mit seiner gigantischen 28“ Bassdrum alle Ehre. Das Set klingt nicht nur uralt, sondern sieht auch ganz offensichtlich so aus. Zudem handelt es sich um das bisher einzige nicht-vegane Drumset, das jemals von Toontrack in einer SDX-Library angeboten wurde – was dem Umstand zu verdanken ist, dass die Trommeln mit echten Kalbslederfellen bespannt wurden.

Das Slingerand Rolling Bomber versprüht Retro-Charme.
Das Slingerand Rolling Bomber versprüht Retro-Charme.

Das Ergebnis ist ähnlich wie beim Gretsch ein bedämpfter Klang, der allerdings noch ein ganzes Stück weit antiker und weniger knackig wirkt. Vor allem die zugehörige Snare ist ein echter Exot, da sie offenbar bewusst nicht so gestimmt wurde, dass ein möglichst druckvoller Sound entsteht. Das Kit ist folglich weit davon entfernt, in jedem Arrangement eine gute Figur zu machen. Solche Charaktersounds sind im Bereich von oftmals über-perfekten und bis zum Hochglanz polierten Drum-Libraries aber sehr zu begrüßen. Es lebt!

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Slingerland Rolling Bomber Kit

Die Drumsets von WFL und Ludwig sind sich klanglich recht nah, was aber sicher nicht nur damit zusammenhängt, dass WFL Drums der Vorgänger der Ludwig Drum Company war und die Instrumente sozusagen aus dem gleichen Hause stammen. Auch im etwas höheren und offeneren Tuning gibt es Parallelen. Das WFL wirkt im direkten Vergleich noch etwas kräftiger und rockiger als das Ludwig, das im dritten Audio-Beispiel wiederum mit einer alternativen Snare zu hören ist.

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WFL Kit Ludwig Kit Ludwig mit alternativer Snare
Das Set von Sonor klingt insgesamt am leichtesten und lässt sich fast schon als jazzig bezeichnen. Die beiden Toms sind höher gestimmt und haben einen sehr schön singenden Ausklang. In diesem Fall scheint im Vergleich zu den anderen Kits also am wenigsten abgedämpft worden zu sein. Das Tamburin ist in den Beispielen ebenfalls zu hören, und in Track zwei wird das Kit mit einer kleineren Bassdrum und einer Brady Snare kombiniert. 
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Sonor Kit Sonor mit alternativer Kick & Snare

Als Anwender des Superior Drummer weiß man, dass Kombinationen der Trommeln und Becken untereinander problemlos möglich sind. Als kleine Zugabe bietet Toontrack in dieser Library aber sogar ein sechstes Drumset an, das aus Komponenten der anderen Kits zusammengestellt wurde und den Namen Thunder Kit trägt. Dieser rührt vermutlich vor allem daher, dass als Standtom eine als Extra-Instrument vorhandene Bassdrum verwendet wird, von der im Audio-Beispiel reger Gebrauch gemacht wird.

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Thunder Kit

In Bezug auf die Anzahl der verfügbaren Artikulationen hat sich im Vergleich zur Core-Library nicht viel geändert, und für die Spielweisen von Hihats und Snare bleibt im Grunde alles beim Alten. Ähnlich wie in manch anderer SDX kann man die Toms auf dem Spannreifen anspielen, und nur die Möglichkeit, den Hihats ein Tamburin aufzupflanzen, das beim Pedal-Sound mitklingt, ist neu. Im Prinzip ließe sich dies natürlich auch durch Layering von Hand umsetzen, interessant ist das Feature aber allemal, da es sich hier um eine echte Aufnahme handelt. 

Mixer-Channels und Presets

Der Klang der Indiependent SDX läuft durch insgesamt 16 Mixer-Channels, die wie gehabt frei gemischt werden können und alle Übersprecher in regelbarer Form beinhalten. Unter den Direktkanälen bietet vor allem die vierfach mikrofonierte Bassdrum sehr viel Spielraum, das Fundament der eigenen Mixes ohne viel Schrauberei an EQs anzupassen. Besonders schön ist der Punkt, dass es neben den normalen Overheads (Neumann U87) auch eine alternative Variante mit Coles 4038 Bändchenmikrofonen gibt. Dieses Setup arbeitet meiner Ansicht nach in den meisten Situationen noch besser mit den Direktkanälen zusammen als die Default-Variante, da sie dem etwas dumpfen Charakter der Trommeln einen weicheren Beckenklang mit insgesamt etwas mehr Raumanteil gegenüberstellt. Weiterhin finden sich je zwei unterschiedlich stark vorkomprimierte Mono- und Stereo-Räume und ein Mono-Kit. In letzterem Fall wurde ein einzelnes AKG 414 über der Bassdrum verwendet, um den Gesamtsound der Drumsets einzufangen. Im Video gibt es einen Überblick.

Was man mit den vielen Kanälen in Kombination mit der internen Effekt-Suite des Superior Drummer anstellen kann, zeigen die Combined Presets. An dieser Stelle war bei SDX-Libraries oft zu bemängeln, dass die Auswahl recht gering erschien, im Falle der Indiependent SDX gibt es aber immerhin zehn dieser komplexen Voreinstellungen, die wieder einmal sehr lehrreich sein können. Hier eine kleine Auswahl:

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Preset: Hybrid Rock Preset: Sonor Pop Preset: WFL Room
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Fazit

Nachdem die Custom & Vintage SDX mittlerweile ein wenig in die Jahre gekommen ist, handelt es sich bei der Indiependent SDX um eine sehr willkommene Erweiterung des Toontrack-Arsenals in Richtung Vintage-Drums. Die fünf Drumsets wurden ohne größeren Effekt-Einsatz aufgenommen und wirken weitestgehend sehr natürlich, warm und organisch und an manchen Stellen so „nicht-perfekt“, dass es eine wahre Freude ist. Der Klang ist dementsprechend noch sehr formbar, im Gegenzug für die vermutlich meisten Mixes aber auch noch nicht fertig – und genau das ist es, was man als Anwender des Superior Drummer (im Gegensatz zum EZdrummer) in der Regel erwartet. Dass bei den einzelnen Drumkits keine Materialschlacht gestartet wurde, empfinde ich persönlich nicht als Manko, und nur das Fehlen von speziellen Mallet-Grooves ist ein wenig schade. Wer auf ungeschminkten und charakterstarken Drumsound steht, darf trotzdem zweifelsfrei zugreifen.

PRO:
  • Realistischer Vintage-Drumsound
  • Fünf komplette Drumsets
  • Ein Extra-Drumset, das mit Mallets bespielt wurde
  • Weitgehend naturbelassener Grundklang
  • Für Drumsamples angenehmer Schmutzfaktor
CONTRA:
  • Keine gekennzeichneten Grooves für Mallets
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Features:
  • Erweiterung für Superior Drummer 2.4.3
  • 25 GB große Sample-Library
  • 5 Vintage-Drumsets + 1 Mallet-Kit + 1 Extra-Kit
  • 16 Mixer-Channels
  • Minimale Systeanforderungen:
  • PC: Pentium 4 oder Athlon @ 2GHz
  • MAC: Intel-Mac
  • 2 GB RAM (4 GB für alle Systeme empfohlen)
  • DVD-Laufwerk
  • Internet-Verbindung für den Autorisierungsprozess
  • Lauffähige Installation des Superior Drummer 2.4.3
Preis:
  • EUR 159,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Realistischer Vintage-Drumsound
  • Fünf komplette Drumsets
  • Ein Extra-Drumset, das mit Mallets bespielt wurde
  • Weitgehend naturbelassener Grundklang
  • Für Drumsamples angenehmer Schmutzfaktor
Contra
  • Keine gekennzeichneten Grooves für Mallets
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Toontrack Indiependent SDX Test
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