Rickenbacker 4003 FG Test

Der Rickenbacker 4003 Bass im bonedo-Test  –  1957 war das Jahr, in dem die kalifornische Traditionsmarke Rickenbacker den sogenannten 4000er mit einem Tonabnehmer – dem berühmten Hufeisen – vorstellte. Wenige Jahre später folgte der 4001 mit durchgehendem Hals und nunmehr zwei Tonabnehmern, später dann serienmäßig erweitert mit  einem „RIC-O-Sound“-Stereoausgang, über den man die Signale von Hals- und Stegtonabnehmer getrennt verarbeiten konnte. Chris Squire (Yes) und Paul McCartney (Beatles) zählten zu den ersten namhaften Bassisten in Europa, die dieses Modell spielten. 1980 kam dann die überarbeitete Version in Form des 4003 auf den Markt, der bis heute nahezu unverändert gebaut wird. 

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Während fast alle Basshersteller im Laufe ihrer Existenz bestrebt waren, neue Modelle auf den Markt zu bringen und sich bisweilen komplett neu zu erfinden, sind solche Prozesse an Rickenbacker weitestgehend vorbeigegangen. Einer der Gründe ist sicherlich die Tatsache, dass die Firma immer noch in Familienbesitz ist und keinem Finanzkonsortium folgen muss, das lediglich auf Quartalszahlen schielt. Das heute von John Hall geführte Unternehmen hat auch stets der Versuchung widerstanden, am globalen Stückzahlen- und Kapazitätsrennen teilzunehmen und sich an irgendwelche künstlichen Hypes und Trends zu beteiligen. Resultat dieser Beharrlichkeit ist eine wirtschaftlich gesunde Firma, deren Bässe gefragt sind wie nie zuvor. Das hat zur Folge, dass man auch schon mal längere Wartezeiten in Kauf nehmen muss, wenn man einen neuen 4003er erstehen möchte. Das gilt übrigens auch für Käufer in den USA, die zum Teil sogar die hohen Kosten für Re-Importe aus Europa zahlen, um an ihr ersehntes Instrument zu kommen.
Dennoch ist es bonedo gelungen, ein Exemplar des 4003er in klassischer Fireglo-Lackierung für einen Test zu ergattern. So lest, hört und staunt.

Details

Der Rickenbacker 4003 wird in einem rechteckigen Hardshellcase mit vier Schnappverschlüssen geliefert, von denen jeder für sich abschließbar ist. RIC und Rickenbacker Schriftzug sind auf der Casevorderseite unten rechts in auffälligem Gelb eingelassen. Im Inneren des Koffers hat der Bass dank passgenauer Aussparungen für Korpus und Hals einen sicheren und festen Sitz. Etwaige Utensilien finden in zwei offenen Fächern Platz. Beigelegt ist eine Standard-Rickenbacker-Bedienungsanleitung in Englisch, die für alle Gitarren und Bässe gleichermaßen gültig ist und aus der man sich seine benötigten Informationen etwas mühsam zusammenfischen muss.

Fotostrecke: 3 Bilder Fireglo: klassisches Finish

Das Testmodell ist in Fireglo lackiert, der Farbe, die man weitläufig als „klassische“ Rickenbackerfarbe bezeichnet. Das Modell gibt es jedoch auch in anderen farblichen Ausführungen. Erst jüngst erschien eine limitierte Sonderedition in schneeweißem „Snowglo“. Das Design der Rickenbackerbässe ist absolut einzigartig. Es weicht konsequent von allen existierenden Modellentwürfen anderer Firmen ab. Alleine das ist schon eine beachtliche Tatsache. Man kann sogar soweit gehen zu sagen, dass nahezu alles an einem Rickenbacker anders ist. 
Ein typisches Attribut war schon immer der Begriff „schlank“. Nimmt man den Bass aus dem Koffer, fällt unmittelbar der recht dünne, durchgehende Hals auf, wenngleich die Hälse der früheren Modelle der 4001er Serie sogar noch etwas zierlicher ausfielen. Insgesamt fühlt sich der 4003er also filigraner an, als man es von anderen Bässen gewohnt sein dürfte. Mit knapp 4,2 Kilo ist er dennoch kein Leichtgewicht, was auf die Holzauswahl zurückzuführen ist. Beim Rickenbacker 4003 dient seit jeher Ahorn nicht nur als Halsholz, sondern auch als Korpusmaterial. 

Fotostrecke: 4 Bilder Unverkennbares Designmerkmal: Das ausladende Horn

Ein typisches Attribut war schon immer der Begriff „schlank“. Nimmt man den Bass aus dem Koffer, fällt unmittelbar der recht dünne, durchgehende Hals auf, wenngleich die Hälse der früheren Modelle der 4001er Serie sogar noch etwas zierlicher ausfielen. Insgesamt fühlt sich der 4003er also filigraner an, als man es von anderen Bässen gewohnt sein dürfte. Mit knapp 4,2 Kilo ist er dennoch kein Leichtgewicht, was auf die Holzauswahl zurückzuführen ist. Beim Rickenbacker 4003 dient seit jeher Ahorn nicht nur als Halsholz, sondern auch als Korpusmaterial. 
Neben der exzentrischen Korpusform dienen weitere optische Besonderheiten einem starken Wiedererkennungswert. Da wären explizit zu nennen das weiße Bodybinding, tadellos eingearbeitet, das den kompletten Korpus einfasst, ebenso ein weißes Griffbrettbinding, Dreieckinlays aus Perlmutt im Palisandergriffbrett und die asymmetrische Kopfplatte mit dem Rickenbackeremblem auf weißer, geschwungener und spitz zulaufender Kunststoffplatte. Die deckt übrigens gleichzeitig den Zugang zu dem doppelten Halsstellstab (Twin-Trussrod) ab. Dazu kommt ein weißes Pickguard, das vier Potis und einen Dreifach-Pickupwahlschalter trägt und großräumig den Halstonabnehmer umschließt, nicht jedoch den am Steg. Unter die Rubrik fallen außerdem die Rickenbacker-Brücke und die großzügig ausgelegte Chrom-Einfassung und Abdeckung des Bridge-Tonabnehmers.

Pickguard und Bedienelemente
Pickguard und Bedienelemente

Weniger auffällig, aber genauso typisch für Rickenbackerbässe ist die kürzere Mensur. Während die meisten Standard Longscalebässe eine Mensur von 34 Zoll bzw. 86,4 cm aufweisen, kommen die Rickenbackermodelle mit 33,25 Zoll oder 84,5 cm aus, was zu einer schwächeren Saitenspannung führt. Hier mag sich einer der Gründe widerspiegeln, warum Rickenbacker-Bässe ab Werk mit der sehr eigenwilligen Saitenstärkenabstufung 45 – 55 – 75 – 105 ausgeliefert werden, während die heute übliche Standardabstufungen beispielsweise 45 – 65 – 85 – 105  (heavy) oder  35 – 55 – 75 – 95 (light) sind.
Warum Rickenbacker die äußeren Saiten mit „heavy“ und die inneren beiden Saiten „light“ bespannt, darüber kann nur spekuliert werden. Man sollte sich dessen zumindest bewusst sein, wenn man die Saiten ersetzt, denn es kann notwendig werden, die Sattelkerben zu erweitern und den Hals und die Intonation/Oktavreinheit neu zu justieren.
Wie erwähnt, bestehen Hals und Korpus aus Ahorn. Der Hals ist durchgehend und zweiteilig gesperrt, so dass eventuellen Torsionskräften entgegengewirkt wird. Da die Rickenbacker-Hälse sehr schlank ausfallen, hat man ihnen eine doppelte Halsstellschiene spendiert, die für die nötige Stabilität sorgt. Der Zugang zu den Stellschrauben liegt an der Kopfplatte im Bereich des Sattels, unter der weißen Kunststoffabdeckung mit dem Rickenbackerschriftzug, die mit drei Kreuzschlitzschrauben befestigt ist. Das Einstellen der Halskrümmung mit solchen sogenannten „Twin Trussrods“ ist mit etwas mehr Sorgfalt auszuführen als bei einfachen Stellschienen. Dennoch ist es kein Hexenwerk, wenn man sich an die Anleitung hält. Erfahrungsgemäß verhalten sich Hälse mit lackiertem Griffbrett stabiler in der eingestellten Halskrümmung als solche mit unlackiertem. So sollten aufwendige Einstellarbeiten beim 4003 eher selten notwendig werden.

Fotostrecke: 4 Bilder Kopfplatte mit zwei Ansatzstücken

Das Griffbrett besteht, wie schon erwähnt, aus lackiertem Rosewood (Palisander), ist mit Dreieckeinlagen aus Perlmutt verziert und rundum von einem weißen Binding eingefasst. Die Lackierungist eine typische Konstruktionsart von Rickenbacker, die sicher auch einen Anteil am drahtigen Soundcharakter der Bässe hat. 20 schlanke Bünde sind tadellos eingelassen und treten an keiner Stelle seitlich am Binding aus. 
Die opulent ausgelegte Kopfplatte ist mit zwei Ansatzstücken seitlich erweitert. Es wird nirgendwo spezifiziert, aus welchem Holz diese Ansätze bestehen. Möglicherweise wurde Walnussholz verwendet, das häufiger bei Instrumenten von Rickenbacker zu finden ist. Auf dieser Kopfplatte befinden sich paarweise, leicht asymmetrisch verschoben, die vier offenen Schaller Deluxe Stimm-Mechaniken mit kleinen, platz- und gewichtsparenden Achsen. Dafür, dass die Saitenstrecke zwischen den Mechanikachsen und dem Graphitsattel relativ großzügig ausfällt, kommt der 4003 bemerkenswerterweise ohne Saitenniederhalter aus. Der muss bekanntlich bei vielen anderen Bässen mit gerade verlaufender Kopfplatte den Sattelauflagedruck erhöhen, während der beim Rickenbacker offensichtlich ausreichend hoch ist. Trotz der langen, freischwebenden Saitenstrecken über die Kopfplatte kam es bei dem Testmodell zu keinerlei störenden Obertönen, wie sie durch Resonanzen in diesem Bereich auftreten können. 
Der Sattel ist gut verleimt, leider hat man beim Testmodell etwas Kleber im Bereich der E-Saite überstehen lassen – ein kleiner optischer Makel. Generell ist die Lackierung bei unserem Testbass ein Schwachpunkt. Sie scheint sehr dünn und nicht besonders haltbar zu sein. Unser Kandidat lief offensichtlich schon durch mehrere Hände und an der Stelle des Korpus, an dem der rechte Unterarm aufliegt, wird der Lack bereits deutlich matt, was sich auch durch Polieren nicht mehr beheben lässt.
Die nächste Besonderheit des Rickenbacker 4003 ist die Brücke. Sie besteht aus einem soliden Chrom-Basisteil, das mit dem Korpus verschraubt ist. Die Saiten werden durch Öffnungen im hinteren Teil der Bridge geführt und laufen von dort über einen separat eingelassenen, frei aufliegenden Steg. In diesem Steg, der komplett mittels zweier kleiner Inbusschrauben höhenverstellbar ist, sind vier einzelne „Hausdachreiterchen“ eingesetzt, die sich nur eindimensional verstellen lassen. Sie dienen also lediglich dem Einstellen der Oktavreinheit, nicht jedoch der individuellen Saitenhöhe. Als drittes Element der Bridge folgt ein durchgehender Saitendämpfer für alle Saiten, der sich mit zwei soliden Hand-Stellschrauben variabel justieren lässt, sodass man den gewünschten Dämpfungsgrad gut kontrollieren kann.

Fotostrecke: 4 Bilder Brücke des Rickenbacker 4003

Der Rickenbacker 4003 ist mit zwei Singlecoil Tonabnehmern bestückt. Im Gegensatz zu Fender Jazzbässen sind diese jedoch nicht mit umgekehrter Polarität versehen. Das hat zur Folge, dass sie Einstreugeräusche auch dann nicht herausfiltern, wenn man beide Tonabnehmer gleichzeitig betreibt. Andererseits sorgt genau diese Eigenschaft für einen sehr speziellen Klang.
Der Stegtonabnehmer ist in einem relativ großen Chromrahmen eingelassen und von einer chromfarbenen Kunststoffblende abgedeckt, die über die Saiten läuft. Diese Blende sitzt genau an der Stelle, an der viele Bassisten gerne die Saiten anschlagen, nämlich genau über dem Stegtonabnehmer. Man muss also entweder seine Spielgewohnheiten entsprechend anpassen oder diese Blende entfernen. Das allerdings gestaltet sich nicht so einfach, denn erst einmal will der komplette Tonabnehmer ausgebaut werden, da die Blende zwischen den Federn der Aufhängung montiert und ein fester Bestandteil der kompletten Konstruktion ist. Es existieren hierzu gute Anleitungen im Internet und die Aufgabe ist durchaus ohne Expertenhilfe zu bewältigen.

Fotostrecke: 2 Bilder Bridge-Pickup mit Abdeck-Blende

Unterhalb des Stegtonabnehmers liegt ein Dreifachschalter für die Tonabnehmerauswahl. Ansonsten finden wir vier Regler, zwei für jeden Tonabnehmer mit den Funktionen Lautstärke und passive Klangreglung/Höhenblende. Die passive Höhenblende für den Stegtonabnehmer besteht aus einem Push/Pull-Poti. In Rickenbacker-Bässen vor 1984 verwendete man einen speziellen Widerstand, der die Höhen stärker hervorhob. Danach ließ man diesen Widerstand weg, zugunsten eines lauteren und voluminöseren Sounds. Vor einigen Jahren führte man dann den „Vintage Tone Selector“ ein, mit dessen Hilfe man nun die Auswahl zwischen beiden möglichen Sounds hat: modern und vintage. Der Modern-Sound ist die Standardeinstellung. Zieht man das Poti heraus, wird der früher verwendete Widerstand in den Signalweg geschaltet und der 4003 klingt wie seine „prä-1984“-Vorgänger.

4003-Klangregelung
4003-Klangregelung

Ein weiteres entscheidendes Feature ist seine serienmäßige Ausstattung sowohl mit einem Standard-Monoausgang als auch einem TRS-Stereoausgang, dem sogenannten RIC-O-Sound. Bei diesem Ausgang werden die Signale von Hals- und Stegtonabnehmer getrennt über ein Y-Kabel an unterschiedliche Kanäle, bzw. Verstärker geschickt. Das eröffnet enorm vielfältige Soundmöglichkeiten. Im Stereobetrieb funktioniert der Tonabnehmerwahlschalter als Filterschalter für unterschiedliche Klangfärbungen. Wichtig ist zu wissen, dass Monobuchse und RIC-O-Sound Buchse nicht zusammen betrieben werden können.

Eine weitere Besonderheit des Rickenbacker 4003: die RIC-O-Sound-Buchse
Eine weitere Besonderheit des Rickenbacker 4003: die RIC-O-Sound-Buchse

Praxis

Wer noch nie einen Rickenbacker in der Hand hielt, der wird sicher zuerst bemerken, dass der Hals sich anders anfühlt als bei anderen Bässen. Das liegt daran, dass er bedeutend schlanker ist und das Stringspacing etwas enger ausfällt, was auch für den Abstand der Saiten in der Bridge/Korpus-Region gilt. Das führt zwangsläufig zu einem anderen Spielgefühl. Für Plektrumspieler ist es eher als Vorteil anzusehen, während Fingerspieler anfangs eventuell den Raum zwischen den Saiten als zu eng empfinden könnten. Dann kommt die bereits erwähnte Eigenheit hinzu, dass direkt über dem Bridgetonabnehmer eine große Abdeckkappe sitzt. Weil viele das als Einengung des Spielkomforts empfinden, sieht man häufig den 4003 auch mit entfernter Abdeckung. Optisch ist Letzteres allerdings keine tolle Lösung, denn der Stegtonabnehmer sitzt in einer großen Öffnung und ist dort nicht eingefasst. Ich habe mich für diesen Test erst einmal mit den Gegebenheiten abgefunden und vollkommen neutral versucht herauszufinden, was man dem Bass unter den vorgegebenen Bedingungen entlocken kann.

Schon wegen der üppigen Pickup-Abdeckung spielt sich der 4003 nicht wie ein Null-Acht-Fünfzehn-Bass
Schon wegen der üppigen Pickup-Abdeckung spielt sich der 4003 nicht wie ein Null-Acht-Fünfzehn-Bass

Der 4003 fühlt sich in erster Linie filigran an. Die Saitenspannung ist aufgrund der etwas kürzeren Mensur und zusätzlich der dünnen A- und D-Saite nicht sehr hoch, aber auch nicht „schwabbelig“. Trotzdem klingt er drahtig, über das komplette Griffbrett sehr ausgewogen und definiert und lässt sich sehr leicht spielen. Wer gewohnt ist, die Saiten mit starkem Anschlag zu malträtieren, der wird sich hier umstellen müssen. Auf harten Anschlag reagiert der Rickenbacker mit einem knorrigen, scheppernden Ton. Sobald man allerdings die Anschlagshärte reduziert, entwickelt er sich durchaus warm und auch voluminös, und das ganz speziell, wenn man die passiven Tonblenden etwas zurückdreht.
Beginnen wir die ersten Beispiele im Monobetrieb. Das heißt, wir schließen an die hintere Buchse mit der Bezeichnung „Standard“ ein gängiges Klinkenkabel an und wandern ohne weitere Zwischenelemente in die DAW.
Vergleichen wir zunächst den Sound der drei zur Verfügung stehenden Tonabnehmerkombinationen mit voll aufgedrehten passiven Tonreglern:

Audio Samples
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Bridgetonabnehmer Halstonabnehmer Beide Tonabnehmer

Etwas vollkommen Grandioses geschieht nun, wenn wir die zweite Klinkenbuchse in Funktion nehmen. Das ist die Buchse mit der Aufschrift RIC-O-Sound. Zum Verständnis: Der Rickenbacker 4003 ist serienmäßig mit einem Monoausgang und einem separaten Stereoausgang ausgestattet. Der Stereoausgang gestattet die getrennte Verarbeitung des Bridge- und Halstonabnehmersignales. An diese RIC-O-Sound Buchse muss dann ein Y-Kabel mit 6,3mm TRS (Tip-Ring-Sleeve) Buchse angeschlossen werden. Man könnte denken „zwei Buchsen, also zwei getrennte Monokabel“, dem ist aber nicht so. Die beiden Klinkenausgänge können nicht gemeinsam betrieben werden, da ein anderer Schaltkreis aktiviert wird, sobald die Stereobuchse im Spiel ist. Wie also klingt denn so ein Stereosignal, wenn man einfach die beiden Tonabnehmersignale nach links und rechts verteilt?

Audio Samples
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Stereo

Ich finde das Ergebnis schon sehr überzeugend und das, ohne irgendwelche zusätzlichen Effekte in einender Signalwege zu schalten. Zwar verliert das Signal an Direktheit, aber es wird gleichzeitig auch nicht diffus.
Nun habe ich in vielen Foren ein Vorurteil gelesen, das ich natürlich ergründen möchte. Viele User behaupten, einen Rickenbacker könne man nicht slappen. Das kann ich so nicht im Raum stehenlassen. Zwar ist es sicherlich nicht so einfach, den 4003 im Slapstyle zu spielen, denn die Saiten liegen enger zueinander, als beispielsweise bei jazzbassartigen Modellen. Was den Sound angeht, muss ich allerdings sagen, dass der Rickenbacker 4003 durchaus mithalten kann. Vor allem die Ausgewogenheit über das ganze Griffbrett ist ein bedeutendes Plus, ebenso wie die tolle Ansprache bei Pulloffs und Hammerings:

Audio Samples
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Mono Slap

Und so klingt das Gleiche in Stereo, wenn man die Signale der beiden Tonabnehmer lediglich ca. 30% links und rechts verteilt:

Audio Samples
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Stereo Slap

Nehmen wir nun ein Pick in die Hand und untersuchen das Soundverhalten des Rickenbacker 4003 in einer Rock- & Metalumgebung, wenn wir ihn durch eine Ampsimulation eines Gitarrenamps schicken, den wir ordentlich anzerren.

Audio Samples
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Rock mit Pick, Bridgetonabnehmer Rock mit Pick, beide Tonabnehmer Rock mit Pick, Halstonabnehmer

Stereo umgesetzt verwende ich beim folgenden Beispiel für den Bridgetonabnehmer ein sehr stark komprimiertes Signal mit Metalverzerrung und etwas Hall für die rechte Seite …

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Rock mit Pick, Bridge

…. während für die linke Seite der Halstonabnehmer im trockenen Grungesound verbleibt.

Audio Samples
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Rock mit Pick, Neck

Das Resultat, wenn man diese beiden Signale zusammenfügt und minimal, nur ca. 20%, in das Stereobild legt, klingt dann so:

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Rock mit Pick, Stereo

Nun ein Beispiel im Balladenstil, unterlegt mit etwas Hall. Auch hier der Vergleich zwischen allen drei Tonabnehmerstellungen, alles in mono:

Audio Samples
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Ballade, Halstonabnehmer Ballade, beide Tonabnehmer Ballade, Bridgetonabnehmer

Interessant ist es natürlich auch, den Sound zu beurteilen, wenn die passive Tonblende etwas zugedreht wird. Der Ton behält dennoch Definition und Durchsetzungskraft und sitzt fantastisch im Playback. Hier hören wir ein Beispiel im Country Stil, wieder in Mono und mit ca. 50% zugedrehten Tonreglern. Spätestens jetzt wird klar, dass der Rickenbacker 4003 nicht nur mit aggressiven Sounds aufwarten kann, sondern durchaus auch in der Lage ist, sehr traditionell und durchaus auch voluminös zu klingen, trotz der ausschließlichen Verwendung von Singlecoil-Tonabnehmern:

Audio Samples
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Country, Halstonabnehmer Country, beide Tonabnehmer Country, Bridgetonabnehmer

Wie schon erwähnt, hatte man dem Rickenbacker 4003 ein kleines Novum spendiert. Modelle vor dem Baujahr 1984 hatten in dem Signalweg der passiven Tonblende des Bridgetonabnehmers einen Widerstand, der die Höhen noch stärker betonte, allerdings auf Kosten des Ausgangsvolumens. Daher änderte man dies bei den neueren Modellen, die ab dann voluminöser klangen. Viele wünschten sich allerdings den „Vintage“-Sound zurück und so entschloss man sich, dem 4003 einen „Vintage Tone Selector“ zu spendieren. Das heißt, der Tonregler des Bridgetonabnehmers kann per Push/Pull zwischen den zwei Soundcharakteristiken Modern &Vintage umschalten. In Normalstellung ist der „Modern“-Sound aktiviert, wird das Poti herausgezogen, klingt die „Vintage“-Schaltung:

Audio Samples
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Modern, Tonblende auf Vintage, Tonblende auf Modern, Tonblende zu Vintage, Tonblende zu

Ich denke, es ist deutlich geworden, welche Möglichkeiten in diesem Instrument versteckt sind – und wir haben hier gerade einmal die Oberfläche angekratzt. Führt man sich vor Augen, was man alles mit dem Stereosplitsignal anstellen kann, eröffnen sich Türe und Tore für die Experimentierfreudigen. Aber auch denjenigen, denen Stereo nicht liegt oder viel zu aufwendig erscheint, bietet der Rickenbacker 4003 eine immense Bandbreite an Sounds. Hinzu kommt noch der höhenverstellbare Saitendämpfer, den ich hier nur erwähnen möchte, der abermals die Palette an Möglichkeiten erweitert. 
Ich kann nur jedem raten, einmal selber Hand anzulegen. Man sollte dann aber etwas Zeit mitbringen, um sich auf den 4003 einzustellen, denn es erfordert etwas Geduld, sich mit dem Spielgefühl anzufreunden.

Fazit

Ich hatte mich bis zu diesem Test nie näher mit einem Rickenbacker 4003 beschäftigt und gebe offen zu, dass das ein entscheidendes Versäumnis war. Dieser Bass ist in so umfangreichem Maße erfrischend anders, dass er schlichtweg inspiriert. Ja, er hat Ecken und Kanten. Man muss seine Spieltechnik zwangsläufig adaptieren, nicht alles ist Sonnenschein, aber vieles ist einzigartig und individuell. Vor allem aber überzeugt der Sound, von dessen Variabilität und Wandlungsfähigkeit ich vollkommen fasziniert bin. Die eigenwillige Konstruktion kann man mögen oder hassen, wir werden aber wohl keine Anpassung an Kritik oder Innovationsvisionen erleben. Eine Firma wie Rickenbacker, die derart konsequent ihre eigene Tradition vertritt, dürfte noch lange den 4003 bauen, so wie er ist und so, wie er tatsächlich auch am besten bleiben sollte.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • gute Verarbeitung
  • zwei Tonabnehmer, Singlecoil, gleiche Polarität (kein Humbuckerbetrieb möglich)
  • Monoausgang und separater RIC-O-Sound Stereoausgang für TRS-Stereosplitkabel (Y-Kabel)
  • tolle Soundvielfalt
  • sehr schlanker Hals
  • durchgehender, zweiteiliger Ahornhals
  • Saitendämpfer (höhenverstellbar)
  • passiver Tonregler für Bridgetonabnehmer via Push/Pull mit modern/vintage Sound
Contra
  • Lackierung stellenweise sehr anfällig, wird matt
  • relativ empfindlich für Einstreugeräusche aufgrund von Singlecoil-Konstruktion ( die allerdings den speziellen Sound ausmacht)
Artikelbild
Rickenbacker 4003 FG Test
Für 2.999,00€ bei
Die Singlecoils können ab und zu etwas Ärger verursachen, doch ohne sie gäbe es den speziellen Sound leider nicht: Rickenbacker 4003
Die Singlecoils können ab und zu etwas Ärger verursachen, doch ohne sie gäbe es den speziellen Sound leider nicht: Rickenbacker 4003
Spezifikationen
  • Korpus: Ahorn, massiv, mit Binding
  • Hals: durchgehend, Ahorn, zweiteilig
  • Griffbrett: Palisander, 20 Bünde, mit Binding, Dreieckinlays, Perlmutt
  • Brücke/Saitenaufhängung: RIC
  • Steg: RIC
  • Mechaniken: Schaller Deluxe
  • Mensur: 84,5 cm (33 1/4”)
  • Halsbreite Sattel: 42,9 mm (1 11/16”)
  • Halsbreite 12.Bund: 54,0 mm (2 1/8”)
  • Gewicht: 4,2 kg
  • Gesamtlänge: 113,8 cm (44 13/16”)
  • Gesamtbreite: 34,3 cm (13 1/2”)
  • Gesamttiefe (Korpus): 31,8 mm (1 1/4”)
  • Tonabnehmer: 2 x Passiv Singlecoil, Pickupwahlschalter (Toggle)
  • Regler: 2 x Lautstärke, 2 x passiver Tonregler
  • Ausgänge: 1 x Mono, 1 x Stereo (RIC-O-Sound)
  • Preis: € 2199,– (UVP)
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Profilbild von Gioi Geniale

Gioi Geniale sagt:

#1 - 13.04.2021 um 09:43 Uhr

0

Meine
Geschichte mit dem Rickenbacker Bass begann in den frühen 80ern.
Nach einem Aria Jazz Bass sprang mich im lokalen Musikgeschäft ein
Rickenbacker 4001, Made in USA, black an. Das letzte Geld
zusammengekratzt und in robustem Koffer das schwere, edle Teil
abgeschleppt. Stolz gespielt. Das Design hat es mir angetan. Bis ein
Freund meinte, der Bass töne gut, aber in den tiefen Lagen sei er
etwas schwach. Das hat mich verärgert, weil ich wusste, dass er
wirklich untenrum flach ist. Ein Eintausch gegen einen Squier Jazz
Bass war rasch getätig. Der Jazz Bass entsprach mir offensichtlich
mehr als ein Rickenbacker, der eben etwas flach war.Vor gut 3 Jahren, als ich auf YouTube bei den Bässen etwas
hineinhörte, landete ich beim Rickenbacker. Wow! Untendurch volle
Kanne. Lässt keine Wünsche offen. Eine Wucht. Bis mir klar wurde:
Mein Rickenbacker war ohne Fehl und Tadel. Meine damalige Bassanlage
war untenrum etwas schwach...Diese Erkenntnis ärgerte mich
sehr. Ich schaute mich auf den einschlägigen nach einem gebrauchtem
Instrument herum. Die neuen kosten 2000, die alten kosten 2000 (Music
Man Bässe haben fast die selben Preise). Bis ich auf eine Rocktile
Rickenbacker Kopie stiess. Für gut 170. Mit durchgehendem Hals. Und
der ganzen Ausrüstung, natürlich immer Teile der Budget Klasse. Ich
fand die Hölzer nicht schön, also spritzte ich das Instrument
Ultramarin «Deep Purple». Eine seltene Schönheit, was natürlich
Geschmackssache ist und bleibt.In einem lokalen Musikgeschäft
sah ich einen neuen, originalen Rickenbacker Bass. Zum originalen
Preis. Ich nahm meinen «Deep Purple» Bass mit und fragte, ob ich
einen Direktvergleich machen könne. Ja, klar, hier Amp, Kabel und
viel Spass.Ich spielte immer mit der selben Einstellung, immer
das selbe Riff mit immer dem selben Druck. Und verwechselte die
Instrumente dauernd – bis ich realisierte: zwischen dem Original
und der Kopie gibt es klanglich gar keine Unterschiede…Danach spendierte ich meinem «Deep Purple» einen Satz Flatwounds und der
Sound ging ab durch die Decke. Mein Herz auch.

    Profilbild von Oliver Poschmann - Bonedo Bass

    Oliver Poschmann - Bonedo Bass sagt:

    #1.1 - 14.04.2021 um 08:36 Uhr

    0

    Tolle Story ! Freut mich, dass Du mit der Kopie glücklich geworden bist, nachdem Du den Verkauf des Originals verschmerzen musstest. Es gibt sicher viele Geschichten von ähnlichen Erfahrungen. So war es eben in der Prä-Internet Ära. Informationen waren spärlich gesät, Erfahrungen musste man in erster Linie selber sammeln, denn selbst in Musikerkreisen nährten sich Informationen meistens aus einer Mischung von Fakten und Mythen. Nicht, dass das heute anders wäre, aber man hat doch schon weitaus mehr relevante Informationen zur Verfügung, einen Mausklick entfernt. Viel Spaß und Freude wünsche ich Dir weiterhin mit Deinem "Deep Purple" Exoten.- Oliver (Bonedo - Red. Bass)

    Antwort auf #1 von Gioi Geniale

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