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Presonus StudioLive AR16c Test

Praxis

Aber ich kann doch noch mehr!

Ja, kannst du. Das Presonus AR16c ist nicht nur ein normales analoges Mischpult, es ist gleichzeitig ein komplett ausgestattetes Audiointerface mit 18 (!) Inputs und 4 Outputs, die per USB Typ-C vom Mischpult in die DAW hinein und zurück geroutet werden können. Das Ganze in bis zu 24 Bit/96 kHz.
Aber Moment, es geht zunächst ja auch ohne Computer: Trotz integrierter AD/DA-Wandlung besitzt der AR16c nämlich auch einen eingebauten SD-Card-Digitalrecorder/Player, der mit 24 Bit und wahlweise 44,1 oder 48 kHz Abtastrate aufnimmt und abspielt und das stellt keine Funktionsredundanz gegenüber den DAW-Recording-Funktionen dar. Mit ihm abgespielte WAVs oder hoch aufgelöste MP3s, dürfte die einfachste Methode darstellen z. B. ein simples Stereobacking oder Intros, Athmos oder einen im Vorfeld aufgenommenen Klick für den Drummer einer Band rauszugeben. Sicher gibt es noch andere Verwendungszwecke für das Abspielen vorgerenderter Sync-Signale im Modularsynthbereich oder für den Einsatz als Jingle- oder Hinweismaschine, sehr praktisch.
Eine SD-Karte ist schnell eingelegt und formatiert sowie jederzeit blitzschnell einsatzbereit. Falls mal ein Podcast oder die Homerecording-Session eines Synthesizer-Jams mit einem Rudel KORG Volcas schnell recordet oder ein Rehearsal aus dem schön überdämpften Proberaum spontan eingefangen werden soll, ist man mit einem schnellen Drücker auf Record stets auf der sicheren Seite.
Dies gelingt in den oben genannten Fällen erfahrungsgemäß simpel per Stereoaufnahme des Summensignals direkt vom Pult, so weit, so gut. Wer aber die gesamte Liveperformance im Club einfangen will, wird nach wie vor noch einen zusätzlichen externen Stereorecorder (und ein Stativ) brauchen, um damit auch den Raum vor Ort und somit auch die Response des Publikums, dessen Feedback, Beifall und Zurufe mit aufzunehmen. Ansonsten klingen Konzertaufnahmen direkt vom Pult gezogen meist seltsam steril, zumal ja auch noch für den Raum gemischt wurde.
Ist die zusätzliche „Raumaufnahme“ vom Gig in der Halle vorhanden, kann sie dann später im Subbass etwas gecuttet werden, damit es nicht zu boomy wird und dann zu etwa 10 % bis 30 % zur „trockenen“ Mischpultaufnahme hinzugemischt werden, was am Ende in etwa so klingt wie „dabei gewesen“, aber auch als amtlicher Musikrelease verwendbar wird.
Statt eines zweiten Stereorecorders kann die Raumathmo eines Live-Gigs selbstverständlich über einen Stereokanal direkt an die DAW weitergeben. Alle 18 Inputs des AR16c werden pre-fade an die integrierte Soundkarte weitergegeben und liegen somit zur Aufnahme bereit, wobei der Kanal mit dem Raum natürlich gemutet sein sollte, um nicht munter in die Welt hinaus und zurück zu feedbacken.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein kleiner Convertible-PC oder Tablet-PC mit Stifteingabe und Touchscreen ist die Idealbesetzung um den AR16c zu einer vollwertigen 18-Kanal Liverecording-Lösung zu machen. Es sollte auch über eine SSD verfügen

Capture it!

Das führt uns gleich zu ernsthaftem Harddisk-Recording: Wer gleich einen Rechner per USB-C anbindet und die mitgelieferte Recording-Software Capture benutzt, ist gut abgesichert. Sie ist sehr übersichtlich und ohne Handbuch sofort intuitiv bedienbar, gleich scharf gestellt und schnappt sich schon in der Voreinstellung die analogen Inputs 1 bis 18 und zeigt sie sehr übersichtlich nebeneinander an
„Record-Lock“ wird bei Aufnahme automatisch aktiviert, sodass auch ein zufällig mit der Nase am Touchscreen vorbei schlierender stark betrunkener und äußerst kurzsichtiger Konzertbesucher mit starkem Technikinteresse nicht versehentlich die vielleicht wichtigste Liveperformance-Aufnahme deines Lebens verkacken kann. Den Monitor muss man zwar immer noch selber wieder sauber wischen, aber dafür kann die Darstellung der Wellenform in Capture ausgeblendet werden, was im Ergebnis tatsächlich eine schicke bildschirmfüllende Meterbay ergibt.
Allein für die Meterbay lohnt sich m. E. die Anschaffung eines kleinen externen Touch- und/oder Pen-based Notebooks mit SSD, auf den standardmäßig Capture, am besten im Kiosk-/Terminalmode als alleinige Software, vorkonfiguriert ist.
Convertibles oder Tablet-PCs sind ideal, da Capture auch ohne keyboardgestützte Dateieingaben des FOHs automatisch nach Datum die Audiodateien benennt. Eine feine Sache. Apropos Meterbay: Hier ist noch Platz für funktionale Verbesserungen in zukünftigen Software-Updates, falls den Programmieren bei Presonus unerwarteterweise langweilig werden sollte: Freuen würde ich persönlich mich über eine dritte Page in Capture mit Frequenzanalyse (Peak und Average), Stereophasenmeter, VU-Meter und RMS-Anzeige. Alle relevanten Editing-Funktionen wie Cut, Trim, Crop usw. sind natürlich an Bord und decken die Standards einer Harddisk-Recording-Software gut ab, schließlich ist Capture auch in größeren Digitalpulten des Herstellers sogar in der Hardware integriert, mit denen dann auch komplette virtuelle Soundchecks möglich werden. Es ist also ein viel genutztes und gereiftes Produkt und kein Add-on-Gimmick.
Presonus muss an dieser Stelle für seine herausragende Verzahnung seiner bereitgestellten Tools und der kohärenten, stimmigen Produktphilosophie gelobt werden, denn das macht alles wirklich sehr viel Sinn im Firmenkatalog. Nur beim Installieren des USB-Treibers im Vorfeld dürften absolute Beginner überfordert sein. Von den über ein Dutzend verschiedenen Modellen, die der Installer anzeigt, bitte also den auswählen, in dem der Begriff „USB“ und „AR“ auftaucht, diesen installieren und die anderen dringend ignorieren. Wenn schon ein gewiefter Profi wie ich im Coronastress zunächst den falschen Treiber installiert, wird es einem Recordingeinsteiger mit 95 prozentiger Wahrscheinlichkeit erst recht passieren.

Fotostrecke: 4 Bilder Presonus Studiolive AR16c im einsatz

Die Kirsche oben drauf ist eine Wassermelone

Nun ja, wir schreiben das Jahr 2020 und nicht 1989, daher sind vom Hersteller eines Audioprodukts die Software-Dreingaben nicht nur funktionsbedingt erweiternd und kurzfristig erheiternd, sondern eher als konkurrenzdruckbedingte Luxusgeschenkchen zu sehen. Wäre das AR16c eine Torte, wäre die Kirsche on top eine riesige Wassermelone.

Studio One und Magic Suite

Im Lieferumfang des AR16c ist nämlich nicht nur die komplette DAW-Umgebung Studio One Artist enthalten, die mitnichten ein abgespeckte Freeware-Version darstellt, sondern dank fünf mitgelieferter Softwareinstrumente, unbegrenzt nutzbarer Spuren und Busse auch fortgeschrittene User zufriedenstellen sollte.
Studio One hat mittlerweile seinen festen Platz im dicht gedrängten DAW-Himmel, speziell bei MIDI-intensiven Sequenzerpiloten, inne. Zur Wassermelone wird die Kirsche dann vollends mit der Dreingabe der Studio Magic Suite in der, nach erfolgter Registrierung und Anmeldung auf dem Presonus Server, ein satter Haufen zusätzlicher Pro Audioprogramme auf ihre Installation und Nutzung warten. Darunter solche Leckerbissen wie bx_Opto, SPL Attacker, Maag Audio EQ2, Lexicon MPX-i Reverb, das phänomenal klingende Synthstudio Arturia Analog Lab Lite und das rhythmisch inspirierende Effektewerkzeug Output von Movement sowie das beliebte Klanghelm SDRR2tube.
Gerade durch die Zugabe all dieser amtlichen Softwareprodukte wird das Presonus AR16c aus meiner Sicht zu einem Idealeinstieg in die Recording-Welt, ist aber auch als sinnstiftendes Upgrade eines noch wenig erfahrenen Neulings, der aber schon etwas Blut geleckt hat, extrem empfehlenswert. Vielleicht entdeckt ja Presonus irgendwann, dass es auch Sinn machen könnte, ihre Mischpulte mit anderen DAW-Welten zu koppeln, dann würden evtl. ganz neue Zielgruppen in der Zukunft entstehen oder bedient werden können. Kooperation statt Konkurrenz, in Zeiten von kleinen Pandemien zunehmend sinnvoll, oder

Ob Homerecording oder Bühne, der Presonus StudioLive AR16c Hybridmixer glänzt in beiden Funktionen.
Ob Homerecording oder Bühne, der Presonus StudioLive AR16c Hybridmixer glänzt in beiden Funktionen.

An dieser Stelle sollte man auch dringend darauf hinweisen, dass es ganz „unten“ in der AR-Reihe den kleinen Bruder AR8c gibt, der dank Drehreglern statt Fadern auch auf kleinstem Raum fast dieselbe Funktionalität und Qualität wie sein größerer Bruder AR16c bietet, nur eben begrenzt auf 8 Inputs plus 1x Super Channel wie oben beschrieben.
Den AR8c möchte ich daher persönlich in meine persönliche Top 3 der jamtauglichen Kleinstmixer empfehlen, vor allem all jenen, die einen kleinen analogen oder digitalen Synthzoo Zuhause haben und dafür eine praktische und sehr transportable Lösung suchen, wie sie ohne externen AD/DA-Wandler die einzelnen Audiospuren problemlos in die DAW kriegen. Da müsste an einen AR8c eigentlich nur noch so ein Tragegriff wie bei einem Aktenkoffer dran, schon würde sich die halbe Superbooth-Mannschaft so ein Ding zulegen. 

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Profilbild von Alexander Horn

Alexander Horn sagt:

#1 - 18.10.2022 um 18:52 Uhr

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Super Bericht. Hat mir enorm bei meiner Kaufentscheidung weitergeholfen. Danke Bob

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