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Guerilla-Gigging #1

Wozu braucht man Clubs? Die ganze Welt ist Bühne! Auftauchen, aufbauen und ab dafür, heißt unsere Devise. Damit Du dir ein Bild davon machen kannst, wie unsere Guerilla-Booking Strategie im Alltag funktioniert, möchte ich Dich in meiner Kolumne an einigen handverlesenen Einträgen aus unserem Tour-Tagebuch teilhaben lassen. Los geht’s, wie sollte es auch anders sein, auf der Musik-Messe in Frankfurt – und zwar im Jahr 2006.

Messe FFM: Ein absolutes Muss für jeden Equipment-interessierten Musiker und so ist es mehr als selbstverständlich, dass auch wir uns Jahr für Jahr in Frankfurt einfinden, um den ein oder anderen Gig abzustauben. Den Einstieg machen wir, traditionell, mit lustigem Frühsport am Torhaus-Eingang, gefolgt von einigen Guerilla-Gigs vor, um und neben der Agora-Stage. Nachdem wir kurzfristig die Audi-VIP-Shuttle-Induktionsschleifen-Verkehrsleitsystemstraßen blockiert haben, spielen wir doch tatsächlich in der heiligen Halle 4.0 im Acoustic Village. Hail, Hail Rock’n’Roll, da geht was. New Yorks Gitarren-As Matt Smith klatscht uns später mit den Worten ab: “You guys really know how to kick ass!”. Anschließend findet er noch zwei Worte für die netten Herren mit den Prüfgeräten, die inmitten der Klangkulisse phonetisch entfernt an “Loudness Gestapo” erinnern. Die ganze Band pustet aus sportlichen Gründen ‘mal hinein: Bleiben trotzdem deutlich unter 110 dB(A). Glück gehabt.  

Schillig: Wir nehmen Kurs Richtung Norden und spielen das Osterfeuer für einen guten Freund. Zu diesem Zweck reihen wir uns kurzerhand mit unserem Ford Transit hinter der aufmarschierenden Spielmannskapelle ein und fahren über den Deich bis ans Meer. Ein Verantwortlicher will später wissen, wer diesen Auftritt gebucht hat. Wir erzählen von Andreas. Ein Andreas wird gefunden. Der kannte uns bis dahin nicht, freute sich aber dennoch. Sensationeller Gig. Deutschland braucht Helden! Schillig ist übrigens die Heimatstadt von Stoertebeker.

Hamburg: Traditionell spielen wir Street Entertainment auf der Reeperbahn. Da wir mit den Gegebenheiten vertraut sind, wenden wir uns zuerst an den Koberer (Ihr wisst schon, der Eintänzer des Etablissements), stellen uns vor, verteilen CDs und machen ihn auf die Problematik aufmerksam, dass wir für die nächsten 20 Minuten diesen Abschnitt der Straße schließen werden. Er lacht, wir grinsen, bauen auf und fangen an.

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Nach dem ersten Song steht fest, dass die LapDance-Girls erst einmal Zwangspause haben. Nach vier weiteren Songs steht der Chef des Landens vor uns und bittet uns weiterzuziehen. Findet unsere Mucke cool und bestätigt das, indem er uns einen 50-Euro-Schein in die Hand drückt. Im Bewusstsein um die Verhältnisse ziehen wir zwei Ecken weiter und spielen noch drei Sets.

Um 2.12 Uhr wird uns der Angestellt einer ARAL-Tankstelle am Rande von Hamburg freundlich bitten, ihm doch einen anderen 50-Euro-Schein als obengenannten zum Bezahlen zu geben.

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Kiel – Goetheborg (Stena Line): Nach anfänglichen Irritationen haben wir uns in der Lounge der Fähre “Germanica” platziert. Unser Guerilla-Booking kommt absolut plausibel rüber. Immerhin sind an Bord der Stena Line doch  die “Deutschen Wochen”.

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Beginnen das Set bei Auslaufen des Schiffes um 19.30 Uhr mit einer Rumba-Version unseres Klassikers “Angry Hat”. Beim dritten Song merken wir aber, dass wir nichts so gut können, wie rocken und ändern kurzerhand unser Programm. Gute Entscheidung, die Mucke kommt toll an. Nur zwei Gäste springen über Bord. socialplastic – God’s most beautiful noise! Wir werden unter anderem von Svante Mjönes bestaunt, der als Schiffspfarrer mit an Bord ist. Der Prediger erschien übrigens, während wir unseren Song “The Revernd” spielten. Was das wohl wieder zu bedeuten hat?!

Goetheborg: Spielen den Karneval der Kulturen und fliegen aus dem Hard Rock Café. Ersatzgig bei “The Rock Shirt” wird aus dem Boden gestampft.

Kopenhagen: Demokratisieren das Bewusstsein um das Doppelhalsgitarrenspielen mit ein paar lustigen Punks und schließen erfreuliche Bekanntschaft mit der Polizei, die uns – weil wir einfach toll sind – einen Gig vor dem Rathaus genehmigen.

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Helsingoer:
  Direkt neben Hamlets Schloss – der Kronenburg – spielen wir am Hafen. Haben vor Beginn unserer Tour für 20 Euro ein Angelset bei Aldi erstanden. Verzeichnen unglaubliche Fangerfolge, die unser Tourcatering deutlich aufpeppen. Nesa, unser Rapper, fängt innerhalb von 90 Minuten 30 (!) Hornfische. Mit Hilfe von McDonald’s und der Nordsee halten wir den Fang bis zu unserem zweiten Gig in Hamburg frisch. Grillen also morgens um 3 Uhr mitten vor der Pony Bar mit neugewonnenen Fans die verbliebenen Hornfische.

Novi Sad: Spielen im Club “Trema”. Auch hier ist die Doppelhals-Akustikgitarre das Thema. Nenad, einer der Kellner im wichtigsten serbischen Musikclub, gibt das Brett nur unter Protest zurück. Der Club befindet sich mitten im Serbischen Nationaltheater, also geben wir natürlich gleich mal unsere DVD-Bewerbung für das Exit-Fest 2006 und 2007 im benachbarten Fistvalbüro ab. Jetzt ist Zeit für Heldenposen.

Temeswar: Ein neuer Tag, ein neues Land. Tolles Konzert. tolle Fans. Mitten auf der Piata Unirii.

Ettlingen: Bertha-von-Suttner-Schule. Geiles Konzert. Geile Aftershow-Party.

Die letztgenannten drei Konzerte innerhalb von 72 Stunden!

Wie man Hornfische richtig zubereitet (Achtung! Grüne Gräten), warum man Spielmannszügen nicht bei Nebel an der Nordsee folgen sollte, weitere kreative Tipps für’s Guerilla-Booking, warum die G-Saite an der Ovation Double-Neck auf die Irrungen der Evolution zurückzuführen ist (G-Strings are for Strippers!) und wo es uns die nächsten Tage, Wochen und Monate hinverschlagen hat, erfährst Du beim nächsten Mal.

Mit musikalischen Grüßen
Frank Heydthausen
– socialplastic –

P.S.: Räum Dein Wohnzimmer auf!

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