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Gibson Les Paul Studio 2012 Test

“A Les Paul for the people”, so lautet 2012 der Werbespruch von Gibson für die neue Les Paul Studio. Im Vergleich zu den Standardmodellen kostet diese etwa die Hälfte, der Preis liegt bei runden 1200 Euro. Das ist zwar immer noch eine Stange Geld, aber bekanntlich misst sich der Wert an dem, was die Gitarre zu bieten hat. Die Les Pauls der Studio Serie erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit, nicht zuletzt wegen ihrer schlanken Preisgestaltung.

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Dass dafür im Vergleich zu den “großen” Les Pauls Abstriche in Bestückung und Fertigung gemacht werden müssen, versteht sich von selbst. Wir wollten wissen, ob die aktuelle Version die Tradition dieser Linie fortführen kann, und haben uns deshalb die Les Paul Studio 2012 zum intensiven Rundum-Check ins bonedo-Labor kommen lassen.

DETAILS

Korpus
Der Les Paul Korpus bleibt auch bei der Studio ein typischer Vertreter der Familie und besteht aus Mahagoni mit aufgeleimter Ahorndecke. Der ursprünglich massive Mahagoni-Block wird zur Gewichtsreduktion mit Ausfräsungen versehen, bei der Studio wie bei der aktuellen Standard Les Paul nennt sich die spezielle Vorgehensweise “Modern Weight Relief”. Dabei sorgen diverse keilförmige Aussparungen rund um den Korpus, die sternförmig auf Steg und Steg-Pickup zulaufen, für weniger Masse und damit weniger Gewicht am Gurt. Im Gegensatz zu vollständig gekammerten Gitarren bleibt hier deutlich mehr Holz, das nicht nur dem Sustain etwas auf die Beine hilft, sondern auch dazu beiträgt, dass bei hohen Lautstärken nicht gleich der Feedback-Teufel zuschlägt.

Das Finish unserer Testgitarre ist einfarbig türkis (Inverness Green), wem das zu un-Paula ist, der bekommt die Gitarre natürlich auch in den “seriösen” Lackierungen Ebony, Vintage Sunburst, Wine Red oder Fireburst. Wer es aber genau so bunt oder noch bunter treiben möchte, der hat die Qual der Wahl mit Pelham Blue, Radiant Red oder Silver Pearl. Jedenfalls unterstreicht das Farbangebot deutlich den Werbespruch, wobei an bestimmten Feinheiten der Optik gespart wurde. So kommen die Studio Modelle zum Beispiel komplett ohne Binding, was ihrer Attraktivität allerdings keinen Abbruch tut.
Der Korpus ist mit den üblichen Les Paul Utensilien ausgestattet und beherbergt zwei Humbucker-Pickups, vier Regler, ein Schlagbrett und den traditionellen Toggle-Switch. Als Steg und Saitenhalt dient eine verchromte Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece. Alles qualitativ in Ordnung, der Steg bietet zudem eine angenehme Auflagefläche für die rechte Hand und kann mit zwei Rändelschrauben in der Höhe verstellt werden. Die Saitenreiter verfügen über genug Spielraum und lassen sich einzeln bis zur optimalen Oktavreinheit über eine Schlitzschraube justieren. Wie gewohnt befinden sich Gurtpins und Klinkenbuchse an der Zarge.

Pickups
Die Studio ist mit zwei unterschiedlichen Humbuckern bestückt – ein 490R mit Alnico II Magneten sitzt in der Halsposition und ein 498T (Alnico V) hat am Steg seinen Platz. Hier finden wir auch gleich eine Neuigkeit beim aktuellen Modell, denn beide Humbucker können per Push/Pull-Funktion des jeweiligen Volume-Reglers gesplittet werden. In gedrückter Stellung gibt es den vollen Humbucker-Sound, wird der Regler nach oben gezogen, ist nur eine Spule des entsprechenden Tonabnehmers aktiv. Ansonsten steht wie üblich für jeden Pickup ein Tone-Regler zur Verfügung, zusammen oder einzeln geschaltet werden sie per 3-Wege Toggle-Switch.

Hals
Der Hals aus Mahagoni ist in bewährter Weise mit dem Korpus verleimt, als Griffbrettmaterial kommt Granadillo-Holz zum Einsatz, bestückt mit 22 Medium-Frets. Trapez Inlays auf dem Griffbrett und Punktmarkierungen an der Halskante, die man beim Spielen eigentlich eher im Auge hat, helfen bei der Navigation. Das etwas schlankere 60’s Slim Taper Profil des Halses liegt wie erwartet gut in der Hand.Die Gitarre ist mit einem 010er Satz Gibson-Saiten ausgestattet, und an diese mittlere Saitenstärke ist auch der Kunststoffsattel angepasst. Von dort laufen die Saiten zu den Tone Pros Vintage Tuner, die mit einer Übersetzung von 16:1 ihre Arbeit geschmeidig und ohne Hänger und tote Punkte verrichten. Die Kopfplatte im üblichen Gibson-Style ist vorne schwarz und auf der Rückseite in der Farbe von Korpus und Hals lackiert. Sie trägt neben dem Gibson Logo und der Typenbezeichnung auch die glockenförmige Abdeckplatte mit der Gravur “Studio” über dem Zugang zum Halsstellstab.

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PRAXIS

Das Zubehör der Studio Les Paul fällt zwar etwas dünner aus, aber glücklicherweise bezieht sich das auf mehr oder weniger entbehrlichen Gimmicks wie Ersatzsaiten, Pick oder Schlüsselanhänger. Wichtig ist beispielsweise eine sichere Transportmöglichkeit, und die bietet der sehr stabile Formkoffer, der zum Lieferumfang gehört.

Allerdings wird schon beim trockenen Anspielen deutlich, dass bei unserem Testinstrument die Voreinstellung nicht ganz so sorgfältig vorgenommen wurde, wie das üblicherweise bei den preislich höher angesiedelten Paulas der Fall war, die ich bereits im Test hatte. So sind die Bünde nicht so gut poliert wie bei diesen, erst nach einigem Spielen und eventuell auch einer Justierung der Saitenlage kommt das entspannte Spielgefühl auf.
Zu Beginn des Praxisteils wollen wir zuerst eine nüchterne Bestandsaufnahme der unterschiedlichen Pickup-Kombinationen und der daraus resultierenden Soundmöglichkeiten vornehmen. Mit den Coil Tap Funktionen bietet die Studio Les Paul acht verschiedenen Variationen, die ihr in den folgenden Beispielen mit einem Cleansound hören könnt.

Audio Samples
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Neck Bridge Combi Neck – Coil Tap Bridge – Coil Tap Combi Neck – Coil Tap Combi Bridge – Coil Tap Combi – Coil Tap

Der Halspickup legt auf jeden Fall ein gutes Bassfundament, recht kraftvoll bei Cleansounds, aber keinesfalls störend oder mulmig. Power haben beide Pickups, den Gainregler am Verstärker muss ich ziemlich weit zurücknehmen – im Vergleich zur 2012er Standard bringt sie einen Hauch mehr Output. Bei den gesplitteten Sounds wird der Klang im Mittenbereich entsprechend dünner, vor allem bei Clean- und Crunchsounds werden diese Variationen mit Sicherheit zum Einsatz kommen. So zum Beispiel für schlanke Funk-Rhythmsounds, die beim fetten Basiston der Les Paul normalerweise nicht so knackig kommen. Die Kombination beider Pickups ist angewählt und nur der Halspickup gesplittet.

Audio Samples
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Split Funk

Die Splitfunktion lässt sich auch wunderbar mit einem Mid Gain Sound einsetzen, zum Beispiel, um den Verzerrungsgrad etwas zu reduzieren. Nimmt man die “Single Coil”-Version, erhält man logischerweise einen etwas dünneren Ton, beim Tippen auf den Volume-Regler wird dann der Humbucker aktiviert und das Brett ausgefahren. Das Schöne an dieser Schaltung ist, dass man mit der Gitarre auch im Einzelspulbetrieb keinen Stress mit Nebengeräuschen hat. Hier ein Beispiel mit dem Marshall Amp bei amtlicher Zerre und dem Stegpickup, zuerst im Split-Modus, dann als Humbucker.

Audio Samples
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Mid Gain – Bridge

Logisch, dass man sich die Frage stellt, wie denn der Sound im direkten Vergleich zur 2012er Standard ist, die ich zufälligerweise gerade zum Testen im Studio habe, oder auch zu meiner eigenen 2004er Studio. Ihr hört beide Gitarren mit demselben Amp und Sound, ich habe einfach nur das Kabel umgesteckt. Bei der Standard zuerst den Stegpickup mit Split-Funktion und dann als Humbucker, meine Studio hat keine Splitfunktion, daher gibt es da nur den Humbucker zu hören.

Audio Samples
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Mid Gain – Les Paul Standard Mid Gain – Les Paul Studio

Die Standard klingt deutlich am fettesten und die ältere Studio hat etwas weniger Höhen. Wenn ich jetzt ganz kleinlich bin, dann fehlen mir bei der 2012er Studio ein wenig die Mitten und die Wärme im Ton, sie klingt etwas schriller, und vor allem zeigt sich die Tonübertragung der Pickups nicht so sauber wie bei der Standard Les Paul, die in diesem Bereich ein gutes Stück präziser arbeitet.
Meine anfängliche Befürchtung, dass der Halspickup bei verzerrten Sounds zu basslastig sein könnte, weil es bei den Cleansounds schon recht gewaltig aus den Boxen drückt, bestätigt sich definitiv nicht. In dieser Hinsicht gibt es keinerlei Probleme, der Tonabnehmer macht eine recht gute Figur und präsentiert sich schön knackig über meinen Marshall Amp. Bei diesen bluesig angezerrten Sounds hat der Humbucker die richtige Portion Biss. Aktiviert man die Coil Tap Funktion, wird der Sound etwas dumpfer, ebenfalls eine sehr brauchbare Variante. Ihr hört jetzt beides hintereinander, zuerst die Coil Tap Version, dann der komplette Humbucker.

Audio Samples
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Crunch – Neck

Der Tone-Regler arbeitet im Vergleich zum Volume-Poti nicht linear, das bedeutet, dass sich in den oberen beiden Dritteln, also etwa von 10 bis 4 der Klang nur geringfügig verändert. Erreicht man die 3, wird es allerdings rapide dumpfer. So lässt sich eine leichte Höhenabsenkung sehr feinfühlig einstellen, was ich in Verbindung mit dem etwas spitzen Ausgangston sehr gut finde. Wer es gerne muffiger hat, der wird selbstverständlich auch bedient, denn bei zugedrehtem Klangregeler sind die Höhen stark abgesenkt. Hier ist ein Beispiel mit beiden Extremeinstellungen, Tone zuerst auf 0, dann auf 10.

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Bridge – Tone

Die Regelung des Verzerrungsgrades mit dem Volume-Poti macht richtig Spaß, weil die Abstimmung sehr gut gelungen ist. Der etwas dumpfere Ton des zurückgenommenen Lautstärkereglers passt perfekt für den Steg-Pickup. Damit lässt sich ein gut verzerrter Amp zum leicht dreckigen Cleansound überreden und Akkordstrummings mit aktivierter Coil Tap Funktion spielen. Dann aufdrehen, Knöpfchen drücken und Vollgas geben. Ihr hört es im nächsten Beispiel.

Audio Samples
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Dyna – Poti

Der etwas spitze Grundsound der Gitarre kommt besonders gut bei High Gain und Mid Scoop Sounds. Besonders bei hoher Verzerrung setzt sich der präsente Ton sehr gut durch, vor allem bei Riffs auf den tiefen Saiten. Die Bässe kommen satt, ohne zu wummern oder undifferenziert zu klingen. So soll das sein.

Audio Samples
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Heavy
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FAZIT

Die Studio Les Paul von 2012 macht einen guten Job. Sie ist zwar nicht mit den hochwertigen Materialien ausgestattet wie die Standard Les Paul, dafür kostet sie aber auch einen Tausender weniger. Die beiden Humbucker-Pickups haben ordentlich Dampf und bringen die Vorstufe des Amps schnell zum Schwitzen, deshalb sind Zerrsounds die bevorzugte Wahl dieser Gitarre. Meine Favoriten sind dabei die etwas detulicher verzerrten Sounds, denn hier erzeugt der etwas höhenbetonter Charakter einen sehr durchsetzungsfähigen Klang. Das Instrument hat im Vergleich zur Schaltung der normalen Les Paul ein kleines Upgrade bekommen, denn beide Pickups sind splitbar und erlauben eine noch größere Klangvielfalt. Auch die Abstimmung von Klang, Pegel und Regelweg des Volume-Potis gefällt mir sehr gut. Der verzerrte Amp lässt sich hervorragend mit der Gitarre steuern. Die Bespielbarkeit erweist sich dank des schlanken Slim Taper Halsprofils als sehr gut, aber man sollte vorher noch etwas Hand anlegen, denn die werkseitige Voreinstellung ist nicht ganz so präzise, wie das bei den preislich höher angesiedelten Gibson-Gitarren der Fall ist. Das Instrument ist ein gutes und flexibles Arbeitsgerät, das seine Stärken bei härteren Gitarrensounds hat.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • splitbare Pickups
  • High Gain Sounds
  • Gewicht
  • Verarbeitung
Contra
  • werkseitige Voreinstellung (Bünde kratzen)
Artikelbild
Gibson Les Paul Studio 2012 Test
Für 999,00€ bei
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Technische Daten
  • Hersteller: Gibson
  • Model: Les Paul Studio 2012
  • Finish: Inverness Green
  • Korpus: Mahagoni
  • Decke: Ahorn
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: 60‘s Slim Taper
  • Griffbrett: Granadillo
  • Halsbr.Sattel: 43 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 53 mm
  • Mensur: 628 mm
  • Bünde: 22 Medium Frets
  • Mechaniken: Tone Pros Vintage Style
  • Pickups: 490R Coil Tapped (Hals), 498T Coil Tapped (Steg)
  • Regler: 2x Volume (Push/Pull), 2x Tone
  • Brücke: Tune-O-Matic mit Stop Tailpiece
  • Gewicht: 3,6 kg
  • Zubehör: Koffer
  • Preis: 1199,00 Euro
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