Boss DD-500 Test

Das Boss DD-500, ein High End Delay des japanischen Effektgeräte-Herstellers, kann mit 12 Delay-Programmen, 32 Bit/96 kHz Signalverarbeitung, bis zu 297 Speicherplätzen und einem Looper aufwarten und ist mit dieser Ausstattung naturgemäß in einer etwas höheren Preisklasse angesiedelt. Allein diese Eckdaten sind einigermaßen imposant, aber die Marke Boss und der Mutterkonzern Roland haben bereits in der Vergangenheit – zum Beispiel mit dem DD-20, dem Space Echo oder dem Tera Echo – bewiesen, dass man durchaus auch in unterschiedlichen Preiskategorien in der Lage ist, uns Gitarristen mit amtlichen Delay-Sounds zu versorgen.

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Eines der ersten Pedale, das den deutschen Vertrieb in Nauheim erreichte, hat dieser uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt und wir sind sehr gespannt, wie sich der Neuling im folgenden Test schlägt.

Details

Gehäuse/Optik

Das DD-500 kommt im cremefarben lackierten Stahlblechgehäuse und nimmt mit den Maßen 170 x 138 x 62 mm (B x T x H) etwas mehr Platz auf dem Pedalboard in Anspruch als die üblichen Stompboxen. Aber wenn ein Pedal mit drei Fußschaltern ausgestattet ist, dann macht es sich auch entsprechend breit. Schalter und Bedienelemente sind auf der Oberseite geparkt, die Fläche für die Schalter ist leicht geneigt und steht auch etwas über, sodass die Regler weniger durch fehlgeleitete Tritte des Akteurs gefährdet sind. Die Art der Signaldurchleitung, also True Bypass oder Buffered Bypass, kann global im System-Menü eingestellt werden. Zusätzlich zu den Reglern hat man dem DD-500 ein LCD-Display spendiert. Der Hersteller verspricht eine hohe Klangvielfalt, die nicht nur den 12 unterschiedlichen Delay-Programmen zu verdanken ist, sondern auch den flexiblen Einstellmöglichkeiten. Das wird selbstverständlich später im Praxisteil genauer ins Visier genommen. Das Pedal arbeitet digital mit einem internen DSP und einer qualitativ hohen Signalverarbeitungsrate von 32 Bit und 96 kHz, was bei digitalen Gitarreneffekten eher eine Seltenheit ist. Das eigentliche Gitarrensignal bleibt dabei immer auf der analogen Ebene, es wird vom Eingang direkt an den Ausgang durchgeschleift und durchläuft nicht den digitalen Schaltkreis. Das Effektsignal wird am Ende anteilig hinzugemischt. Es gibt die üblichen zwei Möglichkeiten, das Effektgerät mit Strom zu versorgen, einmal per Standardnetzteil (nicht im Lieferumfang) oder mit vier AA-Batterien. Allerdings frisst unser Testkandidat 190 mA Strom und obwohl laut Hersteller mit Alkaline-Batterien ein Dauerbetrieb von rund sieben Stunden zu schaffen ist, würde ich das Pedal auf jeden Fall mit Netzstrom versorgen. Das Batteriefach liegt gut zugänglich auf der Unterseite.

Fotostrecke: 2 Bilder Das cremefarben lackierte Gehäuse nimmt etwas mehr Platz in Anspruch als eine übliche Stompbox

Rückseite/Anschlüsse

An der Stirnseite sind sämtliche Anschlüsse versammelt. Neben den beiden Ein- und Ausgängen – das Pedal ist komplett in Stereo ausgelegt – findet man eine weitere Stereo-Klinkenbuchse. An diese lassen sich entweder zwei Schalter oder ein Expression-Pedal anschließen, um damit Parameter in Echtzeit zu steuern. Dazu kommen ein USB-Anschluss und MIDI In und MIDI Out, womit beispielsweise Parameter des DD-500 per Controller-Daten von einem Sequenzer-Programm gesteuert werden können. Der kleine Kasten ist sehr üppig mit Steuerungsmöglichkeiten ausgestattet und daher auch für professionelle Ansprüche geeignet.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite des nagelneuen DD-500

Bedienung

Unser Kandidat hat einen großen internen Speicher. Es gibt 99 Bänke, und mit den Schaltern A und B werden die sogenannten Patches (komplett gespeicherte Delay-Einstellung) aufgerufen. Das ergibt nach Adam Riese 198 Speicherplätze. Aber die lassen sich noch erweitern, wenn man in den Systemeinstellungen den Tap-Schalter zum “Patch C-Schalter” befördert. In diesem Fall muss man zwar auf die Tap-Funktion verzichten, aber es ergeben sich zusätzliche 99 Speicherplätze. Sind beide Optionen unverzichtbar, lässt sich die Tap-Funktion auch noch auf einen zusätzlich angeschlossenen Schalter verlegen. Aber ich denke, in den meisten Fällen sollte man mit 198 Patches auskommen. Im Normalfall wird mit den Schaltern A oder B das Delay aktiviert und das entsprechende Patch angewählt. Werden zwei Schalter gleichzeitig gedrückt, wechselt die Bank. Ab Werk ist das DD-500 so eingestellt, dass man entweder Patch A oder B anwählen kann. Es besteht aber auch die Möglichkeit, beide gleichzeitig zu verwenden, dann lassen sich zwei komplett unterschiedliche Delay-Sounds gemeinsam nutzen – für Soundtüftler und Delay-Freaks eine erstklassige Spielwiese! Diese Funktion wird ebenfalls global im System-Menü eingestellt.
Die LCD-Anzeige gibt Auskunft über den angewählten Patch, hier werden Speicherplatz, Patchname, Delay-Modus und Verzögerungszeit sehr gut lesbar dargestellt. Mit den Reglern rechts neben dem Display können beim angewählten Sound direkt die wichtigsten Parametern verändert werden:
Time/Value – Verzögerungszeit
Feedback – Anzahl der Echo-Wiederholungen
E.Level – Lautstärke des Delay-Sounds
Tone – Klangfarbe des Delay-Sounds
Mod Depth – Intensität des Modulationseffektes beim Delay-Sound

Fotostrecke: 4 Bilder Die Bedienoberfläche ist trotz der Vielzahl an Schaltern und Reglern übersichtlich gestaltet

Das Delay-Programm wird mit dem Mode-Regler verändert. Hier stehen 12 unterschiedliche Grundsounds zur Verfügung:
Standard – das klassische Digital-Delay
Analog – emuliert ein klassisch analoges “BBD”-Delay/Eimerkettenspeicher
Tape – simuliert den Sound eines Bandechogerätes
Vintage Digital – Emulation der frühen Digital-Delays der 80er Jahre
Dual – zwei unterschiedliche Delay-Lines können seriell oder parallel geschaltet werden
Pattern – 16 unterschiedliche Delay-Lines erzeugen separat einstellbare rhythmische Effekte
Reverse – Rückwärts-Delay
SFX – “Special Effects” Delay
Shimmer – Delay mit Pitch Shift Effekt
Filter – Delay mit einem Sweeping-Filter
Slow Attack – großflächige Delays,die per Anschlagsdynamik gesteuert werden
Tera Echo – animierter Ambient-Effekt, abgeleitet vom BOSS TE-2 Pedal.

Aber das ist noch nicht alles. Komplett in die Tiefen des Systems taucht man mit dem Drücken des Edit-Tasters ab. Hier warten viele weitere veränderbare Parameter, alles wird sehr übersichtlich in einer Liste im Display angezeigt. Die Bedienung ist gut organisiert, man wählt mit den Cursor-Tasten einen der Parameter und verändert ihn dann mit dem Time/Value-Regler. Speichern nicht vergessen, und die Einstellungen sind auf dem aktuellen Patch gesichert. Das Bedienkonzept finde ich sehr ausgereift und gelungen. Die Regler bieten schnellen Zugriff auf die wichtigsten Parameter, und wer tatsächlich alle Möglichkeiten ausloten möchte, der kann das im Edit-Mode und mithilfe der gelungenen Displaydarstellung tun.
Neben den Delay-Programmen ist es auch möglich, eine Looper-Funktion zu aktivieren. Der Looper hat eine maximale Aufnahmezeit von 60 Sekunden (96 kHz Mono oder 48 kHz Stereo) bzw. 120 Sekunden bei 48 kHz Mono.

Fotostrecke: 4 Bilder Display nebst Mode-Regler
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Alexander Jensko sagt:

#1 - 10.11.2020 um 10:22 Uhr

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Doch, doch – unter "Contra" wäre durchaus das sehr eigenwillige Bedienungskonzept zu verbuchen. Solange es bei den Knöpfen an der Oberfläche bleibt: alles gut. Aber alleine schon die Benennung in "Bänke" führt völlig in die Irre und widerspricht jeder Semantik, die sich seit den 1980er etablierte + bis heute gilt.Dann das Umschalten zwischen Presets. Für abgehärtete Tretminen-Treter mag es normal sein. Wer den Kasten aber z.B. für Synths verwendet und somit auf dem Tisch stehen hat, der darf sich für das außergewöhnliche Umschalten ("EXIT" halten und gleichzeitig "Time/Value" drehen) begeistern. Oder auch warten, dass sich die Begeisterung irgendwann einstellt. Tipp: das tut sie nicht. Normal schaltet man die Presets entweder mit +/- - Tasten oder mit einem Drehrad hin und her, bei vernünftigen Geräten beides. Nicht so bei Boss.Das Edit-Programm könnte genauso gut eine Text-Shell sein, benutzerfreundlich ist hier nichts.Und wenn jemand weiß, wie die BANK-Einstellungen (z.B. ob parallel oder seriell) im SIMUL-Modus (welches nur per Zufall zu finden und richtig einzustellen ist) gespeichert werden können, ohne dass einer der beiden Presets neu gesichert werden müssen – bitte melden.Dieses Ding klingt wahnsinnig gut und kann vieles – aber für das User Interface hat BOSS wohl Entwickler angeheuert, die 1990 bei Microsoft wegen Benutzerfeindlichkeit rausgeworfen wurden.

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