Austrian Audio Hi-X55 Test

Austrian Audio, der neue Hersteller mit „AKG-Wurzeln“, hat mit seinen Mikrofonen OC818 und OC18 in der Audiowelt auch außerhalb von Austria bereits mächtig für Furore gesorgt.

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Als nächste Gerätegattung haben sich die Österreicher das Kopfhörersegment vorgenommen und starten mit den beiden geschlossenen Modellen Hi-X50 und Hi-X55 ins Jahr 2020.
Letzterer liegt zum Test vor mir, um auf Herz und Nieren geprüft zu werden und meine Erwartungshaltung ist hoch, da hinter dem Austrian Audio Kopfhörer offensichtlich das gleiche Entwicklungsteam steckt, das für meinen jahrelangen Wegbegleiter AKG K812, der ebenfalls noch in der Alpenrepublik gefertigt wurde, verantwortlich ist. Für welche konkreten Anwendungen der Studiokopfhörer geeignet ist, lest ihr in unserem Testbericht!

Details

Bauweise und Verarbeitung

Der Austrian Audio Hi-X55 ist ein ohrumschließender Kopfhörer mit dynamischen Schallwandlern, dessen Gehäuse über einen Gelenkmechanismus zum platzsparenden Zusammenklappen des Kopfhörers verfügt. Optisch wirkt der in Österreich gefertigte Hi-X55 äußerst markant und hochwertig, was unter anderem an der Verwendung von Metall für die tragenden Gehäuseteile liegt. Dennoch beträgt das Gewicht lediglich moderate 305 Gramm, womit der Austrian Audio leichter ist, als es optisch den Anschein hat. Die Verarbeitung ist makellos. Auch haptisch unterscheidet sich der Hi-X55 in keiner Weise von teureren Premium-Kopfhörern. Lediglich die arretierbare Kunststoff-Steckverbindung in der linken Ohrmuschel macht einen etwas fragileren Eindruck als vergleichbare Lösungen der mir zeitgleich vorliegenden Studiokopfhörer von AKG, Audio-Technica, Adam Audio und Mackie, was nicht so recht in das robuste Gesamtbild des Kopfhörers passt. Beim Arretieren des Bajonettverschlusses besteht nach meiner Einschätzung die Gefahr, den Mechanismus zu überdrehen und auf Dauer möglicherweise auszuleiern und im schlimmsten Fall zu beschädigen.

Fotostrecke: 3 Bilder An sensiblen Stellen werden Metallbauteile verwendet.

Lieferumfang

Das austauschbare 3-Meter-Kabel des Hi-X55 verfügt über das obligatorische Duo aus 3,5-Millimeter-Klinkenstecker und einen 6,35-Millimeter-Schraubadapter, beides vergoldet. Weiterhin gibt es noch einen Stoffbeutel, einen Aufkleber mit dem Firmenlogo und einen Hinweis/Tipp bezüglich der Nutzung des Klettbandes, das um den Verpackungskarton gewickelt ist, zum „Kabelmanagement“. In Bezug auf den Lieferumfang gibt sich Austrian Audio selbstbewusst und versucht nicht, mit diversen Kabeloptionen und praktischen Hardcases um Kundschaft zu buhlen, wie es beim amerikanischen Unternehmen Mackie mit seinen neuen Modellen MC-350 und MC-450 der Fall ist, die mir zeitgleich zum Test vorliegen. Das soll keine Kritik sein, fällt in diesem Kontext aber auf.

Fotostrecke: 2 Bilder Lieferumfang des Hi-X55

Technik und Kennzahlen

Die neu entwickelten dynamischen Treiber des Hi-X55 gewährleisten aufgrund ihrer geringen Impedanz von 25 Ohm und hohen Empfindlichkeit (118 dB SPL/V) neben ihrem eigentlichen Einsatzzweck im Studio auch eine kräftige Wiedergabe an schwächeren Kopfhörerausgängen, wie beispielsweise den Kopfhörerbuchsen mobiler Abspielgeräte. Die weiteren technischen Daten, die wie immer am Ende des Testberichts aufgelistet sind, entsprechen in allen Details den Anforderungen an einen professionellen Kopfhörer, und sagen, mit Ausnahme des Klirrfaktors, selten etwas über den tatsächlichen Wiedergabecharakter aus. Mehr hierzu im Praxisteil. 

Praxis

Verwendungszweck

Als ein Kopfhörer in geschlossener Bauweise eignet sich der Austrian Audio Hi-X55 für den Einsatz in Aufnahmeräumen und dem Monitoring bei lauten Umgebungsgeräuschen. Da der Hi-X55 in Direktvergleich zu meinen professionellen Monitoring-Kopfhörern (Adam Audio Studio Pro, Audio-Technica ATH-M50X) bemerkenswert effektiv gedämmt ist, könnte man ihn bevorzugt in kritischen Situationen einsetzen, etwa bei übersprechungssensiblen Mikrofonierungen. Obwohl er darüber hinaus klanglich in einigen Parametern hervorragend performt, sehe ich persönlich den Hi-X55 subjektiv weniger am Mischplatz, doch mehr hierzu an späterer Stelle.

Tragekomfort

Die Passform und der Komfort, auch über längere Zeiträume, empfinde ich als ausgesprochen gelungen. Die Memory-Foam-Polster, sowohl an den Ohrmuscheln als auch am Kopfbügel machen einen erstklassigen Job und scheinen vom dem gleichen, sehr weichen Leder umhüllt zu sein, dass auch für die Ohrpolster meines AKG K812 verwendet wird. Allerdings konnte ich nirgends einen konkreten Hinweis auf das verwendete Material finden. Trotz der hohen Abschottung und einem regelrechten Ansaugen der Ohrmuscheln an den Kopf, erzeugt der AA-Kopfhörer kein unangenehmes Tragegefühl. Mit der Handhabung zur Größenanpassung muss man sich erst einmal vertraut machen. Prinzipiell handelt es sich um einen herkömmlichen Rastermechanismus, allerdings ist dieser beim Hi-X55 ungewöhnlich hoch am Kopfbügel zu bedienen, woran man sich aber schnell gewöhnt.

Fotostrecke: 3 Bilder Weltklasse – die Ohrpolster des Austrian Audio Kopfhörers

Klang

Der Austrian Audio Hi-X55 wurde für diesen Test an den folgenden Kopfhörerausgängen bzw. Verstärkern betrieben:

  • Lake People G93
  • SPL Phonitor mini
  • Apple iPad (6. Generation)
  • UAD Apollo 8

Frequenzgang

Der konturierte Bass vermeidet Überbetonungen und auch die gut ausbalancierten Höhen gefallen mir prinzipiell sehr gut, wogegen die Wiedergabe der Mitten nicht meinen Präferenzen entspricht und mich ein wenig an den AKG K872 erinnert, den ich vor einiger Zeit getestet habe und mit dem ich nicht so richtig warm wurde. Während die unteren Mitten reduziert und kühl wirken, klingen insbesondere Gesangsstimmen in den oberen Mitten etwas „topfig“ und „resonant“. Für einen Monitoringkopfhörer ist dies kein Drama und kann unter Umständen sogar zweckdienlich beim Performen sein, bei geschlossenen Kopfhörern habe ich allerdings immer die Hoffnung, ultimative Allrounder zu entdecken, die sowohl zum Recorden als auch für alle weiteren Arbeitsschritte bis hin zum Mischen und Mastern geeignet sind. Für mich persönlich besitzt der Hi-X55 diese Art der Universalität nicht, obwohl ich nicht ausschließen möchte, dass der Austrian Audio genau diese Funktion für andere Anwender erfüllen kann. Probiert es aus und kommentiert gerne eure Erfahrungen und Eindrücke am Ende dieses Reviews! 

Impulsverhalten und räumliche Abbildung

Hier punktet der Hi-X55 mit einer bemerkenswerten Tiefenstaffelung und einem natürlichen, fast dreidimensionalen Bühneneindruck, den man bei Kopfhörern der geschlossenen Bauart selten vorfindet. Besonders geschlossene Kopfhörer erzeugen bei mir häufig das Verlangen, die Crossfeed-Matrix meines SPL Phonitor mini zu aktivieren, beim Austrian Audio sehe ich hierzu keine Notwendigkeit. Weiterhin verfügt der Hi-X55 über eine schnelle Transientenansprache und eine hervorragende Dynamikwiedergabe, die ohne spürbare Kompressionsartefakte auskommt. In den genannten Parametern hat der AA-Kopfhörer durchaus das Potential zu kritischen Klangbeurteilungen.

Fazit

Der markant gestaltete Hi-X55 von Austrian Audio besitzt alle Eigenschaften, die einen professionellen Monitoringkopfhörer auszeichnen. Für den universellen Einsatz, also explizit auch Klangbeurteilungen beim Mischen und Mastern, empfinde ich die Abstimmung des Mittenbandes als nicht ganz optimal geeignet. Gesangsstimmen fertiger Produktionen tendieren zu einem kühlen und leicht „topfigen“ Sound, wobei dieser Art der Färbung/Präsenz beim Monitoring während der Aufnahme unter Umständen zweckdienlich sein könnte. Von daher sehe ich den Hi-X55 weniger als Allround-Kopfhörer, sondern eher als Spezialisten für sensible Mikrofonierungen oder für das Monitoring bei hoher Umgebungslautstärke und im Aufnahmeraum.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • transparente und dynamische Wiedergabe
  • natürlicher Raumeindruck, natürliche Tiefenstaffelung
  • überdurchschnittliche Dämmeigenschaften
  • robuste und optisch ansprechende Konstruktion
  • faltbar
  • abnehmbares Kabel
  • guter Tragekomfort
Contra
  • Färbungen im mittleren Frequenzbereich
  • Steckverbindung (Kabel-Ohrmuschel) passt nicht ins robuste Gesamtbild des Kopfhörers
Artikelbild
Austrian Audio Hi-X55 Test
Für 279,00€ bei
Austrian_Audio_Hi_X55_B10_zusammengeklappt
Features und Spezifikationen
  • professioneller Studiokopfhörer
  • geschlossen
  • Klappmechanismus
  • 44mm-Treiber
  • ohrumschließend
  • wechselbare Polster
  • Transportbeutel aus Stoff
  • abnehmbares Kabel (links geführt, 3 m)
  • 3,5mm-Klinkenstecker und 6,35 mm Klinkenadapter (vergoldet)
  • Frequenzbereich 5 – 28000Hz
  • THD
  • Gewicht 305 g (ohne Kabel)
  • Impedanz 25 Ohm
  • Empfindlichkeit 118 dB SPL/V
  • Nennbelastbarkeit 150 mW
  • Preis: € 299,- (Straßenpreis am 20. Februar 2020)
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Profilbild von Shane McGill

Shane McGill sagt:

#1 - 20.02.2020 um 13:43 Uhr

0

Was ist 'topfiger' sound...?

    Profilbild von Peter Koenemann

    Peter Koenemann sagt:

    #1.1 - 20.02.2020 um 17:26 Uhr

    0

    Gute Frage ;-) Also: Die (oberen) Mitten haben eine Ausprägung, die für mein Empfinden außerhalb der Ideallinie sind, wenn man mit dem Kopfhörer Klangentscheidungen (Mix, Mastering) treffen möchte. Ich hatte erst überlegt, ob ich nasal oder "quäkig" schreiben soll ... habe mich aber für "topfig" entschieden - nimm dir am besten einen (leeren) Topf und sing etwas hinein, dann weißt du, wie ich das ungefähr gemeint habe. Aber Achtung: Mit diesem Attribut beschreibe ich lediglich eine Tendenz! Dieser Wiedergabecharakter kann unter Umständen tatsächlich die Performance während der Aufnahme begünstigen. Eine umgekehrte Ausprägung, also warme untere Mitten und lasche obere Mitten, wäre eine unprofessionelle Hifi-Abstimmung und einem Monitorkopfhörer nicht angemessen, was beim AA Hi-X55 nicht der Fall ist. Viel Grüße

    Antwort auf #1 von Shane McGill

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    +1
Profilbild von Shervin Sardari

Shervin Sardari sagt:

#2 - 07.03.2020 um 00:29 Uhr

0

Ich hab die Kopfhörer seit knapp drei Wochen im Einsatz. Mein Fazit: dem positiven Urteil zu Konstruktion, Earpads & Isolation kann ich mich nur anschließen. Sie fühlen sich wirklich hochwertig und gut an! Der Anpressdruck ist angenehm sanft und hinterlässt auch nach mehreren Stunden keine Druckstellen (auch nicht bei Brillenträgern) - dem Drummer von Metallica würden die Kopfhörer aber irgendwann runterfallen ;-)Zum Sound ... hach. Sie klingen schon gut, können aber die hohen Erwartungen (die sie sich selbst auferlegt haben) nicht ganz erfüllen. Die Bässe gehen etwas unter, die oberen Mitten sind überpräsent und die Höhen von 9-10 kHz haben eine nervige Überbetonung. Heißt in der Praxis: einige Songs, die vom Bass leben, klingen plötzlich dünner (Bässe sind zwar da, aber halt im Hintergrund). HiHats und Vocals sind besonders präsent (erinnert ein bisschen an den Presence Boost vom Beta 58). Und manche Sänger*innen haben plötzlich Zischlaute, wo keine sein sollten. Dafür klingen die Kopfhörer unglaublich präzise und auch das Stereobild ist erstaunlich gut. Sie haben eben einen sehr analytischen Charakter - das muss man wollen.Besonders positiv ist mir übrigens der Einsatz am FOH aufgefallen. Die Kombination aus überdurchschnittlich guter Isolierung und präziser Klangwiedergabe machen sie zu einem tollen Werkzeug für Livesound. Ich konnte gut raushören, was im Mix vor sich geht, und deutlich besser als sonst das Reverb-Mischverhältnis bestimmen, ohne den Reverb mit dem Raumhall zu verwechseln und dadurch dem Mix eine Überdosis Hall zu verpassen. Auch subtile EQ-Anpassungen über eine schreiende Menge hinweg waren leichter möglich.Fazit: auf den Anwendungszweck kommt's an. Recording, Monitoring, Live-Sound? Ja, unbedingt! 'Private' Listening-Pleasure? Manchmal, aber nicht immer. Nur: einen finalen Mix würd ich mit diesen Kopfhörern nicht bewerten.

Profilbild von Andreas Schaefer

Andreas Schaefer sagt:

#3 - 26.05.2020 um 17:45 Uhr

0

Ich habe mir den Kopfhörer für Sprachaufnahmen gekauft. Ich hatte ihn auch zum testen da. Sein Auflösung in den Höhen prädestiniert ihn für mich, um Sybilanten zu kontrollieren.

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