Arturia Keystep Pro Test

Warum sich Arturia fünf Jahre Zeit gelassen haben, ihr Drum-Trigger-orientiertes „Beatstep Pro“-Konzept als Keyboard-Version zu adaptieren, wissen wohl nur die Entwickler im schönen Montbonnot-Saint-Martin. Zugutehalten muss man ihnen aber, dass sie das Ursprungs-Konzept beim Keystep Pro doch deutlich erweitert haben, denn aus vormals zwei CV/Gate-Ausgängen sind nun beispielsweise vier geworden, die MIDI-Buchsen sind nun im Standard-Format (und nicht mehr als Miniklinken-Adapter) ausgelegt und sogar ein kleiner Metronom-Lautsprecher wurde integriert. Daneben finden sich noch eine ganze Reihe funktionaler Erweiterungen und Verbesserungen, wie wir im Test herausfinden konnten.

Arturia Keystep Pro Test (Foto: Numinos)
Der Arturia Keystep Pro ist ein vielseitig einsetzbarer USB/MIDI/CV-Sequenzer und Controller der Spaß macht und mit dem man richtig arbeiten kann.

Details

Auf das Elementare runter gebrochen, ist das „Keystep Pro“ zunächst einmal ein 3-Oktaven-Keyboard mit Mini-Tasten, die sowohl Anschlagsdynamik wie auch Aftertouch senden und von zwei Touch-Strips für Pitchbend und Modulation flankiert werden. Zudem fünf, in verschiedenen Kontexten nutzbare Dreh-Encoder und eine sechzehn Taster umfassende Lauflicht-Matrix. Daneben ist gibt es einen Vier-Spur Step- und Melodie-Sequenzer wobei die erste Spur auch zur Lauflicht-Drum-Programmierung des Drum-Sequenzers (mit max. 16 Einzelspuren) genutzt werden kann. Jede Spur kann sechzehn Pattern mit maximal 64 Steps, 16 Noten pro Step und variabler Länge (Last Step) aufnehmen, die sich zusätzlich noch verketten lassen. Ein aktueller Betriebszustand kann in Szenen (16 pro Projekt) gespeichert werden und eine Sammlung von Pattern, Szenen und auch Controller Mappings in einem von 16 Projekten abgelegt werden. Ein reichhaltiges Arsenal von zusätzlichen Spielfunktionen komplettiert am Ende die variantenreiche und kreative Notenerzeugung: Es reicht von vielseitigen Arpeggio-Generatoren über Zufallsfunktionen, Skalenhilfen bis hin zum Editieren von Events und typischen Copy/Paste-Aktionen. Auch mit an Bord: der schon beim Beatstep Pro beliebte Roller/Looper-Effekt, der den aktuell laufenden Abschnitt wahlweise im metrischen 1/4, 1/8, 1/16 oder 1/32-Teiler wiederholt (wobei die Position bei laufendem Looper noch effektvoll verschoben werden kann).
Richtig spannend wird die Sache allerdings durch die großzügige Ausstattung mit Spannungs-Ausgängen: So findet sich rückseitig für alle vier Spuren ein Trio aus Gate, Pitch und Velocity/Modulation zur Befehligung entsprechender externer Hardware (Stichwort: Modularsystem). Der Drum-Sequenzer darf über acht analoge Drum-Gates herrschen und die System-Clock (wahlweise Master oder Slave via MIDI, USB, Gate) wird an alle angeschlossenen Porte weitergeleitet. Damit empfiehlt sich der Keystep Pro natürlich in besonderer Weise als Schaltzentrale in Hybrid-Setups, wo DAW, MIDI und Analoge-Steuersignale aufeinandertreffen. Nicht ohne Grund zählt der Beatstep Pro deshalb zu einer festen Instanz in vielen Live- und Studio-Setups von Künstlern, die mit einem Modularsystem arbeiten. 

Die Anschlussmöglichkeiten in der schematischen Darstellung. (Foto: Numinos)
Die Anschlussmöglichkeiten in der schematischen Darstellung. (Foto: Numinos)

Auspacken des Controllers

Der handliche Henkel-Karton verrät schon durch seine Bedruckung, dass sich darin das Keystep Pro befindet. Eingeschmiegt in Schaumstoff-Formteile sollte beim Transport eigentlich nichts passieren. Verstärkt man den Karton noch mit Gaffa-Tape an den Ecken, sollte er sich auch problemlos als Behelfs-Case für den einen oder anderen Gig eignen. Ein der Verpackung finden sich als Reisebegleitung ein Netzteil mit einem Sortiment internationaler Stecker, ein USB-Kabel und eine Kurzanleitung – das war‘s. Software und das vollständige (derzeit nur englischsprachige) Manual muss man sich auf der Website herunterladen – die Umwelt freut‘s.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Keystep Pro in seiner Kiste. (Foto: Numinos)

Erster Eindruck

Wie auch schon beim Beatstep ist die Bodenplatte des Keystep Pro aus Metall. Das gibt ihm nicht nur ein ernstzunehmendes Gewicht von 2,7 kg, sondern fühlt sich irgendwie auch vertrauenerweckend an. Auch sonst scheinen die meisten Bauteile (Potiköpfe, Taster) weitgehend baugleich mit denen des Beatstep zu sein. Das fühlt sich im Ergebnis alles gut und richtig an: Zwar nicht edel und teuer, aber auch nicht ‚fimschig‘ und billig – einfach angemessen für den Preis. Und, obwohl am Keystep ziemlich viel leuchtet und blinkt (was für die Benutzer-Interaktion natürlich gut ist), wirkt er nicht unangenehm spielzeughaft.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Keystep Pro in ganzer Pracht. (Foto: Numinos)

Anschlüsse auf der Rückseite

Der Blick auf die Rückseite ist geradezu beeindruckend denn hier warten vier (für jeden der vier Sequenzer-Tracks) Trios aus Pitch, Velo/Mod und Gate auf Verbindung mit analoger Hardware, gefolgt von acht Drum-Trigger-Gates, einem Clock-In/Out/Reset-Trio und einer weiteren Dreier-Kombo aus MIDI-In und Out1/2. Daneben findet sich noch ein Metronom-Ausgang nebst heraus schnappendem Lautstärke-Regler, eine Buchse für ein Sustain-Pedal und ein USB-Port. Die danebenliegende Strombuchse musste ich im Test nur bemühen, wenn ich das Keystep Pro Solo betreiben wollte. Im Rechner-Verbund begnügte sich der Controller mit der vom Bus bereit gestellten Spannung.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite in der Gesamtansicht. (Foto: Numinos)

Praxis

Konzept und Handhabung

Es ist erstaunlich, aber vorausgesetzt, man hat grundsätzliche Kenntnisse der Prinzipien von Step-Sequenzern (u. a. Pattern-Länge, Metrum, Step-Editierung), Arpeggiatoren und verfügt über eine Prise logischen Denkens, lassen sich nahezu alle der nicht gerade wenigen Funktionen des Keystep Pro auch ohne einen Blick ins Handbuch befehligen. Das liegt vor allen Dingen daran, dass sämtliche Funktionen die im Zusammenhang mit der eigentlichen Spiel- und Editierarbeit stehen, entweder als Primär- oder Sekundärfunktion (via Shift) direkt über die Bedienelemente zugänglich und auch entsprechend beschriftet sind, wohingegen sich basale Konfigurationseinstellungen wie etwa die Sync-Konfiguration (Master/Slave/Auto), MIDI-Parameter oder die Einstellungen für die ausgegebenen Kontrollspannungen (beispielsweise Pitch- undGate-CV-Format) im Utility-Menü geparkt wurden.
Es sind inbesondere aber auch die subtilen, aber klugen Hilfestellungen durch die visuellen Elemente und die klar durchdachten Arbeitsschritte, die die Arbeit mit dem Keystep Pro so angenehm machen. So drückt man beispielsweise zum Verketten von Patterns nur den „Pattern Chain“-Taster und danach die gewünschten Patterns, die dann von den Step-Sequenzer-Tastern repräsentiert werden. Dabei zählt das Display fleißig mit und zeigt an, wie viele Patterns in der Chain gespeichert sind – klasse. Auch der subtile multicolore Farbcode der Tasten trägt viel zur Übersichtlichkeit bei: Blau signalisiert dabei immer, dass hier schon etwas gespeichert ist, rot, dass Änderungen noch nicht gespeichert wurden und ein dunkler Taster, dass hier noch gar keine Noten oder Events vorliegen. Zudem repräsentieren die Step-Taster durch ihre Hintergrundbeleuchtung den jeweils aktiven Part (grün, orange, gelb, pink). Dazu kommen dann noch die kleinen LEDs über den Keyboard-Tasten, die sich – gerade, wenn man im Nachhinein Akkorde oder Sequenzen bearbeitet – als ungemein praktisch erweisen.

Fotostrecke: 3 Bilder Lampe an gleich Step aktiv, Lampe aus ist nix – der simple Charme des Step-Sequenzing. (Foto: Numinos)

Grundsätzlich kennt der Keystep Pro zwei Aufnahme-Modi: Realtime-Recording (klar, deshalb ja auch das integrierte Metronom) und Step-Editierung. Auch hier ist die Bedinung fast selbsterklärend: Bei der Echtzeitaufnahme spielt man mono- und/oder polyphones Material (der Spurtyp Mono/Poly lässt sich nachträglich noch ändern) sowie Controller Daten, wahlweise im laufenden Betrieb durch Betätigen der Record Taste oder sogar mit Vorzähler durch Record- und Play-Taste ein. Eine Quantisierung auf das gewählte Metrum lässt sich wahlweise während des Einspielens oder nachträglich aktivieren (50 oder 100%).
Ob durch Zufall oder mit Absicht: Der Metronom-Click-Sound hamoniert tonal perfekt mit dem Factory-Click von Ableton, so dass beide auch parallel laufen könnten, ohne dass es dissonant klingt. Das Step-Recording erledigt man im Zusammenspiel aus Tasten-Drücken (und Controller-Wertänderungen) und dem anschließenden Drücken der gewünschten Step-Position – fertig. Ist einem das Ergebniss zu statisch, lässt sich die Sache wahlweise über den globalen Swing oder für jeden Track einzeln, nachträglich zum Grooven bringen.

Audiobeispiele zu Arturia Keystep Pro

Audio Samples
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Swing Min./Max. Roller FX Arpeggio Modi und Variationen

Gefallen hat mir – in Anbetracht der Preisklasse – übrigens auch die Tastatur, denn sie hat eine agile und präzise „Federigkeit“, mit der es durchaus Spaß macht, schnelle Läufe zu spielen. Sowohl beim Anschlag, wie auch beim Loslassen wirkt sie ein kleines bisschen „bedämpft“, wodurch sie sich deutlich von manchen „Klapperkisten“ des unteren Preissegments abhebt. Einen kleinen Fehler muss ich allerdings zu Protokoll geben: Der Roller-Effekt zeigt sich so berührungsempfindlich, dass er gelegentlich auch dann auslöst, wenn man lediglich mit dem Handballen oder Finger an der Grenze zur Taste entlangwischt – sie also gar nicht berührt.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Minitastatur ist gut bespielbar. (Foto: Numinos)

Eine gewisse kognitive Hürde liegt – gerade im DAW-Verbund – darin, zu entscheiden, wer der Meister der Clock ist. In unserem Test zeigte sich beispielsweise, dass das Timing genauer wird, wenn Ableton dem Keystep Pro folgt und nicht umgekehrt. Dann erübrigt sich übrigens auch die Zuweisung der Transporttasten als Controller für den Transport in Ableton. Denn klar, wenn das Clock-Signal startet, startet auch die DAW. Egal wie fein man die die Latenzkompensation aber auch einstellt, gelegentlich „holpert“ es dann doch in der MIDI-Clock. Schade also, dass Arturia nicht auch noch Abletons rocksolide „Link“-Synchronisation integriert haben.

Dass die leicht gerasterten Encoder sich zwar sehr gut für die Eingabe skalierter Werte wie beispielsweise Noten eigenen, als Controller für kontinuierliche Parameteränderungen – wie etwa Filterfahrten – eher ungeeignet sind, ist ein Problem, was sich prinzipbedingt nicht lösen lässt und bereits beim Beatstep Pro ein – je nach persönlichem Workflow – kleines Manko war. Apropos Workflow: Abschließend möchte ich eine übergeordnete Qualität des Keystep Pro erwähnen, die gewissermaßen im Bedienkonzept selber liegt: Im Test hatte ich an manchen Stellen nämlich lediglich den Keystep im Zusammenspiel mit der DAW (Ableton Live) im Einsatz, sodass der Rechner eigentlich nur als externer Klangerzeuger (früher nannte man das mal Expander) diente. Dabei zeigt sich, dass es ungemein inspirierend und auch schnell ist, nur mit dem Keystep an Sequenzen und Figuren zu arbeiten (und den Rechner gar nicht zu beachten). Das wird noch dadurch befördert, dass jeder Track einen Mute-Taster besitzt (mit Shift = Solo), so dass sich kleine Arrangement-Ideen direkt im laufenden Betrieb ausprobieren lassen. Es lohnt sich also, den Keystep Pro weniger als zusätzliche Eingabehilfe/Controller, sondern mehr, als eigenständiges Kreativwerkzeug zu betrachten.

Arturia Keystep Pro Sound Demo (no talking)

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Mehr Informationen

Fazit

Der geschätzte Leser wird es zwischen den Zeilen vielleicht schon herausgehört haben: Der Keystep Pro von Arturia hat mir wirklich gut gefallen. Und das, obwohl man gar nicht richtig sagen kann, wozu man ihn jetzt eigentlich vorrangig verwenden soll – so vielfältig sind seine Möglichkeiten: Vom Einsatz als simples Einspielkeyboard und Controller (mit der prinzipiellen Einschränkung, dass die gerasterten Potis nicht ideal für kontinuierliche Bewegungen sind), über die umfassenden Möglichkeiten als poly- und monophoner 4-Spur-Realtime/Step-Sequenzer bis hin zur Synchronisationsschnittstelle zwischen den Welten (USB-/Din-MIDI, Steuerspannung) im Bereich Clock, Trigger und Gate fallen einem fast automatisch zig Szenarien ein, wo sich der Keystep Pro gewinnbringend einsetzen lässt – egal ob live oder im Studio (die Grenzen sind hier in der elektronischen Musik ja ohnehin fließend). Gerade im Live-Einsatz fallen dann die vielen klugen Details positiv auf: Vom separaten Metronom-Ausgang (wer mal erlebt hat, wie plötzlich ein Drummer mitjammen will und alle sich fragen, wo zur Hölle man jetzt einen einfachen Klick herbekommt, wird wissen, wovon ich spreche), über die unzähligen Echtzeit-Permutationsmöglichkeiten, bis hin zum zweiten MIDI-Ausgang. Und dann ist da noch so ein gewisses Etwa, was im Workflow selber liegt: Durch die Konzeption als interaktiver Step-/Drum-Sequenzer, mit entsprechend simplen, aber effektiven Optionen zur Modifikation von Sequenzen (u. a. Verschieben, Laufrichtung ändern, Zufallsoperationen), und die naheliegende Integration analoger Synthesizer, kommt man mit dem Keystep Pro sehr leicht in einen speziellen „Hardware-Flow“, der sich bei der Arbeit mit Maus und DAW nicht unbedingt einstellt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sehr vielfältig einsetzbar
  • Solide Verarbeitung
  • Gelungenes und eigenständiges Bedienkonzept
  • Logisches visuelles Feedback der meisten Steuersignale (Noten/Modulation) am Gerät
Contra
  • Roller-Effekt-Taster sehr empfindlich
  • Keine Ableton-Link Integration
Artikelbild
Arturia Keystep Pro Test
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Der Arturia Keystep Pro ist ein vielseitig einsetzbarer USB/MIDI/CV-Sequenzer und Controller der Spaß macht und mit dem man richtig arbeiten kann.
Der Arturia Keystep Pro ist ein vielseitig einsetzbarer USB/MIDI/CV-Sequenzer und Controller der Spaß macht und mit dem man richtig arbeiten kann.
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Profilbild von Gaul

Gaul sagt:

#1 - 21.06.2020 um 13:05 Uhr

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Also ich hatte mir das Keystep Pro vor allem aufgrund der guten Besprechung im Professional Audio 06/20 bestellt.
Die Hardware macht soweit einen guten Eindruck, Keyboard OK, die 5 gerasterten Drehknöpfe sind gewöhnungsbedüftig, aber OK.Das winzige Display soll für Einstellungen verwendet werden, das ist in dieser Preisklasse eine Frechheit, sorry.
Die Dokumenation ist sehr oberflächlich, auch das geht deutlich besser.ABER: Die Software Arturia "MIDI Control-Center" ist eine Zumutung! Mir ist es nicht gelungen die Drums umzubelegen, schon das Handling ist mühsam, und offensichtlich funktioniert die Software an der Stelle nicht! Wäre das Keyboard brandneu, OK, aber es ist ja schon ein paar Monate auf dem Markt.Eine Frechheit - und dabei ist mir eingefallen, dass ich vor langen Jahren schon mal wegen der desolaten Software das damals kleine Keystep zurückgeschickt hab.
Es scheint, das hat bei Arturia Methode... dabei können die soch so schön Synths programmieren..Ach ja: die Arturia Tutorials sind auch nicht wirklich gut, da wird zu schnell gesprochen und gedreht, man sieht kaum die Einstellung, aber vielleicht ist das ja Absicht....Also von mir dicke Minuspunkte - und ich hab das Teil natürlich zurückgeschickt.

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