Antares Auto-Tune Pro Test

Antares Auto-Tune, das berühmt-berüchtigte Plug-in, welches primär der Intonationskorrektur bedürftiger Gesangsspuren dient, gibt es mittlerweile seit über 20 Jahren. Die neunte und auf Auto-Tune 8 folgende Programmversion hört neuerdings auf den Namen Auto-Tune Pro und erscheint mit einem komplett überarbeiteten GUI im stylisch-schwarzen Look. Den Test zu Auto-Tune für UAD2 findet ihr hingegen hier!

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Doch auch unter der Haube gibt es die ein oder andere Neuerung gegenüber der Vorgängerversion, die wir im folgenden Testbericht einmal unter die Lupe nehmen, um u.a. der Frage nachzugehen, ob sich ein Upgrade auf die neue Version lohnt. Was hat der Test ergeben?

Details

Das Prinzip

Antares Auto-Tune ist ein Programm, welches in erster Linie der Intonationskorrektur monophoner Gesangsstimmen und Instrumente dient. Die von der „Ideallinie“ abweichenden Töne werden zur nächsten Stufe einer einstellbaren Tonskala geschoben, was dem Prinzip einer Quantisierung des Timings sehr ähnelt, nur dass hier die Tonhöhe quantisiert wird. Wie intensiv das Plug-in „zupacken“ soll, kann über verschiedene Parameter eingestellt werden, wodurch sowohl dezente als auch sehr drastische Eingriffe in das tonale Geschehen möglich sind. Das Plug-in wird wahrscheinlich von der Mehrzahl der User zur Tonhöhenkorrektur (und kreativer Verfremdung) in Echtzeit genutzt, doch auch eine grafische Nachbearbeitung wird angeboten, die zusätzlich die Korrektur des Timings ermöglicht.

Was ist neu an der GUI!

Nachdem sich alle bisherigen Auto-Tune-Versionen bezüglich GUI eher evolutionär weiterentwickelt haben, treffen wir nun auf ein vollkommen neues Design, was sowohl die farbliche Gestaltung als auch die Lage der Bedienelemente betrifft. Persönlich sehe ich darin weder einen Vor- noch einen Nachteil, da die Parametrisierung nach wie vor sehr übersichtlich ist. Lediglich der Regler „Tracking“, welcher maßgeblich für die Intensität der Intonationskorrektur verantwortlich und bei mir häufig in Gebrauch ist, wirkt in Größe und Positionierung nun etwas bedeutungslos.

Fotostrecke: 2 Bilder Die übersichtliche Basic-Ansicht im Automatic Mode des neuen GUI

Auto-Key

Eine weitere Neuerung und praktischer Helfer ist ein zusätzliches Plug-in namens Auto-Key, welches die Skala, also die Tonart einer Spur, analysiert und diese Information bei Bedarf an alle geöffneten Auto-Tune Pro Instanzen im Host übermittelt. Alternativ hierzu lässt sich eine Tonskala auch manuell anwählen, wobei angemerkt werden muss, dass Auto-Key lediglich Dur und Moll im Angebot hat, was in den meisten Fällen ausreichen mag. Dennoch fallen mir Situationen ein, in denen eine weitere Editierung der „versandfähigen“ Skalen von Vorteil und noch eine Stufe konsequenter wäre.

Das neue Auto-Key Plug-in
Das neue Auto-Key Plug-in

ARA

Das neue Auto-Tune Pro ist nun ebenfalls ARA-fähig. Der ARA-Standard ist spätestens seit dem Apple Logic Pro X 10.4 Update ins Zentrum der Wahrnehmung vieler DAW-User gerückt. ARA verbessert die Integration diverser Plug-ins in kompatible Hostprogramme, indem beispielsweise Echtzeit-Transfervorgänge (Einlesen von Audiomaterial ins Plug-in) überflüssig werden und Plug-in-Bearbeitungen automatisch auf kopierte Audioregionen übertragen werden. Zur Zeit dieses Testberichts ist Auto-Tune Pro hinsichtlich ARA lediglich mit der Presonus DAW Studio One 3 kompatibel, was gemäß Herstellerhinweisen noch mit gewissen Einschränkungen verbunden ist, welche hier nachzulesen sind. Da ich lediglich Studio One Artist ohne VST-Support auf meinem Computer installiert habe, konnte ich die ARA-Funktionalität nicht in der Praxis überprüfen. Allerdings beschränken sich die Features der aktuellen Version auf das Einlesen und auf Kopiervorgänge, wenn man den grafischen Modus des Plug-ins nutzt. Eine Kompatibilität zum neuen ARA2-Standard, den Logic Pro X bereits bietet, ist derzeit nicht vorhanden.

Classic Mode

Zu den „Neuerungen“ von Auto-Tune Pro zählt auch eine Rückbesinnung auf alte Werte. Das Korrekturverhalten und der damit verbundene Sound von Auto-Tune 5 ist nun wieder als sogenannter „Classic Mode“ alternativ zu den Errungenschaften der letzten Updates verfügbar. Offenbar hat man ihn vermisst! Mir als Auto-Tune-User der ersten Stunde fällt es schwer, genau in Worte zu fassen, wo der klangliche Unterschied liegt. Vom Gefühl her empfand ich den alten Algorithmus immer etwas zielführender und vorteilhafter bei etwas modernerer Popmusik.

In den Preferences können den Parametern MIDI CCs zugeordnet werden.
In den Preferences können den Parametern MIDI CCs zugeordnet werden.

MIDI Kontrolle

Last but not least bietet das neue Auto-Tune erweiterte Kontrollmöglichkeiten per MIDI, indem die zur Korrektur und Verfremdung relevanten Parameter in Echtzeit über einen Controller gesteuert werden können, was den Performance-Charakter und Spaß-Faktor deutlich erhöht 
Weitere Funktionen zur detaillierten Manipulation von Tonhöhe, Formanten etc., welche bereits in älteren Versionen vorhanden waren und die in diesem Testbericht möglicherweise nicht ausdrücklich erwähnt werden, findet ihr in den Features am Ende des Testberichts.

Praxis

Installation

Die Installation und der Download der 351 MB umfassenden Installationsdatei verlief problemlos. Unentschlossene können sich hier auf der Homepage des Herstellers eine für zwölf Tage gültige und ansonsten einschränkungsfreie Demoversion herunterladen. Neben den Systemvoraussetzungen, die am Ende dieses Testberichts explizit aufgelistet sind, wird lediglich ein iLok 2 oder iLok 3 zur Nutzung vorausgesetzt, das heißt eine computerbasierte iLok-Lizenz wird leider nicht angeboten. Nachdem ich vor gar nicht so langer Zeit Probleme mit meinem iLok hatte, sehe ich diesen Umstand nicht besonders wohlwollend und würde jede andere gängige Form des Kopierschutzes vorziehen.

Der erste Eindruck

Trotz der komplett sanierten Oberfläche findet man sich eigentlich sofort zurecht und auch aus klanglicher Sicht gibt es keine spektakulären, neuen Erkenntnisse. In meinen Ohren klang Auto-Tune bei sachgemäßem Gebrauch schon immer gut von transparent, veredelnd bis verstörend, je nachdem, was gerade auf der Agenda steht. Im Graphic Mode, auf den ich im Folgenden noch näher eingehen werde, ist die Grafik beim Zoomen und Scrollen für meinen Geschmack ein wenig holprig, wodurch das Handling nicht so elegant ist wie bei vergleichbaren Bearbeitungen in Melodyne. Ansonsten gibt es an der Performance auf meinem MacBook Pro (2,8 GHz Intel Core i7) unter macOS 10.12.6 nichts auszusetzen. Das Plug-in wurde zum Test in den Hostprogrammen Pro Tools 12 und Logic Pro X 10.4 verwendet.

Der Graphic Mode in Antares Auto-Tune Pro
Der Graphic Mode in Antares Auto-Tune Pro

Graphic Mode vs. Automatic Mode

Das Nutzen der grafischen Nachbearbeitung in Auto-Tune setzt, wie auch beim Kontrahenten Melodyne, das Einlesen in Echtzeit des zu bearbeitenden Audiomaterials ins Plug-in voraus – es sei denn, man arbeitet mit einer kompatiblen ARA-DAW (zurzeit nur Studio One 3), dann geht es auch schneller. Sobald dies geschehen ist, stehen prinzipiell alle grundlegenden Bearbeitungsmöglichkeiten, die man auch von anderen „Melodyne-artigen“ Programmen kennt, zur Verfügung – inklusive Timingkorrektur. Von daher ist Auto-Tune Pro mit seinem zusätzlichen Automatic Mode ein wahrer Alleskönner! Trotz aller Möglichkeiten und Qualität schafft es der Graphic Mode von Auto-Tune auch nach zwei Dekaden nicht, mein Herz und meinen Kopf zu erobern, weil er schlicht und einfach nicht so zugänglich, intuitiv, ergonomisch und musikalisch ist wie die vergleichbare Funktionalität bei Celemony Melodyne. Die Stärke von Auto-Tune, auch der Pro-Version liegt m.E. stets im unübertroffenen Automatic Mode, der tolle Ergebnisse liefert, sofern sich die zu korrigierende Note nicht näher an „falschen“ Skalentönen befindet. Doch auch für solche Fälle bietet Auto-Tune Lösungen in Form von Target Notes oder Eingrenzungen der Skala, die aus meiner Sicht praktikabler sind als die grafische Bearbeitung.

Fotostrecke: 2 Bilder Target Notes und das Finetuning (Note Bypass/Remove) unterstützen die korrekte „Tonhöhen-Quantisierung“ im Automatic Mode.

Klang

Die ersten Audiobeispiele sind möglicherweise etwas subtil, was aber beabsichtigt ist, um zu veranschaulichen, dass Auto-Tune Pro ein tolles Tool zum tonalen Feinschliff ist. Der Apple-Loop-Country-Barde singt grundsätzlich gar nicht schlecht, an einigen Stellen fällt aber auf, dass er die Töne leicht übersingt, was ich mit einer dezenten Einstellung versucht habe, im Zaum zu halten. 

Audio Samples
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01 Mix Auto-Tune Bypass 02 Mix dezente Korrektur mit Flex-Tune 03 Mix dezente Korrektur im Classic Mode

Die „dezente Korrektur“ der vorhergehenden Audiobeispiele bedeutet, dass sowohl eine eher träge Retune Speed, die Bezeichnung erklärt sich wohl von selbst, als auch ein relaxter „Tracking“-Wert, welcher, ähnlich einer prozentualen Quantisierung die Intensität der Tonhöhenkorrektur bestimmt, zum Einsatz kommen. Das im zweiten Audiobeispiel verwendete Flex-Tune ermöglicht die Eingrenzung der Intonationskorrektur auf Töne, die sich bereits in unmittelbarer Nähe zu Skalentönen befinden. In den folgenden Hörbeispielen geht es teilweise etwas gnadenloser zur Sache, um einige Möglichkeiten des Plug-ins zu demonstrieren. Hierbei werden teilweise enorme Verfremdungen erzwungen, wo unerwünschte Artefakte nicht ganz ausbleiben, die in einer Produktion selbstverständlich zu glätten oder zu löschen wären. Zum Einsatz kommt wieder der Cowboy von vorhin, dessen Stimme vielleicht nicht das beste Ursprungsmaterial für den berüchtigten Auto-Tune Effekt ist, aber hört doch trotzdem mal rein, was man mit Auto-Tune so anstellen kann.
Audio Samples
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04 Solo Vocals – ohne Auto-Tune 05 Solo Vocals – mit hartem Auto-Tune (Classic Mode) 06 Mix – mit hartem Auto-Tune (Classic Mode) 07 Mix – mit zusätzlicher Throat Modulation 08 Solo Vocals – mit zusätzlicher Throat Modulation 09 Mix – Target Note ohne Formantkorrektur 10 Mix – Target Note mit Formantkorrektur

Fazit

Das neue Antares Auto-Tune Pro bietet altbekannte Qualität in neuem Gewand, wobei das neue GUI aus meiner Sicht mehr Aufmerksamkeit erregt, als dass es einen konkreten praktischen Mehrwert bietet. Bei der grafischen Nachbearbeitung besteht in Bezug auf Ergonomie immer noch eine Lücke zum großen Kontrahenten Melodyne, hier hatte ich mehr erwartet. Letzterer bietet allerdings keine Echtzeit-Funktionalität, wodurch sich beide Programme aus professioneller Sicht dann doch eher ergänzen, als in Konkurrenz zueinanderzustehen. Der wieder verfügbare Auto-Tune 5-Algorithmus (Classic Mode) sowie die erweiterten Zugriffsmöglichkeiten per MIDI sind attraktive Neuerungen, wogegen von der ARA-Kompatibilität zurzeit nur wenige User profitieren. Antares Auto-Tune Pro bleibt auch in Zukunft mit Sicherheit ein Studiostandard, der uneingeschränkt zu empfehlen ist. Ob sich ein Upgrade von einer bisherigen Version lohnt, können User nur subjektiv für sich selbst entscheiden, da eine wirklich bahnbrechende Neuerung gegenüber Auto-Tune 8 ausbleibt.

PRO

  • vielseitiger Einsatz von Korrektur bis kreativ
  • Profi-Standard
  • umfassende Bearbeitungsmöglichkeiten (Tonhöhe, Formanten, Vibrato und Timing)
  • hohe Bearbeitungsqualität in Echtzeit
  • MIDI-Steuerung in Echtzeit und im grafischen Modus

CONTRA

  • immer noch etwas „sperrige“ und unergonomische grafische Nachbearbeitung
  • iLok 2 oder iLok 3 zwingend erforderlich
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FEATURES

  • Plug-in zur automatischen und grafischen Intonationskorrektur
  • Timingbearbeitung im grafischen Modus
  • natürliche Flex-Tune Realtime-Intonationskorrektur
  • Classic Mode für Auto-Tune 5 Sound
  • Realtime MIDI Control
  • MIDI-Noteneingabe im grafischen Modus
  • Modelling des Rachenraums
  • Formantkorrektur
  • Vibrato-Steuerung
  • ARA-Unterstützung
  • Systemvoraussetzungen
  • iLok Version 2 oder Version 3
  • Mac:
  • AAX Native (64 Bit), Pro Tools 11.3.1 oder später, Mac OS ab 10.9.5
  • VST3 (64 und 32 Bit), Mac OS ab 10.9.5
  • AU (64 und 32 Bit), Mac OS ab 10.9.5
  • Windows:
  • AAX Native (64 Bit), Pro Tools 11.3.1 oder später, Windows ab Version 7 SP1 gemäß Pro Tools Anforderungen
  • VST3 (64 und 32 Bit), Windows ab Version 7 SP1 gemäß den Anforderungen des Host Programms

Preis:

  • 379,- (Straßenpreis am 9.5.2018)
  • 399,- USD (Downloadpreis beim Hersteller)
  • 299,- USD (Upgradepreis von Auto-Tune VST LE beim Hersteller)
  • 249,- USD (Upgradepreis von Auto-Tune EFX beim Hersteller)
  • 149,- USD (Upgradepreis von Auto-Tune Live beim Hersteller)
  • 129,- USD (Upgradepreis von allen anderen Auto-Tune Versionen beim Hersteller)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • vielseitiger Einsatz von Korrektur bis kreativ
  • Profi-Standard
  • umfassende Bearbeitungsmöglichkeiten (Tonhöhe, Formanten, Vibrato und Timing)
  • hohe Bearbeitungsqualität in Echtzeit
  • MIDI-Steuerung in Echtzeit und im grafischen Modus
Contra
  • immer noch etwas „sperrige“ und un-ergonomische grafische Nachbearbeitung
  • iLok 2 oder iLok 3 zwingend erforderlich
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Antares Auto-Tune Pro Test
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