Ampeg PF-115LF und PF-410HLF Test

Fotostrecke: 2 Bilder Ampeg PF-115LF

Häufig begreift man erst im Zuge fortgeschrittenen Alters, dass das, was man in jungen Jahren, geleitet von Intuition und Begeisterung, kreiert hat, rückblickend betrachtet vielleicht das Beste war, was man jemals zustande gebracht hat. Vielleicht ist dies die Erkenntnis, die viele Hersteller in den letzten Jahren zu der Rückbesinnung zur „Vintage-Zeit“ veranlasste. Auch Ampeg macht hier keine Ausnahme. Insbesondere die Heritage-Serie ist ja speziell diesem Trend gewidmet, aber auch die preiswerte Portaflex-Serie zielt optisch und klanglich stark in die Vintage-Ecke.
Nachdem die preiswerten und sehr leichten PF-Topteile einschlugen wie eine Bombe, hat man neben den speziell passenden Boxen der HE-Reihe, die im Fliptop-Design das integrierte Staufach für Topteil und Zubehör bieten, nun auch Standalone-Boxen der PF-Serie vorgestellt, die sich für die Kombination mit jeglichen Verstärkertypen eignen. Wir haben das Boxen-Stack in der gängigen und empfohlenen Kombination 1×15“ und 4×10“ getestet.

Details

Tragbar, leistungsstark und sexy: So lauten die ersten Worte der Bedienungsanleitung, die spartanisch ausfällt und lediglich die Beschreibung der Anschlüsse und technische Daten enthält. Dementsprechend knapp fällt auch hier die Produktbeschreibung aus:
Als noch tragbar empfinde ich die PF-115LF, die mit knapp 25 kg auch noch gut aus einem Kofferraum zu hieven ist. Die PF-410HLF wiegt hingegen knapp 33 kg. Beide Boxen sind mit steckbaren Rollen ausrüstbar, was speziell bei der 4×10“ sehr hilfreich bis notwendig sein kann. Nun bin ich der Ansicht, dass man hohes Gewicht einer Box nicht negativ ankreiden kann, denn sofern man sich solider Bauweise widmet und leistungsstarke Speaker mit Gussgehäuse und deftigen Magneten und Spulen verbaut, anstatt auf leichtere Neodym-Varianten mit anderen Soundeigenschaften auszuweichen, ist das Resultat nun einmal unweigerlich auch am Gewicht spürbar. An den Boxenseiten sind versenkte Tragegriffe eingelassen, die den Transport dann doch merklich angenehmer gestalten.

Fotostrecke: 7 Bilder Der schwarze Tolex-u00dcberzug pru00e4gt das u00c4uu00dfere (hier: PF-115LF)

Beide Boxen bestehen aus 15 mm starkem Pappelsperrholz und sind mit einem robusten, schwarzen Struktur-Vinyl bezogen, das als „Black Diamond Pattern Tolex“ bezeichnet wird. Man könnte es auch weniger werblich  apartes, schwarzgraues Karomuster nennen. Die Kanten sind mit Chromstahlkappen geschützt. Beide Boxen verfügen über solide, rutschfeste Gummifüße, wobei sie, wie gesagt, auch mit abnehmbaren Rollen ausgestattet sind. Beide Boxen haben an der unteren Rückseite schmale Reflexöffnungen. Die Speaker sind durch eine Stoffbespannung geschützt, die in Grau-Silber das gesamte Vintage-Design unterstützt. Die Bespannung ist auf einen, ebenfalls mit Diamond Tolex bezogenen, Holzrahmen montiert, auf dem im oberen Bereich der Ampeg Schriftzug angepracht ist.
Beide Boxen sind mit Lautsprechern der Firma Eminence ausgestattet. Die 4×10“ Box verfügt zusätzlich über einen schaltbaren Eminence Hochtöner mit Dreifach-Schalter (On, -6 dB abgesenkt, Off). Die Boxen sind jeweils auf 8 Ohm abgestimmt, das heißt zusammen verwendet ergeben sie die Gesamtimpedanz von 4 Ohm, die für das Zusammenwirken mit nahezu allen Verstärkertopteilen nahezu optimal ist. Speziell in Verbindung zu Class-D und Transistor-/Mostfet-Endstufen bieten 4 Ohm Boxenimpedanz meistens die beste Leistungsausschöpfung, während Vollröhrentopteile durch die Möglichkeit der gezielten Ohmanpassung  weitgehend immun gegen Leistungsverlust durch hohe Boxenwiderstände sind.
Zuletzt wären da noch die Anschlüsse auf der Rückseite. Beide Boxen verfügen ausschließlich über jeweils parallele Klinkenbuchsen. Eine Buchse wird als Eingang des Verstärkersignales verwendet, die andere kann als Parallelanschluss für die zweite Box verwendet werden. Manche Käufer werden eventuell mittlerweile marktüblich gewordene Speakonanschlüsse vermissen. Ich persönlich sehe darin keinen Nachteil – abgesehen vom Vintage-Faktor von Klinkenbuchsen – und so hatte ich zumindest keine Probleme, meinen Vollröhren-Testamp aus den 60er Jahren an die Boxen anzuschließen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Ru00fcckseite der PF-115LF

Praxis

Beim Praxistest kann ich nicht stumm davon ausgehen, dass der Käufer generell in Betracht zieht, beide Boxen gemeinsam als Stack zu kaufen. Vielmehr werden Einige davon ausgehen, zunächst einmal eine der beiden Boxen zu kaufen und eventuell später aufzustocken. Oder aber man wird sich beide Boxen anschaffen, aber je nach Situation und Bedarf nur eine der beiden Boxen verwenden. Hier ist es dementsprechend sinnvoll, beide Boxen isoliert zu betrachten und zuletzt natürlich auch die Kombination der beiden zu bewerten.
Ich habe im folgenden Test also von jedem Beispiel jeweils vier Varianten aufgenommen, bei denen folgende Signale zu hören sind:
1)  PF-410HLF Speakersignal abgenommen mit Sure SM57
2)  PF-115LF Speakersignal abgenommen mit Sure SM57
3)  PF-410HLF Boxensignal im Raum abgenommen, ca. 1,5 Meter Entfernung mit AKG C414
4)  PF-115LF Boxensignal im Raum abgenommen, ca. 1,5 Meter Entfernung mit AKG C414
Zum Gegenhören empfiehlt sich zunächst der Direktvergleich des Speakersignals zwischen 10“ und 15“ Box, dann aber auch jeweils der Vergleich zwischen dem jeweiligen Speakersignal und dem Raumsignal der gleichen Box. Auf diese Weise sollte man einen relativ objektiven Eindruck über die unterschiedlichen Klangcharaktere der Boxen erhalten. Insgesamt habe ich sechs Beispiele erstellt, die jeweils die Wiedergabeeigenschaften in unterschiedlichen Spielsituationen wiedergeben.

1) Pick-Bass clean und verzerrt:

In diesem Beispiel hören wir einen Bass mit attackreicher, schnell wechselnder Plektrumlinie und vielen Deadnotes. Zuerst das Signal in cleaner Variante, dann folgen zwei weitere Durchgänge mit unterschiedlich stark verzerrten Varianten. Auffällig ist hier, dass bei den verzerrten Signalen der Grundtonbereich bei der PF-115LF Box solider wiedergegeben wird. Im Vergleich wirkt die PF-410HLF Box jedoch aggressiver:

Audio Samples
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PF-410HLF Speaker (Pick) PF-115LF Speaker (Pick) PF-410HLF Raum (Pick) PF-115LF Raum (Pick)

2) Pick-Bass Straight Rock Achtel, offen und gedämpft:

In diesem Beispiel hören wir einen Bass mit Plektrum und gerader Achtellinie. Einmal offen mit frei schwingender Saite, dann alternativ aber auch mit Handballen abgedämpft, was den Ton etwas bassiger und dumpfer gestaltet. Hier ist interessant zu hören, wie die Boxen im Vergleich zur offenen Saite mit dem stärkeren Impuls des abgedämpften Signales fertig werden. Für meinen Geschmack gewinnt hier die PF-115LF Box durch ihr solideres Grundtonverhalten:

Audio Samples
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PF-410HLF Speaker (Pick, offen) PF-115LF Speaker (Pick, offen) PF-410HLF Raum (Pick, offen) PF-115LF Raum (Pick, offen) PF-410HLF Speaker (Pick, gedämpft) PF-115LF Speaker (Pick, gedämpft) PF-410HLF Raum (Pick, gedämpft) PF-115LF Raum (Pick, gedämpft)

3) Bluesrock Bass mit Fingeranschlag:

Hier nun ein Beispiel mit Fingeranschlag, wenigen Höhen und leichter Röhrenzerrung. Im direkten Speakervergleich ist der Unterschied nicht allzu markant, bei dem Raumsignal besitzt die PF-115LF Box etwas betontere Tiefmitten, was den Ton etwas druckvoller erscheinen lässt:

Audio Samples
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PF-410HLF Speaker (Finger, Bluesrock) PF-115LF Speaker (Finger, Bluesrock) PF-410HLF Raum (Finger, Bluesrock) PF-115LF Raum (Finger, Bluesrock)

4) Motown Stil, Fingeranschlag:

Das folgende Beispiel verwendet einen passiven Bass mit Bridge-Tonabnehmer und voll zugedrehter, passiver Tonblende. Dadurch entsteht ein stark mittenbetonter Sound mit sehr wenigen Höhen. Hier ist für mich definitiv die PF-115LF mit ihrem sehr wohlwollenden Grundtonverhalten der Gewinner. Trotz der starken Mittenbetonung bringt besonders die PF-115LF Box sowohl im direkten Speakersignal als auch im Raum den Sound etwas milder und runder zur Geltung. Vintage in Vollendung sozusagen:

Audio Samples
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PF-410HLF Speaker (Finger, Motown) PF-115LF Speaker (Finger, Motown) PF-410HLF Raum (Finger, Motown) PF-115LF Raum (Finger, Motown)

5) 6/8 Groove Begleitung, Fingeranschlag:

Mal ganz ohne Drums im Hintergrund widmet sich dieses Beispiel einem warmen Blues-Sound mit einer Basslinie, die hin und wieder auch akkordische Klänge verarbeitet. Hier ist entscheidend, wie die Boxen auf diese komplexere Soundanforderung reagieren. Deutlich kann man hören, dass die PF-410HLF beim Speaker-Direktsignal die Mitten stärker zur Geltung bringt als die PF-115LF Box. Im Raumsignal kann man im Vergleich dazu wahrnehmen, dass der Hochtöner der PF-410HLF Box dem Signal deutlich mehr Transparenz verleiht, sie klingt dadurch deutlich moderner:

Audio Samples
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PF-410HLF Speaker (Finger, 6/8 Groove ohne Drums) PF-115LF Speaker (Finger, 6/8 Groove ohne Drums) PF-410HLF Raum (Finger, 6/8 Groove ohne Drums) PF-115LF Raum (Finger, 6/8 Groove ohne Drums)

6) Slap und Finger, zwei Bässe kombiniert:

Zuletzt noch ein Beispiel, in dem zwei Bässe simultan spielen und wie sie im Vergleich zwischen den beiden Boxen klingen. Es dürfte keine Überraschung sein, dass der Slapbass über die PF-410HLF Box besser zur Geltung kommt. Das mittige Bassthema, das parallel zur Slapbegleitung mit den Fingern gespielt wird, erhält durch die Boxen zwei sehr unterschiedliche Charaktere. Wiederum könnte man hier zwischen modern (4×10“) und vintage (1×15“) unterscheiden:

Audio Samples
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PF-410HLF Speaker u0026 Raum kombiniert (Slap und Finger kombiniert) PF-115LF Speaker u0026 Raum kombiniert (Slap und Finger kombiniert)
Beide Boxen haben große Bassreflexöffnungen auf der Voderseite

Fazit

Hört man die beiden Portaflex-Boxen PF-115LF und PF-410HLF kombiniert als Stack, so ergänzen sich ihre zwei unterschiedlichen Soundcharaktere zu einem sehr attraktiven Gesamtbild. Während die PF-410HLF nicht zuletzt durch den zuschaltbaren Hochtöner auch moderne Sounds sehr gut bedient, siedelt sich die PF-115LF klar im Vintagesoundbereich an, wo sie allerdings äußerst souverän agiert. Obwohl die PF-115LF als reines „add on“ zur Stack-Kombinaton mit der PF-410HLF konzipiert ist, finde ich sie durchaus auch für den Alleinbetrieb mit 400 Watt Leistung bei kleineren bis mittelgroßen Gigs interessant, vor allem für diejenigen, deren Stilistik sich vorrangig im Soul, Blues und Rock ansiedelt. Dabei ist zu beachten, dass die Boxen im Alleinbetrieb mit 8 Ohm der ein oder anderen Transistorendstufe möglicherweise die Reserven abzwackt. In der Kombination jedoch laufen sie auf 4 Ohm und bilden ein großartig klingendes Powerpaket, das den meisten Anforderungen locker Genüge tragen kann – und das zu einem sehr attraktiven Preis.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • gutes Preis-/Leistungsverhältnis
  • gute Verarbeitung
  • ansprechendes Vintage-/Retro-Design
  • steckbare Rollen
  • sehr guter Sound, PF-115LF vintage, PF-410HLF vintage bis modern
  • beide Boxen ergänzen sich optimal als Stack
Contra
  • nur Klinkenbuchsen, kein Speakon Anschluss
Artikelbild
Ampeg PF-115LF und PF-410HLF Test
Für 639,00€ bei
Fotostrecke: 2 Bilder Beide Boxen hinterlieu00dfen im Test einen guten Eindruck, sowohl die PF-115LF…
Facts
    Ampeg PF-410HLF
    • Frequenzgang (+/- 3 dB): 55 Hz – 17 kHz
    • nutzbare Tieffrequenz: 30 Hz
    • Impedanz: 8 Ohm
    • Leistung: 800 Watt RMS, 1.600 Watt Peak
    • Boxenkontruktion: Pappelsperrholz
    • Lautsprecher: 4 x 10“ Eminence, 1 x HF Horn mit dreifach Wahlschalter (an, -6 dB Absenkung, aus)
    • Eingang: zwei parallele Klinkenanschlüsse
    • Maße in cm (HxBxT): 96,3 x 57,8 x 44,5
    • Gewicht: 33,3 kg
    • Herstellungsland: China
    • Preis: 649,-€
    Ampeg PF-115LF
    • Frequenzgang (+/- 3 dB): 57 Hz – 3,7 kHz
    • nutzbare Tieffrequenz: 32 Hz
    • Impedanz: 8 Ohm
    • Leistung: 400 Watt RMS, 800 Watt Peak
    • Boxenkontruktion: Pappelsperrholz
    • Lautsprecher: 1 x 15“ Eminence
    • Eingang: zwei parallele Klinkenanschlüsse
    • Maße in cm (HxBxT): 59,8 x 57,8 x 44,5
    • Gewicht: 25,4 kg
    • Herstellungsland: China
    • Preis: 399,-€
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