Ob es nun um Drum-Tracks für eine umfangreiche Album-Produktion oder um einfaches Drum-Cover für YouTube geht – ein akustisches Schlagzeug aufzunehmen, gehört fraglos zu den größten Herausforderungen, denen man sich im Bereich des Recordings stellen kann.

- Interfaces für Drummer: Generelle Überlegungen
- Wesentlichstes Kriterium: Anzahl der Mikrofoneingänge
- Möglichkeiten zur Erweiterung
- Weitere Anschlüsse und Features
- Latenz beim Drum-Recording
- INTERFACES FÜR DRUMMER: UNSERE EMPFEHLUNGEN
- Hochwertig und nicht zu teuer: Focusrite Scarlett 18i20
- Funktionale Low-Budget-Lösung: Tascam US-16×08
- 16 Preamps in einem Gehäuse: MOTU Stage-B16
- Kaskadierbare Interfaces aus der Universal Audio Apollo-Serie
Oftmals werden bei der Mikrofonierung Parallelen zum gewaltigen Klangkörper eines Orchesters gezogen. Wenn man die vielfältigen Klangeigenschaften von Kick, Snare, Toms und Becken betrachtet und miteinbezieht, dass hier das gesamte hörbare Spektrum abgedeckt wird, dann ist dieser Vergleich nicht unangemessen.
Die Voraussetzungen für einen guten Drumsound sind vielfältig und beginnen bei einem gut klingenden Drumset und einem Musiker, der selbiges entsprechend gut bedienen kann. Gerade bei Drums ist der Klang des Aufnahmeraums äußerst prägend, und natürlich spielt auch die Auswahl und Platzierung der verwendeten Mikrofone eine große Rolle. Ein Audio-Interface sollte bei alledem zunächst die technischen Anforderungen erfüllen. Wenn die oben genannten Faktoren harmonieren, kann es dem Gesamtklang mit hochwertigen Vorverstärkern und Wandlern aber durchaus ein Krönchen aufsetzen. Im Folgenden wollen wir einige Empfehlungen aussprechen, die für anhaltendes Schlagzeugerglück sorgen sollten.
Interfaces für Drummer: Generelle Überlegungen
Wesentlichstes Kriterium: Anzahl der Mikrofoneingänge
Fakt ist, dass man nicht zwangsweise viele Kanäle benötigt, um einen guten Drumsound einzufangen. Wie man in unserer Video-Workshop-Serie zum Thema Drum-Recording sieht, kann man bereits mit drei oder vier Mikrofonen überzeugende Ergebnisse erreichen. Sich als Drummer auf solche minimalistischen Aufnahmetechniken zu beschränken und sich den Raum für Experimente mit umfangreicheren Setups zu nehmen, wäre aber wenig sinnvoll. Dementsprechend empfiehlt es sich, ein Audio-Interface mit mindestens acht Mikrofonvorverstärkern zu wählen und dabei auf zusätzliche Erweiterbarkeit zu achten. Wer nach Inspiration zur Auswahl von Mikrofonen sucht, der sollte einen Blick auf unseren Artikel zu den Studiostandards bei Drum-Mikrofonen und auf unseren Testmarathon Drum-Mikrofonkoffer werfen.

Möglichkeiten zur Erweiterung
Ein gängiger Weg, ein Audio-Interface zu erweitern, ist die Verwendung der digitalen ADAT-Schnittstelle. Diese ermöglicht es, externe Preamp-Module mit bis zu acht Kanälen ganz unkompliziert über ein optisches Kabel anzubinden. Kombiniert man ein Interface mit acht Vorverstärkern mit einem solchen Achtfach-Preamp, dann lassen sich auch größere Drumkits umfangreich mikrofonieren. Zu beachten ist hierbei, dass die ADAT-Schnittstelle bei Sample-Rates oberhalb von 48 kHz nur noch vier, bzw. oberhalb von 96 kHz nur noch zwei Kanäle streamen kann. Abhilfe schafft bei manchen Interfaces ein doppelter ADAT-Port (Dual S/MUX), wodurch auch bei 96 kHz noch die vollen acht Kanäle möglich sind.
Alternativ zur Erweiterung über ADAT bieten manche Hersteller wie RME und Universal Audio die Möglichkeit, ihre Audio-Interfaces zu kaskadieren – also mehrere Interfaces gleichzeitig zu nutzen. Dieser Weg ist meist verhältnismäßig teuer, sorgt aber für Flexibilität beim Zusammenstellen einer modularen Studio-Ausstattung. Nicht zu vergessen ist bei alledem, dass auch die analogen Line-Eingänge eines Audio-Interfaces verwendet werden können, um externe Preamps anzuschließen.
Weitere Anschlüsse und Features
Solange man sich ausschließlich auf die Aufnahme von Drums konzentriert, sind in der Regel keine weiteren außergewöhnlichen Anschlüsse nötig. Jedes handelsübliche Audio-Interface bietet einen Main-Out für Monitor-Boxen und einen Anschluss für Studiokopfhörer (geschlossene Modelle sind beim Recording zu bevorzugen) oder In-Ear-Systeme. Weitere Ausgänge sind nur dann nötig, wenn man individuelle Monitor-Mixes für mehrere Musiker anlegen oder Outboard-Equipment wie einen Hardware-EQ, Kompressor oder Hall verwenden will.

Für weitere digitale Audio-Schnittstellen wie S/PDIF oder AES/EBU findet sich in der Praxis eher selten eine Verwendung. Ein integriertes MIDI-Interface kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn man elektronische Elemente mit einer entsprechenden Schnittstelle in sein Set integrieren möchte, um im Sinne von Hybrid-Drumming Sounds aus dem Rechner anzusteuern. Wer Trigger-Module wie das Roland TM-1 verwendet, der kann diese natürlich auch ganz direkt über Audio-Verbindungen aufnehmen und sollte bei der Planung entsprechend viele Line-Eingänge dafür reservieren. Natürlich ist Drum-Replacement bzw. Drum-Enhancement aber auch im Nachhinein über spezialisierte Plug-ins möglich.

Ein bei aktuellen Interfaces oft anzutreffendes Feature ist ein interner DSP zur faktisch latenzfreien Berechnung von Effekten. Ein solcher kann hilfreich sein, wenn man bei der Aufnahme beispielsweise über ein In-Ear-System abhört, das den Direktschall der Drums weitgehend eliminiert – in diesem Fall können ein wenig EQ und Kompression auf einzelnen Kanälen durchaus einen Unterschied machen. Bei der Verwendung von Kopfhörern sind die Drums meist aber noch so klar hörbar, dass dem Monitoring während der Aufnahme eher eine unterstützende Rolle zukommt.

Latenz beim Drum-Recording
Jedes Audio-Interface benötigt einige Millisekunden, um zwischen der Welt der analogen und digitalen Signale zu übersetzen – und diese kurze Verzögerung bezeichnet man bekanntlich als Latenz. Allgemein sind gute Latenzwerte (also eine schnelle AD/DA-Wandlung und somit geringe Verzögerung) eine höchst wünschenswerte Eigenschaft von Audio-Interfaces. Sie äußern sich aber natürlich erst dann, wenn ein Signal auch wirklich gewandelt werden muss – beispielsweise um eine Effektbearbeitung über Plug-ins (z.B. mit einem virtuellen Gitarren-Amp) durchzuführen.

Beim direkten Mithören der analogen Signale aus den Mikrofonen, wie es für das Drum-Recording in der Regel vollkommen ausreicht, spielt die Latenz also keine so wesentliche Rolle wie bei anderen Anwendungen. Trotzdem ist es natürlich kein Fehler, sich für ein Interface zu entscheiden, das in dieser Disziplin gut aufgestellt ist.
INTERFACES FÜR DRUMMER: UNSERE EMPFEHLUNGEN
Hochwertig und nicht zu teuer: Focusrite Scarlett 18i20
Das Focusrite Scarlett 18i20 aus der dritten Generation ist ein ausgesprochen vielseitiges USB 2.0 Audio-Interface aus dem mittleren Preisbereich, das acht interne Vorverstärker (bis zu 56 dB Gain) und Erweiterbarkeit um acht Kanäle über ADAT (inklusive Dual S/MUX) bietet. Wer das Interface mit einem externen Achtfach-Preamp wie beispielsweise dem Focusrite OctoPre erweitert, der kommt also auf stolze 16 Kanäle bei bis zu 96 kHz. Eine spezielle Eigenschaft ist die analoge Air-Schaltung der internen Preamps, die beim Drum-Recording zum Experimentieren mit unterschiedlichen Kanälen einlädt.
Das Scarlett 18i20 bietet zudem einige interessante Extras, zu denen vor allem eine umfangreiche Monitor-Controller-Sektion inklusive Speaker-Toggling zwischen zwei Abhören und internem Talkback-Mikrofon gehört. Das Software-Paket enthält einige sehr hochwertige Plug-ins, die auch für das Mixing von Drums hilfreich sind. Zu beachten ist, dass das Interface ausschließlich auf Mic/Line-Kombieingänge setzt. Wer einen Line-In (z.B. für ein Trigger-Modul oder einen externen Preamp) verwendet, der opfert also gleichzeitig einen Mikrofoneingang.

Funktionale Low-Budget-Lösung: Tascam US-16×08
Mit dem US-16×08 bietet der Hersteller Tascam ein USB 2.0 Audio-Interface mit acht Preamps (bis zu 56 dB Gain) zu einem ausgesprochen günstigen Preis. Auf digitale Erweiterbarkeit muss man hier verzichten, die acht zusätzlichen Line-Eingänge können aber natürlich genutzt werden, um externe Preamps (z.B. den ebenfalls sehr günstigen Behringer ADA8200 Ultragain
Auch wenn man sicherlich nicht absoluten Top-Sound erwarten sollte, klingen die Vorverstärker und Wandler des Tascam US-16×08 gemessen am günstigen Preis durchaus sehr gut. Wenn in Hinblick auf das aufzunehmende Instrument, den Raumklang oder die verwendeten Mikrofone ohnehin Kompromisse gemacht werden müssen, dann werden hochwertigere Preamps aller Voraussicht nach nur für marginale Verbesserungen sorgen.

16 Preamps in einem Gehäuse: MOTU Stage-B16
Das MOTU Stage-B16 kann in einem umfangreichen AVB-Netzwerk die Rolle einer Stagebox übernehmen, für das reine Drum-Recording ist es aber vor allem in seiner Funktion als Rackmixer mit integriertem USB 2.0 Audio-Interface interessant. Der Punkt, dass hier 16 hochwertige Vorverstärker mit bis zu 63 dB Gain in einem robusten und transportablen 19“-Gehäuse mit 2 HE untergebracht sind, kann außerordentlich verlockend wirken. Wer Wert auf hohe Sample-Rates legt, der wird zudem zu schätzen wissen, dass alle Kanäle bei bis zu 192 kHz gewandelt werden können.&nb
Ganz nebenbei: Als Rackmixer ist das MOTU Stage-B16 mit seinen DSP-Effekten zusätzlich auch zum Mixing und Recording von Live-Gigs oder Bandproben geeignet, wobei sich alle relevanten Einstellungen über einen angebundenen Rechner oder auch über ein Tablet steuern lassen. Da dies über einen klassischen Web-Browser läuft, ist dazu nicht einmal die Installation zusätzlicher Software nötig. Und ja, dies bedeutet auch, dass man als Drummer, der sich selbst aufnimmt, nicht nur das Gain der Preamps, sondern auch den eigenen Monitor-Mix komfortabel vom Schlagzeughocker aus regeln kann. Dass man auf reine Line-Eingänge verzichten muss, lässt sich gerade beim Drum-Recording in der Regel verkraften.

Kaskadierbare Interfaces aus der Universal Audio Apollo-Serie
Der Apollo-Serie von Universal Audio eilt vollkommen berechtigt der Ruf hochgradig professionellen Audio-Equipments voraus. Vorverstärker und Wandler der Thunderbolt-Interfaces gehören zur Referenzklasse, und natürlich sind auch die DSP-Power und die proprietären UAD-Plug-ins ausgesprochen attraktive Eigenschaften. Beim Unison-Feature der Preamps greifen Hard- und Software ineinander, um authentische Emulationen von Vintage-Preamps von Neve, API und Konsorten zu ermögliche
In der Apollo-Serie gibt es eine ganze Reihe von Produktvarianten, die sich vor allem durch die Ein- und Ausgangskonfiguration unterscheiden. Grundsätzlich können sowohl unter Windows als auch unter macOS bis zu vier Apollo-Interfaces gleichzeitig betrieben werden, was die sonstige Erweiterbarkeit natürlich deutlich in den Hintergrund rücken lässt. Mit einem Apollo x8p und einem Apollo x8 kommt man beispielsweise auf insgesamt zwölf Preamps bei bis zu 192 kHz. Natürlich benötigt man dazu neben einer Thunderbolt 3 Schnittstelle vor allem das nötige Kleingeld.
